Politik, 11. Staffel

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Astaldo

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Tja irgendwie hab ich mit der Reaktion gerechnet, aber es ist kein primitiver Versuch meinerseits die Diskussion herabzustufen. Um mal es konkretes Beispiel zu bringen: Der Plan für den Frankreichfeldzug wurde von Manstein ausgearbeitet. Auch in der Folge erwies sich Manstein als recht versierter General in dem er nach Stalingrad es schaffte die Ostfront zu stabilisieren. Man sollte also annehmen, dass Hitler wusste wem er militärisch vertrauen konnte, doch konnte er sich nie durchdringen Manstein machen zu lassen. Für den normal denkenden Menschen wäre das nicht nachvollziehbar.
Man kann als normal denkender einfach nicht das verallgemeinern, was scheinbar logisch ist. Aber genau das machst du die ganze Zeit. Dein Hauptargumentationspunkt ist, dass nach 2 Jahren Krieg Assad es besser wissen sollte und deshalb niemals den Angriff befehlen würde. Aber wir wissen gar nicht ob Assad normal denkt oder völlig irrational ist, wenn es um seinen Machterhalt geht. Auf diesem Planeten passieren so viele Dinge, wo man sich als normaler Mensch fragt wie das möglich ist. Es gibt auch immer noch Leute die den Holocaust leugnen, obwohl es Bilder, Überlebende und sogar die Lager selbst noch zur Besichtigung gibt. Der Mensch ist halt kein vernunftbegabtes Wesen.

Btw: Ich lass mich immer noch von Beweisen überzeugen, wer denn nun verantwortlich ist, aber nicht von Argumenten die man nicht nachweisen kann und einfach nur auf logischer Schlussfolgerung beruhen. Aber letztendlich ist der Gasangriff für mich nicht mehr der springende Punkt in der Frage ob gehandelt werden muss. Ein Luftangriff bringt ja nix, aber weiter Zuschauen in meinen Augen auch nicht. Wenn ein Luftschlag das einzige ist, was einem einfällt, dann lässt man es lieber und schaut weiter zu, so zieht man sich wenigstens nicht den Hass vom Rest der Welt auf sich.

Bin ich eigentlich der einzige, den es ein wenig beunruhigt, dass man in der westlichen Welt nur noch versucht den Status quo beizubehalten. Solange es uns halbwegs gut geht, kann es dem Rest der Welt ruhig dreckig gehen.
 
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Gala

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@Hank: Zu der Aussage, das Snowden der EINZIGE politische Held der USA wäre, verweise ich mal auf meine Sig. Bradley/Chelsey Manning ist ebenfalls vorbildlich, finde ich. Überhaupt verfolgt Obama Whistleblower geradezu obsessiv.

@Olome: Moral finde ich bei Politik alles andere als unwichtig. Man muß sich nur in der Politk häufiger auf die Regel des kleineren Übels besinnen als auf anderen Feldern.
 

Matthew McKane

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Das dass nicht stimmen kann, siehst du ja hier! Moral liegt halt zu sehr im Auge des Betrachters. Was für dich gut und christlich ist, ist für jemand anderes gottloses Teufelswerk.
Auch hier im Tread haben alle unterschiedliche Moralvorstellungen und kommen so zu unterschiedlichen Schlüssen. Sowohl Befürworter als auch Gegner eines möglichen Millitärschlages, werden von ihrer Moral geleitet.
 

Ender

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Zu der Aussage, das Snowden der EINZIGE politische Held der USA wäre, verweise ich mal auf meine Sig. Bradley/Chelsey Manning ist ebenfalls vorbildlich, finde ich. Überhaupt verfolgt Obama Whistleblower geradezu obsessiv.
Das hat nichts mit Obama zu tun ,Geheimnisveräter kann/erlaubt sich kein Land.
Manning ist nen schlechtes Beispiel was genau von dem Material was er weitergegeben hat wies auf Irgendein Kriegsverbrechen der USA hin oder war wichtig für die Allgemeinheit das es weitergegeben werden mußte ?
Das Colateral Killer Video mal außen vor,habs schonmal erwähnt wenn er nur das weiter gegeben hätte währe er aus der Arme geflogen aber rechtviel mehr währe ihm nicht passiert.
 

Caesar

C
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Eine Minute Wikipedia sagt: "In den Dokumenten finden sich allein 303 Fälle von Folter durch ausländische Einheiten im Irak im Jahre 2010." Ich weiß nicht ob Folter schon Kriegsverbrechen ist, ich hoffe es, aber... das reicht für Wichtig.
 

Olome Keratin

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@Astaldo: Ich habe z.B. noch eine Diskussion mit der angeblichen Vernichtungsdrohung Ahmadinedschads gegen Israel im Kopf, bei der ich daraufhin gewiesen hatte, dass Ahmadinedschad sich durchaus im Rahmen der üblichen Ansichten in Nahost bewegte. Daraufhin kam von einigen, und ich meine, u. a. auch von dir, ich sei zu nachsichtig gegenüber Diktatoren.
Dein vorletzter Post hörte sich dann so an, als wolltest du auf das übliche Hitler-Klischee "schwachsinniger Meldegänger im 1. Wk weiß alles besser als die Profi-Militärs und hat deswegen den Krieg verloren" hinaus. Das ist ein bestimmtes Narrativ, das gerne aus bestimmten Motiven genährt wird. Das kann man hinterfragen und auch dekonstruieren, allerdings fürchte ich, dass ich hier dann schnell in eine ähnliche Ecke geschoben würde wie bei der Ahmadinedschad-Diskussion.
Was Manstein angeht, kenne ich die Details nicht. Was ich, zugegeben wieder allgemein, sagen kann, dass es extrem schwierig ist, die genauen Entscheidungsprozesse und -gründe im Nachhinein nachzuvollziehen. Selbst beim Zugriff auf alle Dokumente und Zeitzeugen weiß man nicht, ob jemand nicht doch andere geheime Absichten verfolgt hat als angegeben, jemand nachträglich etwas anders darstellen will usw.

Zu Syrien zurück: "Im Krieg ist die Wahrheit das erste Opfer." Ich halte alle Informationen für potenziell unzuverlässig. Im syrischen Fall gibt es außerdem nur sehr wenige, allesamt parteiische Quellen und dazu noch die Sprachbarriere. Verschiedene Quellen miteinander abgleichen kann ich daher auch nicht. Bleibt mir also noch die Frage Cui bono? Und wenn mir da niemand sagen kann, was Assad davon hat, mir aber vielfältige Gründe einfallen, was sich die Rebellen oder Geheimdienste versprochen haben könnten - warum soll ich mich dann an angeblichen, schon oft manipulierten Indizien orientieren?

In einem Punkt hast du Recht: Ich kann natürlich nicht zu 100% ausschließen, dass z.B. Assad unter einem fortgeschrittenen Hirntumor leidet, der ihm zunehmend Wahnvorstellungen eingibt und er daraus heraus den Giftgasangriff befohlen hat. Für wahrscheinlich halte ich es indes nicht, umso mehr, da ich keine Kenntnis von ähnlich irrationalem Verhalten Assads vorher sehe. Falls ich irgendetwas übersehen haben sollte, lasse ich mich aber gerne berichtigen.
 

David

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Dass Obama sich am britischen Vorbild orientiert hat kann natürlich auch gut sein.

Ich denke, die Bewertung hängt stark davon ab, ob man die USA eher als "kriegsmüde" oder als "kriegslüstern" einschätzt. Ich denke eher an Ersteres, weshalb die Vorstellung, dass sie Indizien wie damals Bush bewusst fälscht, keinen großen Sinn macht.
Wenn es nicht Assad war, würde ich deshalb eher auf die Rebellen und evtl. Helfer tippen, die die USA auf ihrer Seite in den Krieg ziehen oder aber auch durch diesen Kriegseinsatz weiter schwächen wollten.

Das Blöde ist halt, dass man hier anders als bei anderen Verschwörungstheorien (Mondlandung, 9/11, Klimawandel) mit Naturwissenschaft nicht weiter kommt, wer wann welches Gebiet kontrolliert hat und über welche Waffen verfügt, können vielleicht ein paar Geheimdienstler sagen, aber ich als Außenstehender sicher nicht.
Und die Logik kann man so oder so benutzen: "Cui bono ?", vorher hätte man wahrscheinlich gesagt "Assad sicher nicht", aber so wie es jetzt aussieht, könnte er eben doch der Gewinner sein. Vielleicht hat er das ja besser vorrausgesehen als wir ?


@Astaldo:
Ich glaube, gegen die zahlenmäßige und industrielle Übermacht von gleich drei Großmächten hätte Deutschland auch mit den besten Militärs der Welt keine Chance gehabt. Spätestens ab Ende 1941 (Scheitern des Blitzkriegs gegen die Sowjetunion und Kriegseintritt der USA) hätte man Diplomaten statt Militärs benötigt.

Aber das ist natürlich nur ein weiteres Beispiel für das von dir beschriebene unlogische Verhalten, die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Im Vergleich dazu handelt Assad fast schon rational, selbst wenn er das Giftgas eingesetzt haben sollte.
(Wobei ich an der Uni einige gute Vorlesungen hatte, wo beschrieben wurde, wie innerhalb der verqueren Nazi-Ideologie das Verhalten Hitlers von Anfang bis Ende eigentlich erschreckend rational war, nur eben nach Maßstäben von Rationalität, die mit unserer Vorstellung nicht viel zu tun haben..)
 
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Astaldo

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Gott bewahre, dass ich hier die Meinung vertreten will, dass er den Krieg verloren hat, weil er selbst entschieden hat. Letztendlich kann man sogar froh sein, dass er selbst entschieden hat, denn so war der Krieg letztendlich "kürzer" als wenn es die "Profis" gemacht hätten. Dann wäre es gut und gerne 1-2 Jahre länger gegangen und man mag sich nicht ausmalen wie viele noch umgekommen wären in den Vernichtungslagern.

Es ging mir nur darum aufzuzeigen, dass alles was eigentlich logisch sein sollte nach mehreren Kriegsjahren, dann nicht unbedingt so eintritt und man deshalb nicht verallgemeinern kann. Gerade im Krieg passieren immer wieder Dinge, die man nicht unter Kontrolle haben kann. Letztendlich muss es nicht mal Assad gewesen sein, reicht schon wenn einer seiner Generäle die Schnauze voll hat.

Ich versteh nur nicht was die Geheimniskrämerei um die Beweise soll. Wenn der BND mitgehört hat, dann kann er das Telefonat doch veröffentlichen und jeder kann sich selbst ein Bild machen.
 

Olome Keratin

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@Astaldo: Ok, ich habe deine Bemerkung über Hitler wohl in den falschen Hals bekommen. Vorschlag: Wir lassen diese Abschweifung beiseite?:)

Der Punkt, auf den ich hinaus wollte (ich wiederhole mich, falls es bisher nicht ganz klar geworden sein sollte): Gas kann man auf drei Arten einsetzen.

1. gegnerische Offensive zurückschlagen (Iraker gegen Iraner im Iran-Irak-Krieg)

2. Bresche in die gegnerische Front schlagen zur Vorbereitung einer eigenen Offensive (Ypern und die übrigen Gas-Einsätze im 1. WK)

3. Unpassierbarmachung eines großen Gebiets, das man anders nicht kontrollieren kann (Spanier gegen die Rif-Kabylen 1921)

Im syrischen Fall gab es anscheinend weder den Fall 1, da es keine Offensive von Rebellenseite gab, noch den Fall 2, da Assad nicht den Versuch unternommen hat, eine Offensive gegen die vergasten Gebiete einzuleiten noch den Fall 3, da, wenn es sich um Sarin handelte, das falsche Gas eingesetzt wurde und die Gebiete ja bereits wieder zugänglich sind.
Wäre also die Frage, wozu der Gasangriff, wenn man ihn als von Assad/der syrischen Regierung befohlen ansieht. Es könnte natürlich sein, dass das Gas eingesetzt wurde, ohne dass erfolgreich eine Offensive eingeleitet werden konnte (z.B. aufgrund mangelnder Planung). Was mich dann aber extrem wundert: Wir haben doch x Berichte, dass Assads Truppen konventionell eingeleitete Offensiven, also mit vorbereitendem Artilleriefeuer und Luftschlägen, mehrfach hingekriegt haben. Warum sollten sie also ausgerechnet dann, wenn sie das aufgrund der roten Linien viel riskantere Gas einsetzen, plötzlich die Offensive nicht hinbekommen, es anscheinend noch nicht mal versuchen?
 

Maus

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Gas ist heutzutage eigentlich nur noch für einen Zweck einsetzbar: zur Terrorisierung von Zivilisten. Als Gasmasken noch nicht so dicht und kaum verbreitet waren, hat der Einsatz von Kampfgas noch Sinn gemacht. Inzwischen sind auch paramilitärische Gruppen mit Gasmasken ausgerüstet, in erster Linie zwar gegen Reizgas, aber meist helfen die Masken auch gegen die Kampfgase.
Im aktuellen Fall beklagen die Rebellen ja auch nicht die eigenen Verluste an Kämpfern, es geht nur um die mehr oder weniger zivilen Opfer (ist in einem Bürgerkrieg ja nicht so einfach).

Bei der Motivfrage geht meiner Ansicht nach die Diskussion hier in die falsche Richtung. Der syrische Bürgerkrieg ist seit mind. einem halben Jahr ein Stellvertreterkrieg und zwar zwischen den schiitischen und sunnitischen Golfstaaten. Auf Assads Seite hängen zwar noch die Russen drin, aber die mehr aus ökonomischen Gründen und aus Prinzip. Bei den Rebellen unterstützt der Westen (aber mehr aus humanitären Aspekten) und die Türkei (weil sie halt betroffener Nachbar ist bzw. wegen der Kurdenproblematik). Die hauptsächliche Unterstützung bekommen aber Assad vom Iran und die Rebellen von Saudi-Arabien und einigen Emiraten (z.B. Katar). Und wo da Motive liegen, dazu hatte ich ja schon was geschrieben ;)

Wenn Syrien für den Iran nicht so eine große strategische Bedeutung hätte, wären die Proteste wahrscheinlich gar nicht so stark eskaliert und Assad wäre entweder gegangen worden oder hätte sich mit den Demonstranten arrangiert. Ist meine Meinung, Glaskugel hab ich natürlich keine ;)
 

Maus

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Neuer Beitrag weil anderes Thema. Mir ist da gerade ein Gedanke gekommen, warum Obama den Kongress für einen Syrien-Einsatz benötigt: die Sequestrierung. Wenn ich mich richtig erinnere, dann ist die auch für den Präsidenten bindend, d.h. er kann nicht einfach Ausgaben anordnen, ohne woanders einzusparen. Er hat zwar seinen eigenen Etat, aber der ist wahrscheinlich kaum groß genug, um einen relevanten Einsatz zu finanzieren. Wenn Obama das Geld aus dem bestehenden (ziemlich gerupften) Militär-Haushalt nehmen will, dann wird er ziemlich sicher die Loyalität seines Generalstabs verlieren; und das wäre dämlich bei so einem umstrittenen Einsatz.
Kann sein dass ich falsch liege, weil so gut kenne ich mich im amerikanischen Haushaltsrecht nicht aus, aber hey ;)
 

Chinasky

Dirty old man
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@Gala: Sagen wir mal: Snowden ist der einzige nicht-einsitzende us-amerikanische Held... ;) Meine Formulierung war eh reichlich überpointierte Rhethorik, es gibt schon noch mehrere amerikanische Menschen, vor denen es den Hut zu ziehen gälte.

Zu Thema Moral: Das halte ich für eines, das aus politischen Diskussionen eigentlich nicht rauszuhalten ist. Die Forderung, dies zu tun, ist schon an sich moralisch fragwürdig. Politik ohne moralische Positionierung ist in meinen Augen unmöglich und eine politische Argumentation, die moralsiche Gegenargumente nicht zulassen mag, ist zwangsläufig zynisch. Und zu glauben, jeder handele nach "seiner Moral" und deswegen seien moralische Abwägungen im Politikbereich obsolet, geht von einem Mißverständnis über das Wesen der Moral aus: sie ist eben nicht beliebig. Zwar haben alle Aussagen über Moral immer auch eine subjektive Komponente. Aber sie beziehen sich immer auf etwas Intersubjektives.

Diesen Punkt in ein Philosophie-Topic auszugliedern halte ich für nicht sinnvoll, denn in so ein Topic schaut man ja höchstens mal rein, wenn man ein bißchen klugscheißern will. Wo wird Moral denn relevant, wenn nicht im Politischen?

Im konkret vorliegenden Fall kann die Frage: handelt Obama moralisch, wenn er auf den Giftgaseinsatz in Syrien seinerseits mit Militärschlägen antwortet, sehr gut diskutiert werden, wenn man bereit ist, den moralischen Minimalkonsens zu suchen und den dann als Richtschnur anzulegen.

@Maus: Interessanter Gedanke. Vielleicht kann uns Turjan als US-Kenner da Genaueres dazu sagen?
 

Olome Keratin

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@Maus: Ich war schon am Überlegen, ob ich den Unterpunkt noch mit aufnehme, habe es dann aber gelassen, bevor es zu lang würde. Wenn jeder hier akzeptiert, dass der Gasangriff Assad keinen militärischen Vorteil gebracht hat und sich auch keinen erhofft haben kann (es sei denn, man unterstellt völlige Inkompetenz), wären wir schon mal weiter und könnten diesen Aspekt ruhen lassen. So weit waren aber meines Erachtens noch nicht alle.
Wenn man von den militärischen Aspekten weggeht, gibt es verschiedene mehr oder weniger plausible politische Erklärungen. Da hatte ich dir schon zugegeben, dass man deine Iran-Theorie auch nicht ausschließen kann. Wie man die Frage klären kann, weiß ich nicht, vermutlich mit unserem derzeitigen Kenntnisstand gar nicht.

@Hank: Ich gehe bei Moral sehr stark vom Vertragsgedanken aus. Moral, Ethik, Recht oder wie auch immer man es nennen will, ist das, worauf sich eine Gruppe von Menschen als Regeln des Zusammenlebens verständigt hat, aber nichts, was universale Gültigkeit zu beanspruchen hätte und daher auch veränderlich ist.
Das, was als Politik definiert wird, ist die Instanz, die diese Regeln des Zusammenlebens auch wieder ändern kann. Das erzeugt ein gewisses Dilemma. Man kann zwar sagen, dass jemand gegen die Regeln verstoßen hat, um an die Schaltstellen der Macht zu kommen. Da er diese Regeln als Machthaber wieder ändern kann, ist eine Betrachtung, ob eine politische Handlung moralisch fragwürdig ist oder nicht, ziemlich müßig. Entscheidend ist viel mehr, ob die übrigen Vertragspartner die Regeländerung akzeptieren, in dem sie sich weiter unterwerfen oder nicht. Entsprechend, wenn z.B. eine gewählte Regierung geputscht wird, kommt es nicht darauf an, ob der Putsch jetzt juristisch, moralisch oder sonstwie gerechtfertigt sei, sondern, ob die Menschen das akzeptieren oder nicht. Und diese Abwägung fällt immer wieder unterschiedlich aus: Kapp-Putsch=Bevölkerung dagegen -> Putsch bricht zusammen, Musharraf-Putsch in Pakistan=Bevölkerung akzeptiert -> Musharaf regiert, nationalistischer Putsch in Spanien 1936=Bevölkerung gespalten -> Bürgerkrieg. Man kann natürlich in allen drei Fällen viel schwadronieren und über universale moralische Prinzipien räsonieren, es spielt aber keine Rolle.
 

David

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Was ich beim Stichwort Moral immer etwas zu einfach finde, ist wenn "bloß kein Militäreinsatz" zum moralisch korrekten Handeln erklärt wird, obwohl völlig unabhängig vom Giftgas schon 100.000 Menschen umgekommen sind. Das ist, als hätte man eine Atombombe auf Würzburg geworfen.

Nachdem keine der beiden Seiten aus unserer Sicht wirklich "gut" ist, haben wir natürlich ein Problem, aber ich habe manchmal den Eindruck, dass es schon helfen würde, wenn wir nach dem Zufallsprinzip einer der Seiten zum militärischem Sieg verhelfen, oder versuchen als neutrale Kriegspartei die Kontrahenten auseinanderzuhalten, würden, um wenigstens eine Lage wie in Irak, Libyen oder Afghanistan zu bekommen, die zwar immer noch schlimm und gefährlich genug ist, aber wenigstens eine Stufe unter einem offenem Bürgerkrieg und Häuserkampf.
So eine Lage wäre vielleicht sogar eine geeignete Grundlage für Verhandlungen.

Aber ich bin trotzdem heilfroh, dass ich mir über sowas nur völlig unverbindliche Gedanken machen kann, und nicht wirklich entscheiden und die Folgen verantworten muss.
 
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Lich

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Naja, was man bei dem Ganzen vielleicht beachten sollte, Diktatoren die einigermaßen kompetent sind, schaffen trotz aller Greueltaten gegen Systemkritiker eine gewisse Stabilität.

Bestes Beispiel dürfte ja wohl der Irak sein. Ich bezweifle nämlich mal ganz stark, dass es unter Saddam solche gravierenden Anschläge, Massaker etc. von irgendwelchen selbsternannten Freiheitskämpfern gegeben hätte. Ebenfalls wars in Bagdad vor 2003 wohl deutlich angenehmer.

Parallel dazu dann Afgahnistan bei dem es ja ähnlich aussieht.

Wenn man sich jetzt einfach in Syrien reinbombt bringt das rein gar nichts. Und wenn man dann noch ein paar Parallelen in die Geschichte zu inzwischen untergegangenen Imperien zieht (z. B. Römisches Reich), sollte man auch relativ schnell feststellen das mit kurz durchmetzeln und danach wieder abhauen keine Stabilität geschaffen werden kann.

Wenn obendrein auf "Rebellenseite" die Extremisten die kampferprobteste Fraktion stellen, kann man sich eigentlich ausmalen wies ausgeht, wenn man den Wiederständlern mit ihren derzeit zugehörigen Fraktionen keinen Einhalt gebietet.

@Sarin
Da hilft ne Gasmaske allein nicht, da es auch von der Kleidung aufgenommen wird und bis zu 30 Minuten nach Kontakt mit Sarin noch abgegeben wird, was entsprechend Personen im Umfeld gefährdet.

en.wikipedia.org, siehe Effects and treatment, erster Absatz.

Lich
 

Maus

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@Lich: richtig lesen. Da steht nicht, dass es als Gas von Kleidung aufgenommen wird. So eine Aussage wäre auch sinnfrei, da Kleidung nicht nur Textilien umfasst und Textilien selbst schon eine große Bandbreite an Eigenschaften aufweisen und jede absolute Aussage dazu durch ein passendes Textil widerlegt werden kann. Wenn du den ganzen Satz liest, dann steht da, dass Sarin leicht flüchtig ist und daher auch von Kleidung (wenn es da reingekommen ist) wieder abgegeben werden kann. Das mit der Kleidung ist also nur ein Beispiel für die Flüchtigkeit von Sarin. Nicht mehr. Die Flüchtigkeit von Sarin wird deswegen betont, weil es entgegen der Bezeichung Kampfgas eigentlich eine Flüssigkeit ist, die beim Einsatz verdampft wird.
Und in der verlinkten CDC-Referenz steht: "Quickly take off clothing that has liquid sarin on it." Womit klar ist, in welchem Bezug das Ausgasen von Sarin aus Kleidung gemeint ist.
 

Lich

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Und in dem verlinkten CDC Fact Sheet steht auch das hier:

Following release of sarin into the air, people can be exposed through skin contact or eye contact. They also can be exposed by breathing air that contains sarin.

Was immer noch bedeutet das Gasmasken allein nicht helfen.

Lich
 

Maus

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Echt? Die meisten Gasmasken schützen auch die Augen. Und wenn wir davon ausgehen, dass die Leute erstmal nicht nackt rumrennen...
 

Lich

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... lässt das meistens zumindest die Hände ungeschützt :p

Lich
 
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