Politik, 12. Staffel

Caesar

C
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Also ist dein Konservativismus primär ein Patriotismus gepaart mit einer Ablehnung von den "falschen" Flüchtlingen?

Mich interessiert das ernsthaft, wie Menschen unter 30 (oder 40) sich selber als konservativ bezeichnen, und vor allem was sie persönlich unter diesem Dachbegriff verstehen.

Ich bin jetzt nicht maximal historisch bewandert und auch voreingenommen, aber haben die Konservativen in fast jeder Epoche nicht langfristig immer verloren und wurden durch progressive Ideen ersetzt, die dann später wieder als nun konservativ verkauft wurden? Ist das nicht auch frustrierend? Oder habe ich einfach komplett falsch verstanden was das eigentlich darstellen soll?
 

Darghand

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Und was ist an Patriotismus und Vaterlandsliebe falsch ?
Außer in Deutschland wegen des 3ten reichs hat kein Land ein Problem damit.

Ist ja völlig egal wo, es führt beides zuverlässig zur Ausgrenzung der "falschen" Personen, zur Unterordnung in das Zwangskollektiv und zu einem "Wir gegen die", das völlig Banane ist, weil es von Widersprüchen innerhalb der eigenen, national umzäunten Gesellschaft nichts mehr wissen will, sondern nur noch Konflikte sieht, die von außen in diese Gesellschaft von im Grunde beliebigen Agenten hineingetragen werden (Flüchtlinge, Juden, Zigeuner, Feministen, Globalisten, die EU, you name it...).

Überhaupt, diese Verbindung von "Liebe" und "Heimat", womöglich gar "Vaterland". Was ist das für ein Verständnis von "Liebe"? Ich liebe meine Freundin, mein Kind, womöglich noch meine Eltern. Ich weiß, es gibt da eine eklige Begriffsaufweichung, nach der man nicht nur seine Arbeit, sondern auch McDonalds "liebt". Aber trotzdem. Was auf diese Weise völlig unmissverständlich gefordert wird, ist Selbstlosigkeit und Aufopferung. Das macht in einer Beziehung oder gegenüber den eigenen Kindern noch einen gewissen Sinn. Aufopferung und Selbstlosigkeit aus "Vaterlandsliebe" hingegen ließ dich früher vor Verdun verrecken und heute im Namen des Standortnationalismus gegenüber den hiesigen Ausbeutern buckeln, man gehört ja zum selben Kollektiv und bringt so "das Land" nach vorne, und nach unten nach Wirtschaftsflüchtlingen oder "den Griechen" treten, die gehören ja schließlich nicht dazu und sorgen nur für Schwierigkeiten.

Das funktioniert in Ungarn genauso wie in Polen und den USA.

Konservative Ansichten haben geschichtlich vor allem deshalb verloren, weil sie mit den Anforderungen der kapitalistischen Entwicklung nicht mehr kompatibel waren. Die heimattreue Gemütlichkeit, das Besinnen aufs eigene, das Kümmern in Sichtweite, musste in einer globalisierten Wirtschaft einfach verdampfen - es ist dann nur noch eine Marotte, individueller Ausdruck, und kein Leitbild, mit dem sich die weitere gesellschaftliche Entwicklung bestimmen ließe. Seit der Wirtschaftskrise 2008ff wird versucht, das ein Stück weit zurückzudrehen, weil der Staat als Sicherheitsgarant auftrat und Teile der Kapitaleigner ihre Interessen von einem wieder souveräner auftretenden Nationalstaat besser geschützt sehen als durch (in der Krise versagt habende) Marktmechanismen. Darin stimmen sie mit dem DGB und Teilen der Linkspartei überein.
 

Ender

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Also ist dein Konservativismus primär ein Patriotismus gepaart mit einer Ablehnung von den "falschen" Flüchtlingen?

Mich interessiert das ernsthaft, wie Menschen unter 30 (oder 40) sich selber als konservativ bezeichnen, und vor allem was sie persönlich unter diesem Dachbegriff verstehen.

Ich bin jetzt nicht maximal historisch bewandert und auch voreingenommen, aber haben die Konservativen in fast jeder Epoche nicht langfristig immer verloren und wurden durch progressive Ideen ersetzt, die dann später wieder als nun konservativ verkauft wurden? Ist das nicht auch frustrierend? Oder habe ich einfach komplett falsch verstanden was das eigentlich darstellen soll?
Hat der Sozialismus schon irgendwo funktioniert ich würde sagen nope ging immer in die Hose komischerweise.
Ist das nich noch frustrierender ?
Wie man konservativ wird ? Älterwerden und die rosarote Brille der Jugend verlieren.
Dann kommt langsam ein realistisches Bild was möglich ist und was nicht.
@Darghand
Was ist grundsätzlich schlecht daran seine Heimat zu lieben ?
Das heist ja nicht das man seine Heimat für besser hält als ein anders Land.
Und was du als konservativ meinst ist die Extremausbildung.
Ist genauso wie rechts der Mitte heute Nazis heist aber Links der mitte wie SPD Grüne PDS nicht RAF genannt wird.
Bei links wird differenziert bei rechts hört man gleich das N word .
CDU/CSU sind schon immer Parteien die eher etwas rechts der Mitte waren da gabs nie ein Problem damit.
Ich bin so konservativ wie die CSU eher etwas weniger in manchen Fragen.
Konservativ heist für mich halt seine Heimat zu lieben denn wir leben darin.
Ne realiatische Politik zu machen,sowas wie der Atomausstieg die Flüchlingskrise die Energiewende ist genau das falsche.
Das heist nicht das die Themen grundsätzlich falsch waren aber so wie es gemacht wurde schon.
 

Caesar

C
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Was bedeutet denn seine Heimat zu lieben? Wie macht man das praktisch? Was ist seine Heimat? Das Dorf in dem man wohnt? Das Bundesland? Warum gerade das ganze Land? den größten Teil dieses Landes kennt man doch gar nicht, wie kann man den denn dann Lieben?
Oder meinst du den Staat? Liebt man dann die Bürokratische Ordnung? Was ist da noch "mehr" als wenn man sagt "Läuft alles ganz ok, ich mag das mit diesen Wahlen und meist verhungert auch keiner". Welchen Bonus bieten Fahnen? Oder wie immer Patriotismus praktisch funktioniert. Ich kann mir das ganz ehrlich nicht vorstellen wie das abläuft.


@Dargh
Interessant, meinst du, dass es ohne den Kapitalismus als... externen Faktor... viele Teile dessen was wir heute fortschrittliche Veränderung nennen nicht geben würde weil jeder gleichmäßig unzufrieden in seinem Häuschen sitzen würde und die Notwendigkeit fehlt?
Aber das ist vermutlich alles hochgradig spekulativ...
 

Kraven

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C: Konservativ ist ja nicht zwangsläufig ein Schimpfwort (also... für dich vermutlich schon :D ), sondern bezeichnet in erster Linie eine Attitüde, sich an bewährten Lösungen festzuhalten. Oder anders ausgedrückt: Warum Energie zur Lösung eines Problems verschwenden, das bereits gelöst wurde? Und warum etwas reparieren, das nicht kaputt ist?
Das klingt nach entwicklungstechnischem Stillstand, wenn man es ins Extrem führt, aber im Extrem sind progressive Menschen solche, die sich bereits am Releasetag den brandneuen Betamax-Player, Sonys Minidiscman und Windows ME oder Vista kaufen. Der Konservative lässt erstmal Andere die Fehler machen ;)

Werte-Konservatismus hat bei mir einen weit schwereren Stand, weil er sich zu oft in Dinge einmischt, die ihn nichts angehen (Ich pack die Homo-Ehe jetzt nicht wieder aus, aber im politischen Spektrum sind die konservativen Elemente meistens diejenigen, die sagen "Für mich wäre das nichts, also darfst du es nicht!". Unabhängig von rechts oder links übrigens, "Genfood? Nein danke!" ist eine zutiefst konservative Haltung). Aber selbst da... als die Grünen damals für die Straffreiheit von sexuellem Verkehr mit Kindern eintraten, bin ich rückblickend betrachtet ganz froh, dass die konservativen Elemente sich mit diesem Konzept dann doch eher schwer taten.

Was das ganze jetzt mit "Deutschland Deutschland, Vaterland" zu tun hat, kann ich dann leider auch nicht beantworten, weil... yeah. Patriotismus erschließt sich mir nicht. Es kann aber schlicht auch wieder ein Festhalten am Bekannten sein. Mein Umfeld sah schon immer so aus und soll das auch weiterhin tun, hier wurde schon immer diese eine Sprache gesprochen, diese eine Kultur galt hier, und ich mag es hier, genauso soll es dann auch bitteschön bleiben (Oder wie man in Kreuzberg so schön sagt: "Schwaben raus!").
 

Astaldo

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Ein kleiner offtopic-Einwurf für die, die sowas interessiert. Ein Artikel eines Mannes, der in der Reagan-Ära den Mythos des Wundermittels Steuersenkung mit kreierte und mittlerweile meint, dass dieses Denkweise im Nachhinein nicht untermauert wurde.

https://www.washingtonpost.com/news...uts-dont-equal-growth/?utm_term=.3a1e52fc8650

In kurz: Steuersenkungen haben bisher selten die gewünschten Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum gehabt.
 

Ice

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War eine Weile weg, sorry...


Lokadamus:
Jup, mein Wohnort ist Tuzla, Istanbul, seit Sommer 2013


Kraven:
Apropos dem Begriff "homophob": a) ist es abstempeln par exellence. Das was mir vorgeworfen wird, machen die LGBT-Fans selber. Aber wie immer: abstempeln tun nur die anderen! Man dreht es immer so wie man's grade braucht. :rolleyes:
b) ist das ein doofer Kampfbegriff, ich glaube darüber sind wir uns einig, und die inflationäre Verwendung tut nicht gerade Gutes für den Begriff.
c) haben die Macher des Begriffs den nicht einmal logisch richtig hingekriegt "phobie" ist aus dem Griechischen, heisst extreme Angst http://www.duden.de/rechtschreibung/Phobie, und nicht Abneigung oder Hass. Aber ich weiss schon, warum der Begriff so populär ist: Die Nähe zum Medizinischen/Psychologischen. Der so Betitelte soll zugleich abgewertet werden, es soll impliziert werden, dass es sich um einen Defekt, um etwas Krankhaftes handelt. (Das ist Dir vermutlich noch nie aufgefallen) Deswegen sage ich ja Kampfbegriff.


Astaldo:
Apropos Studie bezüglich Methan, was soll das heissen,
Wenn die Entwicklungs- und Schwellenländer anfangen genauso viel Fleisch zu essen wie wir, dann wird das über kurz oder lang ernste Folgen haben
Ist das belegt oder nur eine Vermutung? Wir sollen dürfen, die nicht? Ich halte das Argument für eine Ausgeburt des oft widerlegten Buches "Grenzen des Wachstumes" des Club of Rome.

Ja und wieso soll konservativ per se schlecht sein? Demokratie hat es so an sich, dass beispielsweise auch AfD-Wähler genau das gleiche Recht haben, ihre Partei zu wählen - wie alle Anderen es auch tun. Wertungen... *kopfschüttel*
Apropos, Detail am Rande: pikanterweise ist die AfD die einzige Partei, bei denen sich keine Ex-NSDAP-ler tummeln
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste...eder,_die_nach_Mai_1945_politisch_tätig_waren. Und da wird die AfD als ultra-rechts und Nazis gescholten... :D


Ender:
Ja auch Homosexuelle sind normal aber ich muß in ner Firma oder als Kunde weder wissen ob mein gegenüber Homo oder hetero ist.
Ich denk viele Probleme kommen heutzutage<- daher das manche Homosexuelle nen grosses Tamtam um ihre Sexualität machen
Ganz genau das stört ich auch. Es oft ist geschmacklos, fehl am Platz und hat so ein arrogantes "ich bin besser als du"-Geschmäckle. Siehe Kampfbegriff "homophob".


Darghand:
Ist ja völlig egal wo, es führt beides zuverlässig zur Ausgrenzung der "falschen" Personen, zur Unterordnung in das Zwangskollektiv und zu einem "Wir gegen die"
Einspruch euer Ehren! Du magst denken, dass das in Deutschland so ist, ich halte es für einen Fehlschluss, für ein Ergebnis eines latenten Schuldgefühls der Deutschen.
Nimm mal die Türkei, ich lebe in den Land seit 4 Jahren. Überall siehst Du türkische Falggen, fast kein Auto ohne. In den Schulen wird wöchentlich gemeinsam die nationalhymme gesungen. Heisst das nun automatisch, dass die Türken fremdenfeindlich werden?
Nein, ganz im Gegenteil, Ausläner und Europäer geniessen ein höheres Ansehen als Türken. Habe ich mehrfach erfahren.
Ich sehe Dein Argument oben als ein Stereotyp, das den Deutschen systematisch eingetrichtert und anerzogen wurde. Der Schuldkomplex eines ganzen Landes. Der daraus resultierende berühmte und oft zitierte Kampf gegen rechts ist nichts anderes als eine Art Selbstbestätigung der Linken, wobei diese sich gerade jenen Taktiken bedienen, welche sie beim vermeintlichen Feind so scharf kritisieren.

Konservative Ansichten und Kapitalismus vertragen sich hervorragend gut, oft zum Leidwesen der Gesellschaft als Ganzes. Aber das ist ein anderes, sehr grosses Thema, das ich jetzt nicht in einer kurzen Antwort abhandeln kann.


Gruss, Ice
 

Ysrthgrathe

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haben die Macher des Begriffs den nicht einmal logisch richtig hingekriegt "phobie" ist aus dem Griechischen, heisst extreme Angst
Na ja, Xenophobie (Fremdenfeindlichkeit) führt in der Regel auch nur sehr selten dazu, dass der Xenophobe die körperlichen Symptome einer Panikattacke aufweist.
Der Begriff Xenophobie ist auch schon ein ganzes Stück älter als die moderne Klassifikation der Angststörungen.

Apropos, Detail am Rande: pikanterweise ist die AfD die einzige Partei, bei denen sich keine Ex-NSDAP-ler tummeln
Da bin ich aber froh, dass die AfD so großen Wert auf eine untadelige Gesinnung derjenigen ihrer Mitglieder legt, die ihr neuntes Lebensjahrzehnt deutlich überschritten haben.

Leider ist die verlinkte Liste eine Aufzählung verstorbener Menschen, die eine Rolle in der Politik spielten.
In der AfD können sich also mehre Millionen Ex-NSDAP-ler tummeln, solange sie nicht Bundestagesmitglied, Minister oder ähnliches waren und offiziell für Tod erklärt wurden, tauchen sie in dieser Liste nicht auf.

Heisst das nun automatisch, dass die Türken fremdenfeindlich werden?
In den letzten vier Parlamentswahlen erzielte die rechtsextreme Milliyetçi Hareket Partisi jedesmal die drittmeisten Sitze.

Ich lasse mich aber gerne überzeugen, dass die türkische Bevölkerung zumindest im Vergleich zu den meisten europäischen Staaten nicht überdurchschnittlich fremdenfeindlich ist. Und das sich das unter Erdogan nicht weiter verstärkt hat.
Alles, was mir bisher dazu bekannt ist, weist aber stark auf das Gegenteil hin.
 

Astaldo

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Ist das belegt oder nur eine Vermutung? Wir sollen dürfen, die nicht? Ich halte das Argument für eine Ausgeburt des oft widerlegten Buches "Grenzen des Wachstumes" des Club of Rome.

Wenn die Studie sagt, dass die Nutztier-Methan-Emissionen in den Industrieländern gleich geblieben sind, aber vor allem in den Schwellenländern angestiegen sind, dann deutet das darauf hin, dass die Nutztierhaltung da stark zu genommen hat. Und ich vermute mal, die werden die Tiere nicht nur für die Milch-, Eier- und Wollerzeugung verwenden.

Du verstehst mich auch falsch. Ich sag keinesfalls "wir dürfen, die nicht". Ich erkenne denen Ihr Recht an, dass die genauso leben möchten wie wir. Das die den Luxus erleben wollen wie wir. Solange wir nicht mit besserem Beispiel vorangehen, wird sich daran nix ändern. Warum auch? Würde ich auch nicht einsehen. Man braucht sich bloß mal anzuschauen wie die schweren Geschütze gleich aufgefahren werden, wenn jemand versucht das Schulessen zu reformieren. Die Dänen sind da sogar noch ein Zacken schärfer mit ihrem Schweinefleisch.

Weiter gesponnen kann ich deshalb auch nachvollziehen warum Menschen nicht nur vor Krieg und Verfolgung fliehen sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen. Die wollen auch den Luxus wie wir. Aber Wirtschaftsflüchtlinge sind ja verpönt. Die meisten denken ja, dass die selber Schuld sind, dass es in Ihren Ländern nicht besser läuft. Aber ein Kind kann absolut nix dafür was die älteren Generationen verbocken und da gestehe ich eben jedem das Recht auf gleiche Chancen zu. Oder meint etwa jemand, dass ein Kind das in den 20ern geboren wurde, etwas dafür kann, dass es ab 1939 an der Front verheizt wurde. Natürlich kann man auf die Scholl's etc hinweisen, die verändern wollten. Aber dann muss in Kauf nehmen den ultimativen Preis zu zahlen und so ist es heute vielerorts immer noch. Da sollte jeder erstmal sich fragen, ob er das Risiko auch bereit wäre einzugehen.
 

Ice

Technomage
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Ysrthgrathe
Na ja, viele Quellen (wie http://xenophobie.net/angststoerung-und-ihre-ursachen/) reden bei Xenophobie von "Angststörung", ist auch irgendwie logischer. Mir geht es aber eher um den inflationären Gebrauch solcher Begriffe, mittlerweise wird alles, was nicht absolute "Inklusion" sich auf die Fahnen geschrieben hat, als homophob oder xenophob betitelt, vor allem in der Politik, von Grünen und Linken. :rolleyes:

Dass die Türken extrem positiv auf Europäer und generell Fremde reagieren und zugehen, ist meine Ergahrung seit 4 Jahren. Es ist fast schon ein Komplex und sie sehen ihresgleichen manchmal fast minderwertig als Lügner und Betrüger. Der Teil der türkischen Volksmentalität ist schwer auf deutsch kurz zu erklären. Mein Anliegen war, zu zeigen, dass Patriotismus und Heimatliebe nicht automatisch in Nazitum münden muss. Generell ist mir Patriotismus zuwieder, man muss ihn aber nicht dämonisieren.


Astaldo:
Man braucht sich bloß mal anzuschauen wie die schweren Geschütze gleich aufgefahren werden, wenn jemand versucht das Schulessen zu reformieren
Ja das passiert halt, wenn man eine Ideologie den Leuten aufzwingen will Wollten sie fleischarmes Essen an den Schulen etablieren? Ich kenne jetzt den Fall mit dem Schulessen nicht und lehne demzufolge nicht per se eine Änderung ab.)

Wirtschaftsflüchtlinge sind oft ein Symptom eines viel grundsätzlicheren Problemes. Nimm z.B. den Fall Syrien: Da haben die Amis versucht ihr Regierungs-destabilisier-Programm durchzuziehen und Extremisten-Gruppen zu unterstützen um dann einen "Regime-Change" zu inszenieren (wie schon mit x anderen Ländern), mit dem Ziel an die Bodenschätze zu gelangen oder ihre Vorstellung des geopolitischen Soll-Zustandes zu verwirklichen. Das Relultat: zerstörte Städte, zerstörte Infrastruktur (Elektrizität, Wasser). Sie waren sich nicht mal zu schade, wiederholt wissentlich Krankenhäuser zu bombardieren. Ist alles belegt und gesichertes WIssen. (Was braucht es eigentlich NOCH, damit die Regierungen in Europa aufwachen?)
Dass es als einer der Endeffekte dann massenweise Flüchtlicnge gibt (und mit ihnen etliche Terroristen-Trittbrettfahrer) ist nun wirklich keine Überraschung. Statt nun gegen die vorzugehen, sollte man die USA zur Rechenschaft ziehen. Wird aber nicht passieren, da es zu viele Gewinnler des Krieges auch in Europa gibt.


Gruss, Ice
 

Kraven

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Ich bräuchte mal ein paar Meinungen zum Katalonien-Konflikt.

Ich meine, klar, die Sache scheint sich zwischenzeitlich erstmal erledigt zu haben (zumindest kurzfristig), aber so ganz doof gefragt:
Was genau spräche gegen ein unabhängiges Katalonien? Klar, aus spanischer Sicht ist man sauer, wenn sich der wohlhabende Teil des Landes einfach abspaltet und sein eigenes Ding durchzieht. Das Unabhängigkeitsbestreben, obwohl historisch verwurzelt, ist in einer Zeit erneut hochgekocht, in der Nationalismus und eine Rückkehr vom europäischen Gedanken gerade ziemlich in Mode sind. Muss man nicht gut finden.

Aber. Mit welchem Recht kann ich einem ausreichend großen Teil einer Bevölkerung, welcher die Möglichkeit und den Wunsch nach Autonomie hat, diese Autonomie verwehren? Und wie genau mache ich das?
Nach meiner Perspektive habe ich zwei Optionen, sobald mir jemand sagt "Ich bin nicht mehr in deinem Club": Ich kann sagen "Okay".
Oder ich kann anfangen zu schießen.
Denn was will man denn machen, wenn ein kompletter Landstrich von der Größe NRWs nicht mehr mitspielen will? Man kann die ja nicht alle verhaften. Und was wäre so schlecht daran, wenn die EU ihr neues Mitglied Katalonien mit offenen Armen willkommen heißt und sie dadurch in die gleichen Wirtschaftskreisläufe einschließt, die laut der eigenen Propaganda den Frieden in Europa für die letzten siebzig Jahre gesichert haben? Wenn einfach jedes kulturelle Gefüge sein eigenes kleines Clubhaus unter dem Dachverband EU hätte?
 

Timestop

Running out of Time
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Klar ginge das in einer perfekten Welt, die nicht verzahnt wäre durch Bürokratie, Regeln, Patriotismus, Egoismus, Wirtschaftsinteressen und Machtphantasien.

Theopraktisch kann man sich nach Monaten schwerer Ehe mit gegenseitigem Betrügen und herumschubsen friedlich trennen ohne Anwalt und gesittet über Kinder und Vermögensverteilung diskutieren.
Klappt aber eher selten.

Wenn du jetzt siehst was an bürokrtischem Wahnsinn anfällt nur weil die Engländer/Briten aus einem Wirtschaftsverbund rauswollen mit denen sie kaum Landgrenze und nichtmal die Währung teilen, dann stell dir mal vor wie schwierig das hier wird.

Und warum soll man, wo wir doch gerade auf einem Weg zu "One World" sind, jetzt wieder mit Abspaltung anfangen? Wird die Politik im kleinen und Verwaltung dann einfacher und die Korruption dann verschwinden wenn nur von Barcelona aus regiert wird? Nicht sicher.

Oh ja, es wäre einfacher wenn eine Seite akzeptieren würde "Gut, leben wir weiter mit denen zusammen und versuchen das System weiter von innen zu ändern" oder "Gut, geht, geht mit Gott aber geht, wir gucken mal wie wir ohne eure Industrie und alles zurechtkommen" oder....(hier überraschtes Luftschnappen vorstellen) beide Seiten versuchen einen Kompromiss zu bauen bei dem man sich hilft....
Aber wenn man sich so gut verstanden hätte und alles voller netter Leute wäre, dann wäre es ja nie soweit gekommen.

Die Spanier sehen ihr königliches Land jetzt auseinanderbröckeln (ist ja nicht so als ob die Basken fröhlich im Verbund wären) und Industrie und Einnahmen davonschwimmen, die Katalanen fühlen sich betrogen und unterdrückt und wollen die Freiheit unter eigener Flagge mit mit dem Herz am rechten Fleck.

Wie soll sowas friedlich und gütlich klappen?
Ich glaube die Spanier werden als Land eine Rebellion mit Androhung von Gewalt unterdrücken können und werden, solange sie nur drohen wie der gewaltige Lehrer seinem Schüler, damit legitmiert durchkommen vor den Augen der Mächtigen der Welt. Proteste, Streiks, Verbote, Verhaftungen von Rädelsführern, irgendwann arrangiert man sich vorerst mit dem Status Quo. Vielleicht gibt es weitere alberne Zugeständnisse die die Katalonier besänftigen. Das ist nicht perfekt, ja sogar deprimierend, aber meiner Meinung nach das beste Auskommen.
Erst wenn die Katalanen dann selber zu massiver Gewalt greifen wird es richtig, richtig eklig. Und dazu kommt es hoffentlich nicht. Brennende Autos um gegen die Gewalt der Herrschaftsschicht zu kämpfen ist nur dann cool wenns nicht das eigene Auto ist, in dem man drinsitzt. Und alte Omas pfeffersprayen war noch nie so dolle.
 

Ender

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Aber. Mit welchem Recht kann ich einem ausreichend großen Teil einer Bevölkerung, welcher die Möglichkeit und den Wunsch nach Autonomie hat, diese Autonomie verwehren? Und wie genau mache ich das?
Wenns ein überwiegender Teil der Bevölkerung will wirds schwer das grundsätzlich zu verhindern.
Das ist aber schonmal das Problem in Katalonien Wahlbeteiligung bei der Abstimmung 42% davon 90% zustimmung,wobei nach den Medienberichten diejenigen die dagegen waren Mehrheitlich nicht abgestimmt haben weil sie die ganze Abstimmung für nicht Rechtmäßig halten.
Mit sowas brauchst du garkeinen Versuch unternehmen.
 

Kraven

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Die Abstimmung war ja aber nicht die erste. In Katalonien liefen schon vorher regelmäßig kleinere Umfragen der Kategorie "Was hält eigentlich dieses Dorf hier von einem eigenständigen Katalonien?" Die durchgehend positiven Ergebnisse bei diesen Umfragen führte dann zu der großen Wahl im Oktober, die... vermutlich um einiges repräsentiver ausgefallen wäre, wenn die spanische Regierung das Ding nicht mit allen Mitteln blockiert hätte. Das ist halt so ein Punkt, bei dem ich nur den Kopf schütteln kann... "Diese Wahl fand nicht ordnungsgemäß statt!", beschwert sich die spanische Regierung, die fleißig Wahllokale gesperrt, geräumt und Wahlurnen beschlagnahmt hat. Jo. Ist prinzipiell eine richtige Aussage

Time:
Und warum soll man, wo wir doch gerade auf einem Weg zu "One World" sind, jetzt wieder mit Abspaltung anfangen?

Gegen Eine Welt hab ich absolut nichts, ganz im Gegenteil. Es wir nur kritisch, wenn daraus dann auf einmal Eine Verwaltung wird. Große, autokrate Systeme sind kleinen individualistischen aus organisatorischer Sicht weit überlegen, siehe auch die menschliche Geschichte der letzten zwanzigtausend Jahre. Größer ist besser. Ladies.

Aber es gibt ein "zu groß". Siehe auch den Fall des römischen Reiches, des britischen Empires oder der Sowjetunion: Irgendwann wird die Bürokratie zu langsam, zu umständlich, und erfüllt zu wenig Bedürfnisse der Menschen, denen sie nützen soll. Sie kostet mehr, als sie nützt. Dabei ist es relativ unwichtig, ob sie dabei die Form einer Monarchie, einer Rätediktatur oder einer Demokratie annimmt. An sich könnte eine Demokratie das Problem am effektivsten abfedern, da (in der Theorie) mindestens 51% der Beherrschten hinter der ausgeübten Politik stehen.
Aber nehmen wir die Theorie mal ernst: Das kann nämlich ohne weiteres bedeuten, dass sich 49% von der Politik verraten und verkauft fühlen. Das sorgt schon bei relativ kleinen Gruppen für Stunk, aber je größer ein System wird, umso größer werden auch die Minderheiten, die sich nicht ausreichend vertreten fühlen. Wie das ausgehen kann, zeigen gerade die USA, wo sich liberale und konservative Elemente regelmäßig Führungspersönlichkeiten vor die Nase setzen, die für die andere Seite unerträglich sind. Und mit jedem Zyklus, den das passiert, wird die Kluft größer, und die Abneigung und der gegenseitige Hass wird ein bisschen stärker.

Also warum soll man das erzwingen?
Klar, dass Spanien nicht wirklich begeistert davon ist, wenn sich der industrialisierte Teil des Landes abspalten will. Aber ignorieren wir doch mal Spaniens Wünsche an der Stelle, denn offensichtlich waren sie echt nicht gut darin, Katalonien das Gefühl zu geben, Teil des Ganzen zu sein. Aus einer... sagen wir mal, ethischen, liberalen, pro-europäischen Sicht, dagegen, Katalonien aus vollem Herzen zu unterstützen? Denn anders als die Briten wollen die Katalanen ja gar nicht aus der EU raus, ganz im Gegenteil. Die finden die EU richtig geil. Die wollen nur ein eigenständiges Mitglied sein.
Das heißt, wir haben immer noch ein geeintes Europa, wir haben immer noch die wirtschaftliche Verzahnung, die es einfach unlukrativ macht, Nachbarländer zu überfallen. Der Frieden ist gesichert.

Angesichts der eher verhaltenen Reaktionen in der westlichen Welt zu diesem Konflikt hab ich einfach das Gefühl, bei der Überlegung einen Rechenfehler zu machen, und ich bin mir nicht ganz sicher, wo er liegt.
 

Ice

Technomage
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Kraven:
Ich hab mich ehrlich gesagt nie für den Katalonien-Konflikt interessiert, bin aber letzthin auf etwas gestossen und hab' mich an Deine Fragestellung erinnert.
Hier ist etwas zu dem Thema, etwa ab der Mitte des Artikels unter "Katalonien: falsche Sezessionisten und echte Komplottierer": http://www.voltairenet.org/article198582.html
Kurz gesagt ist der Konflikt bzw. sind die Unabhängigkeitsbestrebungen nicht neu, seit der ersten katalanischen Unabhängigkeits-Partei, geggründet von Francesc Macià 1922, ist das am köcheln. Ursprünglich ging es auch nicht nur um den Südosten Spaniens, sondern Andorra, der Südosten von Frankreich und einen Teil von Sardinien sollten annektiert werden. Interessant ist ,dass es eine Zeitschrift zu dem Thema - Catalonia Today - nur auf englisch gibt. Will da jemand quasi Status-Meldungen ins Ausland schicken? Und später im Artikel wird erwähnt, dass George Soros die Unabhängigkeit sponsort. Oha! ... dachte ich mir. Der macht das nicht aus gutem Herzen und aus Sorge um die armen unterdrückten Katalonier, sondern da steckt eiskaltes Kalkül dahinter, wie bei jeder inszenierten oder gesponserten Abspaltung. Ich bin überzeugt, dass das geopolitische Gründe hat. Abspaltungs- und Unabhängigkeits-Willige gibt es überall, sogar die Schweiz hatte die Ihrigen mit dem Jura seinerzeit. Also warum sponsert ein Soros ein unabhängiges Katalonien? Das ist für mich jetzt die spannende Frage.

Ich weiss, die Frage war ob man dafür oder dagegen sein soll, wie soetwas völkerrechtlich und staatsrechtlich gehandhabt werden soll. Ich weiss es nicht, bin aber der Meinung, dass eine Unabhängigkeit ab einer gewissen Gebietsgrösse und/oder unabhängigkeitswilligen Bevölkerung akzeptiert werden sollte.


Gruss, Ice
 

Lisra

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Auf dem Papier hat Madrid halt recht und die Geschichte des Ganzen scheint deutlich komplizierter zu sein als es meistens dargestellt wird. Katalonien kann sich ebensowenig einfach Unabhängig erklären wie Bayern das könnte. Die Verfassung muss eingehalten werden, ansonsten bricht die ganze Grundlage zusammen und man könnte Territorialstaaten gleich sein lassen und corporatist Anarchismus probieren. :rolleyes: Natürlich könnte Spanien die Verfassung ändern... aber da muss halt der Rest des Landes mit abstimmen dürfen und dann beginnen die Probleme schon wieder.

Ich hab weder Mitleid mit der Zentralregierung, die das ganze ungefähr so subtil wie einen 1ten mai Protest gehandhabt hat, noch mit der Regionalregierung, die entweder dachte dass ihr waghalsiger Plan "schon klappen wird", oder mutwillig eskalieren ließ.

@Ice
Es war doch sicher das CFR. ;)

@Kraven
Ebenso gab es ja Berichte, dass es Mehrfachabstimmungen und keine Listen mit zugelassenen Wählern darf. Was man davon glaubt ist dann vmtl Gesinnungsfrage.
 

Kraven

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Ich habe nicht die geringsten Probleme, beides zu glauben :D
Natürlich sind die neunzig Prozent, die die katalanische Regierung da angab, Unsinn. Und natürlich ist die Mehrheit der Leute, welche in Spanien bleiben wollten, gar nicht erst wählen gegangen. Um die richtigen Zahlen zu erfahren, müsste man halt eine richtige Umfrage stattfinden lassen, statt sie durch Polizei zu blockieren... :rolleyes:
Wenn man den Leuten alle ordnungsgemäßen Mittel für eine Abstimmung nimmt, darf man nachher nicht rumheulen, wenn die Abstimmung auf anderem Wege stattfindet.

Und ich bin hierbei nichtmal der große Katalonien-Fanboy, auch wenn ich ein bisschen das Gefühl habe, in diese Richtung geschoben zu werden. Ich habe dafür zu wenig Ahnung von der momentanen polititischen Stimmung in Katalonien, jenseits von "Wir wollen unser eigenes Land".

... ganz ehrlich, gehen wir mal weg von Katalonien. Nehmen wir mal dein Beispiel beim Wort. Bayern will raus aus Deutschland.
Dass das gegen die deutsche Verfassung geht, ist exakt so lange ein Problem, bis wir wieder beim ersten Satz sind: Bayern will raus aus Deutschland. Aus bayerischer Sicht ist die deutsche Verfassung nur unwesentlich interessanter als die französische, australische oder libanesische. Das wirklich interessante ist von nun an die bayerische Verfassung.
Und nachdem sich die Bayern von einem "Aber das dürft ihr nicht!" nicht schrecken lassen... was tust du jetzt? Seehofer in Ketten legen? Prinzipiell eine Aktion, die ich fern jedes Kontext begrüße, aber sollten 60+ Prozent der Bayern raus aus Deutschland wollen, löst du damit dein Problem nicht. Diese Menschen sind immer noch da.
Du kannst sie nicht alle verhaften. Die kannst versuchen, sie mittels Polizeigewalt zum Spuren zu bringen, allerdings musst du dafür erstmal Polizei ankarren, weil die bayerische Polizei... well. Das sind Bayern.
Und solltest du auf den Trichter kommen, statt der Polizei gleich das Militär reinzuschicken, hast du das gleiche Problem: Bayern hat ebenfalls Stützpunkte. Die haben die Infrastruktur eines kleinen Landes, was viel damit zu tun hat, dass sie die längste Zeit ein kleines Land waren.

Es bleibt bei der Aussage. Du kannst die Sache zähneknirschend hinnehmen. Oder du kannst anfangen, zu schießen.

Vor allem aber... ja, wenn jede Gruppe, die die Möglichkeit zur Autonomie hat, diese Möglichkeit nutzt, wäre das ziemlich dicht dran an anarchistischem Korporatismus.

Sehr stumpf gefragt: Wo läge das Problem?


Ice: ... und weil die Verschwörer alle zu doof für verschlüsselte Emails sind, senden sie ihre Statusmeldungen über ein frei zugängliches Print-Medium?
 

Matthew McKane

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Sehr stumpf gefragt: Wo läge das Problem?

Das Problem wäre das gleiche,wie in Katalonien. Genau wie Katalonien ist Bayern eine der wirtschaftlich stärksten Regionen des Landes.

Mit dem Austritt Bayerns aus der Bundesrepublik würde ein wichtiger Nettozahler im Haushalt fehlen. Alle anderen Deutschen hätten dann unter dem Alleingang Bayerns zu leiden. Obwohl sie die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns jahrzehntelang mitfinanziert haben.

Der Wunsch nach Autonomie steckt in Katalonien nicht dahinter. Katalonien ist bereits die Region mit den stärksten Autonomierechten in Spanien. Es geht dort hauptsächlich darum, die restlichen Regionen Spaniens nicht mehr finanziell unterstützen zu müssen. Im Grunde genommen, wollen nicht die Katalanen ihr eigenes Land, sondern die Reichen.

Wenn Katalonien tatsächlich von Spanien unterdrückt, oder wenigstens benachteiligt werden würde, könnte man den Wunsch nach Unabhängigkeit ja verstehen. Das ist aber nicht der Fall. Ist ja nicht so, dass die geknechteten Katalanen weniger Rechte hätten, als die restlichen Spanier.
 
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Timestop

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17.04.2002
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@Kraven
Wenn du dich ganze Zeit für die Unabhängigkeit einsetzt bzw. fragst "Wo ist das Problem, ich sehe kein Problem, ich ignoriere die Probleme die aufgezeigt werden, für mich sind das keine" dann brauchst du dich nicht zu wundern, dass man dich irgendwie seltsamerweise in die Ecke der Katalanen sieht. Weil du da gerade auch stehst.:D
Ich bin ja neutral, aber warum lassen sie ihre Kinder nicht auf den Gleisen spielen? Was soll schon passieren?

Also, ich sehe da Probleme in beiden Richtungen, ich kann keiner Seite einen moralischen Vorteil abgewinnen, aber der Status Quo scheint mir das weniger schlimme zu sein in der Entwicklung.
Was mich quasi aus Angst vor Blutvergießen zu einem Verteidiger der spanischen Seite und Gegner von Veränderung macht. Ich bin nicht stolz drauf.
Eine friedliche Abspaltung wäre völlig ok, aber ich sehe das irgendwie nicht.

Wie gesagt:
- die Katalonen wollen scheinbar gar nicht in der Mehrheit unbedingt raus
- für die Spanier wird das finanzielle einbußen bedeuten und Verlust von Land, Macht, Prestige, Einigkeit etc. Da wollen die für kämpfen um das abzuwenden
- sie haben offenbar die Möglichkeiten das zu machen (Kontrolle über Justiz und Militär/Polizei) und keinen Gegenwind der internationalen Gemeinschaft
- Zusammenleben braucht Regeln, die bringen Gesetze, Bürokratie, die würde effektiv ein hohes Hindernis in der "Scheidung" bringen
- das Bürokratiemonster EU wird vermutlich nicht einfach eine schnelle "Ausstieg und Wiedereinstieg" von Katalonien ermöglichen, selbst wenn sie es wollten

Das sind Probleme die doch eher Richtung "Dann bleiben wir halt in eurem doofen Club" sprechen als für "wir machen unser eigenes Land mit Blackjack und N***n auf".
 

Darghand

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Zunächst mal: Die Frage nach dem Recht eines "Volkes" auf Selbstbestimmung im Sinne eines eigenen Nationalstaates ist im Internationalen Recht überhaupt nicht abschließend geregelt.
Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks war die Zerschlagung von Jugoslawien ein probates Mittel insbesondere der deutschen Regierung, einen potentiellen, aus der Historie geerbten Rivalen auszuschalten, was dazu führte, dass die BRD einer der ersten Staaten war, die ein unabhängiges Bosnien als eigenständigen, regulären Staat anerkannten. Es ist zwar äußerst unwahrscheinlich, dass Jugoslawien angesichts der damals schon jahrzehntelang anhaltenden wirtschaftlichen Zerrüttung als Sammelstaat überhaupt weiterhin überlebensfähig gewesen wäre - eine friedliche Loslösung wie im Fall der Tschecheslowakei bzw. deren Auflösung in die heutige Konstellation aus Tschechien, Slowenien und Slowakei wurde so zumindest erschwert. Da man vom eigenen Vorgehen so begeistert war, hat man das Ganze dann später im Fall des Kosovo auf die Spitze getrieben und die Existenz eines Zwergstaates im Grunde herbeigebombt. Das russische Vorgehen auf der Krim unterschied sich da nicht mehr großartig von.
Ob der Wunsch nach nationaler Eigenständigkeit als legitimes Anliegen behandelt wird, oder auch nur die Frage, was denn bitte als "Volk" zu verstehen sei, wird also nicht nach allgemein akzeptierten Regelungen entschieden, sondern nach Gusto und geopolitischen Interessenlage der umliegenden Staaten.

Das, was im aktuellen Fall Katalonien als "Selbstbestimmungsrecht" herumgereicht wird, halte ich für einen ziemlich rückwärtsgewandten Mythos. Es ist ein Schritt zurück hinter die republikanische Demokratie hin zu einer letztlich kulturalistisch begründeten Kleinstaaterei, deren zentrales Argument lautet, dass man lieber unter sich sein möchte. Kulturalistisch deshalb, weil wieder Sprache und Sitten als Ausschlusskriterien herhalten müssen, um zu bestimmen, wer zum Volk gehört, das da gerade nach Selbstbestimmung verlangt. Man bekenne sich zur katalonischen oder bayrischen Leitkultur!

Eine politische Ordnung, die schlicht nach dem Wohnort festlegt, in welcher Region oder politischen Gebietsschaft der Einzelne politisch Einfluss nehmen kann, während Kulturklimbim wie Sprache und hässliche Trachten als Hobby oder meinetwegen auch Teil des persönlichen Selbstverständnisses damit nichts weiter zu schaffen haben, ist mir lieber als diese enge Kleinstaaterei. Was ja nicht heißt, dass man ein national verfasstes Gemeinwesen nicht dezentral aufbauen und die Einzelgliederungen entsprechend dem Prinzip der Subsidiarität mit weitgehender Autonomie ausstatten kann.
 
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