@Y: Ich bin da leider häufig nicht so präzise in der Formulierung, wie es wünschenswert ist. Worum es ging, war, daß nur bestimmte Vogelarten einen musikalischen Rhythmus aufnehmen und einhalten können, d.h. sich im - musikalischen - Rhythmus bewegen, vulgo: tanzen können. Daß es in allen möglichen Bereichen des biologischen Lebens bestimmte "Frequenzen" gibt, ist unbestritten. Eine Synchronisation von Frequenzen ist, so habe ich mal irgendwo gelesen, z.B. bei Heuschreckenschwärmen dafür verantwortlich, daß sie sich - ähnlich den von Dir genannten Fischschwärmen - abgestimmt verhalten. Da kommt man dann zum Thema "Schwarmintelligenz" - was aber von unserem Thema eher wegführt. Der Tanz der Bienen, den Du nennst, hat ja die Funktion einer Informationsübermittlung. Welche Funktion hat aber der Tanz des Papageien/Sittichs? Warum wippen wir Menschen unwillkürlich im Takt, warum summen wir mit - selbst wenn wir unbeobachtet sind und selbst, wenn uns die Musik, sobald wir darüber nachdenken, sogar nervt? Ich weiß das aus persönlicher leidvoller Erfahrung: Ich wohne direkt unter den Übungsräumen eines Fanfarenchors, der mit seit Jahren dreimal die Woche foltert... Da spielen lauter musikalische Nieten mit, das Repertoire ändert sich alle Jubeljahre mal um ein, zwei Stücke, es ist zum Mäusemelken! Und dennoch ertappte ich mich mal dabei, daß ich ausgerechnet bei dem schrecklichsten Stück mitpfiff und mit dem Fuß wippte: der Titelmusik von "Brazil", eigentlich einem wunderbaren Salsastück, daß diese Ignoranten in einen Marsch-Takt pressen und sich dabei auch noch andauernd verspielen.
Aber als ich mal so vor meiner Staffelei stand und mit Gedanken halt beim Malen war, da wippte und pfiff ich auf einmal mit. Weil man beim Rhythmus eben mit muß...
Welche Funktion hat diese Art des Rhythmusgefühls also, welches sich denn doch schon stark von dem Rhythmusgefühl tänzelnder Bienen oder mit den Hinterbeinen zirrender Heuschrecken unterscheidet?
Man kann übrigens Hunden, Bären oder Pferden das Tanzen beibringen - nur sind sie nicht in der Lage, die gelernten Bewegungen dann mit einem musikalischen Rhythmus zu koordinieren. Pferde, die Choreographien zu Musikstücken erlernt haben, brauchen da z.B. immer die Hilfe des Reiters, um im Takt zu bleiben.
Hast Du Dir dagegen das verlinkte Video angeguckt? Das Spannende daran ist, wie der Piepmatz da immer mal wieder aus dem Takt kommt. Noch besser als in dem verlinkten Video ist es auf einem anderen Snowball-Video zu sehen, wo er zu Queens "Another one bites the dust" tanzt. Dort, wo der Beat der Musik von bestimmten anderen Geräuschen überlagert wird, kommt der Vogel aus dem Takt, man merkt, wie er versucht, den Beat "wiederzufinden", dann, wenn er ihn gefunden hat, zuerst nur mit dem Kopf und erst danach mit den Füßen erneut einsetzt. Wahrscheinlich muß man aufpassen, nicht zuviel da hineinzuinterpretieren und ihm nicht zuviel menschliche Empfindungen zu unterstellen, was schwer ist, weil er halt so süß, putzig und charmant rüber kommt. Aber es ist wohl eindeutig, daß er auf den Rhythmus der Musik reagiert auf eine Weise, wie andere Tiere das nicht können (und manche unmusikalischen, insbesondere rhythmisch dysfunktionalen Menschen ebenfalls nicht
).
Leider weiß ich nicht mehr, wo ich den Artikel las, der mich erst auf Snowball aufmerksam machte (zugegeben: SPON war's mit recht hoher Wahrscheinlichkeit). Wichtig fand ich die darin enthaltene Aussage, daß nicht die intelligentesten Tiere (Delphine, Hunde, Schweine oder Affen) zu rhythmischem Tanzen fähig sind, sondern nur Vögel (denen man auch das Sprechen beibringen kann) - die ja ein ganzes Stück ferner mit uns verwandt sind als z.B. Affen. Menschenaffen können zwar tanzen wie Menschen - aber sie können den Tanz nicht auf einen Musikrhythmus hin abstimmen.
Und das finde ich erstaunlich, weil es zumindest ein Indiz dafür sein könnte, daß die menschliche Sprache nicht ausschließlich eine folgerichtige und fast notwendige Konsequenz aus einer immer höheren Intelligenz war, sondern vielleicht viel stärker mit der Musikalität, bzw. dem Rhythmusgefühl einiger unserer Vorfahren zusammenhängen könnte.
Es gibt ja Schimpansen und Gorillas, denen Forscher
einen verblüffend großen Wortschatz beigebracht haben, inklusive rudimentärer Grammatik, sodaß sie auch Sätze verstehen, die ihnen nie beigebracht wurden (was ein Hinweis darauf ist, daß es sich nicht nur um eine Lern- sondern auch um eine Verstehens-Leistung handelt). Die Intelligenz, so etwas Komplexes wie Sprache prinzipiell zu durchschauen, ist also bei manchen Primaten gegeben. Aber sie haben dennoch keine eigene Sprache (mit grammatikalischer Struktur - daß sie bestimmte Schmatz- und Schnalzlaute zur Kommunikation verwenden, also Worte im Sinne abstrakter Zeichen, ist wohl inzwischen erwiesen) entwickelt, wiewohl sie ihnen doch einen unbestreitbaren Überlebensvorteil im Dschungel brächte. Warum nicht? Und warum gelang das dann einer ganz bestimmten Primatengruppe in grauer Vorzeit plötzlich? Vielleicht, weil da mal eine spontane "Rhythmusgefühl"-Mutation im Erbgut stattfand?
Hhmm... Biologie müßte man sein.