Zelon Engelherz
Drazil de Drazilius
Einleitung:
Er schlägt mir ins Gesicht.
Ich schmecke mein eigenes Blut und schaue meinem Folterknecht grimmig ins Gesicht.
Dieser, ein zwei Meter großer Hüne der zu neun Zehntel aus Muskeln und das letzte Zehntel mit einer spitzen Kapuzenmaske, hält kurz vor seinem nächsten Schlag inne und ich kann sehen, dass ihn die ganze Sache auch einiges an Kraft gekostet hat, so wie er schnauft und schwitzt.
,,Also was ist Drow? Willst Du nun anfangen zu reden?''
,,Nein'', antworte ich mit vorgetäuschter Selbstsicherheit in der Stimme.
Vor allem wüsste ich auch nicht was ich ihm erzählen sollte, denn sie haben den Falschen erwischt. Ihnen das zu sagen, wird mich allerdings auch nur umbringen und solange sie mich für IHN halten, wollen sie mich zumindest solange am Leben erhalten, bis sie seine Informationen haben.
Trotzdem tut es höllisch weh und ich möchte mich am liebsten irgendwo verkriechen und weinen.
Aber ich will nicht sterben, nicht jetzt, nicht hier.
Vielleicht kann ich mich ja irgendwie nützlich machen oder ihnen einen Bären aufbinden, der mich am Leben erhält bis ich hier raus bin. Vielleicht hilft es auch, wenn ich an ihre inneren Sadisten appelliere, also um mein Leben flehe und sie lassen mich solange am Leben, bis weiß, wie ich entkommen kann.
Vielleicht...
Plötzlich wird die Tür aufgetreten und innerhalb von zwei Herzschlägen stecken meinem Peiniger zwei Pfeile in der Brust und einen im rechten Auge und mit einem undefinierbaren Laut (klingt wie ,,Gualp“) geht er zu Boden.
Doch bevor er mit Mutter Erde (oder Vater Stein) vereint ist, springt auch schon eine weitere Gestalt in den Raum.
Ihr Aufzug ist klassisch: Luftig, Minirock, Ausschnitt, Dolch an einer Beinschiene, Bogenköcher auf den Rücken und zwei der hellsten blauen Augen die ich jemals gesehen habe...und ihre spitzen Ohren sind auch sehr attraktiv.
Während ich sie durch mein gesundes rechtes Auge betrachte, mein linkes hat der Folterknecht zuvor sanft mit seinen Fäusten gestreichelt, macht sich die Elfe daran die Schlösser meiner Ketten zu lösen und auf mich einzureden.
,,Gut dass ich Euch gefunden habe! Wir dachten schon, dass ihr getötet worden seid...''
Sie hält mich auch für IHN. Großartig. Sie hat wirklich schöne Augen.
,,...und nur die Götter wissen, was dann aus dem Widerstand geworden wäre...''
Soll ich sofort klarstellen, dass sie den Falschen hat? Aber vielleicht lässt sie mich dann zurück und ich muss alleine versuchen aus diesem Loch zu entkommen. Auf der anderen Seite scheint sie eine von den Guten zu sein und die sind an ihren Moralkodex und den ganzen Blödsinn gebunden und von daher wird sie wohl niemanden zurücklassen. Nachher muss ich noch gegen die gleichen Gestalten kämpfen, die mich zuvor ohne Mühe zu Brei geschlagen haben und darauf lasse ich mich keineswegs ein!
Sowas Ähnliches möchte ich meiner Retterin auch sagen, als diese mich endgültig von meinen Ketten befreit hat, doch dann fällt sie mir um den Hals, ich fühle ihre Lippen auf den meinen und die Welt steht für einen kurzen Moment still.
Als sie sich wieder von mir löst sind ihre Augen zwar nicht feucht, aber ihr Blick sagt alles was wichtig ist und ihre anschließenden Worte unterstreichen dies noch.
,,..und ich selbst hätte ohne Euch nicht mehr weiterleben können.''
Die schönsten Augen die ich jemals in meinem Leben sah.
…
Vielleicht ist es für eine Weile gar keine so schlechte Idee, mich weiterhin für IHN auszugeben.
Zumindest solange, bis sie anfangen misstrauisch zu werden...
*
Hintergrund und Fähigkeiten:
Drazil de Drazilius, „Draz“ für seine Freunde, heißt eigentlich
Aylfred Unterfluss, wurde als Halb-Drow geboren und ist nebenberuflicher Schauspieler und von Hauptberuf Betrüger.
Seiner Ansicht beißt sich weder das eine mit dem anderen und so beinhaltet es seine Tätigkeit sich als berühmter Drow-Abenteurer (meistens einer von denen mit den Krummsäbeln und den Kapuzenmänteln, die immer darauf beharren einzigartig in ihrer Individualität und ihrer Geschichte als Ausgestoßenen zu sein) auszugeben und für Kost und Logis von seinen Abenteuern zu erzählen und sie über die Nacht vor allen Unbillen zu ,,beschützen'' (meistens schnarchend mit einer leeren Flasche Rotwein im Arm).
Sollte sich einmal eine romantische junge Maid zu ihm hingezogen zu fühlen und ihm ein Zeichen ihrer Gunst zu schenken oder sogar noch mehr, sieht er auch nichts unmoralisches darin, denn das Leben ist schon grau und öde genug und da ist jeder Funken Romantik, sei er auch noch so falsch und verlogen (und nach Draz' ist Romantik genau das), ein Segen.
Zumindest meistens sieht er das so, denn auch wenn er es abstreitet und gegenüber sich selbst das Bild eines abgeklärten Zynikers aufrechtzuerhalten versucht, so hat auch er eine Schwäche für den Gedanken übrig, dass es in der großen weiten Welt genau die eine Person gibt, die eines Tages seine Seele vervollständigen und ihn zu einen ganzen Wesen machen wird und dies bis zu ihren gemeinsamen Lebensende halten wird.
Genau dieser Gedankengang bringt ihn, obwohl er peinlich darauf bedacht schnell zu verziehen wenn der Ärger mit dicken Keulen bewaffnet auf ihn zukommt, meistens in Schwierigkeiten, genau wie eines jener kruden Konstrukte, welches in den meisten neutralen und gutgesinnten Gesellschaften als ,,Gewissen'' bezeichnet wird.
Dabei ist der Halb-Drow keineswegs ein Held. Er kann nicht kämpfen, er kann auch nicht zaubern und Prügeleien verliert er in neunundneunzig von hundert Fällen, wenn nicht gerade einer seiner Tritte zwischen die Beine wirklich sitzt.
Auch von seinen angeborenen Fähigkeiten als Drow weiß er so gut wie gar nichts, sieht man davon ab dass er festgestellt hat, dass er in der Dunkelheit vergleichsweise gut sehen kann.
Doch hat er ein Talent dafür seine Zunge in fast allen Lebenslagen richtig einzusetzen, sei es um jemanden davon zu überzeugen NICHT jener berühmte heldenhafte Drow zu sein der stets die Ketten der Unterdrückung zerschlägt oder sei es genau das, um eine gelangweilte und nicht unbeträchtlich abgeklärte Adelige vom Reiz für das Exotische begeistern zu können. Dass er zudem auch ein Talent für akrobatische Leistungen besitzt, hat auch so manches Mal geholfen den Wahrheitsgehalt seiner Worte zu unterstreichen oder auch seinen Magen zumindest eine warme Mahlzeit zu verschaffen.
Und auch seine Beine leisten ihn, zumeist rennend, immer wieder gute Dienste um dem Horizont entgegenzulaufen und den Abstand zwischen ihm und jener Person die ihn eines Tages endlich vervollständigen wird zu verkürzen.
*
Ausrüstung und Äußeres:
Je nachdem welche Art missverstandenen Heroen Drazil darstellen möchte, trägt er entweder eine Lederrüstung nebst kleinen Rundschild, Kurzschwert (da billig) oder ganz klassisch die beiden Krummsäbel nebst Kapuzenmantel (und dazu die schon erwähnte Lederrüstung).
Möchte er sich so geben, als würden ihnen die arkanen Künste interessieren, trägt er eine Robe die so schwarz wie möglich auszusehen hat und ebenfalls eine Kapuze beinhaltet, einen Kampfstab und einen Haufen Chemikalien, mit denen er einige beeindruckende, aber ansonsten nutzlose Effekte erzeugen kann.
Eine Konstante stellt sein Rucksack dar, in dem er auch ,,Trophäen'' vergangener Heldentaten mit sich verstaut sind (zum Beispiel die vollkommen authentische Krone des nördlichen Lichkönigs, die man für nur einhundert Goldstücke erwerben kann – der ideelle Wert ist natürlich viel höher!).
Er selbst ist nur 1,70m groß, zierlich gebaut, was seinen Auftritten zur Untermalung seiner Echtheit sehr zugute kommt und mit seinen weißen Haaren und seinen violetten Augen vom durchschnittlichen Beobachter kaum von anderen Drow zu unterscheiden, sieht man von kleineren Details,wie zum Beispiel sein vergleichsweise volleres Gesicht, mal ab.
Ansonsten sieht er IHN besonders ähnlich, einer Person dessen Pfad sich noch nie mit ihm direkt gekreuzt hat, aus dessen Wirken er jedoch genauso oft Kapital schlägt, wie es ihn auch schon oftmals in Konflikt mit anderen Personen brachte.
Ob sie eines Tages aufeinandertreffen werden und wie dies enden wird, wissen wohl nur die Götter zu sagen.