Für mich war's der erste und letzte Franken-Tatort. Sorry, nix gegen die Gegend und nix gegen den Dialekt - aber langweiliger und dämlicher geht's ja wohl kaum.
Eine Stunde von der Gesamtspiellänge darf schon mal für schweigend starrende Frauen (frontal und im Profil, damit Abwechslung drin ist), sowie für leere Straßen aus Stoßstangenperspektive abgezogen werden. Seitenschinderei würde man sowas bei Büchern nennen. Weitere zwanzig Minuten gehen für falsche, unmotiviert verfolgte Fährten drauf: der seltsame (extrem unähnliche) Bruder, die nur einmal gepimperte Mitarbeiterin (wird mal gefragt, warum's bei einem Mal blieb? Nö, keen Interesse...), der illegale-Waffentechnologie-Entwicklungs-Plot, der alibilose Nachbar... Durchmischt wird dieses lieblose Sammelsurium aus altbekannten Klischees von Brüllerei (mit der wohl irgendwie Emotionen oder sowas transportiert werden sollen - sind solche Schreitherapien eigentlich immer noch als Proseminare im Curriculum von Theaterhochschulen enthalten?) und konstruierter Dämlichkeit. Beispiel? Die Ermittlerin, deren Namen sofort wieder zu vergessen einer Art Schmerzreflex folgte. Erst führt sie ein Verhör, als würde eine Siebzehnjährige es partout darauf anlegen, durch den Polizeidienst-Einstellungstest zu rasseln. Dann steht sie vor einem Pappkameraden und tut so, als könne sie nicht abdrücken. Ach nein, sie tut nicht so - sie
spielt es aus...
Dann drängelt sie sich später noch vor dem SEK in's Haus, um im Abstand von 'nem halben Meter vor dem flüchtenden Verdächtigen mit der Knarre herumzuwedeln - und ihn dann doch laufen zu lassen. Was auch immer da für postraumatische Altlasten im Gepäcknetz hängen mögen - ich will als Zuschauer garantiert nicht mit denen in Berührung kommen, denn Gehirnerweichung scheint mir eine plausible Nebenwirkung davon.
Was mir aber vor allem ärgerlich auffiel an diesem Tatort, war ein "Kniff", der wohlmöglich schon seit Längerem in deutschen Krimis gang und gäbe ist und dessen Abwesenheit in den guten amerikanischen Serien mir unterbewußt schon länger gefiel. Es handelt sich um den Deus ex machina der Moderne: entweder den kompletten Spinner, oder aber die punktuell eingesetzte unmotivierte Blödheit und Dysfunktionalität von Filmfiguren. Gestern fing das mit der schweigenden Witwe an. Wie überaus praktisch, dass die kein einziges Wort herauskriegte! So lassen sich Sendeminuten schinden... (Und mal im Ernst: die war ja nicht mal hübsch! Wenn ich mir minutenlang eine stumme, in's Leere schauende Frau angucken soll, dann doch wenigstens eine, die Augenfutter bietet! Schweigendes Starren kommt in der Nouvelle Vague ganz nett, weil da die Frauen französische Schönheiten sind. Man läßt sich einlullen und assoziiert irgendwas wie Tiefsinnigkeit und Melancholie oder Verzweiflung damit. Aber eine abgehärmte und halb zu Tode diätete deutsche Laborleiter-Gemahlin? Come on!
)
Die Schieß-Unfähigkeit und himmelschreiende Inkompetenz im Verhör der Ermittlerin erwähnte ich schon. Wie praktisch, dass sie so überhaupt nicht zu ihrem Job fähig ist! Aber auch dem Täter hätte man schon früher drauf kommen können. Wenn nicht ausgerechnet sein Vater dem Warnstreik der Dialog-Schreiber zum Opfer gefallen wäre, der uns nach quälend mit Schweigen vollgestopften Minuten mit seiner im toten Meer treibenden Schuppenflechten-Frau beglückte und selbstverständlich nicht mal das Auto seines Sohnes kannte...
Früher wurde der deus ex machina gebraucht, um eine verworrene Geschichte irgendwie noch die Kurve kriegen zu lassen. Die neue Version funktioniert anders: Uns fällt kein echter Plot ein und Tat und Motiv lassen sich in zwei Sätzen zusammenfassen? Hey, dann lassen wir eine Figur auftreten, die Verwirrung stiftet und zu sinnlosen Umwegen zwingt!
Was bleibt, sind ein paar schöne Landschaftsaufnahmen mit per Filter herausgekitzeltem Kontrast in den Wolken, sowie vermutlich rekordverdächtig niedrige Produktionskosten: Ein paar Hundekekse für den Spürhund, der einer Spur, für die sich niemand interessiert, in den Wald folgt. Ein Sixpack für die SEK-Mimen, die gewaltig spannungserzeugend in einen Wagen klettern. Eine Verwarnungsgeld-Erstattung für
die Actionszene des Films: als der Ermittler einen noch gewaltiger Spannung suggerierenden U-Turn auf der Straße zurück in das Bonzen-Wohnviertel macht. Stunt- und SFX-Team hatten offenkundig kollektiv Urlaub, professionelle Dialog- oder Drehbuchautoren wurden nicht belästigt, die Kinder, die sich in der Lachnummer des Films, der "Rettung aus der Bambi-Vorführung per kugelwestengeschützem SEK-Mann" von ihren Sesseln wegtragen ließen, dürften mit einer Extrapackung Popkorn und diesen stinkenden Nachos (5,90€ die Portion, ich war letzte Woche mit zwei Kids im Kino...) abgespeist worden sein.
Der Täter-Darsteller spielte umsonst mit, die halbe Minute, in der er nicht dümmlich-verliebt glotzt oder wortlos starrt, kann er in sein Portfolio packen, um sich demnächst für echte Filmprojekte zu bewerben...