Was mich ganz generell beunruhigt:
Zypern hat wahrscheinlich etwa soviele Einwohner wie eine einzelne Großstadt und eine Wirtschaftsleistung wie ein Großunternehmen (bin gerade zu faul die genauen Zahlen nachzuschlagen).
Aber trotzdem schafft es dieses eigentlich eher unwichtige Mini-Land den Euro, der Zahlungsmittel für über hundert Millionen Menschen ist, in eine neue Krisenrunde zu führen, mit Potential zum europaweiten "bank run".
Selbst wenn wir auch diese Krise noch überstehen, ich bekomme zunehmend Zweifel, dass das ewig gut gehen kann.
Es gibt aber auch keine einfache Lösung, das Ende des Euros wäre ein riskantes Großexperiment mit ungewissem Ausgang, und an einer Insolvenzordnung für Staaten (was ich noch für den besten Ansatz halten würde) scheint sich nichtmal jemand ernsthaft zu versuchen. Haushaltsregeln für die Staaten sind gescheitert, bleibt also die Transferunion, die aber das Zeug dazu hat, neben dem Euro auch die EU zu sprengen, weil sich dabei alle Beteiligten als Verlierer fühlen.
Hier habe ich auch oft den Eindruck das ältere Politiker immer noch so beseelt davon sind, wie die EU den Frieden gesichert hat, dass sie nicht mehr erkennen, dass mehr EU heute den Frieden auch wieder gefährden kann. Ich hab schon viel zu oft auf wirtschaftliche Fragen rein politische Antworten der Marke "Europa ist toll, der Rest wird schon" gehört, die unterm Strich einfach nur heiße Luft waren. Als ob jemand, der zB gegen einen europaweiten Länderfinanzausgleich ist, zurück zu Erbfeindschaft und Co wollte.
Das Ganze erinnert ein wenig an die Atomkraft: Es wäre wahrscheinlich besser gewesen, nie damit anzufangen, aber jetzt wo sie (bzw. der Euro) da ist, wird man sie/ihn auch nicht mehr so leicht los.
@Turjan:
(zu letzter Seite) Deutschland exportiert seit Einführung des Euro ja schon prozentual mehr in außereuropäische Staaten, schon weil da auch ohne Euro-Krise mehr Wachstum möglich ist als in Europa, wo die Bevölkerung stagniert und im weltweiten Vergleich schon reich ist. Mit etwas Glück kann man den Rückgang des Exports in EU-Länder auch in Zukunft so etwas ausgleichen. Zumal selbst bei einer schweren Krise nicht 100% des Absatzes wegbrechen.
Selbst wenn der Euro zusammenbricht, das würde nichts daran ändern dass deutsche Firmen sich auf Exportgüter spezialisiert haben. Wenn sie die Krise überleben, werden sie auch danach weiter exportieren. Sie hätten es wahrscheinlich schwerer wegen der Wechselkurse, was sich btw. auch auf die Löhne dort auswirken würde. Überleben sie nicht, haben wir eben mehr Arbeitslose und damit auch weniger Konsum sowie Steuern. Vorteile brächte uns das nicht.
Wenn es soweit ist, dass wir wieder Konsumgüter für den Binnenmarkt zu konkurenzfähigen Preisen herstellen können, sind wir wirklich am Ende. Im Moment wäre die Alternative zur Exportindustrie vor allem Deindustriealisierung und eine weitere Konzentration auf Dienstleistungen, wo aber nicht unbedingt genug neue Jobs entstehen würden um den Verlust auszugleichen.
Wären sie Unternehmen, wären btw. doch fast alle Staaten längst bankrott. Wenn ich mir den Aufstieg von Populisten anschaue die das Blaue vom Himmel versprechen, oder die Reaktionen sobalt ein alter Besitzstand angegriffen wird, bekomme ich auch zunehmend Zweifel dass die Politik dazu in der Lage ist einen Staatshaushalt nicht früher oder später gegen die Wand zu fahren. (Der Selbstbetrug mit den ständig wachsenden Schulden hat ja auch lange vor der aktuellen Krise angefangen)
PS.:
Einen spürbar sinkenden Lebensstandard in der westlichen Welt erwarte ich mittelfristig (im Laufe des Jahrhunderts) aus diversen Gründen, darunter auch einige aus dem Bereich der Naturwissenschaft. Die Frage wird sein, ob wenigstens unsere Demokratie das übersteht und ob wir es schaffen daraus einen langsamen Rückgang, aber wenigstens keinen Crash, zu machen.