Bundestagswahl 2013

Turjan

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@Scot d'Arnd: Es geht doch nicht um die Alternative 5% oder gar nichts. Zwar scheinen 5% die beliebteste Huerde zu sein, aber 4% sind auch relativ verbreitet (Oesterreich, Schweden, Bulgarien, Slowenien).
 

Scot d'Arnd

Irrsinniger Paladin
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Deswegen hab ich ja auch nur von "einer Hürde" gesprochen. Wollte mich da nicht festlegen. Außerdem hätte mein Gedankenspiel ja nicht funktioniert, wenn ich eine vernünftige Hürde angelegt hätte. :):D;)
 

Turjan

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Schon klar. Ich glaube auch nicht, dass Davids 1% Huerde so funktionieren wuerde, wie er sich das denkt, sondern mehr Deinem Beispiel folgen wuerde. Es wuerden sehr viel mehr Leute kleine Parteien waehlen, wenn das Risiko, eine Stimme "zu verschenken" nicht da waere. Und 1% waere schon ein recht einfaches Ziel.
 

Rink

Strassenköter
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Ich weiss das politische System der Schweiz ist anders, aber ich persönlich sehe keinerlei Sinn einer Minimalgrenze. Die Mehrzahl der Wähler wählt ja gleichwohl die grossen Parteien, nur sind dann auch Minderheiten im Bundestag vorhanden, so dass nicht (signifikante) Teile der Bevölkerung komplett übergangen werden. Eine kleine Minimalgrenze gibt es ja ohnehin schon durch die Sitzanzahl im Bundestag, das reicht völlig aus.
Aber ist klar, die regierenden Parteien haben daran kein Interesse, weil sie haben ja schon die 5% überschritten und wollen lieber, dass es beim Alten bleibt :D
 

Turjan

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Na ja, so ganz sollte man die Geschichte dabei nicht vergessen. Es will halt keiner Weimarer Verhaeltnisse. Und diese Huerden sind bei Staaten mit Verhaeltniswahlrecht sehr verbreitet, siehe hier (ein bisschen runterscrollen).
 

Olome Keratin

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Hallo zusammen,

ich hätte nicht gedacht, dass die Umfrageergebnisse für die Union auch nur ansatzweise der Realität entsprechen könnten (sie waren seit ~20 Jahren immer überzeichnet). Vor allem, weil ich einerseits keinen Grund kenne, warum jemand, der bei den letzten zwei Wahlen nicht Merkel-CDU gewählt hat, es diesmal tun sollte. Stimmengewinne bei der Union hatte ich mir allein bei der CSU vorstellen können. Aber es sei, wie es sei, wenns die Leute so wollen, regiert die Union halt weiter. Kann durchaus sein, dass sich dieses Ergebnis als Pyrrhus-Sieg für die Union erweisen wird, ähnlich wie die Zweidrittelmehrheit für die CSU in Bayern 2003 und die 14,6% für die FDP 2009. Das Ergebnis ist so hoch, dass die Union wohl kaum umhin kommen wird, diesmal selbst Verantwortung für die von ihr verfolgte Politik und alle Folgen zu übernehmen, statt es dem Koalitionspartner in die Schuhe zu schieben. Und da sie grade in der Europa-Politik massiv auf Zeit gespielt hat, um alles noch schlimmer zu machen, wird es sie als Hauptverantwortliche erwischen.

Zu AfD und FDP: Hier zeigt das Wahlergebnis ganz deutlich, dass die AfD tatsächlich ganz überwiegend Fleisch vom Fleische der FDP ist. Die ganzen Diffamierungen von den Vorrednern sind absurd. Das Programm ist de facto ordoliberal. Die FDP-Führung hat den großen Fehler gemacht, diesem Parteiflügel, der Unterstützung von nahezu der Hälfte der FDP-Mitglieder hatte, mehrfach voll ins Gesicht zu schlagen (bspw. Abwahl von Frank Schäffler aus dem Bundesvorstand im Frühjahr), gestützt nur von einer knappen Mehrheit unter den Parteifunktionären. Dafür und für einiges anderes ist die FDP zu Recht raus. Dass die AfD auch nicht drin ist, ist so schlimm auch nicht. Die Neugründung war einfach zu kurzfristig durchgezogen, mit dem Nachteil, dass viel zu viel irrlichternde Karrieristen sich auf den Listenplätzen breit gemacht haben (was ich da intern die letzten Monate erlebt habe, geht auf keine Kuhhaut). Außerdem könnte es die Konsolidierung im liberalen Lager befördern. Wenn man alle Parteien zusammen nimmt, die zumindest liberale Ansätze haben (FDP, AfD, PdV, Piraten, Freie Wähler), kommt man auf über 12% der abgegebenen Stimmen (hätte für 2 Parteien gereicht). Dass davon keine einzige im Bundestag vertreten sein wird, hängt mit einer idiotischen, sektiererischen Zersplitterung zusammen, die traditionell eigentlich für die politische Linke typisch ist.
Immerhin bietet es genügend Argumente, um die konservativen Trittbrettfahrer abzuwehren, denn die sind ja, siehe Unionsergebnis, nicht diejenigen, die das große Wählerreservoir ausmachen können.

Wegen Koalitionsbildung: Wenn SPD und Grüne nicht blöd sind, zwingen sie Merkel dazu, mit ihnen beiden zu koalieren, also schwarz-rot-grün. Das verhindert ein gegeneinander ausspielen, sichert die Bundesratsmehrheit (die weder schwarz-rot noch schwarz-grün hat), ermöglicht eine stärkere (inhaltliche) Verhandlungsposition und schiebt der Kannibalisierung im linken Lager einen Riegel vor. Auch die Drohung rot-rot-grün ist ja möglich und das mit! Bundesratsmehrheit auf Jahre. Allerdings habe ich meine Zweifel, ob das Spitzenpersonal beider Parteien zu solchen Überlegungen fähig ist.

5%-Prozent-Hürde: Sollte dringend abgeschafft werden. Die fast Wirklichkeit gewordene absolute Mehrheit für die Union ganz ohne Überhangmandatsverzerrung offenbart eine krassere Fehlrepräsentation als bei den meisten Wahlen mit relativem Mehrheitswahlrecht. Das führt den Gedanken der repräsentativen Demokratie ad absurdum und im Zweifelsfall dazu, dass gesellschaftliche Konflikte nicht im parlamentarischen System ausgetragen werden.
 

Caesar

C
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Auf der Spiegel Seite kann man schön sehen wo die Parteien ihre Hochburgen haben. Die AfD hat ihre stärksten Wahlkreise fast alle in Sachsen. Wer es vergessen hat: Sachsen das Bundesland mit 5,6% NPD im Landesparlament. Ein Schelm wer böses dabei denkt.

Und leider ist die FDP in Hessen ja jetzt doch drinnen. Das macht mich persönlich betroffen :(
 

Olome Keratin

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@Caesar: Das stimmt so nicht. Die AfD-Hochburgen liegen in Süd- (vor allem Rhein-Main-Gebiet) und Südostdeutschland (Sachsen, Thüringen). Schwach war das Abschneiden insbesondere im Nordwesten (Niedersachsen, Schleswig-Holstein). Das deckt sich mit dem, was ich vor der Wahl bereits vermutet hatte und es sind Gebiete, in denen die FDP recht stark war. Schaut ma sich Sachsen genau an, fällt die erhebliche Diskrepanz zwischen den FDP-Ergebnissen bei beiden Wahlen auf: Beispiel Görlitz, stärkster Wahlkreis der AfD mit 8,2%, FDP 2,8%. 2009 FDP 13,1, also 10,3% FDP-Verlust, durchaus wahrscheinlich, dass ein Großteil davon an die AfD ging.
 

Gala

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Eine 1% Hürde wäre wohl tatsächlich problematisch, aber eine 3% Hürde statt 5% fände ich eigentlich immer noch angemessen.

Plus einem Recht darauf, einer Partei angehören zu dürfen, ohne das es einem was kostet - die Parteien bekämen dann also einen festen Betrag pro Mitglied, vom Staat selbst.

Plus strengerer Regeln darüber, was eine Partei tun kann, ohne die Mitglieder befragen zu müssen.

Dann würden vielleicht mal mehr Leute in einer Partei mitreden und es gäbe mehr innerparteiliche Demokratie. Dadurch könnte z.B. ein von vorneherein völlig chancenloser Kandidat wie Steinmeier vielleicht mal verhindert werden. Genauso wie die ganze innerparteiliche Dikatur der SPD insgesammt.



@Astaldo:
Auf der anderen Seite sind genug Leute froh, dass FDP und AfD nicht reinkommen, obwohl beide FAST 5% der Stimmen jeweils haben, dann kann man sich vlt. doch nicht darüber echauffieren, dass am Ende 43% für alle entscheiden würden.
Froh bin ich zwar technisch gesehen darüber, aber de facto ist die ganze Idee einer Hürde eigentlich antidemokratisch.



@Olome:
Wenn man alle Parteien zusammen nimmt, die zumindest liberale Ansätze haben (FDP, AfD, PdV, Piraten, Freie Wähler), kommt man auf über 12% der abgegebenen Stimmen (hätte für 2 Parteien gereicht).
Nach dieser Logik könntest du die Linke gleich auch noch dazuzählen, die versteht sich selbst schließlich ebenfalls als liberal. Wahrscheinlich auch die Grünen.

Das sind IMHO extrem verschiedene Parteien, die du da aufzählst. Die Freien Wähler etwa sind eine Partei, die sich eigentlich überhaupt auf keinen konkreten Inhalt festnageln läßt. Die Piraten haben immerhin Netzneutralität. Die FDP hängt am Busen der oberen Zehntausend und verbreitet unkritisch deren Meinung. Die AfD will den Euro abschaffen.

Ich habe btw vor einer Weile mal die Bibel durchforstet nach Zitaten, denen man politischen Inhalt entnehmen kann. Zu meiner Überraschung fand ich haufenweise sozialistische Zitate, aber fast gar keine liberalen. Nach einigem Nachdenken kam ich darauf, das dies eigentlich einleuchtet: der Liberalismus ist die Grundlage, auf der man aufbauen muß. Ohne Demokratie und Liberalismus hat der Mensch ja gar keine Wahlfreiheit. Das Ziel aber soll ein Miteinander sein, kein Egoismus. Eine nur rein liberale Haltung läuft aber immer auf Egoismus hinaus. Eine nur rein soziale Haltung wäre übrigends ebenso widersinnig, man muß das Gute den Menschen nicht gewaltsam aufzwingen.
 

Olome Keratin

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@Gala: Sorry, die Linke, zumindest die beiden derzeitigen Parteichefs, sind nicht in der Lage, zwischen Liberalen und Braunsozialisten zu unterscheiden. Entsprechend hat die Linke zwar teilweise programmatische Überschneidungen mit liberalen Parteien, grade siehe Internet und Bürgerrechte, aber liberal ist sie nicht. Und für die grüne, staatsgläubige Verbieterpartei gilt das erst recht nicht (auch wenn ich nicht ausschließen will, dass es immer noch genügend grundliberale Grünen-Wähler gibt, kenne davon selbst einige).
Bei den von mir genannten Parteien hat man mit der Ausnahme Piraten grundsätzlich ein marktwirtschaftliches Fundament, außerdem eine gewisse Staatsskepsis. Die Positionen bei Bürgerrechten sind recht vergleichbar (bei den Freien Wählern weiß ichs diesbezüglich nicht, die AfD hat zugegebenermaßen hier kein formuliertes Programm).

Sozialismus und Christentum: Beide haben starke und ähnliche Kritikelemente an der Marktwirtschaft. Die vorgeschlagene Lösung unterscheidet sich zwar formal, aber nicht grundsätzlich (Paradies auf Erden vs. Paradies im Jenseits). Allgemein wäre die Entwicklung des Sozialismus in einer nicht-christlich geprägten Gesellschaft undenkbar gewesen. Geht man in Quellen des 19. Jhd., wird das überdeutlich.
 

David

Moderner Nomade
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Ich weiß grad nicht, ob es für oder gegen eine politische Idee spricht, wenn sie in der Bibel vorkommt.. Immerhin beruft sich auch die Kirche darauf, und da gibts viel Licht und Schatten (soziale Projekte, aber auch autoritäre Strukturen). Und als Arbeitgeber nimmt sie sich Sachen raus, die man keinem Unternehmen durchgehen lassen würde.

@Olome:
In einer großen Koalition muss es nicht so laufen dass die Union die Verantwortung für alles bekommt. Im Grunde ists dann nämlich egal ob die Union 42 oder 35% hat, die SPD wird diesmal von Anfang an selbstbewusster auftreten und eigene Forderungen durchsetzen, was aber auch die Chance eröffnet, mögliche Probleme später genau daran festzumachen.

Bei der nächsten Wahl wird aber glaube ich was Anderes wichtiger:
Nach 12 Jahren Merkel und Union könnte es soweit sein, dass eine Mehrheit alleine deshalb einen Machtwechsel will. Selbst wenn Merkel nicht nochmal antreten sollte, könnte ich mir vorstellen, dass dann viele die an sich nichts auszusetzen haben, meinen, es wäre mal wieder Zeit für einen Wechsel. Der Bund ist halt nicht Bayern. :D

@Turjan:
Mehr kleinere Parteien im Bundestag fände ich durchaus gut, ich hätte auch nicht unbedingt etwas dagegen einfach wie Rink meinte auszurechnen wieviele Stimmen man für einen Sitz braucht und das zur Minimalgrenze zu machen. Man könnte es ja auch erstmal nur auf Landesebene einführen und es ausprobieren.

Der Preis dafür sind schwierigere Mehrheitsverhältnisse, der Gewinn ist wie du schon sagtest eine leicht zu schaffende Hürde die stärker dazu motiviert mit neuen Ideen in die Politik zu gehen anstatt sich in den alten Parteien die Karriereleiter hocharbeiten zu müssen.
Inhaltlich kann ich zB mit den Piraten nur begrenzt etwas anfangen, aber ich finde es gut, wenn solche Parteien die Chance haben, sich einzubringen und zu zeigen, was sie können.

Aber ich halt das nicht unbedingt für die wichtigste Frage der nächsten Jahre. Und gerade jetzt sollte man das auch nicht diskutieren, weil es dann nur heisst, dass der Vorschlag nur von frustrierten FDP oder AfD-Wählern kommt. (Ähnlich wie man die Sache mit dem Videobeweis nicht unbedingt fordern sollte nachdem eine Fehlentscheidung der eigenen Mannschaft geschadet hat)

@Turjan:
Das Problem in Weimar war glaube ich eher das links und rechts zuviele nicht-demokratische Abgeordnete im Parlamet saßen, nicht die reine Anzahl der Parteien.
 
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Chiburi

Kampfhase
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Jetzt hat es also auch die FDP erwischt. Koalitionsfähige Partei seit Jahrzehnten, oft Zünglein an der Waage. Und auch wenn die Mehrheit das hier gutfinden mag, so richtig demokratisch ist das nicht. Die 5%-Hürde sorgt dafür, dass jeder, der es wagt, eine kleinere Partei zu wählen, mit einiger Sicherheit 0,4 Stimmen an die CDU gibt. Bei dem Risiko braucht es nicht viel, um auch die Grünen, wenn sie mal wieder für besonders hohe Benzinpreise werben, oder einen Gemüsetag, oder ähnliche Angriffe auf der Deutschen liebste Kinder reiten, auszuhebeln. Zusammen mit dem Fraktionszwang mag es das Regieren einfacher machen, aber für meinen Geschmack bleiben dabei zu viele Meinungen und Minderheiten auf der Strecke. Pluralistische Gesellschaft sieht anders aus. Und wie David schreibt - ohne Hürde könnten sich neue Ideen (und Leute) auch durchsetzen, ohne den Weg durch die etablierten Parteien zu nehmen - und entsprechend korrumpiert zu werden.

Große Probleme sehe ich dabei nicht. Kleinstparteien, die nur zu einer begrenzten Anzahl von Themen Kompetenzen und Meinungen haben, können sich bei Abstimmungen zu Fremdthemen ja enthalten. Damit würden sie de fakto für diese Themen die Mehrheitsverteilung nach aktuellem Recht wiederherstellen. Wähler, die solche Parteien wählen, könnten damit rechnen. Und wenn es ihnen trotzdem wichtiger ist, in ihren Leibthemen voll und ganz vertreten zu werden, ist das ihre Entscheidung. Ich persönlich könnte z.B. auch leben, ohne beim Thema Betreuungsgeld entsprechend meiner Meinung vertreten zu werden.

Na, das, und dass auch die großen Parteien zu vielen Themen eher Klientel haben als Kompetenzen. Und wer sagt denn, dass die kleinen Parteien nur komische Ideen haben und alles aufhalten? Vielleicht täte es der Demokratie sogar ganz gut, wenn sich wenigstens ein paar Leute wieder ihrem Gewissen verpflichtet fühlen statt der Partei?

Btw: 59% der Wähler haben sich gegen die CDU ausgesprochen. Da sollte man wirklich mal dem Wählerwillen folgen, und rotrotgrün koalieren.
 
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Maus

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@Chiburi: 75% der Wähler haben sich gegen die SPD ausgesprochen, da müssen sie ja aus Anstand auf jede Regierungsbeteiligung verzichten und dem Wählerwillen folgen...
und da die Animositäten zwischen SPD und Linken größer sind als zwischen allen anderen Parteien im Parlament, ist rot-rot-grün wohl keine so sinnvolle Option...
 

Gala

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Ausreden höchstens.

Die SPD hat programmatisch eine größere Nähe zu den Linken als selbst zu den Grünen.

Wenn sie wirklich den Willen hätten, ihr Programm umzusetzen, würden sie natürlich rot-rot-grün machen.
 

Chinasky

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Würde die 5-Prozent-Hürde fallen, bzw. merklicht auf z.B. 1% gesenkt, würden die momentan "großen Parteien" ratzfatz ein Gutteil ihrer Stimmen verlieren. Denn die 5%-Hürde sorgt ja dafür, daß viele diese großen Parteien wählen, weil sie ihre Stimme nicht "vergeuden" wollen für eine Partei, die eh nicht in den BT kommt. Daher ist nicht so sicher, ob dann nicht doch plötzlich eine ganze Latte neuer kleiner Parteien (laßt es mal zwischen 5 und 10 Stück sein) in den BT einzöge. Dies plus den Umstand, daß die großen Parteien merklich verlören, würde dann eine Koalitionsfindung zwecks Regierung m.A.n. wirklich merklich erschweren und gegebenenfalls verunmöglichen. Splitterparteien bekämen dadurch wohl ein viel höheres Gewicht, als ihnen eigentlich (dem Wählerwillen allgemein entsprechend) zukäme. Ich meine mich erinnern zu können, wie in Italien oder in Israel immer wieder absurde Regierungsbeschlüsse zustande kamen, weil die kleinen Koalitionspartner sich mittels "sonst lassen wir die Regierung eben ganz platzen und sorgen für Neuwahlen"-Erpressung ihre Positionen durchsetzten.
Über eine Senkung der Hürden auf 4 oder 3 Prozent sollte man eventuell nachdenken, denn Davids Argument ist schon bedenkenswert, daß somit mehr Leute es als sinnvoll ansehen könnten, sich in die Politik einzubringen. Aber daß die Hürde nur ein sechstel Prozent (soviel bräuchte es bei 600 Abgeordneten ja für einen Sitz) betragen solle - so eine Lösung hielte ich für kontraproduktiv.

Die Idee, Theme-Parteien könnten ja sozusagen abgespeckte Mandate bekommen, wo sie dann auch nur zu ihren jeweiligen Themen sich einbringen könnten, halte ich für falsch und praktish auch undurchführbar. Wer nur ein Thema hat, der engagiert sich eben per Lobbyisten in der Politik. Ein Bundestagsabgeordneter sollte schon für die gesamte politische Themenpalette zuständig sein.

@Chiburi: Rot-Rot-Grün (RRG) wurde aber nun mal im Vorfeld so kategorisch ausgeschlossen, daß es jetzt einfach nicht dem Wählerwillen entspräche: Die SPD kann diesen Weg nicht gehen, ohne sich für die Zukunft absolut zu diskreditieren. Ich meine: mir kann's egal sein, ich bin kein SPD-Wähler, ich bin kein Grünen-Wähler und ich bin kein Linken-Wähler. Dennoch würde ich als SPD- oder Grünen-Wähler eine letztendliche Zustimmung zu RRG als Verrat betrachten. So wie ich die Analsyen verstand, ist bei der derzeitigen Konstellation eine Mehrheit der Deutschen für eine Große Koalition. Es stimmt: die bisherige Regierung wurde abgewählt. Aber das bedeutet nicht, daß RRG gewählt wurde. Die (neue) Mehrheit links von CDU-FDP wäre eben auch schon bei Schwarzrot erreicht.
 

Sir Darian

Ritter des Helm
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Hmmm... *grübel*

Ich beziehe meinen Beitrag auf den von Gala, bevor Hank sich dazwischen schob. :D

--

Aber genau das scheint mir das Problem der SPD zu sein, zumindest für mein Verständnis von Politik:

Sie haben sich anfangs Inhalte auf die Fahne geschrieben, die heute in dieser Form mehr die Linke vertritt.
Da man innerhalb der SPD anscheinend befürchtete, so "klein" wie die Linke zu werden, oder anlternativ vermutet, dass man hoffte, eine größere Wählerschaft anzusprechen, hat man sich von links auf eine bürgerliche Mitte verlagert und ist zu einer zweiten Union geworden, die halt die gegenteiligen Ansichten, gesehen aus von "der Mitte" vertritt.

Für mich ist das, was die Linke heute macht, das, was die SPD machen sollte, wären sie sich selber treu geblieben.
Und damit hat sich die SPD aus meiner Sicht, wohlgemerkt, irgendwie obsolet gemacht. :hae:
 

Astaldo

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Die SPD ist halt die Linke - deren radikale Positionen in der Außenpolitik. Solange die sich nicht ändern, glaub ich nicht das es jemals das Bündnis RRG geben wird.
 

Sir Darian

Ritter des Helm
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Hmmm... *grübel*

Die SPD ist halt die Linke (...)

Das finde ich eben gerade nicht. :hae:
Die Linke ist die linke.
Die SPD ist die linke Union.
Finde ich zumindest. :hae:
 

Kayana di Zapp

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Da stimme ich mit Sir Darian überein. Im Übrigen kenne ich einen älteren Stammwähler der SPD, der das ähnlich sieht, will heißen, die Prä-Schröder-SPD war die Partei der Sozialdemokratie, der Gewerkschaften, der Arbeiter. Jetzt hat sie eine Zeit lang erfolgreich auf dem Terrain der CDU gewildert, ist dort aber von derselben inzwischen auch geschlagen worden, und die CDU nimmt einer blassen SPD, die niemand mehr wirklich einordnen kann, wiederum selbst die sozialen Themen weg. Dass die SPD eine Teil der Gesellschaft in die Armut entsorgt hat, als sozialdemokratische Partei, haben die Leute wohl doch noch nicht vergessen, zumal die SPD nicht ganz sicher scheint, ob sie sich weiter damit rühmen soll, mit diesen Maßnahmen Deutschland vor der Wirtschaftskrise gerettet zu haben, oder ob sie lieber versuchen soll, zu retten, was zu retten ist (Thema soziale Gerechtigkeit). Fehler eingestehen ist sowieso ausgeschlossen, also biedert man sich lieber erstmal als Gehilfe der CDU wieder an.
Die Linke kann ich nicht leiden, weil sie meiner Meinung nach zu machtgeil war und ist, die SED und sonstige Stalinisten außen vor zu lassen. Aber auf die SPD ist für soziale Themen jedenfalls derzeit kein Verlass.
 

Maus

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@Gala: also wenn ich mich so an die O-Töne von Linken und SPD gestern erinnere oder die Kommentare von Frau Wagenknecht in der Wahlbild-Ausgabe, dann ist der Gegner Nr. 1 die FDP, aber gleich danach kommt die jeweils andere linke Partei und da die FDP jetzt weg ist, fand ich das gestern schon hart, wie da gegen den jeweils anderen gestichelt und gelästert wurde. Wahrscheinlich weil sie programmatisch in der Innenpolitik so nahe beieinander liegen, beansprucht jede der beiden DIE Arbeiterpartei (soziale Partei, Sozialisten, etc.) zu sein. Von daher denke ich, dass "Animosität" durchaus der richtige Ausdruck für deren Verhältnis ist.
 
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