Politik, 10. Staffel

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

Ribalt

Ork-Metzler
Registriert
16.05.2002
Beiträge
4.289
Zypern bekommt vor allem "internationale" Dimensionen wenn man bedenkt wozu das ganze gemacht wird.

Zypern hat Schulden im Ausland (also eigentlich vor allem bei Banken in der EU), inländische Schulden interssieren nämlich niemanden so wirklich (siehe Japan).
Nun sagt die EU, dass sie 10 Mrd.(?) zahlen wenn Zypern selber 5 Mrd. (?) beschafft um eben diese Schulden zu bezahlen.
Zypern erhebt jetzt also eine "Steuer" auf die Sparguthaben um Geld von der EU zu bekommen um Schulden bei den Banken in eben dieser EU zu bezahlen.

In Griechenalnd u.s.w. siehts eigentlich genau gleich aus, nur versucht man es anders zu bewerkstelligen.

Kurz:
EU-Steuerzahler bezahlen faule Kredite ihrer eigenen Banken unter dem Deckmantel der Staatenrettung.

Ein hoch auf die freie Marktwirtschaft!



@Olome:
Die Zyprische "Idee" soll rückwirkend eingeführt werden, Geld abziehen sollte also "an sich" nichts bringen.
 

Olome Keratin

Gleichgewichtiger
Registriert
07.06.2008
Beiträge
3.151
@Ribalt: Wenn das Parlament in dieser Woche kein entsprechendes Gesetz verabschiedet, ist schon die Frage, wie lange sie die zwangsweise Bankenschließung noch durchhalten. Dann wird wahrscheinlich der Großteil der Leute sein Geld in Sicherheit bringen, egal was die Regierung sagt. Wer die Entwicklung in den letzten Woche aufmerksam verfolgt hat, hat sein Geld aber vermutlich eh vor dem Freitag letzter Woche abgezogen.
 

Rhonwen

Forumsköchin
Registriert
21.06.2001
Beiträge
3.092
@ Olome
Lis Kommentar war möglicherweise auf mich und mein Beamtentum gemünzt. Was du nicht mitbekommen hattest war nämlich, dass wir schon auf dem Kölntreffen darüber gewitzelt haben, dass ich Leibeigene des Landes bin.
 

David

Moderner Nomade
Registriert
05.10.2000
Beiträge
18.447
Was mich ganz generell beunruhigt:
Zypern hat wahrscheinlich etwa soviele Einwohner wie eine einzelne Großstadt und eine Wirtschaftsleistung wie ein Großunternehmen (bin gerade zu faul die genauen Zahlen nachzuschlagen).
Aber trotzdem schafft es dieses eigentlich eher unwichtige Mini-Land den Euro, der Zahlungsmittel für über hundert Millionen Menschen ist, in eine neue Krisenrunde zu führen, mit Potential zum europaweiten "bank run".
Selbst wenn wir auch diese Krise noch überstehen, ich bekomme zunehmend Zweifel, dass das ewig gut gehen kann.

Es gibt aber auch keine einfache Lösung, das Ende des Euros wäre ein riskantes Großexperiment mit ungewissem Ausgang, und an einer Insolvenzordnung für Staaten (was ich noch für den besten Ansatz halten würde) scheint sich nichtmal jemand ernsthaft zu versuchen. Haushaltsregeln für die Staaten sind gescheitert, bleibt also die Transferunion, die aber das Zeug dazu hat, neben dem Euro auch die EU zu sprengen, weil sich dabei alle Beteiligten als Verlierer fühlen.
Hier habe ich auch oft den Eindruck das ältere Politiker immer noch so beseelt davon sind, wie die EU den Frieden gesichert hat, dass sie nicht mehr erkennen, dass mehr EU heute den Frieden auch wieder gefährden kann. Ich hab schon viel zu oft auf wirtschaftliche Fragen rein politische Antworten der Marke "Europa ist toll, der Rest wird schon" gehört, die unterm Strich einfach nur heiße Luft waren. Als ob jemand, der zB gegen einen europaweiten Länderfinanzausgleich ist, zurück zu Erbfeindschaft und Co wollte. :rolleyes:

Das Ganze erinnert ein wenig an die Atomkraft: Es wäre wahrscheinlich besser gewesen, nie damit anzufangen, aber jetzt wo sie (bzw. der Euro) da ist, wird man sie/ihn auch nicht mehr so leicht los.


@Turjan:
(zu letzter Seite) Deutschland exportiert seit Einführung des Euro ja schon prozentual mehr in außereuropäische Staaten, schon weil da auch ohne Euro-Krise mehr Wachstum möglich ist als in Europa, wo die Bevölkerung stagniert und im weltweiten Vergleich schon reich ist. Mit etwas Glück kann man den Rückgang des Exports in EU-Länder auch in Zukunft so etwas ausgleichen. Zumal selbst bei einer schweren Krise nicht 100% des Absatzes wegbrechen.

Selbst wenn der Euro zusammenbricht, das würde nichts daran ändern dass deutsche Firmen sich auf Exportgüter spezialisiert haben. Wenn sie die Krise überleben, werden sie auch danach weiter exportieren. Sie hätten es wahrscheinlich schwerer wegen der Wechselkurse, was sich btw. auch auf die Löhne dort auswirken würde. Überleben sie nicht, haben wir eben mehr Arbeitslose und damit auch weniger Konsum sowie Steuern. Vorteile brächte uns das nicht.
Wenn es soweit ist, dass wir wieder Konsumgüter für den Binnenmarkt zu konkurenzfähigen Preisen herstellen können, sind wir wirklich am Ende. Im Moment wäre die Alternative zur Exportindustrie vor allem Deindustriealisierung und eine weitere Konzentration auf Dienstleistungen, wo aber nicht unbedingt genug neue Jobs entstehen würden um den Verlust auszugleichen.

Wären sie Unternehmen, wären btw. doch fast alle Staaten längst bankrott. Wenn ich mir den Aufstieg von Populisten anschaue die das Blaue vom Himmel versprechen, oder die Reaktionen sobalt ein alter Besitzstand angegriffen wird, bekomme ich auch zunehmend Zweifel dass die Politik dazu in der Lage ist einen Staatshaushalt nicht früher oder später gegen die Wand zu fahren. (Der Selbstbetrug mit den ständig wachsenden Schulden hat ja auch lange vor der aktuellen Krise angefangen)

PS.:
Einen spürbar sinkenden Lebensstandard in der westlichen Welt erwarte ich mittelfristig (im Laufe des Jahrhunderts) aus diversen Gründen, darunter auch einige aus dem Bereich der Naturwissenschaft. Die Frage wird sein, ob wenigstens unsere Demokratie das übersteht und ob wir es schaffen daraus einen langsamen Rückgang, aber wenigstens keinen Crash, zu machen.
 

Olome Keratin

Gleichgewichtiger
Registriert
07.06.2008
Beiträge
3.151
@David: Kannst du
Deutschland exportiert seit Einführung des Euro ja schon prozentual mehr in außereuropäische Staaten
belegen? Mir scheint nämlich das Gegenteil der Fall zu sein.
Quelle (im Abschnitt Deutschland erkennt man einen Anstieg des deutschen Handelsvolumens mit den EU-27 von 280 auf auf 559 Mrd. €, mit Nicht-EU von 170 auf 313 Mrd. €; prozentual hat also der Handel mit den EU 27 deutlich stärker zugelegt.)

@Rhonwen: Tja, das müsste Lisra dann richtig stellen. Verhält es sich so, war das für mich jedenfalls nicht erkennbar.
 

David

Moderner Nomade
Registriert
05.10.2000
Beiträge
18.447
Ich habe das in letzter Zeit mehrfach in Nachrichten und Diskussionen gehört wenns um den Nutzen des Euros für den deutschen Handel ging, meistens von der Seite die meint, der Euro wäre gar nicht so wichtig wie allgemein behauptet wird.

Evtl. hieß es richtig nicht "außereuropäische Staaten" wie ich geschrieben habe, sondern nur "außerhalb der Euro-Zone" (in den Tabellen wird ja die EU-27 betrachtet, wenn man in den Detail-Tabellen zB die Entwicklung der Exporte nach Polen und Frankreich vergleicht, könnte das hinkommen).
Und der Zeitraum könnte eine Rolle spielen, diese Tabellen hören ja schon 2006 auf. Auf die Schnelle habe ich aber keine anderen Daten.

EDIT: Jenachdem welche Jahre und Länder man sich zusammenbastelt (zB alle außerhalb der EU, alle außerhalb Europas, nur die Schwellenländer) und ob man nur den Saldo oder nur den Export / Import betrachtet, kann man aus den Daten wahrscheinlich sowohl Argumente gegen den Euro als auch dafür basteln..

Ansonsten sieh meine Aussage erstmal nur als Prognose:
Je mehr Europa in Zukunft schwächelt, desto wichtiger werden die Schwellenländer für den Export (EDIT: siehe zB heute schon das Wachstum des Exports nach China). Bei der Autoindustrie war das soweit ich es mitbekommen habe zuletzt schon der Fall: Stagnierender Absatz in Europa und Wachstum außerhalb Europas, was ja auch ein Problem für Opel ist, die dort nicht verkaufen dürfen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Darghand

Einer von vielen
Registriert
30.07.2001
Beiträge
6.016
Die prozentuellen Wachstumsraten der Exporte in Nicht-EU-Länder liegen seit Jahren höher als diejenigen in die EU- und Eurozonenländer.

Für den Zeitraum 2009 - 2011 sehen die Wachstumsraten wie folgt aus:

Euro-Staaten: 22%
China: 75%
Rußland: 66%
Brasilen: 57%
Südostasiatische Schwellenländer: 45%

Der Anteil der Euro-Staaten am Gesamt-Exportvolumen der BRD ist im selben Zeitraum von 43% auf 39,5 % gefallen.

Kumulierter Exportüberschuss 2009-2011, in Milliarden Euro:

Euro-Zone: 255
USA: 60
Großbritannien: 63
Polen: 30
Schweiz: 27
Türkei: 17

Es findet also eine Umorientierung der deutschen Exportwirtschaft statt. Wirtschaftlich gesehen ist das klug; der Absatz der Indikatorbranche Automobilindustrie ist von 2007-2012 weltweit um 18% gewachsen und in Europa um 24% eingebrochen. Das ist auch der Grund, weshalb einige Leute davon ausgehen, dass die BRD eine oder mehrere Staatspleiten südeuropäischer Länder relativ unbeschadet überstehen würde, da die Exporte in Nicht-EU-Staaten die Ausfälle mittelfristig ausgleichen würden.

Ich würd ja mal gerne wissen, was diese ominöse Alternative für Deutschland für Konsequenzen antizipiert, die sich aus einem Euro-Ausstieg Deutschlands ergeben würden. Zweifellos gehörte eine drastische Verteuerung der deutschen Exporte dazu, woraufhin die deutsche Exportwirtschaft an ihrer eigenen Produktivität erstickte (was sie derzeit nur deshalb nicht tut, weil, wie Olome richtig ausführte, die deutschen Banken Konsumkredite besorgen). Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit wäre die Folge.
 

David

Moderner Nomade
Registriert
05.10.2000
Beiträge
18.447
Ist die Frage wie stark die Wirkung des Preises auf den Export ist, zB bei Nobelkarossen die vor allem als Statussymbol dienen oder manchen Maschinen wo es keine gleichwertige Konkurenz gibt, ist das evtl. gar nicht so schlimm. Wir exportieren ja eher wenig billige Massenware bei der es auf jeden Cent ankommt. ("Preiselastizität der Nachfrage" wie der BWLer sagen würde)

Ansonsten werden wahrscheinlich auch erstmal die Löhne in der Exportindustrie sinken und andere unpopuläre Maßnahmen (zB mehr Automatisierung und Outsourcing) getroffen werden um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Am Ende würde aber wahrscheinlich trotzdem eine höhere Arbeitslosigkeit (und damit verbunden weniger Steuern, mehr Sozialausgaben, weniger Konsum etc.) stehen, ganz absatzneutral sind höhere Preise bestimmt nicht.

Die entscheidente Frage ist dann aber, ob das den Steuerzahler am Ende teurer kommt als die diversen Rettungsmaßnahmen. Je länger die Krise dauert, desto mehr bezweifele ich das, auch wenn ich anfangs "stellt euch mal vor, wenn jetzt auch noch die Wechselkurse Achterbahn fahren würden" für ein gutes Pro-Euro-Argument gehalten habe. Die Rettungspolitik lässt dieses Argument für mich aber zunehmend schwächer erscheinen, zumal man sich gegen kurzfristig schwankende Wechselkurse ganz gut absichern kann. Da hat die Finanzindustrie auch mal sinnvolle Produkte im Angebot.

Wobei die Frage ist, ob es für ein geordnetes Auseinandergehen des Euros nicht schon viel zu spät sein könnte, so dass nach einem Zerfall der Währungsunion alle beteiligten Staaten erstmal pleite wären, genauso wie viele Firmen die die chaotische Zeit nicht überstehen.
Und wenn wir in Europa einmal richtig crashen weiß ich nicht, ob wir uns danach nochmal soweit regenerieren können, dass wir wieder im weltweiten Vergleich soviel reicher sind wie heute.
 
Zuletzt bearbeitet:

Erian

Anla'Shok
Registriert
28.07.2001
Beiträge
6.953
Warum ist die Rettungspolitik kein Argument für die EU? Klar, sie könnte an vielen Punkten besser sein - aber es könnte auch schlimmer sein. Nehmen wir gerade Zypern, da fand ich diesen Kommentar durchaus nett. Die Anleger - egal ob groß oder klein - protestieren massiv gegen die Zwangsabgabe von 7-10%? Selbst mit 20k Euro Freibetrag? Ok, lasst uns die Banken nicht retten. Lasst sie pleite gehen, zeigt den Anlegern (so bitter es gerade auch für die kleinen ist), dass sie dann nicht 7-10% verlieren - sondern bis zu 100%.

Ich hoffe deshalb darauf, weil so etwas einige der Beteiligten wachrütteln könnte: Banken könnten erkennen, dass sie auch pleite gehen können. EU-Mitglieder könnten erkennen, dass die böse Troika sie nicht nur ausbluten will, sondern tatsächlich helfen - sie aber selbst Verwantwortung für den Mist der letzten Jahrzehnte übernehmen müssen. Und das kann halt auch schmerzhaft werden. Wirklich schade ist die Sache natürlich für die jüngere Generation, die das Schlamassel nur geerbt hat.

Das war was, was mich in Griechenland immer wieder geärgert hat: Zum Beispiel in Deutschland gibts starken Unmut, dass unsere Steuergelder die Griechen retten. In Griechenland gibts Unmut, dass die bösen Deutschen ihnen vorschreiben, wo sie wie viel einzusparen haben. Anstatt die eigenen maroden Strukturen - einschließlich der Korruption - anzugehen und die durch die Krise freigesetzte massive politische Energie konstruktiv zu nutzen (Korruptionsbekämpfung muss in erster Linie aus einer breiten Bevölkerung kommen, aus dem Willen, die Korruption zu bekämpfen!), wird lieber gegen böse Troika und böse Sparmaßnahmen demonstriert. Eine Union, die sozial sein soll und hier einem Staat in Not hilft, wird von allen Beteiligten negativ wahrgenommen. Wenn sich das nicht bald ändert, könnte sie wirklich zum Scheitern verurteilt werden.

Kleine Story nebenbei: Da fand ich Diskussionen mit Polen übrigens sehr interessant, in denen es darum ging, ob Polen den Euro einführen sollte. Argument dagegen war: Polens Währung gehts grad sehr gut, der Zloty ist im Moment stärker als der Euro, folglich wärs doch blöd, jetzt den Euro einzuführen. Find ich irgendwie sehr kurzsichtig: Wenn ein Land den Euro einführt, während seine eigene Währung schwächelt, wird sie mit der Einführung letztendlich den Euro schwächen - also die Währung, die dieses Land voraussichtlich für die nächsten Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte, selbst haben wird. Das ist nicht wirklich clever: Auch wenn das Land selbst kurzfristig besser dasteht, schwächt es die gesamte Gemeinschaft, von der es sich abhängig macht. Aber ich habe immer wieder das Gefühl, das solche Überlegungen erschreckend selten angestellt werden...
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
Registriert
20.11.2000
Beiträge
14.907
Okay, diese Massaker sind KEIN lustiges Thema. Aber dieser Artikel ist lustig: Jetzt sollen die Lehrer zurückballern. :rolleyes:

Oh. Mein. Gott. Was für eine absolute Schwachsinnsidee. :rolleyes: Anstatt das die USA endlich mal einsieht, das Waffen nicht in die Hände von Zivilisten gehören, werden einfach noch mehr Waffen eingeführt. :rolleyes: Das löst jetzt auf jeden Fall alle Probleme !

Denn ganz klar - so ein Lehrer ist ja auch die beste Person, um eine Waffe zu benutzen (das bedeutet doch mal mindestens regelmäßiges Schießtraining, damit man überhaupt was trifft) und um auf einen Menschen im Ernstfall auch wirklich zu schießen. :rolleyes: Der Lehrerberuf ist ja auch so blutrünstig, das sind echte Menschenschlächter !

Jeder, der einen Amoklauf macht, weiß, das auf ihn geschossen werden wird. Nicht von Lehrern, aber von Polizisten. Niemanden wird das von einem Amoklauf abhalten.

Die Statistik sagt: wenn man Waffen im Haus hat, werden 98% der Opfer dieser Waffen nicht die Einbrecher sein. Sondern im Zweifelsfall man selbst, weil der Einbrecher die Waffen zuerst gefunden hat. Diese Statistik wird beim Projekt Waffen in den Händen von Lehrern nicht besser ausfallen. Die logische Konsequenz ist jetzt eigentlich, das ein Amokläufer einen Lehrer entwaffnet und mit dieser Waffe dann den Amoklauf macht.

Was eigentlich notwendig wäre, wären strenge Gesetze für Waffen in den Händen von Zivilisten. DAS, und nur das, könnte helfen. Zivilisten brauchen schlicht und einfach keine Schußwaffen !

Ganz los wird man das Problem so natürlich auch nicht. Aber Verbrechen kann man nie ganz verhindern. Absolute Sicherheit ist einfach nicht möglich. Jetzt auch noch explizit Waffen in den Schulen zu erlauben, hilft erst recht nicht. Dann muß sich der Amokläufer die Waffe ja nicht mal mehr selbst besorgen.
 

Olome Keratin

Gleichgewichtiger
Registriert
07.06.2008
Beiträge
3.151
@Erian: Du hast es im Grunde selbst ausgeführt, aber ohne den Zusammenhang explizit zu nennen. Die europäischen Völker geraten immer mehr aneinander, weil die einen den anderen Vorschriften machen und die anderen dauernd Geld haben wollen. Ohne Rettungspolitik würde jeder für sich selbst haften und es gäbe weder Vorschriften noch Transfers. In dem Fall würde es zwar wahrscheinlich zu einem Ende der Währungsunion und zu einem Ende der ein oder anderen Bank kommen, aber so what? Europa hat sowohl das Ende der lateinischen als auch der skandinavischen Münzunion überlebt und Banken sind im Laufe der Jahrhunderte häufiger gecrasht als ich zählen kann. Wenn das dem Finanzsektor insgesamt problematisch erscheint, sollen sie sich halt selbst helfen wie in den USA 1907. Hindert sie keiner dran.
Der Kommentar von der Tagesschau ist in meinen Augen übrigens daneben. Ich kenne kein Zitat (und der Kommentar nennt auch keines), dass die zyprischen Parlamentarier jetzt tatsächlich mehr EU-Geld erwarten. Dass sie im Zweifelsfall für die Staatspleite votiert haben, dürfte allen klar sein.
 

Erian

Anla'Shok
Registriert
28.07.2001
Beiträge
6.953
Och, ich sehe eigentlich keinen Grund, warum die Banken nicht auch mit dem Euro pleite gehen können sollten. Und hoffe einfach, dass Zypern hier ein Pilotprojekt ist - auch wenn das natürlich bitter zynisch von mir ist.

Was deine Kritik an dem Kommentar angeht: Bin ich dabei - die tagesschau.de-Kommentare sind schnell dabei, (potentiellen) Unsinn zu interpretieren. Es kann schon sein, dass Zypern pokert - und hofft, von EU und/oder Russland gerettet zu werden, ohne selbst groß draufzuzahlen. Aber das werden die nächsten Tage wohl zeigen.
 

Olome Keratin

Gleichgewichtiger
Registriert
07.06.2008
Beiträge
3.151
@Erian: Hm, ich hab doch geschrieben, dass die Banken gerne pleite gehen dürfen?
 

Erian

Anla'Shok
Registriert
28.07.2001
Beiträge
6.953
Ich wollte nur betonen, dass ich da keine Abhängigkeiten im Zusammenhang mit der Währungsunion sehe. ^^
Banken können mit und ohne Euro pleite gehen. Bzw. sollten pleite gehen können.
 

David

Moderner Nomade
Registriert
05.10.2000
Beiträge
18.447
Es gibt zwei Faktoren die jetzt eine Rolle spielen:
Zum Einem der Domino-Effekt, wenn Zypern über seine Banken pleite geht, Gläubiger Geld verlieren, und das auch für andere Euro-Staaten befürchten und entsprechend handeln. Und zum Anderen das Erpressungspotential seitens Zypern, eben genau wegen des möglichen Domino-Effektes.

Ohne Euro würde doch kaum ein normaler Bürger Notiz davon nehmen, wenn Zypern pleite gehen würde. Da würd die Politik über EU-Fonds helfen die Folgen zu mindern und vielleicht freiwillig etwas mehr Geld geben als die Verträge vorsehen, ähnlich wie bei Naturkatastrophen, aber wirklich sorgen müsste man sich nicht.

Nachdem sich aber jetzt alle Beteiligten ein paar Tage lang Gedanken darüber gemacht haben, dass so eine Zwangsabgabe zum (süd)europweiten bank-run führen könnte, war es von Zypern gar nicht mehr so riskant, nein zu sagen. Wenn Russland nicht hilft, verhandelt man eben nochmal mit der EU, und wer würde darauf wetten, dass sie ausgerechnet diesmal standhaft bei ihrem nein bleibt ?
Ursprünglich waren Hilfen für andere Euro-Staaten explizit ausgeschlossen, und seit dem wurde noch jede rote Linie überschritten.
(Wobei ich die Angst vor den Folgen des neins auch ein Stück weit verstehen kann, Prinzipientreue ist in der Praxis was Anderes als hier im luftleeren virtuellen Raum)
 

Erian

Anla'Shok
Registriert
28.07.2001
Beiträge
6.953
Spielts denn ne wirkliche Rolle, ob die Zypriotischen Banken pleite gehen und die Gläubiger ihr Geld in Euro oder in einer lokalen Währung verlieren? Die Berichterstattung würde anders aussehen. Es könnte weniger Panik gemacht werden. Aber wirtschaftlich?
Gut, ohne Euro würde es wahrscheinlich keine Insolvenz geben, in der halt ein Teil der Schulden (aka Guthaben) aus der Insolvenzmasse bedient werden, sondern ne Abwertung der lokalen Währung - was aber für die Kunden prinzipiell die gleichen Folgen hätte: Ein großer Teil des Wertes würde verloren gehen.
 

Lord Snow

Lord Commander
Registriert
05.02.2002
Beiträge
3.539
Die größten ausländischen Gläubiger sind wie bei allen anderen europäischen Pleiten auch in Zypern deutsche Banken. Es geht hier um ca. 6 Milliarden Euro also exakt den Betrag, den das Land selbst aufbringen muss. Deshalb kann man sich relativ sicher sein, dass Zypern nicht pleite gehen wird, wenn die Entscheidung alleine von "europäischen" Interessen getragen wird. Nicht absehen kann ich persönlich aber, inwiefern die zypriotischen Parlamentarier einen Einfluß auf diese Entscheidung haben. Was euch natürlich nicht davon abhalten soll zu spekulieren, was passiert, wenn man Zypern Pleite gehen lässt. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:

David

Moderner Nomade
Registriert
05.10.2000
Beiträge
18.447
Irgendwie hat man da manchmal den Eindruck, dass die Politik die Pleite aus der Marktwirtschaft entfernen soll..
Aber manchmal muss man die Anleger (in dem Fall dann die Banken mit Investments in Zypern) auch mal daran erinnern, dass der Zins u.a. eine Risikoprämie ist, und dass es deshalb völlig normal ist, sein Geld zu verlieren, wenn man es an der falschen Stelle investiert hat.

@Erian:
Diese Panik kann ja schon reichen, selbst wenn es einer Bank gut geht, wenn plötzlich alle denken, es würde ihr schlecht gehen und deshalb ihr Geld abheben, geht es ihr auch schlecht.

Und die "Ansteckungsgefahr" in Bezug auf Ausfälle bei Staatsanleihen wurde inzwischen so oft genannt, dass auch der letzte Anleger es verstanden hat. (PS.: Und auch auf die Gefahr von Verlusten bei Bankeinlagen übertragen kann)
 
Zuletzt bearbeitet:

Erian

Anla'Shok
Registriert
28.07.2001
Beiträge
6.953
Naja, nun ist die Frage für mich halt: Wie weit sollten wir das System an die Ängste der Menschen anpassen? Und ab wann sollten wir eher schauen, nicht weiter Ängste zu schüren (hallo Medien), sondern Bildung zu schaffen.
 

Olome Keratin

Gleichgewichtiger
Registriert
07.06.2008
Beiträge
3.151
Um auf die AfD zurückzukommen: Einmal Eigensicht von Konrad Adam
Andererseits Talkshow bei Anne Will. Interessant wurde es eigentlich erst am Schluss mit der Auseinandersetzung zwischen Stoiber und Lucke, da kam bei Stoiber ganz gut raus, dass Europa für ihn einen religiösen bzw. ideologischen Wert hat und es gar nicht darum geht, eine gute sachgerechte Lösung zu finden.
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Oben