Politik, 10. Staffel

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Sir Darian

Ritter des Helm
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Das Politik Topic wird aufgrund seiner Überlänge wieder gesplittet.

Teil 9 findet Ihr hier in der Bibliothek.
 

Astaldo

Vampireslayer
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Der republikanische Vorwahl-Marathon ist echt Satire ohne Ende. Romney hat nun seine Steuererklärung der letzten beiden Jahre offen gelegt und da er nur Kapitaleinkünfte hat, bezahlt er nach Abschreibungen nur etwa 13% Steuern, also weniger als der Durchschnittsamerikaner. Newt Gingrich kündigt daraufhin an, dass er die Steuern so gestalten will, das jeder Amerikaner nur noch um die 13% bezahlen soll. Man kann nur hoffen, dass sich keiner von denen gegen Obama durchsetzt. Selbst der eigentlich gemäßigte Romney, den ich noch bevorzugen würde, hat Ansichten die man eigentlich nicht ernsthaft unterstützen kann.
 

Ribalt

Ork-Metzler
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Ist wirklich toll :).


Rommney widerspricht sich für ein paar Wählerstimmen im selben Interview mehrmals ohne rot zu werden.

Gingrich schwafelt was von "family values" ist aber schon in der 3. Ehe und hat die tendenz seine langjährigen Ehefrauen zu verlassen wenn diese (Tot)krank werden und war einer der Hauptankläger von Bill Clinton.

Santorum ist religiöser als der Papst.

Ron Paul - "Libertarian..." Die Ideologie ist in sich schon eine Komödie, gäbe es nicht Leute die Sie ernst nehmen.

Dazu natürlich die total unbefangen Berichterstattung von Foxnews und Co., die "Kandidatur" von Colbert...

Perry ist ja leider draussen, von dessen Wahlwerbespots hätte Roalnd Emmerich noch etwas über Pathos lernen können. Hatte mich schon auf den nächsten gefreut :(.

Cain.. Lach.

Köstlich :). Wärs ein Film würd mans als zu unrealistisch betiteln.
 

Darghand

Einer von vielen
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Die Steuern auf Kapitaleinkünfte sind übrigens in den letzten Jahren europaweit stärker gesunken als die Steuern auf Lohneinkommen - wegen Stärkung des "Finanzstandorts" usw., wissenschon...
 

Rote Zora

Pfefferklinge
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Ich würde einer Verschwörungstheorie auch augenblicklich glauben, dass die Republikaner ihre Vorwahlen mit Absicht so "spannend" gestalten, damit ihre Kandidaten schön Medienpräsenz bekommen. Ein Start-Ziel-Sieg von Romney hätte keinen interessiert, also müssen jetzt mal andere gewinnen oder rückwirkend zum Sieger erklärt werden, damit am Ende alle denken: wer sich so klasse gegen so starke Konkurrenz durchsetzt, der muss einfach der bessere Präsident sein.

Z:rolleyes:RA
 

David

Moderner Nomade
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Ich finde diese ganzen Negativ-Kampangen ehrlich gesagt eher abstoßend, zumindest soweit ich das in komprimierter Form von Deutschland aus mitbekomme. Dasselbe gilt für die Hetze die Fox-News gegen Obama betreibt, die Macher dieses Senders könnten auch in Iran anfangen wenns in den USA mal nicht mehr läuft, so unterschiedlich können die (Propaganda-)Methoden nicht sein. :down:
Ich kann nicht abschätzen wie sich das für US-Amerikaner anfühlt die mit dieser anderen Kampangen-Form aufgewachsen sind, aber wenn ich dorthin ziehen würde, würde ich den Wahlkampf wahrscheinlich größtenteils ignorieren und mich mit was Anderem beschäftigen.

Wenn sich die Kandidaten monatelang gegenseitig öffentlich schlecht machen wunderts mich deshalb auch nicht wenn die Wahlbeteiligung am Ende niedrig ist oder staatliche Organisationen/Regeln generell abgelehnt werden, selbst wenn sie wie die Krankenversicherung den allermeisten Menschen helfen würden. Irgendwas bleibt bei so einer Schlammschlacht immer hängen, da kann eigentlich kein Kandidat sauber und unbeschadet rauskommen.
Soweit ich das mitbekomme, kann man manche TV-Spots und Reden ja fast schon als "hasserfüllt" bezeichnen, im Vergleich dazu sind unsere nichtssagenden bis peinlichen "Wir sind toll"-Wahlspots und -Plakate und das inszenierte Geplänkel im Wahlkampf fast schon wohltuend harmlos.

Die Kandidaten der Republikaner kommen mir eigentlich nur peinlich vor, wobei es gut möglich ist dass das daran liegt dass bei uns vor allem über sie berichtet wurde wenn sie mal wieder ein Fettnäpfchen gefunden haben. Auch die unterschiedlichen Wertesysteme (zB die Rolle der Religion betreffend) darf man hier wohl nicht vergessen, unsere Wahlkämpfe dürften für Amerikaner auch seltsam anmuten. (gleich 6 sozialistische Parteien.. :D )
Wobei es mir recht wäre, wenn die Unfähigkeit der Republikaner, die gemäßigten und extremen Flügel auf einen gemeinsamen Kandidaten einzuschwören, Obama eine zweite Amtszeit bescheren würde. Er hat zwar viel Glanz verloren und bei Themen wie Guantanamo enttäuscht, aber im Vergleich zu den Alternativen scheint er mir doch das geringere Übel zu sein..
 
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Lich

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@Propaganda
Den schlechten Witz mit den Massenvernichtungswaffen im Irak kennen wir ja alle.

Aber das Scharping allem Anschein nach ein ähnliches Spielchen damals beim Kosovokrieg abgezogen hat, ist mir persönlich neu:

http://www.youtube.com/watch?v=Pp0lL5ravJ8

Lich
 

Rote Zora

Pfefferklinge
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Das ist wirklich übel.
Dagegen sind diese Wulff-"Affärchen" wirklich Peanuts. Dazu *muss* es einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss geben, denn ein Minister in Fragen von Krieg und Frieden willentlich die Öffentlichkeit belogen hat, dann ist das ein unglaublicher Skandal.
Die ganze Kosovo Sache hat von Anfang an gestunken, es war mir im Prinzip von Anfang an nicht geheuer, ich befürchtete eine Kompensationsentscheidung für das totale Versagen der Internationalen Gemeinschaft in Srebrenica.
Soviel zum Thema Bilder können nicht lügen: Wenn die richtigen Einstellungen gezeigt werden, die richtigen Vorurteile und Klischees bedient werden, funktioniert das brutal gut. Scharping wird das gewusst haben.
Aber genau deshalb muss man ihn dafür drankriegen, denn ich als Normalbürger, will doch wenigstens vermuten dürfen, dass wenn etwas regierungsamtlich bestätigt ist, dass es dann kein Fake ist.

ZORA
 

Ysrthgrathe

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Das wurde schon 2001 in der WDR-Dokumentation "Es begann mit einer Lüge" behandelt.
In Deutschland wurde ja auch von "Szenen wie in Auschwitz" und von systematischer Vertreibung und Vernichtung der Albanier durch die Serben gesprochen.
Als Beweis wurde der sogenannte Hufeisenplan der serbischen Regierung präsentiert.
Das es diesen Hufeisenplan oder allgemein solche Pläne nie gab, ist auch schon sehr lange bekannt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Hufeisenplan
Mittlerweile ist es eine verbreitete Meinung, dass der Hufeisenplan eine Desinformation eines Geheimdienstes war.
[...]
Trotz der Behauptungen Scharpings und des deutschen Verteidigungsministeriums sowie Fischers und des deutschen Außenministeriums, wonach schon 1998 und im Januar 1999 mit der Realisierung des Planes begonnen worden sei, hat das Auswärtige Amt mehrmals den Gerichten in asyl- und ausländerrechtlichen Fragen Auskünfte bzw. Lageberichte übermittelt, wonach eine Gruppenverfolgung ethnischer Albaner aus dem Kosovo als nicht gegeben festgestellt wurde
 
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Rote Zora

Pfefferklinge
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Ja hab die Doku jetzt auch gefunden. Echt der Hammer.

Vor allem, dass das wirklich sang und klanglos verhallt ist, wie dreist und offensichtlich gelogen wurde.

Kein Untersuchungsausschuss :(

ZORA
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Der Wulff ist auch im Vergleich zu vielen anderen Vorkommnissen einfach nur lächerlich irrelevant.

Der Westerwelle z.B. hat über 2 Mio jährliche Einnahmen aus "Beraterverträgen" etc mit der Industrie. Echte Einnahmen, nicht bloss besonders günstige Kredite. Der kann sich pro Jahr 4 Häuser vom Kaliber Wulff-Eigenheim leisten, ohne je einen einzigen Eurocent Zinsen, günstig oder nicht, abdrücken zu müssen. Und der Westerwelle ist kein Einzelfall, nur besonders krass - solche "Beraterverträge" sind schon seit Jahrzehnten Standard für MdBs.

Oder was ist mit dem "summa cum laude" Doktortitel von You-Know-Who, dessen Namen ich nicht mal mehr hinschreiben will. Auch diverse andere Politiker waren der Meinung, das ein Doktortitel ein Geburtsrecht der finanziell Privilegierten wäre.

Und die CDU ist z.B. die Partei, die eigentlich in jedem Bundesland, das sie kontrolliert, der Wirtschaft dadurch Steuerhinterziehung als "Standortvorteil" gewährt, das sie die betreffenden Ämter unterbesetzt und dazu anhält, hauptsächlich bei denjenigen Menschen genau hinzusehen, bei denen es gar nicht viel zu holen gibt. Oder die in allen Bundesländern die NPD dadurch unterstützt, das sie massiv V-Leute bezahlt.

Diese Partei ist meinem Eindruck nach durch und durch korrupt und käuflich - wenn da ein ehemaliger CDU-Ministerpräsident für ein Eigenheim noch einen Kredit benötigt, kann ich eigentlich nur folgern, das es sich um ein noch relativ ehrliches Exemplar handelt.

Genau wie sich die SPD als die Linke und die FDP als die Piraten neugegründet haben, bräuchten wir jetzt eigentlich auch eine Neugründung der CDU. Weil die etablierten Parteien nicht mehr reformierbar sind und das Interesse der Allgemeinheit nicht mehr vertreten.

Worum gehts also bei Wulff ? Im Kern eigentlich darum, das er die Presse schlecht behandelt. Na und ? Das muß die erstens abkönnen und zweitens hat das Unterhaltungswert, wenn sich ein Spitzenpolitiker mit der Bildzeitung anlegt und damit, zumindest bisher, auch durchkommt.

Und was passiert, wenn Wulff wirklich abdankt ? Der Gedanke, was für Nachfolger da aufgestellt werden könnten, erfüllt mich mit Grauen. Der Wulff ist farblos, aber wenigstens sagt der manchmal Sachen wie "der Islam gehört zu Deutschland". Das ist wesentlich besser als etwa ein Gauck, der mit Schimpfen auf die Occupy-Bewegung von sich hören macht.

Wenn wir statt dem Wulff z.B. eine Margot Käßmann zum Bundespräsidenten haben könnten, aber gerne und sofort. Aber damit ist eher nicht zu rechnen.





Mitt Romney: Eure Armut kotzt mich an
[...] Doch Romney war noch nicht fertig und erklärte weiter: "Um die Armen mache ich mir keine Sorgen." Der CNN-Moderator wirkte etwas verwundert und hakte nach. Das würde doch in den Ohren der Bedürftigen zumindest merkwürdig klingen, oder nicht? Doch Multimillionär Romney hat für seine ziemlich verwegen klingende Annahme natürlich auch eine Begründung: "Die haben ein Sicherheitsnetz."

Er verwies auf Essensmarken, [...] auf Wohngeld, das in Amerika den Armen in Form von Gutscheinen gewährt wird und Medicaid, einen Gesundheitsdienst für Bedürftige. Immerhin fügte er noch an: "Wir können aber darüber reden, ob das Sicherheitsnetz für die Armen gestärkt werden muss oder ob es darin Löcher gibt."

"Mein Fokus liegt auf den Amerikanern mit mittleren Einkommen"

Was Romney nicht erwähnte: Während der Wirtschaftskrise wurde in den USA auch und vor allem bei den Armen gespart. So wurde Medicaid gekürzt, die Republikaner im Kongress planen außerdem, die Ausgabe von Essensmarken einzuschränken - und das obwohl in der Wirtschaftskrise immer mehr Arme darauf angewiesen sind. Auch Romney tritt in seinem Wahlprogramm für die Kürzungen von Staatsausgaben ein, Einschnitte, die auch Sozialprogramme hart treffen würden.

Außerdem ist die Chance des Aufstiegs zwischen den gesellschaftlichen Klassen, die soziale Mobilität, in den USA mittlerweile schlechter als in vielen europäischen Staaten. [...]
Immerhin, ehrlich isser schon: Sorry, ich hab zum Thema weder Plan noch Planung, ich gehe davon aus, da ist nichts nötig. Nur so ganz offen zugeben, das ihm das Thema am Allerwertesten vorbeigeht, so weit wollte er dann doch nicht gehen.


Der ehemalige Gouverneur von Massachusetts gilt vor allem deshalb als schwieriger Gegner, weil viele Amerikaner ihm eine hohe Wirtschaftskompetenz zusprechen.
Wer glaubt, das Wirtschaftsbosse automatisch irgendwas von politischer Ökonomie verstehen würden, ist in etwa so wirr drauf wie jemand, der glaubt, das Automechaniker alle tolle Rennfahrer sind. Das sind zwei völlig verschiedene Gebiete. Paul Krugmann z.B. macht sich regelmäßig lustig über den Schwachsinn, der von Romney verbreitet wird.


Eine Studie, die die Steuerpläne Romney untersuchte, zeigt allerdings: Nicht die mittleren Einkommen würden entlastet, würden Romneys Pläne Realität. Profitieren würden die Reichen. Romney selbst würde mit seinen eigenen Plänen seine eigene Steuerlast um die Hälfte reduzieren.
Überrascht das hier jemanden ?
 
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Chinasky

Dirty old man
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Ja, diese Begründungen für den Krieg gegen Serbien waren ein Witz. Meine damalige Nachbarin war eine Russin, sie und ihr Mann hatten allerhand "östliche" Freund, auch ein Serbenpärchen (Künstler) war darunter. Ich kann mich noch an Diskussionen erinnern und wie vollkommen unterschiedlich zur hierzulande veröffentlichten und gepflegten Meinungslage das war, was mir diese Leute da erzählten. Anfangs glaubte ich, die seien bloß parteiisch und vertraute mehr unseren "um Objektivität bemühten Medien". Aber bald schon gingen mir die Argumente aus und ich hielt lieber den Mund. Und als dann später rauskam, was für ein Fake diese "Operation Hufeisen" gewesen war, war ich nur noch beschämt, wie leicht ich mich hatte veräppeln lassen.

Seither glaube ich schlicht das, was uns da im Vorfeld von kriegerischen Auseinandersetzungen als "Nachrichten" serviert wird, kaum noch. Siehe die systematische Kriegstreiberei in Sachen Iran. Jetzt will uns doch tatsächlich der Iran das Öl abdrehen, na dürfen die das denn?!

Erinnert sich noch jemand an die Augenzeugenberichte aus Kuweit, wo angeblich irakische Soldaten Kinder aus Brutkästen rissen und ermordeten?* Oder an die Uranlügen, mit denen der zweite Irakkrieg begründet wurde? Vor der UN wurde nachweislich gelogen - und welcher der Verantwortlichen sitzt im Kittchen?




*Damals machte Enzensberger im SPIEGEL Saddam Hussein zum neuen Hitler - danach war er für mich als "moralische Instanz" gestorben.
 

Theron

Kampfmagier
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Wie Volker Pispers mal gesagt hat: Heute wird ja sowieso alles nur noch in "Hitler" gemessen, drunter machen es die Intellketüllen (oder so) ja nicht mehr.:D

Ich find auch so langsam man sollte vorsichtig sein was man von solchen Kriegsberichten glauben soll, siehe auch Lybien usw.
Die tapferen Rebellen gegen das böse Regime und immer irgendwelche gestellten Fotos von Turnschuh-Kämpfern mit dicken Waffen. Verbrecher gab es mit Sicherheit auf beiden Seiten.
 

Rote Zora

Pfefferklinge
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Nun läuft ja diese ominöse Münchener Sicherheitskonferenz, und schon beim Eröffnungsthema wird mir ganz anders :c::hae::wunder:
Deutschlands sicherheitspolitische Rolle in Europa.
Woher kommt diese Diskussion? Man tut in Berlin gerne so, als würde sie uns von unseren Verbündeten aufgezwungen, die sich eine aktivere Rolle Deutschlands wünschen. Aber ist das so? Und wenn jetzt unsere Regierenden und unsere Rüstungskonzerne alle Hurra schreien - sehen wir als Bürger das eigentlich genauso?
In Wirklichkeit haben wir Deutschen keinen Bock auf eine neue Interventionspolitik, wir wollen raus aus Afghanistan, wir wollten nie in den Irak und haben uns auch bei Libyen zurückgehalten.
Was vergibt man sich eigentlich, wenn man militärisch weiter auf Enthaltsamkeit setzt? Warum plötzlich anfangen, mit dem Feuer zu spielen? Wenn überhaupt, dann kann ich mir nur eine stärkere deutsche Einbindung in europäische Konzepte vorstellen, in der die Deutschen Kräfte bestimmte Aufgaben erledigen, auf die sie sich spezialisieren.
Aber diese gesamte Militarisierung von Konflikten macht mir zunehmend Sorgen. Es scheint mir wirklich so zu sein, dass das militärische Eingreifen nicht mehr die Ultima Ratio ist, sondern zunehmend zur Lieblingsoption der Sicherheits- und Außenpolitker wird, vor der schnell noch die diplomatischen Notwendigkeiten abgearbeitet werden, um dann endlich loszuschlagen.
Ein dezidierter Verzicht auf diese Option, und damit die selbstauferlegte Pflicht, in der Diplomatie wirklich alles zu versuchen, und gegebenenfalls auch mal zu scheitern - das ist mir ungleich sympathischer.

ZORA
 

David

Moderner Nomade
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Die Frage welche militärische Rolle Deutschland spielen soll stellt sich doch im Grunde seit der Wiedervereinigung. Wobei ich finde dass das stark vom Einzelfall abhängt, den Einsatz in Libyen würde ich zB Stand heute nicht verurteilen wollen, beim Irak wusste man dagegen im Grunde vorher schon dass die meisten Argumente dafür gelogen waren.

Und ob heute ein Angriff auf Iran vertretbar ist oder nicht würde man dummerweise wohl erst nachher wirklich sicher wissen wenn man untersuchen kann ob es ein militärisches Atomprogramm gab bzw. wie weit es war. Wüssten wir dass wir noch 10 Jahre hätten, könnten wir noch 9 Jahre verhandeln, wenn Iran nächstes Jahr die Bombe haben könnte, könnte ich Israel verstehen wenn es bald angreift.
Dass Deutschland daran direkt teilnehmen würde, kann ich mir aber kaum vorstellen. Im Moment haben die Wähler genug andere Sorgen, da könnte man das nicht mehr verkaufen wenn sich nicht ganz Dramatisches tun würde.

Was man aber allgemein diskutieren könnte (oder sollte) wären allgemeine Grundsätze an denen man die Entscheidung festmacht, bisher ist das ja meistens auch tagespolitisch motiviert, also die Frage ob Deutschland nur mitmacht wenn eigene Interessen oder Bürger bedroht werden (wie zB durch die Piraten), wenn allgemein viele Menschenleben auf dem Spiel stehen (zB Syrien) oder ob es kategorisch zu jedem Kampfeinsatz nein sagt.
Wer für Letzteres ist sollte sich aber auch fragen, ob er dabei wirklich an das Interesse aller denkt, oder nur daran dass solche Einsätze für uns selber gefährlich und teuer sind. In Fällen wie Libyen oder Syrien nur zuzuschauen hilft nicht zwangsläufig Leid zu vermindern, auch wenn sich "Nie wieder Krieg" schön anhört und ich persönlich es sympanthisch gefunden hätte wenn wir nach ww2 als Sonderfall unter den Nationen auf eine Armee ganz hätten verzichten können.

PS.:
Bei solchen Themen bin ich wirklich froh dass ich folgenlos und ohne Verantwortung daherreden kann, und keine echte Entscheidungen treffen muss die dann so oder so Leben kosten können. Das ist schon ein anderes Kaliber als Wirtschafts- oder Sozialpolitik.
 
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Matthew McKane

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Kriege werden meines Wissens so gut wie nie aus den Gründen geführt, wegen denen sie proklamiert werden.Wikipedia: Casus Belli
Daher ist es eigentlich unerheblich, ob der offizielle Kriegsgrund auf Lügen beruht oder zufällig wirklich passiert ist, in jedem Fall ist es nur ein vorgeschobenes Alibi für die wirklichen Kriegsinteressen!


Die Sache mit der Wiedervereinigung, ist in meinen Augen auch nur so ein Alibigrund für die "neue Rolle der Bundeswehr". Das Grundgesetz war doch angeblich eine freiwillig selbstauferlegte Verfassung. Warum sollte man daran was ändern, nur weil durch die wiedererlangte Souveränität, die äusseren Zwänge für eine reine Verteidigungsarmee nicht mehr gegeben sind?

Solange Israel als "Rechtsnachfolger" der Opfer den Holocaust noch nicht "aufgearbeitet" hat, könnte sich Deutschland als Rechtsnachfolger der Täter, meiner Meinung nach auch noch Zeit lassen mit dem "Fertig aufgearbeitet haben"

Irgendwie bin ich entteuscht darüber, das das "friedliche neue Deutschland", dass nie wieder Krieg führt, von dem man uns in der Schule immer erzählt hat (auf das ich stolz war), wohl doch nur die Lebenslüge der Nachkriegsgeneration war.



Edit: Einmal schlecht geschlafen und schon dreht sich die Welt weiter: US Verteidigungsminister: "Israel will Iran noch in diesem Frühjahr angreifen!"
 
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Rote Zora

Pfefferklinge
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Mir geht es genau wie dir Matthew. Obwohl ich wirklich begeisterter Befürworter der Wiedervereinigung war und bin, stellt sich bei mir sowas wie Westalgie ein, dass ich der Bonner Republik anfange nachzutrauern: nämlich genau aus dem von dir genannten Grund: dass man nach zwei wirklich menschenmassenvernichtenden Kriegen von deutschem Boden aus einfach beschlossen hat: Ab jetzt findet das Kriegführen ohne uns statt, wenn keiner so fies ist, uns auf unserer Scholle hier anzugreifen. Fertig.

Im Grunde ist es natürlich schon von Anfang an einen Tick verlogen gewesen, denn die deutsche Wiederaufrüstung fand ja auch gerade im Zusammenhang mit dem Koreakrieg statt. Wir haben hier in Deutschland unsere Verteidigung selbst übernommen, damit die Amis ein paar GIs für ihre Großmacht-Interessen in Ostasien haben.

Auch jetzt finde ich die ganze Sache noch von daher tröstlich, weil wir unsere neue Rolle mit unseren Nachbarn und Freunden gemeinsam entwickeln, und gemeinsam überlegen, wie soll das in Zukunft aussehen, was ist die Rolle und der Job der USA, was der NATO und was der EU? Je mehr die USA den Europäern zumuten, ihre Probleme selber anzugehen, desto mehr werden natürlich die Briten und Franzosen fragen, was eigentlich mit dem größten und wirtschaftlich stärksten Land los ist, wenn es darum geht, wirklichen Einsatz zu zeigen.

Damit stellt sich eben auch die Frage, wie die EU-Sicherheitspolitik zu beurteilen ist. Denn friedliche deutsche Kapitäne vor bösen Piraten zu schützen ist das eine, mit EU-Fangflotten die Küsten Afrikas leerzufischen und dann auf alles zu schießen, was sich auf andere Weise etwas zum Überleben beschaffen will, ist das andere.

ZORA

EDIT: wg Israel: Hmm... Es wäre nicht das erste Mal. Nur - selten läuft es bei der Wiederholung genauso wie bei dem ersten Versuch. Insgesamt sehe ich nur begrenzte Gefahr eines Riesenkonflikts, wenn es Israel gelänge, durch eine begrenzte Aktion das Atomprogramm des Iran nachhaltig zurückzuwerfen. Anders als im Irakkrieg ist Iran kein arabisches Bruderland. Es wäre also zu vermuten, dass die arabische Welt zwar empört reagiert, aber nicht militärisch, und damit der Konflikt eingrenzbar sein könnte.

Es könnte also alles so gut gehen: Weder der Westen noch die arabischen Nachbarn haben gesteigertes Interesse an einer israelischen Atombombe, und wären nicht undankbar, wenn Israel die Drecksarbeit übernehmen würde. Wenn dann die iranischen Atompläne zu Staub und Asche geworden sind, kann man ja vielleicht sogar die Sanktionen lockern und endlich wieder billig Öl kaufen :rolleyes:

Ein großes Risiko stellt aber der Einfluss des Iran auf muslimische Massenbewegungen dar. Hisbollah, Hamas - und vermutlich auch andere islamische Bewegungen wie die Muslimbrüder Ägyptens, die Schiiten im Irak sowieso und entsprechende Gruppierungen in Syrien, Jordanien und Co. Bei der politisch instabilen Lage nach dem "Arabischen Frühling" kann man sich also das Wohlwollen der dortigen Machthaber nicht einfach kaufen, oder auf kaltes Machtpolitisches Kalkül setzen.

Wenn es irgendetwas verbindendes, einendes in der gesamten islamischen Welt gibt, dann ist es der Hass auf Israel. Diese Karte wird Iran spielen, und genau in der Frage, wie weit gelingt es den USA oder den Europäern die neuen Regierungen in eine konstruktive, dialogische Zusammearbeit einzubinden könnte mit der Iranfrage ganz unglücklich verknüpft werden, wenn Israel die Füße nicht stillhält.

Von daher müssen EU und USA gemeinsam versuchen, Irans Atomprogramm diplomatisch zu stoppen, mit Sanktionen und Verhandlungen - und womöglich ist die Tatsache, dass ausgerechnet der US-Verteidigungsminister über israelische Angriffspläne plaudert genau ein Teil dieses Konzepts, dass man dem Iran deutlich macht, dass man gar nicht so viel Angst davor hat, wie man haben müsste.

Denn ernsthaft: Israel würde sich schön bedanken, wenn die USA solche militärisch sensiblen Fragen drei Monate vorher öffentlich ausplaudern, wenn es wirklich konkrete Pläne gäbe. Es scheint mir mehr eine Art Theaterdonner zu sein - doch die Frage bleibt: was passiert, wenn der nix nützt. Macht Israel dann ernst, oder müssen die USA ihnen dann zuvorkommen?

ZORA
 
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Ender

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Damit stellt sich eben auch die Frage, wie die EU-Sicherheitspolitik zu beurteilen ist. Denn friedliche deutsche Kapitäne vor bösen Piraten zu schützen ist das eine, mit EU-Fangflotten die Küsten Afrikas leerzufischen und dann auf alles zu schießen, was sich auf andere Weise etwas zum Überleben beschaffen will, ist das andere.
Piraterie ist also deiner Meinung Nach einfach ne Arbeit und wenn Leute dabei verletzt oder getötet werden dann ist das also nen Nebenprodukt dieser Arbeit und gerechtfertigt (weil die EU ja eh dran Schuld ist :rolleyes:) oder wie soll ich das jetzt verstehen ?
 

Darghand

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@ Ender

Ja, genau, indem Zora beide Seiten des Dilemmas anreißt, will er natürlich die Piraterie verteidigen. :rolleyes:

Mit ein bisschen weniger Schwarz/Weiß-Denken käme man vielleicht zu dem Schluss, dass Kriminalität das Resultat von begünstigenden Gelegenheitsstrukturen ist - in diesem Fall also tatsächlich das Leerfischen der Gewässer vor dem Horn von Afrika durch unter EU-Flaggen fahrenden Fabrikschiffen; Erosion staatlicher Gewalt (die dem Rest der Welt im übrigen am Allerwertesten vorbeigeht) in Somalia; und drittens das massenhafte Vorbeischippern von Gütern aus der sog. Dritten in die Erste Welt - und die Berücksichtigung solcher Umstände das rein moralische (und damit jedem Realitätsprinzip völlig enthobene) Urteil durchaus abmildern kann.

Das, was du hier predigst, ist die reine wohlstandsverwöhnte Erste-Welt-Sicht der Dinge und damit ein ganz armseliger Standpunkt.
 

Ender

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Das, was du hier predigst, ist die reine wohlstandsverwöhnte Erste-Welt-Sicht der Dinge und damit ein ganz armseliger Standpunkt
Daswas du hier Predigst erzähl am besten mal den Seeleuten von Auge zu Auge,die sind Sicher Dankbar für deine Erklärung :rolleyes: Wenn du dannach Im krankenhaus aufwachst ist auch der böse böse Westen dran schuld und nicht deine "wohlstandsverwöhnte Erste-Welt-Sicht und über allem Stehen" der Dinge
 
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