[Philosophie] Gedanke oder Wort?

Sol

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Die Antwort auf diese Frage scheint sehr banal und einfach, allerdings:

Was war wohl zuerst da der Gedanke oder das Wort?

Diese Frage zielt nicht auf biologische Aspekte ab und auch nicht auf naturwissenschaftlich erfasste Prozesse im Gehirn, sondern auf eine eher philosophische Betrachtungsweise der Thematik.

Mir sind auch spontane Eindrücke sehr recht und gerade diese interessieren mich (auch).
 

Gala

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Im Gegensatz zum Henne-Ei Problem ist hier die Sachlage klar: damit ein Wort entstehen kann, muß erst einmal ein Gedanke da sein, denn ein Wort ist ja entweder eine Willensbekundung oder eine Kommunikation.
 

Darghand

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Intuitive Idee: Wort ist gleichbedeutend mit der Möglichkeit zwischensubjektiver Vermittlung von Gedanken - ohne Wort tritt der Gedanke nie in die Welt hinaus, bleibt also eine vorübergehende Erscheinung und damit bedeutungslos. Es gibt da eine nette Geschichte von Peter Bichsel, und zwar Ein Tisch ist ein Tisch, das auf ganz einfache Weise auf die kollektive Komponente der Wortfindung und Sprache hinweist.

Ich behaupte also mal, dass die Vermittlung sogar ein wesentlicher Bestandteil des Gedankens ist und er ohne wörtliche Äußerung schnell an Grenzen stößt. Eine wirkliche Reflexivität setzt sogar vermutlich Sprache voraus - die Sprache ist quasi das, was Gedanken überhaupt erst eine Form gibt. Hm.


Ich bin aber auch kein Philosoph, und Linguist schon gar nicht.

Ferdinand de Saussure
 

Ysrthgrathe

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Es gibt zum Beispiel die Sapir-Whorf-Hypothese:
Die Art und Weise, wie ein Mensch denkt, wird stark durch Grammatik und Wortschatz seiner Muttersprache beeinflusst oder sogar bestimmt. Daraus folgt, dass es bestimmte Gedanken in einer Sprache gibt, die von jemandem, der eine andere Sprache spricht, nicht verstanden werden können.
Dann müsste für bestimmte Gedanken zuerst eine geeignete Sprache mit geeignetem Wortschatz vorliegen.
In diesem Fall also Wort zuerst.
 

Ketama Rue

The Shaman
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Denken kann man auch wenn einem die Zunge fehlt um das auszusprechen was man denkt, oder Arme (Gestik, falls man etwas vermitteln will), aber oder andere Körperteile :D Solange einem nicht das Hirn fehlt..
Andere Frage, wem interessiert’s? Wat ist daran so wichtig :fies:

Ich konnte mit Philosophie noch nie wirklich warm werden. Es war ja auch schon früher nur ein bunch von Männern (klaaaar :rolleyes:) die sich gegenseitig bis zum Tode polemisierten. Diskussionen a la: vom leeren Fass ins leere Glass :p
Ich persönlich halte nicht viel von Dingern die keine Ergebnis bringen, die nichts voran treiben, sonst nur das unendliche blah blah blah im Prinzip sind.
Deswegen enthalte ich mich auch z.b bei Politikdiskusionen. Weil sie nirgendwohin führen und nichts in der Welt ändern. Egal welche Meinung ich zu diesem oder zu einem anderen Thema habe, es wird der Welt weder kalt noch warm dadurch. Ich, als eine normale einfache Bürgerin kann nichts gegen BP Katastrophe ausrichten (außer mich aufzuregen), gegen Finanzkrise und und und...alle die Katastrophen die einem permanent im Leben nebenbei begleiten.
Ich kann nur an mir was ändern, und nur in meinem Mikrokosmos etwas bewirken. Ich kann meine kostbare Energie von daher nicht für leere Debatte und Überlegungen, ob das Glass voll oder leer sein soll, verschwenden.

So, erst geschrieben, dann gedacht, ob es überhaupt notwendig war. :p
 

Val

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Erst der Eindruck (der Gedanke), dann die Expression.

Ich hatte mal einen Philosophie Professor in einem Gastvortrag in der FH, der gesagt hat: "Das Henne-Ei Problem ist übrigens gelöst. Es hat zuerst das Ei gegeben, dann die Henne. Denn davor war es ja keine Henne."
 

Amron

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Sind Worte nicht eigentlich ausformulierte Gedanken, die wiederum neue Gedanken hervorbringen (können)? :hae:

Wenn ja dann wäre wohl der Gedanke zuerst da.

@Ketama: Philosophie ist weit mehr als "sinnloses Blabla", sie bedeutet nicht umsonst "Liebe zur Weisheit". Auch wenn sie nicht unmittelbar praktisch anwendbar und "sichtbar" ist wie manch andere Wissenschaften, hat sie doch die Grundlage für die heutige Wissenschaft, Ethik und unsere Kultur gelegt... ohne sie würden wir wahrscheinlich immer noch als Jäger und Sammler umherziehen.

(wobei ich deine Gedankengänge zur heutigen Politik durchaus nachvollziehen kann. :D)

In diesem Zusammenhang kann ich das Buch "Sophie's Welt" von Jostein Gaarder empfehlen.

Edit: In diesem Zusammenhang auch sehr empfehlenswert:

Luciano De Crescenzo: "Geschichte der griechischen Philosophie.", Diogenes Verlag, Taschenbuch
 
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Sol

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Ich gebe zu, das ganze ist im ersten Augenblick eine ziemlich billige "Wortspielerei" (bzw. wirkt es so), aber das wird dann schon noch ein bißchen von mir erweitert werden:

Was ist eigentlich 'Gedanke'? Es ist ein Wort. Ein Wort, das man einer bestimmten Sache gegeben hat.

Ist es nicht so, dass wir ab einem gewissen Zeitpunkt alles in unserem Kopf in Worte fassen und wir eigentlich i.d.R. nur das als 'wirkliche' Gedanken bezeichnen würden?

Wenn man im ersten Augenblick vor etwas Ekel empfindet, sich von seinem Gegenüber (sexuell) angezogen fühlt oder es einem im ersten Augenblick nur kalt ist, ist das schon etwas, was man gemeinhin als 'Gedanke' bezeichnen würde?

Wie formt sich eigentlich ein Gedanke?
Man kann sich versprechen und verschreiben. Kann man sich eigentlich auch 'verdenken'?

Ich persönlich halte nicht viel von Dingern die keine Ergebnis bringen, die nichts voran treiben, sonst nur das unendliche blah blah blah im Prinzip sind.
Deswegen enthalte ich mich auch z.b bei Politikdiskusionen. Weil sie nirgendwohin führen und nichts in der Welt ändern. Egal welche Meinung ich zu diesem oder zu einem anderen Thema habe, es wird der Welt weder kalt noch warm dadurch. Ich, als eine normale einfache Bürgerin kann nichts gegen BP Katastrophe ausrichten (außer mich aufzuregen), gegen Finanzkrise und und und...alle die Katastrophen die einem permanent im Leben nebenbei begleiten.

Auch wenn meine Haltung eher als "konträr" zu deiner zu bezeichnen ist (in manchen Punkten), bin ich trotzdem für jede Meinung dankbar; auch diese. Ist es eben interessant auch einmal andere Sichtweisen kennenzulernen. Wäre jeder gleich, wäre das Leben ja nur noch langweilig. Andere Position zu lesen und sie kennenzulernen, ist etwas sehr tolles, finde ich. Ein Luxus, den man oft in der westlichen Welt nicht so ganz zu schätzen weiß, habe ich ab und an mal das Gefühl.

Ich kann nur an mir was ändern, und nur in meinem Mikrokosmos etwas bewirken.

Vielleicht. Aber wenn jeder im Laufe der Geschichte so gedacht hätte, könnte man wohl sehr wenige Abhandlungen zum Beispiel lesen.

Aber da es nichts wirklich "Richtiges" oder "Falsches" gibt, sind eigentlich selbst kleine Veränderung bzw. Veränderungen im kleinen Kreis eigentlich etwas, was prinzipiell recht interessant ist.

Alles, was wir lesen, hat eine gewisse Wirkung auf uns. Und sei es auch nur, dass wir ungläubig den Kopf schütteln und uns denken, warum dieses und jenes so nicht sein kann.
 
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Ysrthgrathe

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Wir Naturwissenschaftler definieren uns gerne Begriffe, bevor wir über sie sprechen. ;)
Das hat den Vorteil, dass jeder weiß, was ein verwendeter Begriff bedeuten soll und man redet nicht aneinander vorbei.
Für deine Frage wäre es wesentlich, was für dich der Begriff Gedanke bedeutet.
Man kann zum Beispiel unterscheiden zwischen Gedanken (im objektiven Sinn) und bloßen Vorstellungen (Gedanken im subjektiven Sinn).
Vorstellungen lassen sich von Gedanken dadurch trennen, dass Vorstellungen individuell, psychisch und nicht mitteilbar sind.
Dann bräuchte man für komplexe Gedanken als etwas per Definiton Mitteilbares dringend Sprache.

Wenn aber schon eine Erinnerung oder eine Erwartung (hier gab es gestern Nahrung, also gibt es hier heute wieder Nahrung) als Gedanke zählen, braucht man keine Wörter. Schließlich können Tiere nicht sprechen, aber sie können sich erinnern und etwas erwarten.

Wahrscheinlich liegt eine Art Kausalkette vor. Gedanken und Wörter waren wechselseitig Ursache und Wirkung von neuen Gedanken und Wörtern und so weiter. Was zuerst da war ist eine andere Formulierung des Problems, ob Huhn oder Ei zuerst da war.


Warum schließt du naturwissenschaftliche Gesichtspunkte eigentlich von vornherein aus? Wenn die Frage naturwissenschaftlich beantwortet wäre, welchen Sinn würde dann noch eine philosophische Abwägung machen?
 
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Ulan Batur

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Was heisst denn "zuerst", philosophisch gesehen?
 

Chinasky

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Man sollte Säuglinge fragen, die noch nicht sprechen können. :D
 

Ysrthgrathe

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Nö, wir sollen biologische Aspekte doch außen vor lassen und es rein philosophisch betrachten. :D
Wenn wir aber schon dabei sind: Schimpansen können mehrere hundert Begriffe der Zeichensprache erlernen, sinnvoll benutzen und auch spontan und kreativ zu Begriffsketten verbinden.
Aber sprechen können sie auch nicht.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Wieso braucht man eine Sprache für ein Wort ?

Und wieso gibt es keine Gedanken, wenn man keine Sprache hat ?

So ein Tintenfisch z.B. ist sehr intelligent, habe ich mir sagen lassen, besitzt aber meines Wissens keine Sprachfähigkeiten.

Denken "oh da ist ein Raubtier" und folgern "schnell auf den Baum" benötigt keine Sprache. Und man kann die anderen Tiere warnen, indem man einfach inkohärent schreit - oder was auch immer das aktuelle Tier kann. Keine Sprache, aber bereits Gedanke und Wort.

Das man je nach Tiefe der Gedanken und je nach Notwendigkeit der Tiefe der Ausdrucksweise sehr schnell eine Kommunikationsbasis benötigt, ist offensichtlich, aber eine sekundäre Verfeinerung. Zuerst ist der Gedanke, dann ist das Wort, dann erst kommt die Sprache.
 

Sol

Mönch/Assassine
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Was heisst denn "zuerst", philosophisch gesehen?

Kann das eine ohne das andere als Vorbedingung existieren?

Aber was eigentlich wirklich interessanter wäre und schon irgendwie damit zusammenhängt wäre, ob es einen Unterschied zwischen "Denken" und "Gedanke" gibt.

Wenn aber schon eine Erinnerung oder eine Erwartung (hier gab es gestern Nahrung, also gibt es hier heute wieder Nahrung) als Gedanke zählen, braucht man keine Wörter. Schließlich können Tiere nicht sprechen, aber sie können sich erinnern und etwas erwarten.

Bloße Empfindungen sind damit nicht gemeint. Aber gerade durch eine Eingrenzung und Definition nehme ich ja dann eigentlich schon ein bißchen was vorweg ;)

Ich finde, dass wohl nur der Mensch als Tier nicht bloß Dinge "zerreden", sondern eben auch "zerdenken" kann. Denn im Gehirn läuft viel über die Sprache als solches ab. Sie kann als Medium oft fehlerhaft sein, obwohl man mit ihr wohl auch komplexe Dinge lösen oder erfassen kann und gerade die Sprache als Merkmal gesehen wird, dass den Menschen eigentlich an die Spitze der Evolution gestellt hat.

Ich persönlich finde, dass es ein Problem heutzutage darstellt, dass einige Menschen in der Gesellschaft weniger dem sogenannten Bauchgefühl bzw. ihrer Intuition folgen. Es ist halt schwer das anders bzw. genauer zu formulieren. Das ist einfach ein Eindruck, den ich teilweise habe. Ich wollte jetzt nur mal eine Intention des ganzen darlegen.
Denn vom Prinzip her hat Ysrthgrathe so unrecht nicht, wenn er schreibt:

Was zuerst da war ist eine andere Formulierung des Problems, ob Huhn oder Ei zuerst da war.
 

Mindriel

Traumläufer
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Kann das eine ohne das andere als Vorbedingung existieren?
Natürlich. Das hat jahrtausendelang einwandfrei funktioniert. Darauf zielte auch Ulans Frage nach der Bedeutung von "zuerst" ab. Zuerst im erdgeschichtlichen Rahmen: Eindeutig Gedanken.

Eine interessante Überlegung liefert für mich Hank, mit der Aussage, dass man mal bei Säuglingen nachfragen sollte. Dass Säuglinge in gewisser Weise denken, ist wohl nachvollziehbar. So gesehen (und in den Beispielen mit Tieren) ist wieder der Gedanke "zuerst" da.

"Zuerst" ist allerdings in beiden Fällen auch irreführend, weil es hier gar kein Wort gibt, weder vor noch nach den Gedanken.

Worauf die Frage wohl abzielt, ist das jetzige, menschliche Denken, und was dabei vor sich geht. "Denkt" man zuerst einen abstrakten Gedanken, für den keine Worte, keine Sprache nötig sind, oder denkt man bereits in Worten?
Das führt dann zur Definitionsfrage, was ein Gedanke eigentlich ist.

Ich bin der Meinung, dass man gewisse Gedanken ohne Worte "denkt", vor allem wenn ich an Gedankenbilder denke. Auch Gefühle würden hier wohl reingehören.

Der Aussage von Darghand ist auch ganz interessant:
"...ohne Wort tritt der Gedanke nie in die Welt hinaus, bleibt also eine vorübergehende Erscheinung und damit bedeutungslos."
Interessant - hat aber mit dem Problem nichts zu tun ;) Übrigens können Gedanken durchaus ohne Worte in die Welt treten, Gedanken - egal ob wörtliche, bildliche oder sonstwas - drücken sich zum Beispiel auch in Gestik und Mimik aus.

Dass Sprache, also wörtliche Gedanken, eine Voraussetzung für Reflexion ist, ist eine gute Überlegung. Das ist es doch, was uns Menschen auszeichnet, die Fähigkeit zu reflektieren. Ist das ohne Sprache möglich? Keine Ahnung. Aber wahrscheinlich nicht auf eine Art, die wir Menschen uns vorstellen können. Und das führt auch in die Richtung, die Sol im Sinn hatte, als er die Frage gestellt hat.

Mit der Fähigkeit in Worten zu denken hat er wie ich das lese die Fähigkeit zur Reflexion gemeint, die Fähigkeit, über unsere Handlungen nachzudenken. Behindert uns diese Fähigkeit vielleicht sogar? Schwer zu beantworten, manchmal ist es offensichtlich, dass wir besser intuitiv reagiert hätten, statt zu zögern und nochmal nachzudenken. (Passiert mir allein beim Tischtennis zum Beispiel öfter :D)

Meine Meinung dazu: In Fällen, wo es wirklich (lebens-)wichtig sein kann, schnell zu reagieren, ohne alles durchzudenken, machen wir Menschen viel durch Erziehung und auswendig lernen wett. Ein richtig gutes Beispiel fällt mir spontan nicht ein, ich denke an sowas wie Sanitäter, die bestimmte Handgriffe routiniert ausführen können (müssen), ohne nochmal darüber nachzudenken. Hm, damit wäre Routine das, was gegen das "Problem" des zu vielen Nachdenkens helfen kann.
Dass Routine auch ihre Schattenseiten hat, und manches durchaus reflektiert werden sollte, brauch ich wohl nicht zu sagen.. (Warum denke ich dabei an Gala und den Politikthread? ;))
Ich glaube allerdings nicht, dass wie Sol andeutet zu viel Nachdenken und zu wenig Intuition ein gesellschaftliches Problem darstellen, dann schon eher umgekehrt..

@Ysrthgrathe: Sehr interessant auch, dass die Sprache die Art zu denken beeinflusst und für eine andere Sprache schon nicht vollständig nachvollziehbar macht. Kann ich durchaus nachvollziehen.

Angenehme Träume,
Mindriel
 

Chinasky

Dirty old man
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Mir fällt gerade ein, daß der problematische Begriff das "Denken" sein könnte. Wenn wir statt seiner lieber die "Vernunft" setzen, wird's interessant. Natürlich ist jede Benennung immer schon eine Begriffsbildung und somit eine Abstraktionsleistung. Wenn ein Kind auf einen Teller zeigt und "Hammahamma!" brabbelt, dann zeigt dies, daß das Kind den konkreten Teller als Sonderfall begreift, auf welchen man anwenden kann, was man bislang so an Erfahrung beim Essen gemacht hat. Wenn es dann auch noch einen ihm unbekannten Teller tatsächlich "Teller" nennt, dann hat es das Prinzip der Abstraktion schon verstanden. Dem mußten Gedanken vorangehen - Ausgangsfrage beantwortet.
Aber: was ist mit der Vernunft, die auf der Kenntnis der universalen Anwendbarkeit des Kausalitätsprinzips beruht? Wenn-dann-Sätze, sowie das logische Schließen nach dem Schema: Prämisse 1 + Prämisse 2 ergibt Conclusio... Die brauchen nicht nur Wörter (Begriffe), sondern auch eine grammatikalische Form, in welcher die Wörter angeordnet sind.

Und hier würde sich dann die Frage stellen: Lernen wir Logik erst durch Sprache, insbesondere die Grammatik? Dagegen sprächen natürlich Tierexperimente, in denen z.B. Affen Werkzeuge anwenden, um an Nahrung zu kommen- eine rudimentäre Vorstellung vom Kausalitätsprinzip scheint ihnen also zu eigen zu sein.
 

Val

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Der Gedanke war trotzdem zuerst, ein Gedanke kann ja auch nur ein Bild, ein Geräusch oder ein Gefühl sein. Und die rohe vor-Form eines Wortes.

Wenn man in Worten denkt, sind Gedanke und Wort gleichzeitig. Denn das eine ist das gesprochene Wort und das andere ist das gedachte Wort.
 

Amron

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Hm, laut Schöpfungsmythos der Bibel kamen doch auch zuerst der Geist Gottes, danach seine Worte... :hae:

Wobei man sich über solche religiösen Ansätze auch trefflich streiten kann, da z.B. bereits Gott als allmächtig, nicht erfaßbar vorausgesetzt ist etc... Also wäre das wohl auch nicht zielführend.
 

Brisëis

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Wenn ich mich ausdrücken will (und mit "Wort" kann auch irgendeine Expression gemeint sein) so aufgrund eines Gedanken. Wenn ich aber Botschaften aufnehme, so wie ich hier zum Beispiel lese, so erkenne ich zuerst Worte, die weiterführen zu meinen eigenen Gedanken. Also in meinem Moment und meinem Ich-Gefühl das Wort. Im Kosmos: Der Gedanke. Denn jemand anders übermittelt mir seinen.

Man kann sich versprechen und verschreiben. Kann man sich eigentlich auch 'verdenken'?
Ich kann es jedenfalls (und es bereitet mir sorgen :D)
Zum Beispiel wenn ich meinen Gedanken nachhänge, stumm in der Strassenbahn sitze oder am Morgen früh eine kurze Zeit regungslos auf der Bettkante sitze, so denke ich über Zusammenhänge von irgendwelchen Themen nach. Gleichzeitig sind meine Augen auf etwas gerichtet. Es kommt, obwohl ich nicht absichtlich etwas beobachte, ein Farb- und Form-Input in mein Gehirn. In der Strassenbahn können das zum Beispiel Linien oder Abstände auf einer Werbung sein oder Anordnungen von Häusern, die vor meinem Auge vorbeiziehen. Jetzt entseht auf einmal ein Zusammenhang zwischen diesen Strukturen und meinen Gedanken, die in eine absolut unlogische, konfuse Richtung gehen, und irgendwann verknotet sich dieser "falsche" Gedankengang so sehr, dass er sich auflöst, und ich wiedereinmal den Kopf über mich schüttle. Oder ich habe das Gefühl, dass ich den eigentlichen Zusammenhang aller Probleme und Issues der Welt auf einmal klar vor mir sehe, doch dann ist es *plop* weg.

Verdacht auf verdacht! Man kann sich also verdenken, das darf man sich nicht verdenken.

(hilfebinichshizophren?)
Ich habe mich verdammt gut wiedererkannt in der Szene von "A Beautiful Mind", als der Professor einen Zusammenhang zwischen Orangen, dem Muster einer Kravatte und einem mathematischen Problem sah (oder so, ist Jahre her, dass ichs gesehen habe).

Ich finde Y's Beitrag auch interessant, nachdem die Sprache die Gedanken beeinflusst. Da verknüpft sich auch eine Struktur von Lauten mit dem Gedachten.
 
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Chinasky

Dirty old man
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@Amros: Laut Bibel (Moses, und der kam ja wohl früher als Johannes) war am Anfang das Wasser, über dem der Geist Gottes schwebte. :D Höchstwahrscheinlich in Form der bekannten Taube - womit sich dann wieder Probleme bezüglich der weiteren Schöpfungsgeschichte ergeben, weil die Vögel ja eigentlich erst ein paar Tage später... Aber das ist eine andere Baustelle.
Wenn man unter "Geist" den griechischen "Logos" versteht, dann kann das ebenso "Wort" wie auch "Verstand/Gedanke" meinen. So, wie es dann ja auch bei Johannes durchklingt, der tatsächlich behauptet, am Anfang sei das Wort gewesen. Aber das bringt uns in dem hier verhandelten Problem nicht weiter, weil da eben Wort und Gedanke beide als Logos verstanden werden können.

Wenn wir unter Wort nur "Begriff", und nicht gleich "Sprache" verstehen, dann könnte darüber diskutiert werden, ob Gedanken und Worte zumindest gleichzeitig auftreten müssen - denn dann könnte auch behauptet werden, daß z.B. Tiere schon Begriffe von Objekten und Phänomenen in ihrer Umwelt haben, sofern man unter "Begriff" eine Repräsentanz eines Phänomens im Gehirn versteht.

Wichtig ist dann erst, was mit diesen Begriffen/Worten geschieht - und dafür braucht's meiner Meinung nach bestimmter Strukturen, Regelhaftigkeiten, die in der Sprache eben "Grammatik" genannt werden. Worte haben nur eine Art semantischer Bedeutungsmengen - Gedanken können erst ausformuliert werden, wenn es - um es mal pseudo-mathematisch auszudrücken - Funktionen, bzw. Funktionsmöglichkeiten für diese Operanden gibt.

Baum <-- Das ist kein Gedanke, sondern nur ein isolierter Begriff. Allerdings nicht nur ein "Laut" (@Briseis).
Da steht ein Baum. <-- Das ist ein Gedanke: Begriffe (da, stehen, Einzahl, Baum), verbunden in einer grammatikalisch strukturierten Form.
Baum ein steht da. <-- Das ist kein in unserer Sprache möglicher Gedanke.
Die Grammatik unserer Sprache schränkt also hier gewissermaßen das Denkbare ein - allerdings im Sinne von "definieren". Sie ermöglicht also auch das vernünftige, sinnvolle Denken erst.
 
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