@Turjan: Also die von dir geschilderte Sicht auf das Problem ist, dass die Babyboomer in 10-15 Jahren ihre Einlagen abkassieren wollen und weitere 10-20 Jahre später sterben werden. Es ist dabei eigentlich egal, ob die BRD auf Export oder Binnenmarkt oder einen "guten" Mix setzt -- es wird aufjedenfall schief gehen, insbesondere wenn die Einlagen durch einen belasteten Rettungsschirm verfeuert werden. Es sterben ein Viertel der Konsumenten (afaik!) und die meisten der übrigen 60 Millionen werden nicht reich sein.
Meine Intuition sagt mir, dass der Punkt gewichtiger ist als er wahrgenommen wird,
aber es sind doch tatsächlich 35 Jahre die dazwischen liegen und es gibt 35 Jahre für eine Vielzahl von kleinen und großen politischen Lösungen wie eben neuen, großen, langsamen, "paradigmatischen" Entwicklungen -- wir können nicht in die Zukunft gucken. Z.B, mindestens die Türkei, Kroatien, Serbien werden wahrscheinlich in der EU und hoffentlich die solideren der anderen Staaten Europas im Euro sein (da gebe ich Herrn Oettinger recht, wir werden nach Ankara kriechen!),... oder auch, die Produktionsbedingungen in Asien werden wieder teurer und in Süd- und Osteuropa wird Investition attraktiver werden, solange es keine braune "Revolution" gibt.
Aber richtig, ich glaube auch, man sollte bezüglich des Konsumprinzips nicht zu grünäugig sein. Es ist nicht die Stellschraube, an der wir allzustark drehen können. Die Wirtschaft funktioniert nicht nach dem
Civillization Prinzip, wo man sich als totalitärer Gott auswählen kann, was so läuft. Alle Menschen des Westens, mitsicherheit auch ihr und ich, und (spätestens bald) alle anderen nicht-allzu-Armen vom Rest des Planeten ebenso,
lieben den Konsum und stecken knietief drin.
Dies ist ein neoliberaler Sachzwang, der besteht. Man kann mit verschiedenen asketischen, puritanischen, esoterischen Antikonsum Ethiken aus dem Weg gehen, aber es lässt sich politisch nicht ändern, dass wir alle mehr oder weniger süchtig nach Thunfisch, Bier, Computer, Internet, Ipod, Schokolade, warme Duschen, Strom, Cola und Fleisch sind und jeder eine andere Meinung darüber hat, was weniger sein sollte und höchstens sehr unglückliche Seelen auf vieles gleichzeitig davon verzichten.
Und wenn man sich nichtmal in den kleinsten politischen Einheiten darauf einigen kann es es anders zu machen (Kommunen, WGs, lokale politische Gruppen), sollte man an dieser Stelle über die europaweite oder globale Dimensionen der Frage aufhören nachzudenken.
Das weniger Wegwerfkram und ressourcenintensive Güter konsumiert werden müssen, weil die Entlohnten hoffentlich immer fairer entlohnt werden und die Bedingungen besser werden und die Umwelt an vielen Punkten nicht mehr hergeben wird, mag eine politische Lösung sein und muss wohl eine sein. Aber diese Grundsäule aufzulösen, halte ich für einen absoluten Irrweg. Europa und die USA haben es jetzt 100 Jahre eintrainiert, sämtliche neuen Bürger Südamerikas, Afrikas und Asiens konsumieren nun auch gerne und werden dies tun bis der Ozean und etwaige seltenen Erden leer sind usf. Positiver Nebeneffekt, die meisten Menschen schwören im Konsumkapitalismus wohl der Gewalt ab...
ALs zweites Argument würde ich auch, wie Olome, die Zinsen anführen, an den bislang kein gescheites, global funktionsfähiges Modell vorbeiführt.
Um hier populistisch überzuleiten, bewährte Systeme wie Konsum und Zinsen abzuschaffen klingt mir am Ende das Tages nach einer ähnlich guten Chance wie Stalins Rückkehr.
@Olome:
Die Alternativen-Rechtspopulisten habe ich auch auf dem Schirm, sehr interessant sind sicher auch diese beiden Kommentare dazu. Einer von Augsteins besseren
Kommentaren stigmatisiert die (zu Recht!) als Ansammlung 50jähriger, frustrierter, CDU-affiner, beinahe-ewig gestriger Männer. Auf der anderen Seite schreibt im Handesblatt der dieser Gruppierung nahestehende ex-BDI Mann Hans Olaf Henkel
einen Versuch diese zu Legitimieren. Ich gehe da weitestgehend mit Augstein, obwohl ich seine (meist) antizionistische Art nicht leiden kann, aber in einem Punkt hat Henkel recht: Die EU ist Demokratiefrei. Die Rechtspopulisten sind halt nunmal keine demokratische Antwort darauf, sondern eben eher entfremdeter, undemokratischer Pöbel. Das wird vor allem durch die Ideen mit neuer "Mütterfreundlichkeit" und einem besseren "Migrationsregime" deutlich, dass mir eher nach Le Pen/Haider als nach Demokratie klingt.
Über die Idee mit zwei Eurozonen ließe sich wahrscheinlich auch streiten, aber hier gilt wieder: Wir spielen hier nicht Civillization. Die südlichen Länder sind halbdemokratisch und souverän im Euro und der Norden kann die nichtmal eben rausschmeißen-- Cypern oder Griechenland wurden ja recht einstimmig von allen in das Dasein des halbtoten gedrängt-- aber die halbe Zone, nie und nimmer. Von den kalamitären Risiken und Unmöglichkeiten dieser Unternehmung für Ratings und so fort ganz zu schweigen...
Am Ende des Tages werde ich die aber erst als Tea Party akzeptieren, wenn die über die 5% Hürde in einer Wahl kommen oder in den Flügel einer anderen Partei integriert werden.