Eine Geschichte

Durin

Schlachtenwüter
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25.08.2001
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Hi, ich hatte mich vor einiger Zeit mal dran gesetzt und eine Kurzgeschichte geschrieben. Da ich mich nicht erinnern kann je, so viel geschrieben zu haben suche ich natürlich jedes mögliche Featback.

Aber seit gewarnt:
Es geht um Vampire. Und Liebe. Und natürlich auch etwas um Gewalt. Ich sag's nur, weil "Kuschel-Goth" ist ja nicht jedermans Sache. :)



Blutfeindschaft

Prolog:


Die Handlung beginnt in Rhun, einem kleinen Dorf in Kamrir, einem kleinen, unabhängigen Fürstentum der Menschen, in der Welt Arcania, eine Ebene der Mythen, Magie und Monster.

Eine Art der Monster waren die Vampire. Und Lyssa Rubins war darin spezialisiert, eben diese finsteren Wesen zu jagen und zu vernichten. Sie war seit einer Nacht und zwei Tagen in Rhun, hierher hatte sie die neuste Spur geführt. Es würde der zehnte Vampir ihrer Laufbahn sein – das klang nach keiner großen Zahl, doch wenn man die Macht dieser Wesen beachtete, dann war sie schon ganz eindeutig ein Profi.

Letzte Nacht war sie auf dem Friedhof gewesen – doch das war anscheinend zu klischeehaft für diesen Vampir, drum durchstreifte sie in dieser Nacht den Wald. Leise summte sie: „Ich bin ein armes unschuldiges Opfer, hoffentlich holt mich kein böses Monster.“

Sie hatte einen Gefahreninstikt, auf den sie sich Verlassen konnte, und als ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief war ihr klar, das es gleich soweit sein würde. Ein Wolfsgeheul hinter ihr lies sie umfahren, doch dar war nichts, und blitzschnell war sie wieder zurück nach vorne gedreht. Dabei sprang ihr Silberschwert fast wie von Zauberhand unter ihrem Mantel hervor in ihre Hand, von wo aus es nach vorne zischte, um vor dem Gesicht des Vampirs zu stoppen, der recht genau eine Elle außerhalb ihrer Reichweite stand.
„Oh, ich habe mich schon gefragt, was du hier so allein im Wald machst, ich habe wirklich alles in Hörweite abgesucht, den diese ‚Falle‘ ist so offensichtlich, das es mich beinahe beleidigt. Doch dann musste ich tatsächlich akzeptieren, das du kein Lockvogel für einen echten Vampirjäger bist, sondern nur eine dumme Anfängerin mit Selbstüberschätzung.“
Lyssa hätte ihn zu gerne in seinem arroganten Monolog mit ihrer Klinge unterbrochen, doch etwas hielt sie. Es war keiner der üblichen Geistestricks der Vampire, sie wusste, wie sie sich dagegen wehren konnte. Ihr Gefahreninstinkt! Lyssa spannte die Muskeln an und fintierte eine Attacke. Nur einen winzigen Bruchteil einer Sekunde – Lyssa hätte es fast übersehen – zuckte der Vampir, dann erkannte er die Absicht und blieb lässig stehen, die Hände hinter dem Rücken. Verdammt, der war gut, hatte Lyssa sich da zuviel vorgenommen?

„Sieht nicht so aus, als müsste ich mir mit dir die Hände schmutzig machen, Jägerleinchen,“ witzelte der Vampir, „dieser Wald bietet mir genug freundliche Helfer dafür.“ Neben ihm traten 2 Wölfe aus dem Schatten. Auf einen unhörbaren Befehl hin griffen sie an. Während Lyssa auch ihr zweites Schwert griff schlug sie dem einen Wolf in der Bewegung den Kopf ab, doch konnte sie sich nicht gleich um den zweiten kümmern, die drei Wölfe, die sich von hinten an sie angeschlichen hatten, und das Pack vervollständigten, hatten Priorität. Ein sauberer Schlag von oben auf die Schnauze brachte den nächsten Wolf zu Fall. Lyssa wich gleichzeitig dem ersten aus und erledigte ihn dann mit einem Nackenstich. Doch da waren die letzten auch schon dran, wild und zielstrebig, gelenkt von einem einzigen Geist kümmerten sie sich nicht darum, dass innerhalb eines Wimpernschlages drei des Rudels gefallen waren. Einer biss der Jägerin in den Unterarm, zwei kurze Schwertstöße beendeten auch dieses Leben, doch brauchten sie genug Zeit für den letzten, sich einen Oberschenkel zu schnappen und daran zu reißen. Lyssa fiel schmerzhaft zu Boden, doch brauchte sie trotzdem nicht lange, das Schwert an ihrem unverwundeten Arm Richtung Wolf sausen zu lassen. Leider kam es dort nicht an, der Vampir war an sie herangetreten und fing ihre Hand in der Bewegung ab. Mit einem kurzen Ruck entwaffnete er diese Hand und brach ihr jeden einzelnen Fingerknochen, Lyssas Schreie hallten ungehört durch den Wald. Sie schlug mit dem anderen Schwert zu, doch er nahm seinen Kopf zur Seite und sie traf nur die Schulter. Der Vampir nahm die Schnittwunde hin, als wäre es nichts.

„Wenn ich mich vorstellen darf: Mein Name ist Albrecht,“ plauderte der Vampir, während er sich auf sie ihre Hüfte setzte und mit der zweiten Hand verfuhr, wie mit der ersten. Er nahm die beiden Schwerter und warf sie in den Wald, während er seelenruhig erzählte: „Weißt du, du hättest zu den Wildhütern gehen sollen, 4 Wölfe in unter 2 Sekunden ist da sicherlich so etwas wie ein Rekord, aber du mußtest dich ja dazu entscheiden, lieber eine Karriere als Mitternachstssnack zu starten.“
Er war ein Monster, auch wenn er aussah wie ein Mensch: Groß, blond, kräftig, so saß er über Lyssa und beugte sich langsam zu ihr herunter. Mit seiner Linken griff er ihr in die Haare, hob ihren Kopf kurz an, um ihn dann auf den Boden zu prellen, grade stark genug, um ihr Schmerzen zu bereiten. Dort hielt er ihren Kopf fixiert, mit der Rechten griff er ihr Kinn und dann... küsste er sie auf ihr Gesicht. Es war widerlich, doch sie war so hilflos, so verzweifelt, sie wusste, dass ihr Tot bevorstand – oder schlimmeres. Nein, er küsste sie nicht, er biss ihr die Unterlippe auf, was jedoch in den übrigen Schmerzen fast unterging. Er leckte ihr das Blut ab, aus Lyssas Schreien wurde ein leises Schluchzen.

„Ist das also der Moment, wo die Antiheldin ihr Schicksal still zu akzeptieren beginnt? Gut, es wurde ohnehin langweilig,“ spottete Albrecht, während er sich an ihrem Körper abwärts arbeitete, hin zu der Stelle an ihrem Oberschenkel, an der der Wolf seine tiefe Bisswunde hinterlassen hatte, an der er begann, ihren Lebenssaft auszusaugen.

Lyssa sah ihre letzte Chance – wenn auch nicht auf einen Sieg gegen diesen Gegner, der sie so deklassiert hatte. Es war zumindest eine Möglichkeit mit Anstand abzutreten. Aus ihrem Ärmel sprang ein versteckter Dolch. Ein erneuter Schmerzensschrei, als sie ihn mit der zermalmten Hand auffing, doch er musste auch nur den Weg bis zu ihrem Hals zurücklegen.

Sie war zu schwach. Der Schnitt war nur wenige Finger breit und bei Weitem nicht tief genug, als ihr die Waffe entglitt. Das Gesicht des Vampirs erschien in ihrem Blickfeld. „Oh, das war unerwartet. Diese Entschlossenheit, dieser Todesmut. Weißt du, das gefällt mir, ich werde dich wohl doch nicht, wie ich es vorhatte, töten. Zumindest nicht ganz. Lyssa schloss die Augen, während sich die Zähne in ihren Hals bohrten, sie spürte, wie er ihr Blut aussaugte und das Gefühl wirkte auf eine seltsame Art beruhigend, nein, eher betäubend. Ihr Bewußtsein schwand und sie begrüßte das. Kaum noch merkte sie, wie ihr eine kühle Flüssigkeit in den Mund tropfte.




Akt 1 – ca. 100 Jahre später.

Albrecht hatte ein hervorragendes Gedächtnis, und lange Zeit gehabt, sehr viel in dieses Gedächtnis abzuspeichern, doch eine Schönheit, vergleichbar mit diesem engelsgleichen Geschöpf, das da beschäftigt durch den Wald huschte, hatte er nur selten gesehen. Sie erinnerte ihn sofort an eine Nymphe, die er vor 60 Jahren gekostet hatte – ein herrlicher Genuss, nachdem er ein Jahr gebraucht hatte, um den Geschmack von billigem Menschenblut nicht mehr als fade zu empfinden.

Der Vampir hatte sie schon mehrfach von weitem gesehen, sie arbeitete in der kleinen Stadt Rhun, als Gehilfin der Heilerin. Auch Albrecht hatte sich vor einigen Jahren am Stadtrand ein Häuschen zugelegt. Die Leute erkannten ihn, wenn auch er trotzdem ein Außenseiter war. Doch seine Fähigkeit, sich auch bei Tag zu bewegen machte ihn recht unverdächtig was die Vampirgerüchte anging, die seit Generationen der Menschen in dieser Gegend verbreitet waren. Es gab viele Varianten von Vampiren, einige waren anfälliger für die Sonne, andere weniger. Auch Albrecht war in der Sonne recht machtlos, doch abgesehen davon, dass er von dem hellen Licht leicht geblendet war und auch sehr schnell einen Sonnenbrand bekam, konnte er sich auch bei Tag wie ein Mensch bewegen.

Eigentlich hatte er sich vorgenommen, noch ein paar Monate zu warten, bis er den nächsten Menschen verschlang, als sesshafter Vampir musste man darauf achten nicht aufzufallen. Doch wie er dieses Mädchen durch den Wald tänzeln und Pflanzen sammeln sah, da kam in ihm ein Hunger hoch, wie er ihn nicht kannte. Fast wie eine Marionette näherte er sich ihr. Sie bemerkte ihn, als er fast auf Armeslänge hinter ihr stand. Sie schien ein Moment erschrocken, lächelte dann aber freundlich und Albrecht fragte: „Gibt es etwas, bei dem ich helfen kann?“ Die junge Frau kniete an den Wurzeln eines Baumes und schien, eine bestimmte Wurzel herausschneiden zu wollen. Sie reichte Albrecht ihr Messer: „Danke sehr, fremder Mann. Sehr ihr diese weiße Wurzel, die dort aus den übrigen Wurzeln heraussticht? Die brauche ich, aber ich armes, schwaches Wesen bin zu schwach sie rauszuschneiden.“ Sie lachte. Albrecht überprüfte das Messer mit dem Daumen: „Klar, dieses Messer ist vollkommen stumpf,“ merkte er an, holte seine Messer hervor und schnitt die Wurzel – mehr oder weniger problemlos – vom Rest des Baumes ab.

So einen Leckerbissen konnte man nicht am Tag beißen, ja – genau das war’s sagte sich Albrecht, während er dem Mädchen stumm die Ingredienz überreichte. Sie kicherte leise und stellte sich dann vor: „Danke, fremder Mann. Ach übrigens, ich heiße Sarah.“ – „Oh, Entschuldigung, wo bleiben meine Manieren?“ antwortete Albrecht. „Mein Name ist Albrecht Deen. Mir gehört das kleine Anwesen am Westrand.“ – „Das, wo immer die Tür zu ist und die Vorhände vorgezogen sind? Ich hätte gedacht, das sei verlassen.“ Ein Moment war es still und Albrecht wusste nicht, was er sagen sollte, bis Sarah auf seine Hände herunterblickte. Ja, er hielt ja noch ihr Messer. „Nein, mit solch einem stumpfen Messer könnt ihr doch nicht hier weiter schneiden, was immer ihr hier besorgen sollt. Ich werde das Messer für euch schärfen, ihr könnt solange meines haben.“ Albrecht gab ihr seine Klinge, sie war meisterhaft und von einem blanken Stahl, der nicht erkennen lies, das dieses Werkzeug auch schon recht alt war.
„Danke, das ist großzügig. Ich werde euch das Messer gleich wenn ich mit meiner Arbeit fertig bin bringen.“ Albrecht lachte, ein ehrliches Lachen, wie er es seit Ewigkeiten nicht von sich gehört hatte. „Nein, bringt es heute abend mit, wenn ihr zu mir zum Abendessen kommt.“
Sarah wirkte einen Moment überrascht, lächelte dann aber und nickte. Die beiden verabschiedeten sich. Albrecht machte sich auf Richtung Markt, ein Essen zu kaufen. Er hatte großen Hunger.




Akt 2 – An diesem Nachmittag

Albrecht war zufrieden mit sich, die Falle war ausgelegt und in weniger Stunden würde sie zuschnappen. Er schliff trotzdem das Messer, irgendwie musste er ja die Zeit totschlagen. Da – ein Geräusch hinter ihm, er rollte seitlich von seinem Hocker, drehte sich im Aufstehen, und schleuderte das Messer in die Richtung, in der er den Angreifer vermutete. Doch das Messer ging ins Leere. Hatten ihm seine Sinne einen Streich gespielt? Er startete in Richtung seines Schwertes, dass nur wenige Schritte entfernt an der Wand hing. Er spürte eine Attacke auf sich zu kommen, und duckte sich im letzten Moment drunter weg. Das Schwert des Angreifers vollführte einen Viertelkreis und traf ihn am Rücken, doch Albrecht fing die meiste Wucht mit einer Rolle vorwärts ab, mit der er den Rest des Weges überbrückte. Er kam hoch, seine Klinge bereit und sah sich um, der Gegner war immer noch – oder auch schon wieder – nicht zu sehen. Albrecht wusste, dass er es nicht einfach nur mit einem einfachen Sterblichen zu tun hatte.

Er riss das Schwert zur Parade hoch und Metall traf auf Metall. Er schlug in Richtung des Angreifers, doch bevor er fertig war, war dieser schon wieder verschwunden. Albrecht schloss die Augen und es half, er hörte die Attacke diesmal früher auf sich zukommen. Er duckte sich tief und stach mit seinem Schwert aufwärts. Dieses Manöver lenkte die Attacke gegen ihn ab, aber noch wichtiger, es verletzte den Angreifer. Ein kleiner Schnitt, doch ein großer Erfolg. Albrecht lachte: „Ich habe dich! Komm raus, komm raus wo immer du bist.“ Demonstrativ tief sog er die Luft in sich ein, während er zwei Schritte zurück machte. Ja, der Duft des vergossenen Blutes war so deutlich, vor seinem Auge fiel die Unsichtbarkeit.

Er erkannte seinen Angreifer. Sie zog die Kapuze zurück und zeigte ihm ihr Gesicht. Albrecht hatte Lyssa seit fast 5 Jahren nicht mehr gesehen, und schon da war sie ihm beinahe ebenbürtig gewesen. Diese Demonstration ihrer Kräfte zeigte, dass ihre Macht in der Zeit nur weiter gewachsen war.
Sie hätte seine Gefährtin werden können. Die meisten Vampire akzeptierten ihr Schicksal nach wenigen Tagen, meist, wenn sie erstes Blut tranken und hegten keinen Groll gegen ihren Erschaffer. Doch Lyssa war anders, wahrscheinlich lag es daran, dass sie vorher eine Jägerin gewesen war. Sie hatte ihm nie verziehen. Nachdem er sie gebissen hatte rannte sie weg. Sie hinterließ eine Spur aus Leichen, der Albrecht zuerst sehr gut folgen konnte. Doch etliche erstklassige Jäger folgten ihr bald ebenso und Albrecht ging auf sichere Distanz. Er verlor sie aus den Augen und hörte länger nichts von ihr. Er hielt sie für tot – die endgültige Version des Wortes – bis sie ihn 30 Jahre später attackierte. Er schlug sie zurück, auch die anderen Male, die sie angriff. Doch sie wurde jedes Mal stärker. Bei den ersten, schwachen Versuchen hätte er sie noch umbringen können, mittlerweile bedauerte er, es nicht getan zu haben.

Und jetzt zog sie ihr zweites Schwert, wirbelte beide herum und wollte ihn töten. Er parierte eines mit seinem Schwert und griff ihr anderes mit seiner freien Hand mit am Heft. Er fing das parierte Schwert zwischen Boden und seiner Waffe und mit einem Ruck hebelte er es aus ihrer Hand. Doch plötzlich verwandelten sich Lyssas Kopf und der jetzt freie Arm in einen Wolfskopf und eine Pranke. Sie biss und schlug zu und die Attacke zerriss Albrecht beide Arme. Er wankte zurück und sah wie die Verwandlung wieder aufhörte. Er war entsetzt, weder war er fähig sich derartig schnell zu verwandeln, noch zu so eine teilweise Verwandlung. War sie tatsächlich mächtiger als er? Er sah Wut in ihren Augen, aber auch Blutlust, Gier. Sie schlug mit dem Schwert auf ihn ein, doch versuchte sie nicht, seinen Kopf abzuschlagen, sondern richtete ihre Attacken ausschließlich gegen seinen Körper. Er versuchte sich zu lösen und etwas Gelegenheit zu bekommen, seine Wunden zu schließen, doch traf ihn das Schwert am Bein und er fiel. Sie riss ihn auf den Rücken und stieß ihm das Schwert durch die Schulter in den Boden. Da lag er nun, unter ihr, wie damals sie unter ihm.


Lyssa setzte sich auf ihren Erschaffer und zog einen Pflock. Natürlich hätte sie ihm auch einfach den Kopf abschlagen können, aber sie suchte die Poesie dieses klassischen Jägerinnen-Werkzeugs. Mit der Linken griff sie seinen Hals, mit der Rechten setzte sie das Holz über seinem Herzen an. Sie holte aus. „Du hast das aus mir gemacht! Ich bin ein Monster. Ich töte Menschen, nur um meinen Durst nach Blut zu befriedigen, ich habe nicht mal Ahnung, wie viele es waren, so unglaublich viele. Wieso hast du mich nicht einfach getötet?“ Sie brüllte. Sie musste sich wieder fassen, atmete kurz durch, setzte den Pflock erneut an. Sie blickte ihm tief in die Augen und fühlte sich elend, sie wollte heulen doch konnte es nicht, also schrie sie, sie schrie und stieß zu. Doch der Pflock ging ins Leere, Albrecht war weg, ein Nebel, der langsam durch den Holzboden sickerte. Lyssa war wütend auf sich. Wieso hatte sie gezögert, diese Verwandlung war wirklich zu simpel, sie hätte wissen müssen, das Albrecht sie auch beherrschte. Sollte sie nachsetzten? Hinuntergehen in seinen Keller und hoffen, sie würde seinen Sarg finden, bevor er wieder genug Kraft hatte, es mit ihr aufzunehmen? Sie sah Chancen. Ihre beiden neuen Trumpf waren ausgespielt, aber sie hatte ihn auch schwer verletzt. Nein, so würde sie ihn nicht besiegen, dieses Monster hatte anderes verdient.

Lyssa stand auf und nahm ihre Schwerter. Beim Rausgehen demolierte sie auch noch etliches an Mobiliar, und begann einen Plan auszusinnen.


Drei Stunden später klopfte Sarah an die Tür. Sie hatte sich ein langes, recht elegantes Kleid von ihrer Mutter geliehen. Es passte nicht perfekt, aber sie hatte nichts, was ihr angemessen erschien. Sie musste etwas warten, aber dann öffnete Albrecht ihr. „Sarah, ihr seht bezaubernd aus,“ begrüßte er sie. Er führte sie herein, sein Haus war immer noch groß genug, um sie zu beeindrucken, aber trotzdem bescheiden, eher spartanisch eingerichtet. Das Essen war gut, wenn auch um einiges zu reichlich bemessen für zwei Personen. Die Beiden unterhielten sich gut und der Wein stieg Sarah schnell zu Kopf.
„Albrecht, dieser Abend war sehr schön und ich würde es gerne wiederholen,“ bemerkte sie schüchtern. Albrecht nickte erfreut und schlug gleich den nächsten Abend vor. Sarah lächelte verlegen: „Doch werde ich euch zu mir einladen, mein Haus ist sehr klein, mehr eine Hütte, und das Essen wird auch nur bäuerlich sein, doch ist es mein, und wenn ihr mich kennen lernen wollt, dann werdet ihr euch dies wohl antun müssen.“ Albrecht stimmte mit einem Lächeln zu. Was kümmerte es ihn, was er sagte, gleich wäre es ehe egal. Sein Opfer stand auf und drehte sich zur Tür. Er trat an sie heran und legte seine Hand auf ihre Hüfte um sie zur Tür zu führen. Der perfekte Moment. Sie sah ihn nicht an, und genoss seine Blicke, auch wenn sie wohl nicht ahnte, was er wirklich dachte, wenn er ihren Hals, ihr Dekolleté, ihren ganzen Körper ansah. Feuer brannte auf einer Zunge, seine Sinne waren auf Hochtouren, er sah, hörte, roch alles so klar und deutlich, wie auch im besten Kampf nicht. Und vor allem anderen roch er sie, hörte ihren Herzschlag und ihr tiefes Atmen, betrachtete ihre makellose Haut. Seine Zähne verwandelten sich in Fänge. Sie waren an der Tür angekommen, er schloss die Augen und beugte sich ihrem Hals entgegen. „Albrecht...“ hörte er, und plötzlich spürte er ihre Lippen auf seinen. Nur kurz, überrascht wich er zurück, nur um sie dann noch mal zu küssen. Seine Fänge wurden wieder zu Zähnen, den eins wurde ihm schmerzhaft klar: Er hätte sie schon im Wald beißen können. Oder zu verschiedensten Gelegenheiten an diesem Abend. Aber er hatte es nicht getan, denn er wollte mehr als nur ihr Blut. Es war diese Reinheit, diese Unschuld, die er wollte. Ihre Gegenwart machte ihn zu einem etwas weniger schrecklichen Wesen.
Sie verabschiedeten sich.

Etwa 500 Meter weiter, auf einem Baum, saß Lyssa und ihr Plan war fertig geschmiedet.




Akt 3 – am nächsten Tag

Sarah war allein im Laden, sie bereitete die Zutaten des letzten Tages zu. Zerstampfen, zermahlen, aufkochen. Die Heilerin war im Hinterzimmer, wo sie die Sachen mischte, um so die Tinkturen, Pillen Salben und Säfte zu bekommen. Der Verkauf von Apothekenkram war das Hauptgeschäft, das brachte das Geld ein.

Ein Elf betrat den Laden. Er war sehr vornehm und vor allem teuer eingekleidet. Sarah konnte sich nicht erinnern, dass irgendwo in der Stadt Elfen wohnen würden. Und wenn es irgendwo welche gab, dann sicher keine Wohlhabenden. Es musste also ein Durchreisender sein, vielleicht ein Händler. Er begrüßte sie mit einem „Hallo Schönheit.“ Und sah sich um. Er lies sich das ein oder andere zeigen, machte Sarah noch zwei Komplimente und nahm dann drei verschiedene Sachen. Durchaus teure Mittelchen, doch der Elf zahlte gönnerisch in Platin und Gold und weigerte sich, Silbermünzen als Wechselgeld zu nehmen. Einiger Zeit später, sie dachte noch einmal darüber nach, kam dies Sarah doch recht komisch vor, die meisten Leute, die in den Laden kam wussten vorher ganz genau, was sie wollten und kauften nicht einfach irgendwas. – Aber wieso sich den Kopf zerbrechen? Ein Kunde, der alleine einen normalen Tagesumsatz dagelassen hatte, über so etwas freut man sich nur.

Sarah machte etwas früher Schluss, die Sachen waren schnell soweit vorbereitet, wie sie als Gehilfin es durfte und ihre Lehrmeisterin übernahm gerne den Laden etwas.
Die junge Frau verließ also den Laden und ging über den Marktplatz, als plötzlich der Elf wieder da war. Er ritt neben ihr her, beugte sich dann zu ihr runter und fragte sie: „Ah, die bezaubernde Menschin. Sarah war euer Name, richtig? Sagt, ihr kennt euch doch hier aus, oder? Könnt ihr mir sagen, wo ich hier in angenehmer Atmosphäre speisen und trinken kann?“
Hatte er etwa die ganze Zeit in der Nähe gewartet? Nein, so etwas tut doch keiner. Sarah nannte ihm eine gehobene Taverne in der Altstadt – das teuerste, was sie kannte. Doch der Elf schien nicht ganz zufrieden: „Hmm, das finde ich wahrscheinlich nie, wollt ihr mir nicht den Weg zeigen, ihr könnt mit reiten.“ Er reichte ihr seine Hand. Sarah wollte ablehnen, dieser Elf war ihr sehr suspekt, doch aus einem Impuls heraus reichte sie ihm doch die Hand und er zog sie auf sein Pferd hinauf. Er war ungewöhnlich kräftig für seine eher schlanke Gestalt.

Sie ritten zu der Taverne und stiegen ab. Sarah wollte sich verabschieden, doch der Reiter bat sie, doch noch etwas mit hereinzukommen. Sie schmunzelte, sie war schon immer recht ‚beliebt‘ gewesen, schließlich hatte sie ein hübsches Gesicht und war auch sonst nicht grade unansehnlich, aber neuerdings konnte sie sich ja gar nicht mehr retten.
Sie dachte an Albrecht, den sie am letzten Abend noch geküsst hatte. Nun ja, ein kleiner Abschiedskuss war keine Verpflichtung, aber dennoch, sie mochte diesen Elfen ja nicht einmal, wieso sollte sie mit hineingehen. – Andererseits war ein kleiner Happen in der besten Taverne der Stadt ein gutes Angebot und es waren noch 5 Stunden bis zu ihrer Verabredung. „Gerne,“ nahm sie es an.

Der Elf bestellte gut für sich und auch Sarah sollte sich aussuchen, was immer sie haben wollte. Bescheiden nahm sie jedoch nur einen Salat und ein Glas Wasser. Der Elf erzählte viel über sich, er war schon eine beeindruckende Person. Goldschmied, Juwelier und neuerdings handelte er auch mit magischen Schmuckstücken. Mitten im Essen kam er dann aber zu einem Punkt, bei dem Sarah das Essen im Halse stecken blieb: „... Als nächstes reite ich wieder nach Hause. Und glaubt nicht, dass mich das freuen würde. Seit einhundert Jahren bin ich nun verheiratet und ich freue mich über jeden Monat, die ich auf Reisen verbringen kann. Meine Frau ist ein Drache – im übertragenen Sinne. Und noch dazu spricht sie mich körperlich nicht einmal an. Anders als ihr. Ich würde viel dafür geben, eine Nacht mit euch verbringen zu können. Erinnerungen zu sammeln, für die schweren Stunden, in der ich meinen ehelichen Pflichten nachkommen muss.“ Sarah spuckte das letzte Salatblatt wieder aus. Für was hielt dieser Elf sie? Sollte er sich doch in dem Haus mit den roten Vorhängen eine Nutte kaufen, wenn er es so nötig hatte. Sie stand auf, mit unterdrückter Wut presste sie noch ein „Bestimmt nicht“ heraus, bevor sie sich umdrehte und ging. Sie schämte sich etwas, für die Gedanken, die sie einen Moment hatte, wie es wohl gewesen wäre, wenn sie sich anders entschieden hätte. Schlechte Gedanken – sie wischte sie hinfort.


Lyssa ärgerte sich. Sie war zu direkt gewesen. Es war wirklich nicht leicht, einen Mann zu verkörpern, auch wenn ein Elf ja kein richtiger Mann ist. Aber diese Sarah war zu störrisch, schon die ganze Zeit vorher musste sie wieder und wieder ihre Gedankenmanipulation anwenden. Aber dann zum Schluss war auch das nicht genug. Solche Menschen gab es auch, die für Suggestionen unempfänglich waren. Was Sarah jedoch an einem Scheusal wie Albrecht fand, war Lyssa unerklärlich.




Akt 4

Die Sonne war grade untergegangen, da klopfte er an ihre Tür. Sarah öffnete und bat Albrecht mit einer Geste einzutreten. Er trat in den Hauptteil des Hauses, das gleichzeitig Küche und Wohnraum war. Hinter zwei Türen abgetrennt abefanden sich Bad und Schlafraum. Aller möglicher Kleinkram war in Regalen an den Wänden verteilt.
Sie setzten sich an den Tisch und Sarah schenkte etwas Wasser ein, sie hatte es abgekocht mit einem Schuss Zuckerrübensaft gesüßt. Albrecht würdigte es mit einem erfreuten Lächeln.

An diesem Abend viel es ihnen schwerer, das Eis zu brechen. Dann erspähte Albrecht einen Talisman, zwischen dem Kram an den Wänden. Das Schmuckstück hatte etwas Magisches an sich. Es fragte nach, was das für ein Talisman sei. Sarah antwortete: „Du hast ein gutes Auge. Aber ich muss dich enttäuschen, das ist auch nur Hokuspokus. Meine Großmutter hatte es einst gekauft, es sollte dafür sorgen, das sie einen Sohn bekommt. Weißt du, weder ich, noch meine Mutter noch meine Großmutter und auch nicht deren Mutter hatte je einen Bruder, es ist wie ein Fluch auf den Frauen unserer Familie, immer nur hübsche kleine Mädchen zu bekommen. Das Ding ist übrigens nichts wert, meine Mutter hatte es vor Jahren identifizieren lassen und der einzige Zauber darauf ist einer, der es vor Schmutz und Rost schützt.“

Das Essen war Sarah sehr gut gelungen, und sie unterhielten sich dann auch hervorragend, Sarah hatte das Gefühl binnen Stunden nicht nur ihre ganze Lebensgeschichte, sondern auch noch ihren näheren Stammbaum erläutert zu haben, Albrecht hörte zu und fragte immer wieder nach mehr Einzelheiten. Schließlich war es Mitternacht durch – schon lange. Albrecht fragte, ob er sie jetzt nicht verlassen sollte: „Nein, ihr habt doch noch gar nicht mein Lieblingsraum gesehen,“ erwiderte Sarah. Sie standen auf und Sarah öffnete die Tür zu ihrer Schlafkammer, es war ein kleiner Raum mit einem großen Bett. Eigentlich war nichts anderes als Bett in der Kammer, es reichte von der linken Wand zur rechten, und auch am Kopf und Fußende war nicht mehr Platz als vielleicht zwei Ellen, für einen kleinen Tisch und eine Kleidertruhe.
Das Bett schien sehr gut: Ein Holzgestell und darauf etliche Schichten dicken Rindsleders, sowie zwei große Daunenkissen, die dem Ganzen einen Hauch Luxus verliehen. Sarah setzte sich aufs Bett und ihre Schuhe vielen von ihren Füßen. „Es ist etwas härter, als Strohmatratzen, aber ich kann darauf bestens schlafen – und es jede zweite Woche waschen.“ Sie zog ihre Beine an und knetete ihre Füße. „Ich sage dir, das war ein langer Tag, ich bin total geschafft.“ Albrecht war hin und her gerissen. Regungslos – und vielleicht etwas hilflos wirkend stand er im Türrahmen. Sarah lachte und lehnte sich nach hinten, in diesem Augenblick wusste sie genau, was sie wollte. Sie streckte sich und rekelte sich und schließlich fasste Albrecht sich ein Herz. Es war lange, sehr lange her, aber er war sich eigentlich ziemlich sicher, dass er die nötigen Fähigkeiten immer noch besaß.

Albrecht setzte sich neben sie und während er sich über sie beugte strich er langsam an ihrem Bein hoch. „Ich weiß nicht, ob ich jemals eine so wunderschöne Frau wie dich gesehen habe,“ hauchte er, bevor er sie küsste. „Charmeur,“ erwiderte sie kichernd, während sie anfing mit seinem obersten Hemdenknopf zu spielen. Doch Albrechts Aufmerksamkeit fiel auf etwas anderes: Ein kleines Schmuckstück, das eine Rose, umringt von Getreide darstellte. Es stand auf dem Nachttisch, über einem kleinen Schälchen mit Wasser. Der Vampir wusste, was das war und Sarah hätte es nicht dort aufgestellt, wenn sie es nicht auch gewusst hätte. „Na, was ist? Ah, das ist meine kleines Chauntea-Symbol. Damit die Göttin im Schlaf über mich wacht. Nicht, dass ein Inkubus nachts hier eindringt und mich in meinen Träumen reitet.“ Albrecht lächelte. Er wusste nicht viel über Dämonen, aber war sich doch recht sicher, dass sie sich von so etwas nicht wirklich beeindrucken ließen. „Glaubst du, er könnte unanständige Sachen in deinen Träumen machen?“ – „Unterschätze nicht die Fantasien einer Frau, die niemandem hat, mit dem sie sie ausleben kann. Vielleicht würde er ja noch etwas lernen und das will ich natürlich nicht.“ Sie lachten und küssten sich wieder. Albrecht versuchte das heilige Symbol zu ignorieren, unauffällig ein Kissen davor zu schieben, sich nur auf die Frau unter ihm zu konzentrieren. Aber er konnte sich nicht konzentrieren, er konnte das hier einfach nicht. Er spürte, wie der Blick der Göttin ihn langsam in den Fokus nahm, Sarah hatte das Schutzsymbol in dem festen Glauben aufgestellt, es würde ihren Schlaf schützen. Vor Wesen wie ihm. Es würde seine Illusion brechen, ihr zeigen, was er wirklich war, es würde die Kleriker rufen, die mit göttlichem Beistand sein Dasein beenden würden, es würde... schlimme Dinge tun, wenn er nicht sofort vor diesem Symbol zurückwich.

Albrecht riss sich los, stand auf und stammelte: „Es tut mir leid, aber ich kann nicht. Es gibt nichts aus der Welt, was ich mir mehr wünsche, aber ich kann einfach nicht. Wirklich es...“ er drehte sich und lief aus dem Haus, zurück blieb eine verwirrte, verunsicherte Sarah.


Albrecht schlich langsam durch die Nacht, in einen anderen Teil der Stadt. Er war unfähig, er war schwach, minderwertig, er war Sarah nicht wert, nicht wert ihr die Erfüllung zu geben, die sie wollte. Nichts Geringeres als göttliches Gesetzte verwerte es ihm, nur aufgrund dessen, was er war.
Er lauschte und hörte, wonach er jetzt suchte. Er schlich um die nächste Ecke, hier gab es keine Straßenlaternen, es war das Armenviertel. Aber er sah auch im schwachen Mondlicht perfekt und erspähte einen fetten Mann, nachts, alleine, hier auf diesen unsicheren Straßen. Albrecht grinste bösartig. Er war vielleicht seine Angebetete nicht wert, aber immer noch am oberen Ende der Nahrungskette. Der fette Kerl wankte, er hatte wohl die Nacht bis jetzt mit Saufen verbracht und suchte jetzt sein Zuhause. Albrecht ging auf den Mann zu und stampfte extra etwas auf. Der Mensch drehte sich um, blinzelte etwas in Richtung der dunklen Gestalt, die da direkt auf ihn zukam. „Was, was wollt ihr?“ fragte er ängstlich. „Das du quiekst, kleines Schweinchen,“ antwortete Albrecht, während er seine Fänge ausfuhr, und seinen Geist in den Verstand seines Opfers ausstreckte. „Ich wahren dich, ich mach dich platt,“ platzte der Mensch hervor, doch er roch nur nach Angst. Albrecht stürzte los, griff den Kopf seines Opfers und rammte ihm das Knie ins Gesicht. Der Fleischsack schrie um Hilfe doch irgendwie war seine Stimme weg und es reichte nur zu einem Flüstern. Albrecht nahm ihm am Arm und rammte ihn in die nächste Mauer, doch irgendwie war auch das heute Nacht nicht richtig befriedigend. Er wollte Blut. Der Vampir schlug von hinten ein paar Rippen ein und quetschte die Luft aus der Lunge seines Opfers, presste es gegen die Mauer und bohrte dann seine Zähne in den schwabbeligen Hals. Es war nicht kein Genuss, es war Fressen, aber Albrecht hatte keine Zeit für Ekel, er schlang das Blut herunter, er spürte den Tot seines Opfers kommen. Er hatte genug, zog seinen Kopf zurück und griff statt dessen den seines Opfers mit beiden Händen, sprang an ihm hoch und fixierte die Schultern mit den Beinen, dann schraubte er den Kopf um 180° und nahm zufrieden das knackende Geräusch in sich auf. „Danke, du warst gut, Schweinchen,“ verabschiedete Albrecht sich.




Akt 5 – Ein Tag später

Sarah war den ganzen Tag hin und her gerissen. Sollte sie Albrecht aufsuchen, und eine Erklärung verlangen? Doch schließlich entschied er sich zu warten. Hoffentlich würde er zu ihr kommen.


Lyssa war bereit den zweiten Teil ihres Plans umzusetzen. Sie hatte aus einem nahen Wald zwei orkische Söldner organisiert, die am Abend eintrafen. Sie waren dumm, kräftig und hässlich, drei Eigenschaften, die sie für ihre Aufgabe hervorragend geeignet machten. Lyssa wartete mit den Orks, zahlte ihnen etwas Gold im Voraus – sie arbeiteten für Kleingeld.
Es wurde dunkel, Lyssa begrüßte die Nacht. Ihre Gegnerin hatte bewiesen, das sie nur schwer geistig zu beeinflussen war, doch nachts waren Lyssas Kräfte noch einmal um einiges stärker als während der Sonnenstunden. Sie bewegten sich zu Sarahs Haus, die verärgerten Blicke einiger weniger Menschen ignorierend, die spät abends noch unterwegs waren. Die Vampirin wies den Orks ihre Posten zu und schlich sich dann selber ans Fenster der Hütte. Sarah lief in der Wohnung auf und ab und redete mit sich selbst. Armes Mädchen. Lyssa fixierte sie und flüsterte einige Worte in den Wind. Sie wiederholte es mehrfach, mit viel Geduld.

Sarah hatte sich letztendlich doch entschieden. Sie musste Albrecht stellen, er musste ihr sagen, was losgewesen war, letzte Nacht. Sie hatte so ein gutes Gefühl gehabt bei ihm und ihr Gefühl lag immer richtig. Wieso war er einfach herausgerannt?

Sie ging hinaus, schloss die Tür hinter sich. Es war eine sehr bewölkte Nacht, irgendwie unheimlich, sie hatte ein ganz schlechtes Gefühl, konnte es aber nicht genauer beschreiben. Kaum hatte sie vielleicht hundert Schritte zurückgelegt, da trat plötzlich ein Ork vor ihr auf die Straße und fuhr sie wütend an: „Geld her, sofort.“ Sarah wurde bleich, wieso musste ihr soetwas passieren, sie dachte, sie würde in einer friedlichen kleinen Stadt leben, wo man über die Straße gehen konnte, ohne gleich überfallen zu werden. Sie hatte natürlich kein Geld dabei und sie war sich sicher, das würde dem Ork gar nicht passen: „Ich habe nichts. Warte, du bist doch ein Ork, und, also das wird der Stadtwache gar nicht passen.“ Der Ork machte einen Schritt auf sie zu und schlug ihr mit der flachen Hand ins Gesicht, bevor sie reagieren konnte. „Nix reden! Wenn du kein Geld hast, dann hast du ein Problem.“ Sarah war panisch vor Angst, sie atmete durch hoffte auf eine kleine Unaufmerksamkeit, drehte sich um und rannte. Doch nur einen Schritt, in die Arme des zweiten Orks, der sie an Hals und Oberarm packte. „Drück nicht zu fest. Nicht kaputtmachen, bevor ich mit ihr fertig bin,“ sagte der erste Ork von hinten. Sarah trat aus, doch der Ork winkelte das Bein an und so traf ihr Tritt nur sein Schienbein, was ihr wohl mehr weh tat als dem Angreifer.
Die beiden schleppten sie in den Schatten zwischen zwei Häuser wo sie sie zu Boden pressten. Sie lag auf dem Rücken ihre Arme wurden ihr über dem Kopf verschränkt, sie zappelte und versuchte zu schreien, woraufhin ihr der erste Ork erneut ins Gesicht schlug. „Spaßig!“ kommentierte der zweite Ork und während er die erste Hand fester um ihren Hals schloss nutze er die zweite um ihr in den Magen zu schlagen. Dann übernahm er auch die Hände über dem Kopf, und hielt sie so an Hals und Armen fest am Boden, während der zweite neben ihren Beinen Platz nahm. Leise Kichernd schob er eine Hand zwischen ihre Beine, die sie so mühsam zusammenpresste. „Dummes Kleid.“ keuchte er und zerriss ihr Kleid von oben nach unten, dann tat er das selbe mit ihrem Höschen. Er stand auf und lies auch seine Hose fallen. Sarah schloss die Augen, versuchte den Gestank nicht wahrzunehmen und sendete ein Stoßgebet, woraufhin lediglich der Würgegriff um ihren Hals verschärft wurde. Niemand konnte ihr helfen, zwei Hände wie Pranken brachen ihre Knie auseinander und der Ork tat das Schreckliche.

Eine Schattengestalt kam um die Ecke. Ungesehen und unbemerkt, bis sie dem Ork ein Dolch in den Rücken rammte, oben links, nur dicht über dem Herzen. Wenn man genau hingehört hätte, hätte man ein gluckerndes Geräusch gehört. Seine Augen weiteten sich. Eine schlanke Hand packte seinen Kopf und er wurde von einem Faustschlag getroffen, woraufhin er Blut wie eine kleine Fontäne spuckte. Dann wurde er nach hinten gerissen, überschlug sich einmal und landete an der Wand. In einer Bewegung war die Schattengestalt an Sarah vorbei und hatte den anderen Ork, der immer noch doof guckte gepackt und hochgerissen. „Aber wir...“ fing er plötzlich an, wurde jedoch von zwei Faustschlägen auf den Hals zum Schweigen gebracht. Er wirkte noch einen Moment verdutzt, doch dann entschied er sich, auch seine Fäuste sprechen zu lassen und schlug auf die vierte Person ein. Diese blockte die Schläge teilweise mit dem Unterarm der freien Hand doch einige fanden ihr Ziel. Sie wurden beantwortet mit einem Tritt gegen das Knie und der Ork kippte vornüber, über seinen Gegner und die beiden rangen am Boden weiter.
Sarah schaute sich um und fand den blutigen Dolch neben sich. Sie nahm ihn zitternd auf und drehte sich um zu den Kämpfenden. Der Ork lag oben und verteilte einen Kopfstoß. Sarah handelte intuitiv und stach auf den Ork ein. Sie traf am Oberarm und der Getroffene richtete sich auf und fauchte sie unverständlich an. Er wollte nach ihr greifen, doch der Fremde unter ihm griff seine Arme und zog sie zu Boden, während er gleichzeitig mit einem Fuß das Kinn nach oben drückte. Der Ork hing plötzlich äußerst wehrlos vor Sarah. „Töte ihn, schnell,“ hörte sie von unten. Sarah konnte es nicht mit ansehen, aber konnte auch nicht einfach wegrennen. Der Kopf war vor ihr und sie stach blindlings zu. Der Ork schrie getroffen, sie hatte ihm den Dolch ins Auge gerammt, doch nicht tief genug. „Töte ihn!“ hörte sie wieder. Der Ork bekam eine Hand frei und er Griff nach Sarah, bekam ein Bein zu fassen. Sie stach einen spitzen Schrei aus und mit der Faust schlug sie auf den Dolchknauf, rammte ihn wie eine Hammer einen Meißel in den Kopf des Orks, der tot zusammensackte.
Die Gestalt, die sie gerettet hatte stand auf und nahm dabei den Dolch aus der Leiche. Sarah war mehr als überrascht zu erkennen, dass es sich um eine Frau handelte. „Danke.“ Konnte Sarah gerade so herausbringen. Gewalt, Blut überall, Tod, das war sie nicht gewohnt.

„Was tun wir mit dem da?“ fragte die Frau und deutete auf den anderen Ork, der blutend und kurzatmig nach Luft japsend an der Wand lehnte. Gleichzeitig drückte sie Sarah den Dolch erneut in die Hand. „Wir könnten ihn vielleicht lebendig bis zum nächsten Tempel schaffen, aber...“ schlug sie vor, brach jedoch den Satz ab. Das ‚aber‘ war Sarah klar. Orks hatten nur sehr eingeschränkte Bürgerrechte. Ein Mensch würde für das begangene Verbrechen nur für einige Zeit in ein Arbeitslager gesteckt werden, oder auch mit einer Geldstrafe davonkommen, so er denn Geld hätte. Ein Ork jedoch wurde schon für wesentlich weniger hingerichtet. Null Toleranz für Orks. Diese Politik war wohl auch nötig, denn Orks in der Stadt machten immer Ärger, wie diese Beiden grade wieder bewiesen hatten. Dieser Ork war schon so gut wie tot, ob sie ihn nun liegen lies, oder er es noch zu seiner Gerichtsverhandlung schaffen würde. Ferner hatte sie als Opfer durchaus das Recht, das Todesurteil hier und jetzt zu vollstrecken, noch bevor es gesprochen wurde. So war es Gesetz. Letztendlich war es egal, er starb sowieso, sie nahm ihm nur etwas Leiden ab, wenn sie ihm jetzt die Kehle durchschnitt. Sie nahm sein Kopf, lehnte ihn nach hinten und setzte die Waffe am Hals an. Sie sah ihm noch einmal in die Augen, wollte sehen, wie er um Gnade flehte, doch sie sah nur Hass und Abscheu, die selben Gefühle die sie auch in sich spürte. Mit Tränen des Zorns und einem wütenden Schrei schnitt sie ihm die Kehle auf und beendete das jämmerliche Leben. Sie lies den Dolch fallen und rannte nach Hause.


Lyssa lachte leise. Diesmal war alles perfekt gelaufen. Sie trat noch einmal die Leiche des anderen Orks, es war wirklich schwer gewesen, so zu tun, als wäre er für sie ein Gegner gewesen. Nun hieß es beobachten, was als nächstes passieren würde. Der letzte Teil ihres Plans war jedenfalls bereit.




Akt 6 – wenig später

Es klopfte an Albrechts Haus. Er öffnete. Vor ihm Stand Sarah, sie hatte ihren Wintermantel an, obwohl es eine warme Sommernacht war. Er hatte gehofft, sie würde vorbeikommen, obwohl er es gleichzeitig gefürchtet hatte.
Doch etwas stimmte mit ihr nicht, sie wirkte verzweifelt, das Haar war zerzaust, sie hatte offensichtlich geweint. Er trat zur Seite und lies sie ein. Er begleitete sie in das große Zimmer, in dem sie auf einem Stuhl zusammensackte. Ihr Mantel öffnete sich ein Stück und Albrecht sah, dass das Kleid darunter zerrissen war. Und er roch Blut, Blut und Seife. Er setzte sich neben sie und nahm ihre Hand. Auch an der Hand waren noch Spuren von Blut, sie hatte es nicht sehr gründlich versucht es abzubekommen. Sie schien seine Gedanken lesen zu können und schluchzte: „Ich habe sie umgebracht.“ Albrechts Augen weiteten sich. Wen? Wieso? Und wie war dieses unschuldige Wesen zu so etwas fähig? „Es waren zwei Orks, sie hatten mich überfallen und ich hatte kein Geld. Sie haben mich vergewaltigt. Sie hatten es verdient, nicht wahr? Ich habe sie umgebracht.“ Albrecht wusste nicht, was er tun sollte, er war kein sozialkompetenter Mensch. Er war überhaupt kein Mensch. Er nahm ihre Hand und küsste sie. Es waren also nur Orks, das war ja halb so schlimm. „Ja, sie hatten es verdient, es waren...“ Nein, Albrecht kannte Sarah genug, um zu wissen, dass die Tatsache, dass es nur Orks waren sie nicht beruhigen würde. „Für das was sie getan haben habe sie es verdient.“

„Ja, aber es hat nicht irgendein Henker getan, ich habe es getan, ich habe sie abgestochen und zwar nicht, um zu verhindern, dass sie es wieder tun, oder um andere Orks abschrecken. Nicht um mich selbst zu retten, oder schon gar um sie vor einem Tod durch die langsamen Tötungswerkzeuge der Henker zu bewahren, ich habe es getan, weil ich sie gehasst habe, weil ich sie immer noch hasse. Weil ich Rache wollte, meinen Schmerz mit ihrem Leben aufwiegen. Und ich würde es wieder tun.“ Nur einen Moment fragte Albrecht sich, wie die schwache Frau zwei Orks töten konnte, aber diese Frage wäre zu taktlos gewesen, das war auch ihm klar. Sie lehnte sich an ihn an und schluchzte noch leicht. Er nahm sie in den Arm und fragte sich, wieso sie das tat. Sie kannten sich erst drei Tage und dennoch war sie in diesem Moment zu ihm gekommen. Vielleicht war es doch Bestimmung, das sie zusammen kamen, vielleicht war das zwischen ihnen das, wo die Menschen von echter Liebe sprachen, vielleicht konnte das sogar dem Willen der Götter trotzen.

„Du hast das reinste Herz, das mir je begegnet ist. Und mit dem, was du hier sagst beweist du das nur. Jeder andere würde sagen: ‚Es waren nur Orks, wen kümmert es?‘ Doch auch du musst erkennen, dass es keine absolute Reinheit gibt. Jeder hat auch eine böse Seite.“ Ja, das war der Moment, er musste es ihr jetzt sagen, oder er würde es nie können. Albrecht wusste, dass es damit ihrer Seele, die schon genug gepeinigt war noch einen weiteren Stoß verpassen würde, vielleicht würde es der Todesstoß sein, an dem sie zerbrechen würde. Aber er setzte auf ihre Stärke, sie würde es verstehen. „So wie ich erkennen musste, das ich eine gute Seite habe. Sarah, ich bin ein Vampir, und ich liebe dich.“ Sarah war schwindelig, ihr Magen drehte sich, sie konnte nicht mehr klar sehen und schon gar nicht denken. Die konnte alles nicht war sein, sie hatte einen Alptraum, oder soetwas. Albrecht lies sein freundliches Gesicht langsam fallen, hinter dem Vorhang war das Gesicht einer Leiche die schon fast einhundertundfünfzig Jahre dahin rottete.

Sarah nahm es überraschend gut auf. Sie blickte verloren ins Leere und stammelte: „Tut mir leid, aber darüber muss ich erst einmal nachdenken.“ Sie stand auf und schloss den Mantel fester um sich sie fühlte sich schwach auf den Beinen. Sie sah Albrecht an, der wieder wie ein Mensch aussah. Dann schaute sie vor sich auf den Boden. Sie hielt ein Moment inne und wartete was der Vampir machen würde. Albrecht stand auf, ging an ihr vorbei zur Tür. Sie konnte Schmerz und Trauer in seinem Gesicht lesen. Er öffnete ihr. Sie schlich an ihm vorbei und hörte ihn sagen: „Ich würde dir nie etwas antun,“ und sie wusste, das er es ehrlich meinte. Doch war das wirklich von Bedeutung?




Akt 7 – Am nächsten Tag

Lyssa beobachtete Albrecht, wie er Sarah beobachtete. Er war schwach, schien in der Sonne nicht einmal sein Gesicht verändern zu können, geschweige sich vollständig den Blicken zu entziehen. Er musste sich zwei Straßen weiter hinter einer Ecke ducken, so wie ein Mensch jemanden beobachtet. Sie, die jüngere Generation, sein Geschöpf, sie hatte ihn längst überholt, war mächtiger als er, sie konnte vor seinen Augen spazieren, als alte Frau oder als Botenjunge und er erkannte sie nicht. Der Wunsch nach Rache hatte sie über sich hinaus wachsen lassen.

Sarah versuchte einen normalen Tag zu leben, ging normal zur Arbeit, doch selbst die simpelsten Handgriffe gelangen ihr nicht. Mehr besorgt als ärgerlich fragte die Heilerin, was denn los sei. Eine Frage, die sich Sarah auch stellte, es schien ihr, als fehlte ihr völlig der Überblick, was los war, was sie tun sollte. „Hach, gestern Nacht, ich wurde auf offener Straße überfallen, doch das was nicht alles, da ist dieser Mann und... nein, ich kann nicht darüber sprechen.“ Ihre Chefin seufzte, ging dann in den hinteren Bereich und kam mit einem Fläschchen zurück. „Kind, nehme dir einen Tag frei. Und nehme hier von jetzt, heute abend und morgen früh je 5 Tropfen, das wird dir helfen, die Dinge klarer zu sehen. Sarah bedankte sich und ging nach Hause. Bereits die ersten Tropfen halfen etwas. Es war wohl hauptsächlich ein Beruhigungsmittel, Sarah kam sich nicht mehr vor, als würde jeden Moment die Welt auf sie einstürzen.

Sie begann rational zu denken. Sie mochte Albrecht. Sehr. Doch er war ein Vampir, was hieß, dass es nicht lange gut gehen konnte. Das war halt so. Vampire waren Monster. Sarah dachte nach, was sie wirklich über Vampire wusste. Eigentlich nur, was sie so an Schauermärchen gehört hatte, er war der erste Vampir, dem sie je tatsächlich begegnet war. Aber so, wie er ihr gebeichtet hat, das er ein Vampir war, so schien es doch, als ob er sich tatsächlich genug schämte, dass an den Geschichten etwas dran sein könnte.
Sie dachte immer, sie hätte ein gutes Gespür, als könne sie Menschen intuitiv richtig einschätzen und sie hatte ein sehr gutes Gefühl bei Albrecht gehabt. Aber ihre Menschenkenntnis, war wohl genau das: Menschenkenntnis. Das wirkte nur bei Menschen. Sie konnte ihn einfach nicht wieder sehen.

Es klopfte energisch an der Tür. Sarah schreckte aus ihren Gedanken. Wieder klopfte es. Sie ging zur Tür und hörte schon durch die Tür, das draußen viel Aufruhr war. Sie öffnete die Tür und ihr kamen mehr oder minder geistreiche Beleidigungen entgegen: „Hexe“ – „Nekrophiles Miststück“ – „Vampirbraut“.
Direkt vor ihrer Tür standen zwei Hellebardenträger der Stadtwache, dahinter ein Mob von sicher 30 wütenden Leuten. „Fräulein Sarah, ihr sollt in dieser Hütte Unzucht mit einem Vampir getrieben haben. Rechtfertigt euch,“ fuhr eine der Wachen sie an. Sarah wusste nicht, wie sie antworten sollte, es würde ihnen sicher nicht reichen, wenn sie sagen würde, dass es nicht soweit gekommen war, weil er fluchtartig ihr Haus verlassen hatte. Aber dann fragte sie sich, wie die das wissen konnten. Albrecht hatte sie perfekt getäuscht, wie sollten die anderen das wissen? Sie würde alles abstreiten. „Das ist eine Unverschämtheit, wer setzt solche Lügen in die Welt?“ erwiderte sie.

Der Mob öffnete sich und hervor trat eine gebeugte Gestalt in einer schwarzen Kutte. Sie stützte sich auf einen fünf Fuß Stab, wie ihn auch Magier gerne bei sich hatten. Doch dieser endete in einer Skeletthand, die eine Waage hielt, das heilige Symbol von Kelemvor, dem Gott der Toten. Er war ein beliebter Gott, nicht nur, weil seine Beerdigungen die Toten sicher in dass Jenseits führten, sondern vor allem auch, weil seine Kirche Untote und unerlaubte Nekromantie bedingungslos verfolgte.

Unter der Kutte kam das Gesicht eines alten Mannes zum Vorschein. Der Priester kam in ihre Richtung und Sarah wich zurück in das Haus. Die beiden Wachen und der Schwarzgekuttete folgten ihr, dann kamen die anderen Menschen, doch die Wache hielt sie mit einem „Bitte draußen bleiben, wir regeln das,“ vor der Tür.
Der Priester schwenkte seinen Stab berührte den Boden, den Esstisch und auch die Schlafzimmertür. „Ja, er war hier. Sogar hier drin.“ Er klopfte gegen die Schlafzimmertür, bevor er zwei Schritte auf Sarah zumachte. „Und wenn er mit dir da drin war, dann war er sicher auch da drin.“ Der Stab stieß Sarah in den Unterleib. „Und dafür darfst du auf den Scheiterhaufen.“ Den letzten Satz hatte er lauter gesagt als es eigentlich nötig gewesen wäre. Die Nachricht verbreitete sich unter den Leuten auf der Straße und wurde mit Jubel begrüßt.

Sarah wurde abgeführt, doch bevor sie bei der Tür war brach Albrecht durch die Menge. Er entriss Sarah dem griff der Wache und stieß sie zurück zur hinteren Wand, wo er sich schützend vor sie stellte.

„So, da ist es, das Verbrechen an der Natur und es ist gekommen, seine Hure zu beschützen,“ lachte der Priester gehässig. „Tötet sie beide.“ Die Wachen stürzten vor. Albrecht zog sein Schwert und schwer prallten die Waffen aufeinander. Nichts hielt mehr die Menschen vor der Tür und auch sie drängten sie unkoordiniert in das kleine Häuschen.

Albrecht analysierte seine beiden Gegner, sie waren ein eingespieltes Team, jeder deckte die Angriffslücken seines Kameraden. Doch dann sah er eine Lücke, es waren beides Rechtshänder und als der Linke nach ihm schlug wich der Vampir nach unten weg und ging in den Mann. Er griff den rechten Arm, mit diesem Manöver manövrierte er ihn zwischen sich und die andere Wache. Ein Kniestoß aufwärts zertrümmerte den Ellenbogen, des Mannes, den er dann in den anderen stieß. Dieser konnte nur schwach ausweichen und geriet lange genug ins Wanken, dass das Schwert ihn seitlich am Torso traf, wo seine Rüstung nur aus Leder bestand. Schwer getroffen wich auch er zurück. Albrecht wollte nachsetzten, um seine Gegner schnell zu töten, da hörte er hinter sich einen Schrei. Ein Mensch, gekleidet wie ein Metzger hatte sich um ihn herum geschlichen und stach mit einem Fleischermesser auf Sarah ein. Albrecht sah rot, das Blut seiner Angebeteten wurde vergossen! Er entriss einer Wache eine Hellebarde und wie ein Wurfspeer flog die Waffe in den Mensch, riss ihn um und tötete ihn, bevor er einen zweiten Stich ausführen konnte. Das Schwert schnellte wie der Kopf einer Kobra vor und stach in das Gesicht eines Wachmannes. Der Vampir sprang zurück, denn jetzt waren die nächsten bei Sarah. Vier Menschen und es war wahnsinnige Wut in ihren Augen zu erkennen. Albrecht schlug mit dem Schwert auf sie ein. Sie waren ungerüstet und unbewaffnet, sie hatten keine Chance. Zwei andere Warfen sich auf ihn, schlugen und bissen, doch er schleuderte sie einfach weg.

Das war falsch! Wieso handelten die Menschen so? Er enthauptete einen weiteren dieser Wahnsinnigen. Dann dämmerte es ihm. Das menschliche Aussehen verflog, plötzlich schien es düsterer in dem Raum und Albrechts Stimme donnerte wie die des schrecklichsten Teufels der Hölle: „Flieht, oder ich werde euch alle töten.“ Die übrigen Menschen blieben wie angewurzelt stehen, sie rangen mit sich, wankten Richtung Albrecht, dann etwas Richtung Tür. Albrecht richtete seine Stimme an den Priester, der lächelnd in der Ecke stand: „Lyssa, lass die Menschen da raus, das ist etwas zwischen uns beiden.“ Der Priester machte eine wegwischende Geste mit der Hand und die Menschen besannen sich dessen, was besser für sie war und rannten weg vor der Mordmaschiene Albrecht.

Die Vampirin lies auch ihre Illusion fallen und war wieder die junge Frau, deren Gesicht seit einhundert Jahren nicht alterte, der Stab war ein kurzes Schwert. „Du hast keine Chance, ich werde dich töten und mich dann an dem Blut deiner kleinen Freundin laben,“ spottete Lyssa und griff an. Albrecht parierte, stieß Lyssas Schwert hoch. Er schwang sein Schwert auf Bauchhöhe und es durchschnitt seine Gegnerin. Ein Trick, eine Illusion, er rollte sich seitwärts ab, doch war er etwas zu langsam, ein Schwert schlug in seinem Rücken ein und schmetterte ihn zu Boden. Lyssa hatte jetzt auch ihr zweites Schwert gezogen, das niederfuhr, um seinen Kopf abzutrennen. Er entkam noch einmal mit einer Rolle seitwärts, während er Lyssas Beine angriff und sie leicht verletzte. Er stand auf und die nächste Attacke traf ihn in den Bauch, er konnte das andere Schwert noch grade so abwenden. Lyssa rammte ihn an die Wand, sie war ihm so nah – er biss zu. Ihr Blut sollte seine Wunden heilen. Sie schrie überrascht auf und auch sie biss zu. Die beiden Rangen im Blutrausch, doch Albrecht musste erkennen, das er einfach unterlegen war. Die Überraschung hatte ihn etwas Vorsprung gegeben, noch einmal konnte er seine Gegnerin von sich wegstoßen.

Lyssa lachte wieder: „Sehe dich an, du hast verloren. Sehe es endlich ein und trete mit Würde ab.“ Sie griff erneut an, doch Albrecht hatte einen Plan: Sein Schwert vollzog einen hohen Halbkreis, zerriss das Dach und zerschlug sogar einen Balken. Das Dach stürzte ein, die Kontrahenten wichen aus, doch nun kämpften sie im Sonnenlicht. „Ha, du bist im Licht noch schwächer als ich,“ fauchte Lyssa, doch da traf sie Albrechts Faust kräftig im Bauch. „Deine Macht. Deine Tricks. Genug damit,“ keuchte Albrecht. Er stürzte sich auf sie und ergriff ihre Arme an den Handgelenken. Sie mochte besser als er dem Auge entgehen und ihre Verwandlungskünste waren seinen auch überlegen, doch er war ihr schließlich körperlich überlegen. Er fegte ihre Beine weg und sie stürzten zu Boden. Lyssa verlor ihre Schwerter. Einen Moment rang sie noch, dann wurde sie ruhig. Albrecht griff ein Schwert, während er sie am Boden bewegungsunfähig hielt. „Du hättest mich töten sollen, als du die Gelegenheit hattest,“ sagte er mit fast vorwurfsvoller Stimme. „Und dann? Was hätte ich dann tun sollen?“ fragte Lyssa. Sie konnte in dem Moment klar sehen, was sie sich vorher nie hätte eingestehen können. „Wer hätte mich dann töten sollen?“ Einen Moment sahen sie sich beide an und bedauerten sich gegenseitig um das was sie waren, bis Albrecht das Schwert an Lyssas Hals ansetzte. Das letzte was sie sagte war: „Ich... Danke.“ Und dann rollte ihr Kopf über den Boden. Albrecht stand auf und lies den Kopf hängen. Leise flüstere er: „Ich weiß. Es tut mir leid, was ich dir angetan habe.“

Albrecht drehte sich um, für Lyssa hatte er das bestmögliche getan, doch was war mit Sarah? Er sprang zu ihr und kniete sich neben sie. Sie hatte eine Stichwunde im Bauch und bereits viel Blut verloren. Sie starb. „In was habe ich dich da hineingezogen?“ fragte Albrecht. Eine Träne lief seine Wange hinunter. Er hatte noch nie zuvor geweint, seit er ein Vampir war. Vampire weinten nicht. „Ich vergebe dir.“ Flüsterte Sarah leise, mit letzter Kraft. „Wenn ich geholfen habe, dass ein Vampir seine gute Seite findet...“ sie wurde ohnmächtig. Albrecht schrie vor Verzweiflung. Nein, er wollte sie nicht verlieren, sie durfte nicht sterben. Er schüttelte den Kopf. Es gab einen Ausweg. Er sah zurück, zur kopflosen Leiche von Lyssa und ein Teil von ihm bereute, was er tat. Er küsste Sarah aus den Mund, auf die Wange auf den Hals. Mit dem Messer, dass vor ihm lag schnitt er sich in die Handfläche. Dann biss er zu.




Epilog – Später...

Sie hasste ihn. Wieso konnte er sie nicht in Frieden streben lassen. Sie hatte Frieden mit den Göttern, ein schöner Platz im Jenseits war ihr sicher gewesen. Sie dachte, sie hätte Liebe gefunden gehabt. Doch es war keine Liebe. Hätte er sie geliebt, hätte er sie sterben lassen und nicht zu einer wie ihm gemacht. Er wollte sie nur besitzen, sein kleines liebes Ding, das er sich hält um vergessen zu können, wie jämmerlich er war. Sie würde sich an ihm rächen. Furchtbar, sie würde sich an allem rächen. Sie hörte Schritte, wem auch immer das Haus gehörte, in das sie sich geschlichen hatte, er kam wieder und würde als nächstes Spüren, zu was sie jetzt fähig war.




Alternatives Ende – total unrealistisch, aber vielleicht gefällt es euch besser

Albrecht schmeckte ihr Blut und seine Augen weiteten sich überrascht. Es war kein menschliches Blut. Schnell zog er seinen Kopf zurück und presste die Wunde zu. Sie war kein Mensch, nicht vollständig. Sie war eine Aasimar, irgendwo in ihrem Stammbaum war ein Wesen von einer fernen Ebene, und dieses Erbe, auch wenn es für das Auge unscheinbar war hatte doch erhebliche Auswirkung. Von allen die Entscheidendste, im Moment war, das er sie nicht retten konnte, sie konnte kein Vampir werden, das war ein Fluch der den Humanoiden vorbehalten war.

Er lies sein Blut in ihren Mund tropfen, vielleicht heile es zumindest etwas, auch wenn es sie nicht umwandelte. Es hatte keinen Effekt. Albrecht nahm sie in den Arm und sah sich um, was sollte er tun? Ja, vielleicht, er sah eine Möglichkeit, die nur aus größter Verzweiflung geboren werden konnte. Er hob sie vorsichtig an, packte sie dann fester und rannte mit ihr aus dem Haus. Das Sonnenlicht stach grausam auf ihn ein, in der Nacht hätte er den Weg in einem Augenblick geschafft. So kam es ihm wie eine Ewigkeit vor. Er trat die Tür des Tempels frontal auf und bewegte sich durch die Reihen. Es war grade nicht viel los, nur wenige Menschen die sich grade auf den Bänken links und rechts von ihm befanden. Doch vor ihm – ein Kleriker der Chauntea. Und über ihm, das Symbol der von Getreide umringten Rose. Das heilige Symbol überragte ihn gewaltig, es war sicher 6 Schritt im Durchmesser und der Glauben der Anwesenden wurde von ihm fokussiert und gegen Albrecht geworfen. Die Nähe des Zeichens tat ihm weh wie keine der Wunden, die er im Kampf mit Lyssa erleiden musste. Der Schmerz raubte ihm den Verstand und er stand kurz davor zu explodieren und alles hier anzugreifen. Doch das würde Sarah nicht retten. Er legte sie vor dem Kleriker ab, und unter Schmerzen presste er heraus: „Vater, oder wie immer euer Titel ist, bitte helft ihr, sie stirbt.“ Der Kleriker schien aufgrund der Anrede schon etwas beleidigt, doch erkannte er den Ernst der Lage. Er suchte einen Puls, er war schwach, doch noch vorhanden. Er sendete ein Dankgebet aus, wenn sie bis hier überlebt hatte, dann würde sie jetzt nicht sterben. Er legte seine Hände auf die Wunde und lies seine stärksten Heilzauber wirken, bis er sich sicher war, das die Frau jeden Moment erwachen würde. Er sah Albrecht an: „Bei der Göttin, ihr seht auch schwer verwundet aus, kann ich euch auch einen kleinen Heilzauber anbieten?“ – „Nein,“ bellte Albrecht ihn erbost an, besann sich dann aber „Nein, danke.“

Sarah öffnete die Augen. Sie sah Albrecht neben sich knien, die Augen auf den Boden. Sie erkannte, wo sie war und die Schmerzen, die dieser Ort Albrecht bereitete. Sie küsste ihn auf die Wange. „Danke.“ – „Ich werde dann mal gehen.“ Wollte Albrecht sich verabschieden, doch Sarah hielt ihn zurück. „Weißt du, ich hatte einen wunderschönen Traum, von uns beiden.“ Albrecht sah sie an. Hatte sie nicht gesehen, wie er 4 Menschen – oder so erschlagen hatte? Hatte seine Blutfeindschaft mit Lyssa sie nicht fast das Leben gekostet? Plötzlich wurde es hell in dem Tempel. Das Licht kam von nirgendwo, sammelte sich dann jedoch in einer, bis auf die Flügel, humanoiden Gestalt. „Darf ich vorstellen?“ sang Sarah. „Meine Ururgroßmutter, hm, müttelichsterseits, sie heist Seraphine und Chauntea kann mal ein paar Minuten auf ihre Dienste verzichten.“ Sie lachte und weinte vor Begeisterung. Albrecht ahnte, was jetzt passierte. Es war eine Option, die er so nicht einmal denken durfte, der Überlebensinstinkt war fester Bestandteil seines Seins, aber gegen einen Engel wie diesen hätte er ehe keine Chance. Und es war schließlich auch Teil des Vampirs ein blutrünstiges Monster zu sein und niemanden, außer sich selbst zu lieben, und nachdem er das ignoriert hatte konnte er auch mit Freude das annehmen, was jetzt kam.

Albrecht verbeugte sich vor dem Engel und schloss die Augen. Seraphine zog einen Streitkolben und mit nur einem leichten Schlag fiel Albrecht zu Boden, bewegungslos. Sie steckte die Waffe wieder weg und beugte sich hinunter. Ein weißer Lichtstrahl kam aus ihrer Handfläche und traf Albrechts Leiche. Zuerst nur ein Strahl weitete es sich zu einem Kegel, in dem er völlig eingeschlossen war. Er atmete, das war das erste, was er spürte. Sein Herz – er spürte, wie tatsächlich sein Herz schlug. Er öffnete die Augen und sah Sarah und die beiden fielen sich in die Arme.

Und wie jede gräßliche Romanze endet auch diese mit einem Kuss.
 
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Rhonwen

Forumsköchin
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Ich muss gestehen, dass ich die Geschichte schon ein bißchen vor ihrer Veröffentlichung lesen durfte und ich deswegen ein bißchen länger darüber nachdenken konnte.

Ich habe festgestellt: Ende 1 ist praktischer, falls man eine Serie plant mit mehreren Fortsetzungen. Man bleibt dann aber auf der Ebene der Vampire und in etwa an dem Punkt, an dem die Geschichte anfing.

Ende 2 ist unwahrscheinlicher, aber romantischer und eher in Richtung "Kuschel-Goth", wie Durin es ausgedrückt hat. Quasi eine Kriegsgeschichte: am Ende kriegen sie sich doch... ;)

Ich finde beide Enden interessant. Allerdings bin ich neugierig, wie es weitergehen könnte. Bei beiden Versionen...
 

Chinasky

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Hi Durin! Nette Geschichte, der aber noch allerhand Schliff fehlt. Ich hab jetzt keine Zeit alle Einzelheiten aufzuzählen, die mir aufgefallen sind, daher stichpunktartig und unzusammenhängend.
1. Du machst allerhand Formulierungsfehler, insbesondere bei der Verwendung von Imperativen oder anderen Formen von Verben. Beispiel: Du schreibst häufiger "lies" wo es "ließ" (von: lassen) heißen müßte. Und die Imperativform von treten lautet "tritt". Also : Tritt ein! Statt: "Tret ein!". Die Imperativform von sehen lautet "sieh", nicht "sehe" . Wenn Du Deine Figuren sich mit der Pluralform Ihr anreden läßt, dann sollten solche Formen immer groß geschrieben werden.
Vergangenheitsform von fallen lautet "fiel" nicht "viel". Wenn Du zwei Hauptsätze mit einem "und" verbindest, gehört ein Komma dazwischen. Und so weiter, ich hab den Text leider vor drei Stunden schon gelesen, dann kamen ein paar längere Telefonate dazwischen, nun hab ich die einzelnen falschen Formulierungen nicht mehr im Kopf. Lies (statt ließ ;) ) Dir Deinen Text noch ein paarmal durch, es ist einfach störend, auf zuviele Rechtschreib- oder Tippfehler zu treffen.

2. Gravierender als die eindeutigen Fehler sind die stilistischen Schnitzer. Das Wort "eh" gibt's nicht in solchen Geschichten. Da verwendet man z.B. "ohnehin". Und was ist ein "Jägerleinchen?" Klar, ein Diminutiv für Jäger. Aber es hört sich lächerlich an. Albert verspottet seine Gegnerin, und der Kerl schein Stil zu haben. Er würde sie niemals "Jägerleinchen" titulieren.

Ebensowenig dürfte es in der von Dir gewählten Welt Charmeure geben. Ein Charmeur ist ohne das Französische in unserem Wortschatz nicht vorstellbar. In welche Richtung müßten Deine Protagonisten losreiten, um nach Frankreich zu gelangen? Es gibt noch mehrere solcher stilistischen Patzer, wo Du vom "hohen Ton" in welchem Dein Text angelegt ist, herunterstolperst, weil Dich unsere Alltagssprache einholt.

Dann noch ein Beispiel direkt aus dem Prolog:
Letzte Nacht war sie auf dem Friedhof gewesen – doch das war anscheinend zu klischeehaft für diesen Vampir, drum durchstreifte sie in dieser Nacht den Wald. Leise summte sie: „Ich bin ein armes unschuldiges Opfer, hoffentlich holt mich kein böses Monster.“
Hallo? Was ist das? Nimmst Du Deine Geschichte selbst nicht ernst? Wie willst Du dann von uns Lesern verlangen, daß wir sie ernst nehmen? Ehrlich gesagt hätte ich fast an dieser Stelle schon aufgehört zu lesen, denn Albernheiten zu lesen - damit sollte man seine Zeit nicht verplempern. Entweder Du nimmst die Geschichte ernst, dann bleibe ernst. Dann ist es nicht zu klischeehaft für einen Vampir, sich auf dem Friedhof herumzutreiben. Und dann summt eine Vampirjägerin auch nicht so ein dämliches Lied.
Oder Du nimmst die Geschichte nicht ernst. Dann mußt Du halt eine Parodie schreiben. Von der ist aber nicht viel zu merken, ich hab nirgendwo lachen können.
Worauf ich hinaus will: Ironie ist Gift für solche Geschichten! Ich weiß, daß Du ein ironischer, häufig auch selbstironischer Typ bist. Das ist mir sympathisch und deswegen hab ich die Story auch zuende gelesen. Aber für diese Art von Geschichte solltest Du Dir jegliche Art von Augenzwinkern verbieten. Entweder ernst oder komisch, nicht beides, das sollte man Mainstream-Hollywood-Produktionen überlassen, die wollen schließlich alle Zielgruppen bedienen.

3. Du machst Dir m.M.n. nicht genügend Gedanken um die Konsistenz Deiner Welt. Beispiel: Sarah und Alfred treffen sich im Wald, er erzählt ihr, wo er wohne. Sie darauf: "Das, wo immer die Tür zu ist und die Vorhände vorgezogen sind?" Nun gut, Du meinst sicherlich Vorhänge. Aber was bitteschön für Vorhänge? Spielt die Geschichte nicht in einer mittelalterlichen Fantasy-Welt? Und da zieht man Vorhänge vor die Fenster? Sind das Glasfenster? So großflächige Thermopen-Fenster? ;) Nein, wenn überhaupt Glas, dann wohl so eine Art Butzenscheiben. Wenn man einst verhindern wollte, daß Licht durch Fenster fällt (Fenster waren Luxus, weil sie Licht einließen), dann schloß man die Fensterläden, statt irgendwelche Vorhänge zuzuziehen. Und woher weiß Sarah, daß besagtes Haus verschlossene Türen habe? Hat sie da schon öfters die Klinke betätigt? Aus welchem Grund? Neugier?

Sarah (ein jüdischer Name, Alfred ist ein eher deutscher, oder zumindest nordischer Name, passen die in eine Fantasywelt?) ist überhaupt ein seltsames Mädel. Sie ist also Azubi bei einer "Weisen Frau" (Kräuterhexe), die ja mal als ihre Lehrmeisterin bezeichnet wird. Sehr schön in diesem Zusammenhang:
Der Verkauf von Apothekenkram war das Hauptgeschäft...
Apothekenkram? Sowas ist wieder ein Stilschnitzer, in einer im hohen Ton beschriebenen Welt gibt es keinen Apothekenkram.
Aber darauf wollte ich gar nicht hinaus. Was mich interessiert: Wie ist die von Dir beschriebene Welt organisiert? Sarah geht mal etwas früher nachhause, weil ihre Lehrmeisterin gern auch mal im Laden steht? Als Auszubildende einer Lehrmeisterin kann sie sich ein eigenes Zuhause leisten, wo sie obendrein noch allein wohnt? Eine Frau? Schöne gleichberechtigte Zeiten! :)
Die Lehrlinge pflegten in alten Zeiten im Haus des Meisters oder der Meisterin zu wohnen. Und hübsche unverheiratete Jungfrauen standen unter der Kuratel ihrer Familien. Was Du tust, ist, eine emanzipierte junge Frau herzunehmen, die halt einen nicht allzu gut bezahlten Job hat und nach der Arbeit nach Hause geht. Das ist heutzutage gut vorstellbar, im Mittelalter wäre es ein Unding gewesen.
Zwar findet Deine Geschichte nicht im Mittelalter, sondern in einer Fantasy-Welt statt. Aber diese Fantasywelt ist nur da von unserer Welt unterschieden, wo es Dir gerade in den Kram paßt. Damit die guten Fights in Salvatore-Manier beschrieben werden können, d.h. mit Hellebarden und unterschiedlichen Hieb- und Stichwaffen ausgetragen. Das heißt: Die Requisiten sind mittelalterlich, das Verhalten Deines Personals ist heutig. Eine hübsche Jungfrau macht mal schnell im Wald ein Date mit Albrecht klar, und läßt sich später einladen, in das Cabrio - upps, ich meinte auf das Pferd des jungen Elfen zu jumpen, um in der Innenstadt in einem angesagten Lokal sich aushalten zu lassen.
Glaubhaft? Klar, die Vampirin lengt sie mit ihren Spezialfähigkeiten usw.. Aber die Umgebung sagt nix dazu? Ist das so üblich in dieser Taverne (warum Taverne? Warum nicht Gasthaus? Taverne hört sich nach Kneipe an, aber das Etablissement soll doch ein besonders edles sein?), daß junge Pärchen sich da hinsetzen und Candlelight-Dinner veranstalten? Heute, beim angesagten Italiener läuft es so ab. Aber in einer Welt mit Mittelalterflair?

Auf mich wirkt das alles nicht überzeugend. Du willst zu schnell vorankommen mit Deiner Geschichte. Deren Figuren interessieren Dich zu wenig, Du versuchst nicht wirklich, sie Dir vorzustellen. Die Stellen, welche Dir am besten gelingen, sind vor allem die Kampfszenen. Wenn Du da noch ein bißchen schleifst, haben die tatsächlich R.A. Salvatore-Niveau (meiner Meinung ist das Beschreiben von Kämpfen das einzige, was der literarisch kann). Aber psychologisch betrachtet sind Deine Figuren sehr, sehr simpel und eindimensional gestrickt, und deswegen leben sie nicht wirklich.

4. Deine Welt lebt nicht wirklich, denn Du beschreibst sie kaum. Nur das Allernötigste wird erzählt. Wie sehen die Straßen aus, wie das Innere der Taverne, wie der Wald, wie das Haus von Albrecht? Mit der Beschreibung der Locations schafft der Romancier üblicherweise Stimmung. Vielleicht hast Du die einzelnen Szenen ja vor Deinen Augen. Nur sind sie damit nicht automatisch vor unseren, der Leser, Augen! Du mußt sie uns beschreiben! Ein Beispiel unter Dutzenden:
Die junge Frau kniete an den Wurzeln eines Baumes und schien, eine bestimmte Wurzel herausschneiden zu wollen.
Sie kniet an den Wurzeln eines Baumes und will eine bestimmte Wurzel herausschneiden? :hae: Ist das eine der Wurzeln des Baumes, oder handelt es sich um die Wurzel einer ganz anderen Pflanze, z.B. einer Blume oder einer Schmarotzerpflanze? Falls ersteres: Was ist das Besondere an dieser Wurzel, das sie von den anderen Wurzeln unterscheidet? Falls zweiteres: Warum schreibst Du dann nicht, daß sie am Fuße eines Baumes kniet? Dann kämen nämlich keine Mißverständnisse bezüglich der Wurzeln auf. Ich wüßte als Leser auch noch gern, wie groß dieser Baum ungefähr ist, und um was für eine Sorte es sich handelt. Warum ist dieser Baum nicht beispielsweise eine "vielhundertjährige knorrige Eiche, in deren kühlem Schatten knieend " sie diese komische Wurzel zwischen den anderen herausschält?

Das waren jetzt durcheinander ein paar Punkte, die ich im Kopf hatte. Ich kritisiere gern hart und geradeheraus, statt diplomatisch um den heißen Brei herumzuschleichen und hoffe, Du nimmst dies nicht persönlich. Ich will Deine Geschichte nicht verreißen, sondern Dir ans Herz legen, an ihr zu pfeilen, d.h. noch einiges an Arbeit und Mühen hineinzustecken. Der zugrundeliegende Plot ist nicht übel, es liegt an Dir, daraus eine gute Geschichte zu machen, die den Leser fesselt.
 
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Durin

Schlachtenwüter
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Juhe, ich habe Antwort! *tanz*

Was die Rechtschreibung (und Wortfehler) angeht: Hm, ich glaube, ich könnte es mir auch 10 Mal durchlesen, ohne das ich die finden würde. Irgendwas fehlt mir da.

Ansonsten sprichst du einige Punkte an, die mir leider auch bewußt waren (Psychologie meiner Figuren teilweise fragwürdig) und einige, die mir noch gar nicht aufgefallen waren (inkonsistente Welt).

Speziell habe ich hier plötzlich beim ausformulierten Schrieb bemerkt, das einige Brückenstellen zwischen den Szenen die ich mir vorher überlegt hatte sich nur notdürftig ausfüllen lassen.

Mal sehen, daran könnte ich arbeiten.

Aber bekommt man 4. hin? ... Speziell ohne den Leser dabei mit unnötigen, unwichtigen Nebensächlichkeiten zu langweilen? Wenn ich dein Beispiel lese klatsche ich mir die Hand vor die Stirn und sage: Klar, wieso bin ich da nicht drauf gekommen? ... Hm, ja, wieso eigendlich? :)
 
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Chinasky

Dirty old man
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Das nennt man Betriebsblindheit. ;) Ist dasselbe beim Bildermalen - irgendwann kennt man sein Werk zu gut, um noch kritische Distanz dazu einnehmen zu können. Beim Malen hilft manchmal der Flip-Test (also das Spiegeln des Bildes). Beim Geschriebenen könnte eine ähnliche Funktion das laute Vorlesen einnehmen. Geht mir jedenfalls häufig so, daß ich, wenn ich meine eigenen Sätze laut lese, merke, daß sie sich holprig anhören oder einfach nur blöd. :D
Und natürlich zeitliche Distanz - lass die Geschichte eine Woche oder so beiseite liegen und ruhen - und lies sie dann mit frischen Augen.
 

Theron

Kampfmagier
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Ich erstell mir zum Spaß immer mein eigenes Rollenspiel, bzw. meine eigene Fantasy- Welt. Ich hab schon drei mal teilweise neu angefangen (zum Teil was die Regeln, zum Teil was die Welt an sich angeht), weil die alten Ausfertigungen einfach nur unausgegoren, unfertig, aufeinmal blöd und eher jugendlich-kindisch klingen (manche Sachen hab ich vor 2-3 Jahren angefangen, die klingen jetzt einfach nur noch dämlich:D).
Die Welt wird immer detailierter, manche Sachen sind mittlerweile sehr ausgeklügelt, aber manche Sachen wirken immer noch schwach, klischeehaft, nicht mehr passend usw.

Was ich damit sagen will? Das man bei sowas merkt, dass das alles gar nicht so leicht ist.:D

Ein besonderes Problem ist, bzw. war, dass ich nie so richtig ein Konzept hatte, sondern immer drauf los geschrieben hab und alles mehr oder weniger spontan ausgedacht, bzw. zusammengeklaut wurde.:D
Zumindest braucht man für sowas mal ein Grundkonzept, an dass man sich ungefähr halten kann.

@Chinasky:
Hab mir die Geschichte jetzt auch mal durchgelesen.
Seh ich ähnlich die Kritikpunkte. Manchmal ist es auch schwer von etwas zu schreiben, von dem man keine Ahnung hat, wie das mit den Wurzeln z.B.
Recherchieren hilft einem da auch nicht immer weiter.
Wenn man immer mehr ins Detail geht, merkt man aufeinmal, dass man nicht immer so wissend ist wie man es gerne hätte und verzettelt sich in Halbwahrheiten und Vermutungen.:rolleyes:

Du bist übringes auch nicht unfehlbar, irgendwo hast du "lengt" statt "lenkt" geschrieben.;)
Betriebsblindheit eben.:p;)
 
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