Danke für die vielen Antworten. Ich beantworte zunächst mal die einfacher (für mich) zu beantwortenden Sachen, und denke über den Rest noch genauer nach.
@Mindriel: Dein Link muss ich mir erst noch anschauen. Aber ein Besipiel kann ich gerne geben. Am besten keines aus dem realen Leben, da dort ja oft sehr viele verschiedene Einflüße auf vielfältige Weise miteinander interagieren, so dass es schwierig ist, zu erörtern, wodurch genau jetzt die entsprechenden Inuitionen begründet sind. D.h. etwas theoretischer (Beispiel kommt nicht von mir, ich habe es irgendwann mal zu einem anderen Thema aufgeschnappt):
Folgender Versuchsaufbau: 1.000.000 Menschen haben einen Knopf vor sich. Durch diesen Knopf kann man einer weiteren Person X (keiner dieser 1.000.000) einen Stromschlag verpassen. Allerdings so unmerklich, dass diese Person X den Stromschlag nicht einmal spürt. Man muss sich innerhalb der nächsten Stunde entscheiden, den Knopf zu drücken oder nicht. Alle Stromschläge (zu den gedrückten Knöpfen) werden dann aber gleichzeitig (von mir aus auch ein einzelner Stromschlag mit aufaddierter Stromstärke) nach einer Stunde verpasst. Drückt man den Knopf, so erhält man ein Snickers (oder eine andere kleine Belohnung, die das eigene Glück, die eigene Präferenzoptimierung o.ä. optimiert). Bei 500.000 gedrückten Knöpfen (und mehr) stirbt die Person X qualvoll. Bis 50.000 gedrückte Knöpfe merkt sie etwas, vielleicht auch einen leichten Schmerz, aber nichts was für sie merklich schlimmer wäre als etwas ein Kneifen in die Wange. Jeder der 1.000.000 Menschen weiß um den kompletten Versuchsaufbau und alle mögliche Konsequenzen. Aber natürlich weiß niemand, was die anderen machen, es ist keinerlei Absprache möglich.
Fazit: Begeht ein Einzelner (oder begehen mehrere Einzelne) die Handlung X, so hat das sogar positive Konsequenzen (der an den Strom angeschlossene merkt nichts, das Snickers bzw. die Snickers bewirken leicht positive Konsequenzen). Machen es aber viele/alle, so wiegen die vielen Snickers ganz sicher nicht den qualvollen Tod auf (und falls jemand das aus irgendeinem Grund doch denkt, muss man einfach die Anzahl Personen oder den Wert der Belohnung "niedriger denken").
Ich habe auch Beispiele aus der Realität im Kopf, aber wie oben angedeutet scheinen mir dort die Zusammenhänge für ein echtes "ceteris paribus" (d.h. "alles andere bleibt gleich") oft zu verschachtelt.
@Vernochan: Das stimmt, und ich hätte es bei Eröffnen dieses Themas mehr auf dem Schirm haben und erwähnen sollen. Nun also an dieser Stelle: Der Grund, warum damit meine Frage (für mich) nicht wirklich erledigt ist, ist zwiegespalten (allerdings in engem Zusammenhang): Einerseits denke ich, dass meine Situation/Frage nicht genau von Kants Theorie/Situation eingefangen wird; andererseits bin ich (im Wesentliche genau aus diesem Grund) mit Kants Antwort sehr unzufrieden.
Bei Kant geht es selten um konkrete Handlungen in konkreten Situationen, für meine Frage habe ich das schon intendiert (Handlung X ist bei mir oben also mehr zu verstehen als: Handlung A in Situation Y mit Rahmenbedingungen Z wird abkürzend Handlung X genannt). Für Kant geht es (soweit ich ihn richtig verstehe, habe mich lange nicht mehr damit auseinandergesetzt) mehr um abstrakte Handlungen - Lügen ganz allgemein als das berühmteste Beispiel.
An dieser Stelle kommt dann auch der deutlichste Unterschied meiner Frage zu Kants Ideologie: Mir geht es darum, die Konsequenzen der jeweiligen Handlungen (einer täte es bzw. alle täten es; jeweils im weitesten Sinne "in dieser Situation [was nicht unbedingt zur gleichen Zeit o.ä. heißen muss, s.o]) zu vergleichen, und danach eine entsprechende Regel anzuwenden. Für Kant waren die Konsequenzen unwichtig. Vielmehr ging es ihm darum, zu überlegen, wann die Tatsache "dass alle es täten" schon von sich aus zu Widersprüchen führen würde - in der Interpretation, die ich kenne, sogar schon aus logischen Gründen. Daher kam er selbst doch, wenn ich mich richtig erinnere, zu absurd allgemeinen Einordnungen wie z.B. das Lügen immer schlecht/zu verurteilen ist, unabhängig vom Kontext.
Wegen solchen Beispielen bin ich mit Kants Antwort nicht zufrieden, und wollte für mich versuchen, eine eigene zu finden
@Val: Wir machen das die ganze Zeit, das sehe ich genauso. Diese Beispiele waren auch meine Hauptbeispiele aus der realen Welt.
Allerdings sehe ich nicht, dass aus unserem tatsächlichen Verhalten etwas über unser moralisches Urteil an dieser Stelle folgt. Jemand kann sicher der Meinung sein (Beweis durch Beispiel: Ich), dass es moralisch geboten ist, nachdem man sich umfassend informiert hat, substantielle Teile des eigenen Einkommens oder der eigenen Zeit zu verwenden, um deutlich Schlechtergestellten zu helfen (sogar wenn in der moral. Bewertung Gerechtigkeit egal ist, einfach weil Geld und damit auch Arbeitszeit einen stark abnehmenden Grenznuten hat); aber gleichzeitig aus egoistischen Gründen nichts davon in die Tat umsetzen.
Je nach Formulierung kann die Frage dabei natürlich auch "mit umgekehrten Vorzeichen" vorkommen (leicht neg. bei wenigen, stark pos. bei vielen/allen).
Ich bin mir glaube ich auch nicht so sicher wie du, dass es in den entsprechenden Fragestellungen nur um "moral. vs. egoistische bzw. sozial erwzungene" Vorteile geht.
Auch hier kann man wieder mit einem Extremfall argumentieren (von dem wir zum Glück schon genügend weit weg sind): Man nehme eine Gesellschaft, die in diesem einem Punkt wie die koreanische bzw. vielleicht noch etwas extremer ist (nach allem, was mir erzählt wurde - ich war noch nie selbst in Korea): Fleisch ist absolut selbstverständlich, niemand vernünftiges ist Vegetarier, man wird sehr schief angeschaut, wenn man auf Fleisch verzichtet.
Nehmen wir weiter einen Menschen, der in dieser Gesellschaft lebt, und der Überzeugung ist, dass eine wichtige Maxime um zu beurteilen, wie moralisch eine Handlung ist, das Vermeiden von unnötigem Leid von bewußten und/oder schmerzempfindlichen Lebewesen ist. Falls wir an objektive moralische Wahrheiten glauben, nehmen wir zusätztlich an, das stimmt auch.
Außerdeme soll obengenannter Mensch sehr gerne Fleisch essen.
Wenn nun diese eine Person Vegetarier wird, und man beurteilt rein die Konsequenzen, so sind diese vermutlich minimal schlechter als zuvor [es wird gleich viel Tierleid erzeugt, da eine einzelne Person in so einer Gesellschaft wirklich wörtlich keine Änderung hervorruft; gleichzeitig hat diese eine Person etwas weniger Glück/Präferenzerfüllung/o.ä. und eventuell erreicht man noch minimale neg. Effekte bei weiteren Personen]. Gleichzeitig weiß man aber auch mit hinreichender Sicherheit: Würden sich alle/viele so verhalten, so würde ein deutlich positiver Effekt eintreten (Vermeidung von Unmengen Tierleid gegenüber im Vergleich minimalen Negativeffekten bei der Wahl des bevorzugten Lebensmittels).
Ich glaube, dass man in dieser Situation ohne ein Analogon zu meiner im Startposting angesprochenen Konklusion nicht so einfach darauf kommt, dass es für die entsprechende Person geboten wäre, sich vegetarisch zu ernähren.
Da ich Vegetarier bin (und sehr gerne Fleisch esse(n) würde), habe ich jetzt (fast, denn unsere eigene Gesellschaft ist ja nicht ganz so extrem wie die skizzierte) verraten, wie meine eigene Antwort auf die Frage im Startposting ist.