Politik, 10. Staffel

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Lisra

Schmusekater
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Das betrifft doch auch Leute, die ein Konto auf Zypern haben, aber dort nicht wohnen?
 

Caesar

C
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Und was ist an knapp 7% Abgabe jetzt Enteignen? Sollte man nicht froh sein, dass man überhaupt was hat wenn seine Bank pleite geht? Ich dachte so funktioniert der geliebte Kapitalismus?
Wenn es nach mir ginge (was es leider nicht geht) Würden auch die schulden der Banken die Aktiengesellschaften sind auf die Aktionäre umgelegt. Weil... ich kaufe mir einen teil des Unternehmens, aber nur den guten teil und wenn sie schulden haben gehören die nicht mir? Das klingt nicht durchdacht...
 

Darghand

Einer von vielen
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"die Sparer enteignet"

Überdurchschnittlich reiche Menschen, die ihr Geld aus steuerlichen Gründen ins als Geldwäscheparadies bekannte Zypern verschoben haben (oder zu den reichen Zyprioten zählen), müssen mit 6,75% ihres dort angelegten Geldes für den Schaden haften, den sie mit ihrem Verhalten selbst mit zu verantworten haben. Das muss natürlich als Enteignung bezeichnet werden, wenn jemand nach dem Enteignungsakt immernoch 93,25% seines Vermögens besitzt.

Mit der Omma und ihren Spargroschen hat das nüscht zu tun.

Man sollte sich einfach mal an den Gedanken gewöhnen, dass Geldanlage in jedweder Form Spekulation ist und deshalb mit dem Risiko des Verlustes auf die ein oder andere Art behaftet ist.
Worin bestünde die Alternative? Die zypriotischen Banken und das dazugehörige Gemeinwesen nach kapitalistischen Regeln einfach in den Abgrund fahren lassen. Ob die dann zu erwartende Enteignung nach Marktgesetzen wohl ober- oder unterhalb der quasi sozialistischen Enteignungsquote von 6,75% liegt?
 

Lord Assis

Ruhe vor dem Sturm
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Okay, habe ich überlesen, dachte es gilt nur für Einwohner Zyperns.
 

David

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Aber soweit ich das verstanden habe, würde es doch auch Kleinsparer betreffen, die zB 10.000 Euro zu <1% auf einem nicht-spekulativen Standardkonto liegen haben ?
Wenn es denen ans Geld geht, könnte das schon zu einem Horten von Bargeld oder dem Transfer des Geldes ins Ausland mit besserer Einlagensicherung führen. Dabei dürfte die Höhe des Abzuges auch fast schon zweitrangig sein, da zählt auch das Gefühl, dass einem der Staat ans Geld will.

Aktionäre sind eine ganze andere Gruppe, die gehen bewusst ein Risiko ein um höhere Renditen zu erzielen, und wer Schwarzgeld bunkert, sollte dieses eigentlich als Strafe zu über 100% abführen müssen, aber das darf man nicht in einen Topf mit normalen Sparern werfen, die absolut nichts Verwerfliches gemacht haben.

Wobei die Frage natürlich auch ist, wer sonst zahlen soll: Staatsbedienstete, Rentner etc. bei einer Staatspleite, das Ausland über Transfers, die nächste Generation über neue Schulden ?
Am Ende landet die Rechnung bei einer Gruppe, die nicht deckungsgleich mit der sein wird, die die Krise verursacht hat, wobei man Letzteres auch nicht wirklich genau eingrenzen kann. Rational gesehen sind die ca. 7% vielleicht wirklich eine der besseren Lösungen, aber wenn das zu einer panikartigen Kapitalflucht führt, kann das Land natürlich immer noch in die Pleite schlittern.

@Lord Assis:
Ich habe neulich gelesen, dass die privaten Vermögen in manchen Krisenstaaten durchaus auf deutschem Niveau liegen, die Konten des Staates und seiner Bürger sind ja 2 Paar Schuhe. Deutschland als Staat hat auch 2 Billionen Schulden, obwohl das Land als Summe seiner Bürger reich ist. (Und die Schulden werden wie wir gerade erlebt haben selbst bei Rekordeinnahmen noch mehr, da liegt meiner Meinung nach ein ganz grundlegendes Missverhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben vor, fast schon egal ob wir über Griechenland oder Deutschland reden)


EDIT:
Noch was Anderes, ich habe neulich gehört, dass es in den USA üblich gewesen sein soll, Hauskredite nur mit dem Haus selber, aber nicht wie bei uns üblich mit dem restlichen Privatvermögen abzusichern, so dass einem Hauskäufer selbst bei der windigsten Finanzierung eigentlich nicht mehr passieren konnte, als dass er 'sein' Haus an die Bank zurückgeben muss.
Wenn das wirklich in großen Umfang passiert sein sollte, wirft das nochmal ein ganz anderes Licht auf den Anfang der Krise. So eine Verantwortungslosigkeit hätte die Politik eigentlich im Keim ersticken müssen. Und ein Bänker, der solche Verträge unterschreibt (wahrscheinlich in der Hoffnung dass Hauspreise nie sinken können) gehört zurück in die Grundschule, rechnen lernen. :rolleyes:
 
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Olome Keratin

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Mich hat bei der Meldung vor allem gewundert, dass es ernsthaft so viele Leute geben soll, die blöd genug gewesen sein sollen, ihr Geld nicht längst aus Zypern abgezogen zu haben. Ich hatte eigentlich angenommen, dass die aktuelle Krise neben dem griechischen Schuldenschnitt insbesondere von einer Kapitalflucht aus Zypern ausgelöst wurde, die die Banken in Schieflage brachte. Ich bin mal gespannt, ob die Einnahmeschätzungen wirklich auf aktuellen Guthaben basieren oder man nach der Bundestagswahl irgendwann feststellt, dass das ganze zu optimistisch war.
Mein Favorit wäre eigentlich, die Banken pleite gehen zu lassen, der Markt regelt das schon. Für Kleinsparer gibt es normalerweise einen Einlagensicherungsfonds, also stürzt niemand ins totale Elend durch einen Bankenkollaps. Nach dem herrschenden Neo-Merkantilismus macht man sowas leider nicht mehr.

@David: Der Möglichkeit, auf Bargeld umzusteigen, wird bereits zunehmend ein Riegel vorgeschoben, offiziell begründet mit dem Kampf gegen Geldwäsche: Siehe "Bargeld ist ein Stück gedruckter Freiheit"

Und zum Edit: Das ist eigentlich lange bekannt. Die Leute, die diese Kredite vergeben haben, wurden zum überwiegenden Teil hastig angelernt und wussten nicht, was sie tun. Die Banken und Immobilienfinanzierer wussten schon, was sie tun. Ein Ex-Bankchef hat es mal so formuliert: "Solange die Musik spielt, musst du tanzen." Die Wette war also, so lange wie möglich mit dem Markt zu verdienen und rechtzeitig auszusteigen und die Verluste weiterzureichen, bspw. an deutsche Landesbanken. Die Spitzeninstitute wie Goldman Sachs, Morgan Stanley, J.P. Morgan Chase und die Deutsche Bank haben das auch geschafft, andere wie Bear Stearns, Merryl Lynch und Lehman Brothers waren halt nicht so clever.
 

David

Moderner Nomade
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Dass die Banken auf Verbriefung und weiter steigende Hauspreise gesetzt haben in der naiven Hoffnung der Schlauste zu sein (wobei das wirklich eine größenwahnsinnige Annahme ist, über die man mal hätte nachdenken können), hab ich mir auch gedacht, aber ich war davon ausgegangen, dass sie die Kreditnehmer notfalls auch bewusst ruiniert haben indem sie ihnen Kredite gegeben haben, die sie nie abbezahlen können.
Aber mit dieser Haftungsbeschränkung sind die Kunden keine Opfer mehr, sondern fast schon Komplizen: Man hat ja nichts zu verlieren wenn man notfalls das Haus einfach zurückgeben und den Kredit dann vergessen kann. Dass man als mehr oder weniger mittellose Privatperson mit so einem Vertrag durchkommen kann, wäre mir im Traum nicht eingefallen.
(Deshalb hab ich mich auch gefragt, wie soviele Menschen so naiv sein konnten ein Haus zu kaufen obwohl sie kaum Einkommen und null Eigenkapital haben, die Frage ist jetzt natürlich geklärt)

Was Bargeld angeht fürchte ich, dass es langfristig ohnehin abgeschafft werden wird. Aber die Ersparnisse in bar daheim zu bunkern ist ja eh naiv (auch wenns wahrscheinlich viele trotzdem machen), ein Einbruch oder Feuer und das Geld ist weg. Und die 0,x% Zinsen die man im Moment auf den meisten normalen Konten bekommt sind natürlich auch besser als gar nichts.

Was im schlimmsten Fall passieren könnte ist wohl, dass das Geld jetzt zu den als sicher geltenden Banken in Ländern mit guter Einlagensicherung geht, während die als schwach angesehenen Banken in Ländern mit schlechter oder keiner Einlagensicherung relativ schnell Probleme bekommen könnten. Im schlimmsten Fall beschleunigt man so die Krise noch. Aber wie gesagt, die anderen Alternativen sind auch alle nicht schön.

Pleiten zuzulassen wäre auch mein erster Gedanke, ohne so eine Auslese funktioniert die Marktwirtschaft nicht. Aber die Angst, dass sowas eine Kettenreaktion auslöst ist natürlich auch nicht ganz unbegründet, wir haben leicht reden, aber ich wollte im Moment kein Politiker sein der damit zu tun hat..
 
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Turjan

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@David: Im Prinzip kann man heute noch ohne Erspartes ein Haus kaufen, es ist nur erheblich schwerer geworden und bedarf oft staatlicher Abischerung. Ausserdem ist es prinzipiell richtig gedacht, dass ein Hauskredit durch das Haus abgesichert ist. Kein Amerikaner wuerde sich darauf einlassen, ein Haus mit Privatvermoegen abzusichern; das ist unfaire Abzocke. Du bekommst allerdings nur dann die besten Konditionen, wenn du etwa 20% des Kaufpreises angespart hast und das fuer den Hauskauf ausgibst; diese decken dann so quasi die unvermeidlichen Verluste durch Honorare etc. ab und geben der Bank ein gewisses Polster gegen Wertverlust.

Was wirklich schwer geworden ist, ist, mit niedriger Anzahlung ohne besondere Bedingungen, die staatliche Absicherung erlauben, ein Haus zu kaufen, besonders wenn dein Credit Score beschaedigt ist. Das ist aber wahrscheinlich auch besser so.

Was den Hausmarkt angeht, ist Deutschland der wunderliche Fall, nicht die USA. Deutsche haben ja auch vergleichsweise selten Haeuser.
 

Caesar

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Aber sind US Häuser nicht auch viel billiger und aus Pappe?
(Zumindest das billiger ist ernst gemeint, das aus Pappe halb ernst...)
 

Turjan

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@Caesar: Kommt, wie immer, darauf an, wo Du wohnst. Es ist ausserdem eine prinzipielle Sache, da ich von Prozenten redete, was preisunabhaengig ist. Deine Anzahlung sollte die durch den Kaufakt entstandenen Kosten abdecken, ansonsten hat die Bank das Haus als Sicherheit. Alles andere ist Schmu und darauf aus, Dich im Vertrag festzunageln. Das ist in Amerika inakzeptabel, da Leute dauernd umziehen und ihre Haeuser verkaufen und wieder neue kaufen. Es gibt in normalen Vertraegen auch keine Strafen fuer vorzeitige Kreditabzahlungen, wie sie in Deutschland ueblich sind. Das Kreditwesen hier ist erst einmal sehr viel kundenfreundlicher.

Falls Du nicht zahlst, wird es dann sehr viel unfreundlicher (Wucherzinsen, Telefonterror, etc.) :D. Die Bankrotterklaerung beendet das aber.
 

David

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Wenn ich mir das Ergebnis anschaue, würde ich mir ehrlich gesagt wünschen, dass Konsumkredite für Privatpersonen noch viel restriktiver vergeben würden. Man muss ja nichtmal an Immobilien denken, für viele Jugendliche reicht schon ein Handy-Vertrag als erster Schritt in die Schuldenfalle.

@Caesar:
Billige Häuser gibts bei uns auch, daheim im ländlichen Hessen gibt es zB welche ab ca. 30.000 Euro, manchmal sogar noch für weniger. Und das sind nichtmal die letzten Bruchbuden die beim nächsten Windstoß umfallen, auch wenns für den Preis natürlich keine modernen energiesparsamen Neubauten sind.

Aber völlig egal was es kostet, Eigenkapital und ein halbwegs sichereres Einkommen sollte schon da sein bei so einer Anschaffung auf Kredit, sonst ist das reine Spekulation. Bei steigenden Häuserpreisen kann man natürlich auch zu 100% finanzieren und ein paar Jahre später mit Gewinn verkaufen, aber das ist für Privatpersonen eigentlich viel zu riskant.
Nur wenn man dieses Risiko auf die Bank abwälzen kann indem man bei einer Pleite nur mit dem Haus haftet, und dann die Bank das Risiko entweder weitergibt und dabei verschleiert oder im Notfall den Staat einspringen lässt wirds langsam komisch, höflich ausgedrückt.
Ich sehe auch nicht was unfair daran ist für Risiken die man eingeht auch gerade zu stehen. "Mir kann nichts passieren / ist ja nicht mein Geld" ist keine gute Grundlage für nachhaltiges Wirtschaften. (Statt Managergehälter zu begrenzen würde ich mir in dem Zusammenhang auch eher eine persönliche Haftung wenigstens bei grober Fahrlässigkeit wünschen)

Ob es überhaupt sinnvoll ist bei hoher Mobilität Wohneigentum zu kaufen, oder ob es (fair geregelte) Mieten nicht auch tun, ist nochmal eine andere Frage. Das ist wahrscheinlich auch ein Stück Tradition, wenn in Amerika gerne jeder sein eigenes Haus hätte könnte das evtl. auch ein Grund dafür sein, dass die Politik diese Haftungsbegrenzung zugelassen hat.
(Wäre mal interesannt ob das Thema vor der Krise je auf der Agenda stand)

PS.:
Da sind ja auch noch mehr seltsame Geschäfte gelaufen, zB sollen ja viele Amerikaner eine Hypothek auf ihr (mit dem aktuellen Marktpreis bewertetem) Haus aufgenommen haben, obwohl sie es eigentlich schon abbezahlt hatten, nur um dann damit mehr konsumieren zu können.
 
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Olome Keratin

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@David: In den USA waren Immobilienkredite quasi Konsumkredite. Die Banken haben nämlich nicht 100% des Immobilienwertes als Kredit vergeben, sondern bis zu 120%. Begründung: Der Wert des Hauses steigt ja mit der Zeit. Die hoch gelobte amerikanische Konjunktur nach 2001 basierte im Wesentlichen auf zum Konsum verbrauchten Immobilienkrediten und brachte dem Land eine negative Sparquote ein. Wer wollte, konnte das wissen. Meine Vorhersage der amerikanischen Wirtschaftskrise basierte im Wesentlichen darauf, dass dieses Schneeballsystem mit dem Anheben des Leitzinses durch die FED zusammenbrechen würde. Damit startete sie 2004, erste flächendeckende Kreditausfälle gab es 2005 und bis 2007 fraß sich die Krise durch die Bilanzen und erreichte die Börse.
Und die Politik hat das aktiv gefördert, da die Beschaffung von Wohneigentum als effektive Sozialpolitik durch den Bund durch ging, siehe Fanny Mae und Freddy Mac unter Clinton und Bush II.
 

Turjan

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@David: Warum sollte irgendwer mit mehr als dem Haus fuer seinen Kredit haften? Gibt es dafuer irgendeinen vernuenftigen Grund? Wenn Du eine 20%ige Anzahlung machst, ist das Haus im Normalfall mehr wert als Dein Restkredit. Bei einer 10%igen Anzahlung musst Du wahrscheinlich ein bis drei Jahre abzahlen, um zu dem Punkt zu kommen. Einen richtig guten Kreditvertrag bekommst Du dann nicht mehr. Ich glaube, das Minimum ist zur Zeit bei etwa 6%.

Das hat in den USA nur deswegen nicht funktioniert, weil gar keine Bonitaetspruefung mehr gemacht wurde. Kreditvergabe wurde von Nichtbankern gehandelt, und da die Kredite nie bei dem blieben, der sie vergab, wurde das Risiko verschoben. Es gab keine Verantwortlichkeit mehr. Eine Haftung mit persoenlichem Vermoegen der Kaeufer haette die Krise noch weitaus verschaerft. Es war ein Versagen der Kreditvermittler.

Die Banken haben auch versagt, weil sie den Leuten Konsumkredite bis zum Anschlag auf ihr noch nicht abgezahltes Haus gegeben haben. Das hintertreibt natuerlich die Absicherung des Hauskaufes durch das Haus als Sicherheit. Heutzutage wird keine 100% oder 120% Belastung mehr zugelassen.

Im Moment werden Kreditvergaben vernuenftig gehandhabt, und es ist etwas schwieriger, einen zu bekommen. Trotzdem wuerde hier niemand auf die merkwuerdige Idee kommen, einen abgesicherten Kredit (durch das Haus, versteht sich) doppelt abzusichern durch Vermoegen, das damit ueberhaupt nichts zu tun hat.


Und noch etwas Prinzipielles: In den USA ist es immer noch sehr einfach, sich als Privatperson per Bankrott von allen Verbindlichkeiten zu loesen. In den meisten Staaten sind Ersparnisse fuer die Altersversicherung und das eigene Haus vom Bankrottverfahren ausgeschlossen (beim Haus natuerlich nur, wenn's einem auch gehoert), plus andere Sachen (hier z.B. ein Gewehr; irgendetwas braucht man ja zum Geld Heranschaffen). Im Prinzip steckt dahinter die Einsicht, dass es der Wirtschaft nicht hilft, wenn man individuelle Verantwortlichkeit zu weit treibt. Nach sieben oder zehn Jahren (kommt auf den Bankrott an) kann man wieder normal am Kreditwesen teilnehmen. Irgendwelche Zahlungen muessen waehrend dieser Zeit nicht geleistet werden, da man besser versuchen sollte, finanziell wieder auf die Beine zu kommen.
 

David

Moderner Nomade
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Wenn die Hauskäufer richtig gehaftet hätten, hätte die Krise schwerer ausfallen können, wenn sie genauso leichtfertig Häuser auf Kredit gekauft hätten, das stimmt natürlich. Aber vielleicht hätten sie es sich dann ja auch 2mal überlegt und wären im Zweifel lieber bei der Miete geblieben, aus Angst vor dem finanziellen Ruin. Und dann hätten wir die Immobilienblase in dem Umfang nicht gehabt.
Wobei andere Punkte wie zB eine transparentere Verbriefung der Kredite und ihrer Risiken natürlich auch geholfen hätten, das ist nicht monokausal. Hätten die Käufer der Wertpapiere durchschaut wie riskant sie sind, hätte die Verbriefung nicht in dem Umfang funktioniert und die Blase wäre früher geplatzt wo es noch nicht so wehgetan hätte.

Bei der Frage der Haftung ist das glaube ich auch ein Mentalitätsunterschied: Für dich ist es normal, nur mit dem Objekt zu haften für das der Kredit gedacht war, für mich ist es normal mit allem Vermögen für einen Kredit (der auch ein Vermögenszuwachs ist) zu haften, egal wofür er gedacht war. Für mich steht der finanzielle Aspekt im Vordergrund, nicht das Objekt das gekauft wird: Wer 1000 Euro Schulden hat, und irgendwo 1000 Euro liegen hat, kann den Kredit zurückzahlen.

Bei Unternehmen sehe ich bei einer Haftungsbeschränkung wie der GmbH oder der AG, dass es die Gründung von und die Beteiligung an Unternehmen vereinfacht, was ja sinnvoll ist. Müsste man mit dem Privatvermögen haften, würde niemand Aktien kaufen.
Aber de facto eine "Mein Haus GmbH" gründen für den Kredit ? Das grenzt für mich an Betrug.

Kredite für den reinen Konsum sehe ich auch ganz generell als falsch an, aus individueller Perspektiver sowieso, und auch wenn sie der Volkswirtschaft kurzfristig helfen mögen, langfristig steht alleine durch die Zinsen sogar weniger Geld für den Konsum zur Verfügung. Kredite sind für mich nur als Investition sinnvoll, was im Privaten Häuser noch einschließen kann, aber sicher keine Hypothek für eine Urlaubsreise.

@Olome:
Was "jeder konnte es wissen" angeht, ein paar Jahre vor der Krise habe ich in einem der Käseblätter beim Friseur zum ersten Mal von der Immobilienblase in den USA gelesen. Insofern düften die Profis eigentlich auch geahnt haben was passiert.
Das Problem war wohl wirklich, das alle Beteiligten gedacht haben, sie würden zu den paar % gehören, die schlau genug wären, im Ernstfall rechtzeitig abzuspringen und als Gewinner raus zu kommen.
 
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Turjan

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@David: Dass man zur Miete wohnt und relativ niedrige Vermoegenswerte ansammelt, ist etwas typisch Deutsches. Das eigene Haus ist ein grundsaetzliches Gut in den meisten anderen Laendern. Und was das doppelte Absichern von sowieso durch das Sachgut gesicherten Krediten mit zusaetzlichen Werten angeht, sieht das fuer mich wie versteckter Bankwucher aus. Nicht mehr und nicht weniger. Und, falls das nicht klar ist, fuer Amerika ist der Weg aus dem Schuldensumpf verhaeltnismaessig einfach im Vergleich zu Deutschland. Sie muessen ihn nur gehen (was nicht immer so einfach ist).

Diese grundsaetzlich konsumfeindliche Haltung in Deutschland laesst mich schwarz sehen fuer die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands. Deutschland hat schon seit einigen Jahren den Abstieg in die relative wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit angefangen, und in ein paar Jahren wird es von einem der drei bedeutendsten Wirtschaftsnationen auf diesem Planet zu irgendetwas im Mittelfeld abgerutscht sein. Da wird die Exportabhaengigkeit des deutschen Modells der Wirtschaft wahrscheinlich den Garaus machen. Oder sie schaffen es irgendwie, den Binnenkonsum anzukurbeln. Viel Glueck dabei!


Edit: Nur mal so ein anderes Thema: Wer hier erwartet, dass diese kommende Woche Europas Bankensystem kollabiert? Ich weiss nicht mal, ob es noch eine Rolle spielt, wie der Zypernbeschluss eigentlich ausfaellt.
 
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Eowil

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Deine Thesen werden ja von dem Armutsberichten der letzten Zeit bestätigt, Turjan.

Aber ein wenig widersprüchlich scheinen mir Deine Aussagen bishierhin aber doch:
a. Deutsche konsumieren nicht. b. Deutsche bauen keine Vermögen auf.
Ich bin kein Experte in VWL, aber das ist ja nicht dasselbe. Konsumieren heisst ja, Sachen aufzubrauchen. Vermögen hingegen sind ja das Gegenteil davon.

Ich frage mich sogar, was die Deutschen überhaupt mit ihrem Geld machen. Niemand kriegt bekanntlich Kinder und für das Essen, wie in Frankreich oder Japan, wird es ja auch nicht ausgegeben. Wird jeder einzelne Pfennig, der nicht auf dem Festgeldkonto landet, für Autos, Alkohol und Urlaub ausgegeben?! Und ist das kein Binnenmarkt? :) :confused:
 

Turjan

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@Eowil: Natuerlich ist das nicht dasselbe. Es ist ja schon so, dass Deutsche vergleichsweise hohe Ersparnisse auf Festgeldkonten haben, was natuerlich Vermoegen ist, aber die letzten Statistiken, die ich gesehen habe, deuten darauf hin, dass es mit dem Gesamtvermoegen des durchschnittlichen Deutschen nicht so gut aussieht. Festgeld ist ja nicht so wirklich lukrativ, falls es nicht in einem der PIIGS geparkt ist, und Miete Zahlen sammelt kein Vermoegen an. Nun ist Miete Zahlen schon ein Stuetzen der Binnenwirtschaft, aber die Streueffekte scheinen recht gering zu sein. Und Urlaub in Spanien oder sonstwo in der Welt stuetzt nicht wirklich den deutschen Binnenmarkt, vor allem, wenn Du nicht mal Lufthansa oder aehnliches fliegst. Bleiben Autos und Bier ;).


Mal kurz off-topic, weil Du hier gerade bist: Hast Du eigentlich irgendwann Dein Fallout:New Vegas eingesammelt?
 

Olome Keratin

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@Eowil: Das ist recht komplex, aber erklärbar. Die deutsche Volkswirtschaft hat sowohl einen Exportüberschuss, führt also mehr Waren aus, als sie einführt, führt aber auch mehr Kapital aus, als sie einführt. D.h. ein nicht geringer Teil der Volkswirtschaft arbeitet, um Forderungspositionen gegenüber dem Ausland aufzubauen. Das passiert bspw. über die weit verbreiteten Versicherungsverträge, insbesondere Bausparen, Riesterrente und Lebensversicherungen. Eigentlich war damit beabsichtigt, das in den nächsten Jahren anbrechende demografische Problem zu finanzieren. Ironischerweise hat die EZB diese Kapitalbildung über Target 2 aber bereits zur Rettung der Eurozone verbraucht. Sollten diese Forderungen in den nächsten Jahren fällig gestellt werden, ist ein hoher Ausfall bei all diesen Verträgen sehr wahrscheinlich. Bin mal gespannt, was passiert, sobald das mehr Leuten auffällt.
 

Turjan

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Yup, ich denke mal, die Enteignung der Deutschen wird eher indirekt erfolgen. Mal sehen, was die Buerger in den PIIGS morgen machen. Wenn wir Glueck haben, gar nix. Wenn nicht...
 

Olome Keratin

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@Turjan: Tja, ich hatte mir eigentlich gesagt, sobald die Euroretter anfangen, an die Sparguthaben zu gehen, dass ich mein Geld dann auch von der Bank hole. Andererseits kann ich mir nicht vorstellen, dass das vor der Bundestagswahl auch in Deutschland passiert, das wäre Selbstmord der politischen Klasse. :hae:

Edith sieht grade, dass der Goldpreis vergleichsweise niedrig ist. Hm, muss ich mir überlegen.
 
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