Politik, 12. Staffel

David

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Hast du Quoten wieviele Schüler dort überhaupt daheim unterrichtet werden ?
Wenn das zB keine 10% wären, würde es nämlich nicht sonderlich auffallen, wenn die Ergebnisse besser oder schlechter ausfallen würden als an den staatlichen Schulen. Von "Untergang des Abendlandes" redet ja auch niemand, aber ich fürchte, dass es bei vielen der betroffenen Kinder zu schlechteren Chancen führen könnte.

Wenn es um "Randerscheinungen" wie Problemviertel geht:
Würde man die Schule gut machen, wäre es auch nur eine Randerscheinung, dass die Kinder darunter leiden und jemand auf die Idee kommen würde, dass man das unbedingt überwinden müsste. Den großen gesellschaftlichen Widerstand gegen die Schulpflicht sehe ich jedenfalls nicht.
Was den Lernstoff, die zeitliche Belastung, das Lernumfeld oder die Lernmethoden angeht gibt es wie gesagt sicher vieles das man besser machen könnte um dahin zu kommen dass die meisten Kinder die Schule nicht als Haftanstalt empfinden.

Und ob die Beispiele von Eltern, die ein erfolgreiches Homeschooling hinbekommen, zahlreicher sind als die von Eltern, die nichtmal ihr eigenes Leben organisiert bekommen, ist die nächste Frage.
Die meisten Beispiele von denen man aus Deutschland hört wenn Eltern sich gegen die Schulpflicht wehren sind halt auch solche (meistens ultra-religiöse), wo man die Kinder in der staatlichen Schule doch für besser aufgehoben hält. Es geht eben nicht nur um die Freiheit der Eltern, sondern auch um die Rechte und Chancen des Kindes.
(PS.: Ganz generell bin ich ja auch dafür dass jeder erstmal tun und lassen kann was er will solange er damit niemanden anderen beeinträchtigt, aber genau das könnte hier der Fall sein, und dann ist es eine klassische Aufgabe des Staates das zu regeln)

Und Home-Office soll sich schon seit 20 Jahren groß durchsetzen, tut es aber nicht. Wahrscheinlich weil auch wichtig ist was ganz informell im Flur geredet wird. Und weil es im Normalfall nicht soooo schrecklich ist anderen Menschen zu begegnen. Und das sage ich, der ich wirklich sehr gerne auch mal meine Ruhe vor <i>homo sapiens</i> habe. :D

Und soviel anders als Schule ist das spätere Berufsleben eigentlich auch nicht, selbst als Selbstständiger muss man zu Terminen gehen oder Aufträge abarbeiten, auch wenn man nicht jeden Tag die Lust dazu hat.
Und den fachlichen Teil kann man nicht einfach so abtun als würden 15jährige sich schon freiwillig daheim hinsetzen und Fachbücher lesen und verstehen. Und außerhalb ihres eigenen Berufs hört das Wissen auch bei den meisten Eltern irgendwann in den mittleren Schuljahren auf.
 
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Ysrthgrathe

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Hast du Quoten wieviele Schüler dort überhaupt daheim unterrichtet werden ?
http://en.wikipedia.org/wiki/Homeschooling_international_status_and_statistics
Ist offenbar überall außer den USA eine absolut verschwindende Minderheit.
Schüler im Homeschooling: Großbritannien 20.000–100.000 <a href="https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/207670/Main_text-_SFR21_2013.pdf">(bei 4.3 Millionen Schülern in "state-funded primary schools")</a>, Österreich 2100, Frankreich 5000, Belgien 500.

Ich kenne mich mit dem Thema überhaupt nicht aus, aber <a href="http://en.wikipedia.org/wiki/Homeschooling#Research">laut Wiki</a> verursacht das offenbar wenn überhaupt, dann keine nennenswerten Nachteile für die Kinder.
Wenn das stimmt sollte man das meiner Meinung nach durchaus Legalisieren, Kontrollen des Staates vorausgesetzt. Wobei das in Deutschland aber höchstwahrscheinlich nur von einer Handvoll religiöser Fundamentalisten genutzt würde, was jetzt natürlich auch nicht unbedingt so eine tolle Sache wäre...
 

Lokadamus

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Danol, bist du auf dem Lande oder in einer Großstadt groß geworden? Auf dem Lande ist einfach nicht viel los in Schulen und die Klassen sortieren sich mit den Jahren sehr gut durch. Die Problemfälle landen auf der Hauptschule, Real und Gymnasium habe weniger Problemfälle bzw. zeigen sich diese anders. Zumindest war es damals bei mir so.

Die Frage ist, auf welchem Niveau sind die Leute, die zu hause unterrichtet wurden? Wenn sie nur bei McDonalds arbeiten wollen/ sollen, dürfte es kein Problem gewesen sein.

Die Schulpflicht halte ich für eine gute Sache, weil so Freundschaften mit Kindern aus anderen Stadtteilen entstehen können. Dies würde wegfallen.

Die Kritik beim Betreuungsgeld geht in eine ähnliche Richtung.
http://de.wikipedia.org/wiki/Betreuungsgeld#Kritik
 

Danol

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@Lokadamus: Weder Großstadt noch Land. Ich bin in der Nähe von Flensburg aufgewachsen. Was das Aussortieren von Problemfällen auf die Hauptschule nun aber mit meinem Problem zu tun hat erschließt sich mir nicht.

Was die Freundschaften angeht: Das ist absolute Privatsache. Es geht den Staat nichts an. Mir fällt absolut kein Argument ein warum das Schließen von genug Freundschaften in irgendeiner Weise durch staatliches Diktat sicherzustgellen ist. Diesen winzigen Rest an Selbstbestimmung wird man den Schülern wohl noch lassen können.
Davon ab sehe ich auch keinerlei Anhaltspunkte dafür dass die Schule dazu überhaupt benötigt wird. Es gibt hierzulande selbst in Kleinstädten ein reges Vereinsleben, Freizeitangebote für Kinder, sportliche Aktivitäten, Jugendzentren u.ä., es gibt mehr als genug Wege andere Kinder, auch aus anderen Stadtteilen, kennenzulernen. Auf dem Land wiederum sitzt man häufig ohnehin nur mit Kindern aus der Nachbarschaft oder dem Nachbardorf in der Schule. Ich sehe also weder Legitimation noch Notwendigkeit für irgendwelche staatlichen Eingriffe in den Freundeskreis der Kinder.
Für Infos über den Erfolg des Homeschoolings verweise ich einfach mal auf Ysrthgrathes Link.

@Ysrthgrathe: Absolut verschwindende Minderheit ist eine ziemlich gewagte Interpretation. In Kanada weißt die Tabelle z.B. 60k Homeschooler aus, auf Deutschland hochgerechnet wären das 135k Schüler. Australien, auf Deutschland hochgerechnet, wären 52k; Großbritannien und Südafrika haben nur ungefähre Zahlen, die zwischen "Randerscheinung" und "nennenswert groß" schwanken. Naja, und die genannten USA, die sich mit ihren 2,5mio Homeschoolern mal wieder als eines der freiheitlichsten Länder überhaupt entpuppen. Tendentiell wird das Angebot also in Staaten, die Homeschooling erlauben und unterstützen, ganz gut angenommen. ~100k Schüler klingt nicht gerade nach viel, es sind aber 100.000 Individuen, die dem staatlichen Zwangsapparat entzogen wurden und das ist in meinen Augen ein großer Erfolg. Bei manchen Staaten muss man auch noch andere Faktoren berücksichtigen, z.B. steht Dänemark, mit 1% Homeschoolern, nicht gerade als Homeschool-Hochburg dar, dort gibt es aber z.B. auch die "Friskolen", mit denen Kindern ebenfalls dem staatlichem System entzogen werden und oft sehr viel selbstbestimmter und individueller Lernen können als ein staatliches System das jemals zustande brächte.

David schrieb:
Würde man die Schule gut machen, wäre es auch nur eine Randerscheinung, dass die Kinder darunter leiden und jemand auf die Idee kommen würde, dass man das unbedingt überwinden müsste. Den großen gesellschaftlichen Widerstand gegen die Schulpflicht sehe ich jedenfalls nicht.

In einem der obrigkeitsbesessensten Länder der Welt gibt es kaum Wiederstand gegen die Schulpflicht. Was für eine Überraschung. Es gab auch den großen Wiederstand gegen den Holocaust nicht. Das Vorhandensein oder Fehlen gesellschaftlichen Wiederstands ist kein Indikator für oder gegen den Sinn oder die Legitimität einer Maßnahme, sondern primär ein Ausdruck der vorhandenen Sozialisierung. Schule ist hierzulande eben der Normalfall und daran will keiner Rütteln.
Man kann staatliche Schule übrigens gar nicht so machen dass niemand drunter leidet. Wie willst Du z.B. allein die unterschiedlichen Biorythmen alle gleich gut abdecken? Was ist mit unterschiedlichen Konzentrationsphasen? Mal ein Beispiel: Ich bin am Produktivsten wenn ich mich eine weile am Stück mit was befasse, meist so nach ein bis anderthalb Studen. Nach 3 Stunden brauche ich das erstmal mal eine Pause. Die Schule hat, durch den 45min-Rythmus, immer konsequent verhindert dass ich dort optimal arbeiten konnte. Für andere Kinder wäre mein Rythmus aber auch der falsche. Sobald man versucht, Lernen durch festgelegte Zeiten und physische Anwesenheit zu regulieren, wird irgendwer zwangsläufig auf der Strecke bleiben. Der eine verschläft die ersten 2 Stunden, während sein Nachbar gern 2 Stunden früher gekommen wäre, um früher zu gehen. Das kann man nicht in einem System unter den Hut bringen, außer man weist jedem Kind genau einen Lehrer zu. Dann kann man sich die Anwesenheitspflicht im Schulgebäude aber auch sparen.
 
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David

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Man mag ja über die Schulpflicht streiten können, aber zum Thema Holocaust-Vergleich muss ich doch glaube ich nichts sagen ? :(

Dass der Widerstand gegen die Schulpflicht im Allgemeinen kaum vorhanden ist liegt sicher auch an der Gewöhnung, aber meiner Meinung nach auch an den Alternativen zu den staatlichen Schulen. Wer die nicht mag kann auf andere Schulen ausweichen, so dass außer für die ganz extremen Weltanschauungen eigentlich immer eine akzeptable Lösung vorhanden ist. Und gerade bei diesen extremen Weltanschauungen ist wirklich jede Schule besser als Heimunterricht.
(In den USA glauben angeblich auch 50% der Leute dass Gott die Welt vor 6000 Jahren oder so erschaffen hat, das ist fast genauso gruselig wie die "Masern-Partys" die manche Eltern veranstalten. In letzter Zeit habe ich beunruhigend oft das Gefühl dass wir gerade dabei sind die Aufklärung wieder abzuwickeln..)

Das Problem mit dem Biorhytmus kenne ich auch (mehr als 1-2 Stunden am Tag kann ich mich generell nicht 100%ig konzentrieren), wirklich unproblematisch war das nur an der Uni. Insofern habe ich mir auch schon überlegt ob man nicht gewisse Elemente der Uni an der Schule (zumindest in den letzten Jahren) übernehmen könnte. Das war wirklich mal ein System wo jeder den Weg und auch die Zeit bis zum festgesetzten Ziel in gewissen Grenzen seinen eigenen Vorlieben und Fähigkeiten anpassen konnte. :up:
Aber für die Grundschule ist es zugegeben wohl eher nicht geeignet. Wobei ich die Schule insgesamt nicht als besonders stressig in Erinnerung habe, schon von der zeitlichen Belastung her kein Vergleich zum Berufsleben.

Aber selbst wenn meine Eltern beim theoretischen Heimunterricht hätten unterscheiden können ob ich gerade wirklich müde bin oder nur lieber was Anderes machen will (das wird besonders in der Pubertät lustig, da sind Eltern UND Schule ein rotes Tuch), die haben auch noch andere Verpflichtungen als den ganzen Tag den Privatlehrer im Standby zu geben bis ich mich mal dazu bequeme ein Buch aufzuschlagen. Ich sage nur "Teletubbieland". ;)

Aber wenn die Soldaten, die am Anfang dieser Diskussion unsere Interessen "durchsetzen" sollten, auch Pause machen würden (am besten zusammen mit den Piraten, Russen etc.), wenn ihr Biorhytmus keine Lust mehr hat, wäre das wirklich eine Friedensnobelpreis-verdächtige Idee. :D
 
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Matthew McKane

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Was die Freundschaften angeht: Das ist absolute Privatsache. Es geht den Staat nichts an. Mir fällt absolut kein Argument ein warum das Schließen von genug Freundschaften in irgendeiner Weise durch staatliches Diktat sicherzustgellen ist. Diesen winzigen Rest an Selbstbestimmung wird man den Schülern wohl noch lassen können.

@Danol: Warum sollen Kinderrechte Privatsache sein? Kinder haben laut UN Kinderrechtscarta das Recht selbstsbestimmt Freundschaften zu schliessen.

Wenn Eltern ihren Kindern es nicht ermöglichen, selbstbestimmt Freundschaften zu schliessen, indem sie ihre Kinder daheim beschulen und den Kontakt zu (beispielsweise) andersgläubigen Kindern unterbinden, dann ist sehr wohl der Staat gefragt.
 

Rhonwen

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In meinem Job habe ich merhmals Kinder kennen gelernt, die vor der Schule völlig isoliert waren und ein Sozialkontaktverhalten wie Autisten hatten, das heißt, sie wussten nicht, wie man mit anderen Kindern Kontakt aufnimmt, mit ihnen spricht, deren Gefühle einschätzt und ähnliches. Sie kannten ihren Geburtstag nicht, konnten keine Grenzen erkennen, akzeptieren oder waren völlig verschüchtert. Nachdem nach einem Jahr sich nicht wirklich etwas gebessert hatte, wurden die Kinder in psychiatrische Obhut übergeben.
Natürlich sind das Extremfälle gewesen, aber es zeigt sich, was passieren kann, wenn man Kinder absolut isoliert von anderen Kindern aufwachsen lässt.

Die Durchsortierung über Sportvereine und Co. ist begrenzt, denn dazu muss Geld für Vereine vorhanden sein, von öffentlicher wie auch privater Seite. Ich habe in kleinen Dördern, Kleinstädten und Großstädten gewohnt. Alle haben ihre Vor- und Nachteile, was das Aufwachsen lassen von Kindern angeht. Die Vereine hatten da nur begrenzt mit zu tun. Die Kinder, die es am meisten gebraucht hätten, waren in keinem Verein. Zu teuer und zu anstrengend.

Un der 45 Minuten Takt ist auch nur ein unzuverlässiges Argument, denn in der Grundschule dürfen die Schulen zum Beispiel im Anfangsunterricht die Zeiten variieren, bei uns zum Beispiel 15 - 60 Minuten in einem Block von 1,5 Stunden.
 

David

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Neben den vernachlässigten Kindern (was im Extremfall wahrscheinlich sogar eher ein Thema fürs Jugendamt ist als nur für die Schule) gibt es ja auch noch die Einzelkinder denen daheim jeder Wunsch erfüllt wird und die gerade deshalb Probleme haben können wenn sie mal nicht im MIttelpunkt stehen und sich in eine Gruppe eingliedern müssen.

Wie gesagt, ich bin ja auch kein Freund von frühen Ganztagsschulen für alle (als Option ist das natürlich OK) um das Verhältnis zwischen Schule und selbstbestimmter Freizeit zu wahren und den Kindern zusammen mit ihren Eltern genug Freiraum zu lassen. Wenn die heutigen Kinder gute Chancen haben 100 zu werden und wahrscheinlich bis ca. 70 werden arbeiten müssen, kommt es auf 1-2 Jahre am Anfang nicht wirklich an wenn sie nachher gute Chancen haben.

Was das angeht engagieren sich ja glaube ich auch viele Eltern für Änderungen am aktuellen Schulsystem, zumindest mehr als gegen die grundsätzliche Schulpflicht. Es ist also auch nicht so, dass die alles mit sich und ihren Kindern machen lassen.
Aber nur weil man das eine Extrem der "Vollzeit-Betreuung" nicht mag, muss man ja nicht gleich ins andere Extrem verfallen und die Schule komplett abschaffen.
 
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Ysrthgrathe

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@Danol
Absolut verschwindende Minderheit ist eine ziemlich gewagte Interpretation.
Na ja, in nur drei, vier Ländern weltweit etwa 1% und ansonsten "virtually no" oder im einstelligen Tausenderbereich finde ich nicht so ziemlich vernachlässigbar.

dort gibt es aber z.B. auch die "Friskolen"
Da kenne ich mich auch überhaupt nicht aus. Ist das etwas anderes als die deutschen "Schulen in freier Trägerschaft" wie etwa die Waldorfschulen?
 

Matthew McKane

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Was hat Schulpflicht überhaupt mit staatlichem System zu tun? Die Schulpflicht sagt doch nur, dass die Schule besucht werden muss, und nicht welche?

Es gibt doch jede Menge private und freie Schulträger in Deutschland?

Und dass selbstbestimmtes Lernen an staatlichen Schulen nicht möglich sei, ist mir auch neu. Gerade bei den Grundschulen, geht doch die Kritik am Schulsystem eher dahin, dass alles zu selbstbestimmt sei? Und die Kinder zu sehr lernen dürfen was sie wollen?

Und im Elternhaus ist doch selbstbestimmtes Lernen fast nicht möglich? Da lernt man das, was den Eltern wichtig ist. Das hat doch nichts mit selbstbestimmt zu tun?

Und die reinen Zahlen über Homeshooling sagen doch nichts über den Erfolg aus?

Gerade in den "vorbildlichen USA" wurde das Recht auf Homeshooling von Amish erstritten, die damit erreicht haben, dass ihre Kinder von der modernen Gesellschaft isoliert gehalten werden können und so Teil der Amish Kultur bleiben. Mit Selbstbestimmung hat das gar nichts zu tun. Im Gegenteil! Die Kinder werden Zuhause unterrichtet, damit sie sich gerade nicht selbstbestimmt entwickeln können. Und es wird auch fast nur von Amish und ähnlichen religiösen Gruppen genutzt. Weiss nicht, was daran so toll sein soll.

Im grossen und ganzen kann man nur Mitleid mit den Kindern haben, die in den USA zu Hause unterrichtet werden, die überwiegende Mehrheit wäre auf einer schlechten staatlichen Schule noch deutlich besser aufgehoben.
 

Danol

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David schrieb:
Wer die nicht mag kann auf andere Schulen ausweichen, so dass außer für die ganz extremen Weltanschauungen eigentlich immer eine akzeptable Lösung vorhanden ist. Und gerade bei diesen extremen Weltanschauungen ist wirklich jede Schule besser als Heimunterricht.

Ich frage mich, warum hier immer auf religiösen Fanatikern und ähnlichem herumgeritten wird. Das ich es ok finde wenn der Staat bei Elternversagen eingreift sagte ich schon mehrfach. Das ich nichts davon halte Extremfälle zum Maßstab für alle zu machen auch. Religiöse Spinner sind zumindest hierzulande eine winzige Minderheit, die einfach zu unbedeutend ist als das man deswegen alle Kinder in die Schulen zwingen muss. Andere Schulen sind m.M.n., zumindest so wie es sie hier derzeit gibt, auch keine Lösung, weil es eben auch Schulen sind, mit allen damit verbundenen Nachteilen.

Aber selbst wenn meine Eltern beim theoretischen Heimunterricht hätten unterscheiden können ob ich gerade wirklich müde bin oder nur lieber was Anderes machen will (das wird besonders in der Pubertät lustig, da sind Eltern UND Schule ein rotes Tuch), die haben auch noch andere Verpflichtungen als den ganzen Tag den Privatlehrer im Standby zu geben bis ich mich mal dazu bequeme ein Buch aufzuschlagen.

In der Pubertät ist man als genug um auch ohne Lehrer auszukommen. Warum nun wieder das "Eltern könnens nicht" kommt verstehe ich auch nicht. Müssen sie ja auch nicht. Eltern stehen beim Homeschooling nicht allein da, es gibt diverse kommerzielle Unterstützung und genetzwerkt (ist das ein Wort :confused:) wird in aller Regel auch. Ich würde zumindest nicht erwarten dass es hier diesbezüglich groß anders abläuft als in GB oder den USA.

Aber wenn die Soldaten, die am Anfang dieser Diskussion unsere Interessen "durchsetzen" sollten, auch Pause machen würden (am besten zusammen mit den Piraten, Russen etc.), wenn ihr Biorhytmus keine Lust mehr hat, wäre das wirklich eine Friedensnobelpreis-verdächtige Idee.

Das man bei den zumutbaren Belastungen für Kinder und Erwachsene unterschiedliche Maßstäbe anlegen sollte bedarf wohl nicht wirklich einer Diskussion? Gerade in der Kindheit, in der sich ein Mensch sowohl intelektuell als auch sozial und persönlich dermaßen weiterentwickeln muss, sollte man ihm da keine unnötigen Steine in den Weg legen.

Rhonwen schrieb:
Natürlich sind das Extremfälle gewesen, aber es zeigt sich, was passieren kann, wenn man Kinder absolut isoliert von anderen Kindern aufwachsen lässt.

Ist in Ländern mit Homeschooling kein nennenswertes Problem, wird es auch hier nicht sein. Dieses Argument ist einfach nur gegenstandlose Panikmache, in der Praxis kann man sehen dass sowas nicht verstärkt passiert. Und, wie gesagt, Extremfälle kann man einer Sonderbehandlung unterziehen.

Un der 45 Minuten Takt ist auch nur ein unzuverlässiges Argument, denn in der Grundschule dürfen die Schulen zum Beispiel im Anfangsunterricht die Zeiten variieren, bei uns zum Beispiel 15 - 60 Minuten in einem Block von 1,5 Stunden.

Das macht doch keinen Unterschied. Gut, dann werden die Zeiten variiert. Und schon sind alle Schüler im Nachteil für die die aktuell gewählte Dauer eben zu kurz oder zu lang ist. Auch mit Variation kann man nicht alle Kinder auf einmal treffen.

Ysrthgrathe schrieb:
Da kenne ich mich auch überhaupt nicht aus. Ist das etwas anderes als die deutschen "Schulen in freier Trägerschaft" wie etwa die Waldorfschulen?

Jein. Es handelt sich dabei im Grunde um eine von den Eltern gegründete, betriebene und verwaltete Schule, in der aber i.d.R. nicht die Eltern selbst, sondern angestellte Lehrer unterrichten. Der dänische Staat bezuschusst diese Schulen mit einem gewissen Betrag pro Schüler (ich glaube es waren 70% des Regelsatzes, mit dem ein Schulplatz in einer Regelschule finanziert wird), in der Gestaltung der Schule (Auswahl der Lehrer, pädagogisches Konzept, Unterrichtszeiten, Gebäude, Nachmittagsbetreuung, Mittagsverpflegung ...) sind die Eltern allerdings an fast keine Vorgaben gebunden. Dadurch handelt es sich bei diesen Schulen natürlich in der Praxis oft um die Umsetzung alternativer Ansätze wie z.B. Waldorf- oder Montessori-Schulen. Durch die staatlichen Zuwendungen und oft auch durch Sponsoring durch lokale Unternehmen und Ehemalige ist der Besuch dieser Schulen i.d.R. kostenlos oder es existieren zumindest Rabattregelungen für weniger betuchte Eltern, die den Besuch dieser Schulen, im gegensatz zu vielen hiesigen Privatschulen, auch für Kinder weniger betuchter Eltern ermöglichen. Am verbreitetsten ist diese Schulform bei den Grundschulen, etwa 15% aller dänischen Grundschüler besuchen so eine Friskole.

@Matthew McKane: Das mit den Amish ist zwar richtig, allerdings sind heutzutage nur noch ein kleiner Bruchteil der 2,5mio Homeschooler Amish. (Eigentlich fehlt sogar noch ein Teil der Geschichte. Es ging sogar darum dass die Amish einige ihrer Kinder gegen deren Willen von der staatlichen Schule ferngehalten haben. So weit sollten die elterlichen Befugnisse dann allerdings doch nicht reichen.)
Das eine Schule so individuell die Bedürfnisse eines Schülers erkennen und darauf eingehen kann wie die eigenen Eltern halte ich für vollkommen illusorisch, das scheitert in der Regel schon am fehlenden Interesse der Lehrer und den 2 Dutzend anderen Kindern in der Klasse. Homeschooling bietet dem Schüler außerdem auch die möglichkeit selbst zu Lernen, d.h. sowohl ohne Unterricht als auch ohne Eltern. Viel Selbstbestimmter geht es doch gar nicht mehr.
Das es private Schulträger gibt ist richtig. Die Kosten nur i.d.R. Geld, das längst nicht jede Familie übrig hat. Außerdem sind es auch Schulen.
 
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Gala

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Die Unterteilung Hauptschule - Realschule - Gymnasium kommt btw aus dem 19. Jahrhundert und spiegelt die damalige Gesellschaftsstruktur : Bauer - Stadtbürger - Elite.

Ansonsten ist diese Unterteilung völlig beliebig.
 

Mindriel

Traumläufer
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Danol schrieb:
[..]Es ging sogar darum dass die Amish einige ihrer Kinder gegen deren Willen von der staatlichen Schule ferngehalten haben.
[..]Homeschooling bietet dem Schüler außerdem auch die möglichkeit selbst zu Lernen, d.h. sowohl ohne Unterricht als auch ohne Eltern. Viel Selbstbestimmter geht es doch gar nicht mehr.
Die Möglichkeit ohne Lehrer und Eltern was zu lernen hat doch jeder Schüler sowieso, egal ob er in die Schule geht oder nicht.
Ich glaube, eine Hauptfrage bei der ganzen Sache ist, wie selbständig Kinder oder Jugendliche bereits sind. Ich persönlich hätte in meiner Schulzeit ohne eine feste Schule sehr sehr wenig gelernt, bzw. so Sachen wie wie verbringe ich meine Zeit am Besten mit Computerspielen. Du schreibst Kindern oder zumindest Jugendlichen recht viel Eigeninitiative Lernbereitschaft zu.

Angenehme Träume,
Mindriel
 

Gala

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David

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@Danol:
<i>"Gerade in der Kindheit, in der sich ein Mensch sowohl intelektuell als auch sozial und persönlich dermaßen weiterentwickeln muss, sollte man ihm da keine unnötigen Steine in den Weg legen."</i>
Das würden wohl alle unterschreiben, die Frage ist, ob man den Kindern nicht am Ende mehr Steine in den Weg legt wenn man die Bildung unterm Strich (noch mehr) dem Zufall überlässt.
Dass ich so auf religiösen Fanatikern rumreite liegt einfach daran, dass die mir bekannten Klagen gegen die Schulpflicht in Deutschland meistens aus dieser Ecke kommen.
(Wenn Homeschooling legal wäre, würde wohl nur eine kleine Minderheit Gebrauch davon machen, aber innerhalb dieser Minderheit könnten religiöse Gruppen meiner Befürchtung nach überdurchschnittlich vertreten sein)

Was die Lern-Selbstständigkeit von Jugendlichen angeht sehe ich es wie Mindriel, ich hätte mich damals wahrscheinlich auch mehr mit Computerspielen als mit Mathe beschäftigt wenn ich die Möglichkeit dazu gehabt hätte.

Gerade die Pubertät dürfte ein Tiefpunkt der Lernbereitschaft sein:
In der Grundschule ist die Grenze zwischen Lernen und Spielen noch recht fließend und später als junger Erwachsener ist man vernünftig genug die Wichtigkeit von Bildung zu erkennen, aber dazwischen kommen ein paar Jahre, in denen man eigentlich nicht zurechnungsfähig ist.
 
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Maus

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@Pubertät: finde ich irgendwie zu platt. Ich hab beim Girls Day z.B. schon schwer pubertierende Mädchen gehabt und die waren für Themen zu begeistern. Meiner Meinung nach wird in den Schulen durch zuviel Formalismus und zuwenig persönliches Engagement der Lehrer das Interesse abgetötet. Noch aus der eigenen Erfahrung betrachtet, hat die Klasse eigentlich immer dann mitgezogen, wenn der Lehrer erkennbar an den Themen interessiert war. Wenn aber einer reinkommt nach dem Motto "So, jetzt lesen wir mal X, ist zwar nicht so interessant, aber wir machen es halt weil es im Lehrplan steht." dann ist doch klar, dass kein Schüler dafür Interesse entwickelt und es danach ein anderer Lehrer im selben Fach echt schwer hat, wenn die Schüler 2-3 Jahre lang "versaut" wurden.
Aus meiner Sicht ist einer der wichtigsten Punkte, dass Lehrer sich an ihrem eigenen Fachgebiet interessiert zeigen und erschreckender Weise sind das deutlich zuwenige. Liegt wahrscheinlich auch daran, dass viele den Beruf wählen, weil er sicher ist, klare Karrierewege aufweist, die Anwesenheitspflicht gering ist und man sich schon an Schülern vergehen muss um gefeuert zu werden. Für schlechte Leistung muss kein Lehrer gehen. Und diese geschätzten 20% prägen stark das Lehrer-Image was es für die anderen dann auch nicht leichter macht.
 

Lokadamus

Buddelmagier
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Pubertät ist aufgrund des Interesses an das andere Geschlecht, Party und Rauferreien für die meisten wohl ein Grund, warum die Schule hinten ansteht.
Wenn man wirklich alle Freiheiten zu diesem Zeitpunkt hätte, wie würde es wohl für die meisten aussehen? 5 Tage in der Woche besoffen und am Wochenende Party bis zu den Ferien würde ich sagen.
Woodstock wäre eine gottesfürchtige Veranstaltung dagegen.

Wir dürfen nicht immer davon ausgehen, was wir gemacht haben, sondern was die anderen in unserer Klasse gemacht haben. Wir sind nicht immer der Durchschnitt. ;)

Bezüglich der Lehrer, sie haben mittlerweile keinen Beamtenstatus mehr, sondern nur noch befristete Zeitverträge. Wenn man in einem oder 2 Jahren auf einer anderen Schule ist, macht es keinen Sinn, sich noch großartig um die Problemfälle zu kümmern. Die Lehrer machen sich damit nur noch mehr kaputt und die Politik hat sowieso nicht verstanden, dass die Klassen zu groß geworden sind.
 
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Caesar

C
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Themenwechsel!
Dieser Herr Jauch hat ja so eine Talkshow, und da war am Sonntag der grieschiche Finanzminister Yanis Whatsthef***is. Jauch zeigte ein Video, in dem dieser einen gewissen Mittelfinger unbekleidet in die Kamera hielt. Deutschland ist empört!

Beispielreaktionen:
http://www.bild.de/politik/ausland/yanis-varoufakis/der-luegner-40198380.bild.html
http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-03/varoufakis-stinkefinger-jauch-twitter-zagreb
http://www.sueddeutsche.de/politik/...m-varoufakis-den-finger-gezeigt-hat-1.2395329

Dieser Grieche Lügt! Wie soll man denen noch irgendwas glauben? Sollte man einem Land Geld geben, dessen Finanzminister ein Lügner ist? (Andere Länder haben Finanzminister die mal 100.000 DM in ihrem Büro verloren haben...)

Aber ach schau an, dieses Video ist wirklich sehenswert:
https://www.youtube.com/watch?v=Vx-1LQu6mAE


Und nun? Wem glaubt man? Was tun? Vielleicht einfach nicht anfangen zu weinen selbst wenn es echt wäre?
 
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Chinasky

Dirty old man
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Ich sehne mich nach Zeiten zurück, zu denen über die Halskette der Kanzlerin diskutiert wurde... :rolleyes:
 

Ysrthgrathe

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Ist doch eigentlich ganz einfach?
Varoufakis verlinkt doch selbst auf das Video, in dem er den Finger zeigt:
https://twitter.com/yanisvaroufakis/status/577598813050929153

In der Jauch-Sendung bezeichnete er den Einspieler als "doctored". Das ist mit "gefälscht" allerdings falsch übersetzt, gemeint war wohl eher(?) "manipulativ geschnitten und aus dem Zusammenhang gerissen."

Varoufakis sagt in diesem 2013 entstandenen Video nämlich, dass er im Januar 2010 vorgeschlagen habe, den Staatsbankrott zu erklären. Damit hätten die damaligen Verantwortlichen vor allem den deutschen Banken den Finger gezeigt, da damals die griechischen Staatsanleihen eben noch hauptsächlich von den Banken und nicht von anderen Staaten gehalten wurden.
Anschließend spricht er davon, warum diese Lösung jetzt (also 2013) natürlich nicht mehr in Frage kommt.

In der Sendung behauptete Jauch dagegen, Varoufakis würde heute als Finanzminister fordern, Griechenland solle seine Schulden ganz einfach nicht bezahlen und Deutschland den Mittelfinger zeigen. Wobei dies eben durch den einen passend geschnittenen Einspieler belegt werden sollte.

Vielleicht hielt Varoufakis diese Ausschnitte aber auch tatsächlich für gefälscht? Ob das so war oder ob durch die Übersetzungen Verwirrung entstand, wird man wohl nicht mehr herausfinden können.
Wenn man vor zwei Jahren irgendeine meiner Aussagen mitgefilmt hätte und man mir das Ganze dann heute sinnentstellend geschnitten und aus dem Kontext gerissen vorspielen würde, würde ich als erste Reaktion vermutlich auch behaupten, dass das gefälscht sein muss.

Dass Varoufakis bewusst gelogen hätte halte ich jedenfalls für extrem unwahrscheinlich. Und für eine unnötig böswillige Unterstellung.

Bei SPON findet man übrigens ein Transkript der entscheidenden Stellen der Rede:
http://www.spiegel.de/politik/ausla...fakis-in-der-stinkefinger-rede-a-1023977.html

Andere Länder haben Finanzminister die mal 100.000 DM in ihrem Büro verloren haben...
Die Südländer sind eben alle korrupt. :p;)
 
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