Politik, 11. Staffel

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Lord Snow

Lord Commander
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Kurzer Einwurf meinerseits bezüglich einer ganz anderen Thematik:

Wer sich an der Sammel-Verfassungsbeschwerde gegen das am Freitag durch den Bundesrat gewunkene Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft beteiligen will, kann das hier tun.
 

Sir Darian

Ritter des Helm
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Hmmm... *grübel*

Danke für den Hinweis, Schnee. :):up:
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Sehr schöner Artikel der Nachdenkseiten zur Zukunft des Euro. Einer dieser kompakten Artikel, die man eigentlich vollständig zitieren will:
Der Euro war eine große Chance für Europa. Deutschland hat diese Chance jedoch nie begriffen. Ideologische Scheuklappen haben die Gemeinschaftswährung in eine tiefe Krise manövriert. [...] Realistisch betrachtet, ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Euro die nächsten Jahre überlebt, nicht sonderlich groß. Da der politische und volkswirtschaftliche Schaden eines Euro-Zusammenbruchs epochal sein wird, brauchen wir nun eine konstruktive Debatte, wie ein Exit-Szenario aussehen könnte. [...]
Jahrelang haben mir Leute, die die Realität einfach nicht wahrnehmen können, davon vorgebetet, was die Griechen alles falsch machen. Die Griechen haben viel falsch gemacht, keine Frage. Aber das bedeutet nur, das sie das kritischste Land waren und die Ersten wurden, die drankamen.

Denn wenn Griechenland wirklich nur durch reines Eigenverschulden in die Krise gekommen wäre, wenn alle diese Aspekte, die für sich genommen natürlich richtig sind, tatsächlich eine entscheidende Rolle spielen würden - warum dann auch Zypern ? Haben die etwa genau dieselben Fehler gemacht ? Oder andere, genauso entscheidende ? Und wenn ja, warum geht es dann Italien, Spanien und Portugal schon jetzt fast genauso schlecht ? Warum hat selbst Frankreich erste Probleme ? Schon unter Sarkozy, nicht erst seit Hollande, muß man hinzufügen.

Das alles habe ich hier schon vor Jahren geschrieben. Meine Vorhersagen von damals sind eingetroffen. Das Problem wird immer nur noch schlimmer.

Der Fehler selbst ist offensichtlich systemisch. Der Euro ist in der Krise, weil er fasch konstruiert wurde. Wer das noch verleugnet, muß sich Realitätsverweigerung infolge geistige Abhängigkeit von seiner politischen Ideologie vorwerfen lassen. Was auf die uns seit 1982 regierende neoliberale Einheitspartei CDU/SPD/Grüne/FDP leider voll und ganz zutrifft:
Die deutsche Politik hat sich leider als vernunftresistent erwiesen. Sie hat nie verstanden, dass die einseitige Exportfixierung Deutschlands in Kombination mit der vorangetriebenen Schwächung der Binnennachfrage durch Lohnkürzungen in einem gemeinsamen Währungsraum zu desaströsen Ungleichgewichten führen muss. Sie hat auch nie verstanden, wie wichtig es ist, diese Ungleichgewichte abzubauen. Selbst als der Eurozone in der Krise die Pistole an den Kopf gesetzt wurde, weigerte sich Deutschland eine „innere Aufwertung“ umzusetzen, bei der Deutschland durch eine Stärkung der Binnennachfrage seinen Außenhandelsüberschuss abbauen kann. Im Gegenteil: Im letzten Jahr erzielte die deutsche Volkswirtschaft den zweithöchsten Außenhandelsüberschuss der Geschichte – nur im Vorkrisenjahr 2007 lag der Wert noch höher. Dass Deutschland damit im nächsten Jahr zum dritten Mal in Folge gegen die Kriterien des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts verstößt, wird hierzulande noch nicht einmal wahrgenommen.
Der Export ist in Deutschland der dominierende Kult. Dabei kann man es nur immer wiederholen: der Welthandel ist nunmal ein Nullsummenspiel. Wenn ein Land mehr exportieren will als importieren, so braucht es mindestens ein dummes Land, das mehr importiert als exportiert und damit Auslandsschulden anhäuft. Das Modell "exportorientierte Wirtschaftspolitik" ist damit schon aus Prinzip nicht exportierbar und wegen der banalsten Regeln der Mathematik von vorneherein völlig widersinnig. Langfristig gut ist einzig ein Modell, in dem man nach einer insgesammt in etwa ausgeglichenen Außenhandelsbilanz strebt.

Wer aber nicht hören will, muß eben fühlen:
Parallel dazu befinden sich die Volkswirtschaften der „Krisenländer“ im freien Fall, während die realwirtschaftliche Krise längst den Kern der Eurozone erreicht hat. Nach den Schätzungen der Frühjahrsprognose der EU-Kommission wird Deutschland neben dem kleinen Bankenstadtstaat Luxemburg in diesem Jahr das einzige Gründungsmitglied der EU sein, das überhaupt noch ein – wenn auch mageres – Wirtschaftswachstum erzielen kann. Die Eurokrise ist längst nicht mehr eine Krise der Europeripherie, auch wenn sie dort am verheerendsten wütet.
Das erwähnte "magere" Wirtschaftswachstum sind 0.01%. Die Krise ist also zurückgekehrt. Und die Deutschend sind schuld ! Sie haben auf Kosten der anderen Länder sich bereichert, statt konstruktiv mit den anderen Ländern zusammenzuarbeiten.

International hat sich Deutschland isoliert:
Streng genommen verfügt Deutschland mit Finnland und (mit deutlichen Abstrichen) Österreich nur noch über zwei echte Verbündete. Es gibt somit kein europäisches Gremium, in dem der deutsche Kurs eine ausreichende Mehrheit haben müsste. Gegner des deutschen Kurses hätten zudem die volle Unterstützung der G7 – auch in dieser Gruppe ist Deutschland mittlerweile isoliert und vor allem aus den USA und Japan gibt es immer massivere Kritik am deutschen Kurs.
Es ist schon verwunderlich, das man sowas immer nur auf den Nachdenkseiten liest. Wann immer ich mal wieder den Fehler mache, mir die aktuelle Tagespresse anzusehen: das Merkel sich international isoliert hat, kommt praktisch nicht vor.
 

Ender

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Hmm wir hätten also weniger Exportieren unsere Lohnkosten steigen und mehr Importieren sollen .das ist die Quintessenz dessen was du mokierst + Sparen war gestern Schuldzinsen unf Tilgung ist das einzig wahre dachte nicht das du so nen Bankenfreund bist.
Ich hab keine kinder mir können deine Vorschläge ja egal sein aber meine Neffen würdensich bedanken wenn die mal Erwachsen sind .....
 

David

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'Sparen ist gestern' ist ja leider wirklich immer mehr im Trend:
Wer sein Geld sinnlos verjubelt, wird belohnt. Der muss sich keine Sorgen um niedrige Zinsen oder eine mögliche Inflation machen, und wenn er mal arbeitslos wird ist auch nichts da was er erst ausgeben müsste ehe er ALG2 bekommt.
Von Staaten müssen wir eh nicht reden, da hat nie jemand wirklich gespart.

Ich wünscht, meine Wohnung wäre groß genug für noch mehr sinnlosen Ramsch.. :D

@Gala:
Gibt es bei den Linken eigentlich irgendein Problem, das man nicht mit höheren Löhnen und mehr Binnennachfrage lösen könnte ?

Deine Lösung heisst übersetzt, dass Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit künstlich soweit schwächen soll, dass es nur noch so stark ist wie andere Mitglieder der Euro-Zone. Das würde den Zoff natürlich abschwächen, schon weil dann in Deutschland nichts mehr 'zu holen' wäre (Berlin würde auch nicht in Bremen betteln gehen) und man sich leicht darauf einigen könnte den Euro in eine schwache Währung zu verwandeln. Wenn alle im selben Boot sitzen ist man sich schneller einig, das ist kein Kunststück.
Man sollte aber bitte nicht glauben, dass die Exporte, auf die Deutschland dann verzichten würde, hauptsächlich nach Frankreich oder gar Griechenland gehen würden und die Euro-Zone damit insgesamt in etwa gleichstark bleiben würde. Viele wahrscheinlicher wäre, dass China seine Exporte weiter auf Kosten Europas stärken würde. (China wird mit der angeblich so unsinnigen Export-Strategie btw. gerade das mächtigste Land der Welt)

Das Problem sind nicht die Exporte an sich, sondern die Unterschiede:
-Wären alle Länder wie Deutschland, wäre der Euro eine starke Währung, und alles wäre OK.
-Wären alle Länder wie Griechenland, wäre der Euro eine schwache Währung, und alles wäre OK.
-Wäre die Euro-Zone ein von der Bevölkerung akzeptierter Bundesstaat mit gegenseitiger Mitsprache und einem Finanzausgleich, wäre auch alles OK.
(siehe Deutschland, einige Bundesländer stehen auch nicht besser da als manche Krisenstaaten)

Die ersten beiden Punkte sind nicht gegeben und aufgrund der Unterschiede auch kaum erreichbar, der letzte ist nicht gewollt. Deshalb kann mans eigentlich nur noch falsch machen, alles was für ein Land richtig ist, ist für ein anderes Land der Währungsunion falsch.
 
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Astaldo

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-Wäre die Euro-Zone ein von der Bevölkerung akzeptierter Bundesstaat mit gegenseitiger Mitsprache und einem Finanzausgleich, wäre auch alles OK.

Das hab ich ja schon vor langer Zeit geschrieben. Aber der Pöbel hierzulande würde auf die Barrikaden gehen. Für eine sinnvolle Diskussion ist kein Raum. Selbst im Familienkreis denkt jeder dass die Griechen faul sind und der Deutsche für die arbeitet.

ABER: Höhere Löhne in Deutschland führt nicht zu erhöhter Wettbewerbsfähigkeit von Resteuropa. Dann baut VW halt noch ein Werk in Mexiko. Die Mär vom deutschen Facharbeiter, dessen Knowhow unverzichtbar ist, wird uns nicht retten. Deutschlands Ressource Nummer 1 ist Wissen, aber gerade in dem Bereich wird geschlampt und gespart. Erst vor kurzem hab ich mich gefragt, ob es in Deutschland eine Uni gibt, wo ich "wow" sagen würde, wenn mir einer kommen würde, er hätte nen Abschluss von da und da. Hatte auch eine Diskussion mit Bekannten. Um die Wahrheit zu sagen, das einzigste das mir was gesagt hat, war Heidelberg. Scheinbar ist Aachen auch führend in einer Kategorie, war mir aber fremd. Auf wikis Liste der Elite-Unis gibt es keine einzige Deutsche.

Aber um nochmal auf den Punkt zurückzukommen: Wir können nicht anders. Es ist wie es ist. Selbst eine sofortige Lohnerhöhung bringt nicht von heut auf morgen in Südeuropa eine florierende Autoindustrie, Chemieindustrie, Maschinenbauindustrie etc.. Eh dort was aufgebaut wäre, hätte China schon zugegriffen und ich wette die Japaner wären auch erfreut darüber. Nein Deutschland muss sich auf das konzentrieren was es kann, aber die Überschussgewinne müssten dann europaweit aufgeteilt werden wie der Länderfinanzausgleich. Eine schöne Illusion eines geeinten Europas.

Ein weiterer Punkt der für das behalten der jetzigen Produktionsstrukturen ist, dass die Ressourcen endlich sind. Die Deutschen machen das seit Ewigkeiten. Es ist einfach nicht die Zeit, dass man jetzt anfängt in anderen Ländern Industrien hochzuziehen, die erstmal Zeit verschwenden um die Mittel am effizientesten einzusetzen. Früher sind die Menschen aus Perspektivlosigkeit nach Amerika gegangen, warum kann man heutzutage nicht nach Deutschland ziehen? Arbeitskräfte werden händeringend gesucht. Natürlich könnte man hier auch einige Industrien dichtmachen und das Werk nach Spanien etc geben damit dort die jungen Leute Arbeit haben, aber das würde der Mob hierzulande auch nicht verstehen.

Um die Probleme Europas zu lösen, muss man die Leute erstmal von einem gemeinsamen Europa überzeugen. Da hilft es auch nicht, wenn auch in der Politik ständig gestänkert wird, wenn Brüssel mehr Aufgaben übernimmt.
Eine Beendingung der europäischen Idee wird nur Verlierer hinterlassen. Jeder Nationalstaat wird wieder protektionistisch. Aber im Wettbewerb mit Asien und Südamerika wird man dann kein Land mehr sehen.

Nachdem das andere Topic geschlossen wurde, will ich nur mal einen Link hier reinstellen: http://www.n-tv.de/wissen/Mensch-ist-schuld-am-Klimawandel-article10655896.html

Mein Dad hatte da vor kurzem eine Reportage gesehn, wo gesagt wurde, dass es ökobilanztechnisch besser ist Obst und Gemüse das keine Saison hat aus fernen Erdteilen zu importieren, als das was man dafür aufwendet um das deutsche Zeug in Kühlhäusern frisch zu halten.
 

David

Moderner Nomade
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Ich denke nicht, dass der einzelne Grieche faul ist und würde nie von mir behaupten besonders fleissig zu sein. Mit Fleiß hat Produktivität aber auch nicht viel zu tun, in einer deutschen PKW-Fabrik kann zB nach einer gewissen Ausbildungszeit jeder so produktiv sein wie ein Deutscher. Das ist keine individuelle Heldentat sondern das Ergebnis von Organisation und Technik, die sich über die Jahrzehnte immer weiter verbessert haben.

Aber ich denke, dass die Regierungen in Griechenland massive Fehler gemacht haben, vor allem die Phase mit den zinsgünstigen Euro-Krediten nicht für Reformen mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit genutzt zu haben. Damals hätte man die Folgen leichter abfedern und sich mehr Zeit lassen können als heute.
Und ich denke auch, dass viele Griechen im Großen wie im Kleinem solche Fehler ausgenutzt haben, zB indem sie Steuern hinterzogen haben, weil es ihnen der Staat einfach gemacht hat. Das hätten Deutsche aber auch nicht anders gemacht wenn sie gekonnt hätten. Ich muss mich doch nur 5 Minuten mit jemanden über das Stichwort Steuererklärung unterhalten um auf seltsame Konstruktionen zu kommen, die vielleicht formal legal sind, aber sicher nie so gedacht waren. (Und den Stabilitätspakt haben wir glaube ich sogar als Erste gebrochen ?)

Der Punkt ist aber, dass wir die griechische Regierung nicht (ab)wählen können und auch nie einen Vertrag eingegangen sind, der uns zu Transferleistungen über die normalen EU-Töpfe zB für Landwirtschaft oder schwache Regionen hinaus verpflichtet hätte. In der Lage so zu tun als wäre es das Normalste der Welt von uns zu erwarten schnell und unbürokratisch dreistellige Mrd-Beträge zu riskieren, finde ich ziemlich mutig.
EDIT: Wie Olome im nächsten Beitrag schreibt: Risiko und Haftung müssen zusammenpassen. Das sollte im Geschäftsleben gelten, aber auch beim Verhältnis von Volk und gewählten Regierungen: "Wähler haften für ihre Regierungen". :D

Ich möchte auch nicht wissen, was hier los ist, wenn die Krise wirklich bei uns ankommt. Wenn das passiert, sind wir auch nicht unbedingt imun gegen populistische Bewegungen, die dann das Land nur weiter in die Krise führen.
Und ich bin auch ziemlich sicher, dass wir uns von einem Absturz nicht wieder vollständig erholen würden, wir leben ja heute schon von der Substanz die die Nachkriegsgenerationen aufgebaut haben. Im Grunde müssten wir jetzt für die absehbar schlechteren Zeiten vorsorgen, zB für die Altersvorsorgung in den nächsten Jahrzehnten wenn die Demographie zuschlägt.

PS.:
Das führt im Grunde wieder zu den angeblich so fleissigen Deutschen: Ich habe eher den Eindruck, dass wir heute keine Städte und keine Verkehrssysteme mehr neu bauen könnten, wenn das unsere Vorfahren nicht schon für uns erledigt hätten. Wir sind bequem geworden und wollen keine Veränderungen mehr.
Und die Wirtschaft ist vor allem da gut, wo sie auch vor 20 Jahren schon gut war, besonders viele große innovative Unternehmen die in den letzten Jahren in Deutschland gegründet wurden wären, fallen mir spontan nicht ein.
(Wobei wir immerhin noch die vielen Mittelständler haben, die zwar kaum einer kennt, aber immer wieder Marktführer in Nischen sind, wenn uns etwas langfristig den Wohlstand sichert, dann solche Unternehmen)
 
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Olome Keratin

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@Gala: Die AfD sagt auch nichts anderes, nur hat sie auch schon einen Lösungsvorschlag. Dafür nennen u. a. Kipping und Riexinger die Partei nun nationalchauvinistisch.
Übrigens sagt Frank Schäffler das auch schon die ganze Zeit mit dem Zusatz, dass die Krisenursache auch wesentlich mit dem Auseinandergehen von Risiko und Haftung zu tun hat, siehe Bankenrettung. Banken pleite gehen lassen, im Zweifelsfall bis zu einer gewissen Höhe staatlicherseits die Einlagen garantieren, Staatsschulden neu verhandeln und tendenziell erlassen.

@Ender: Es spart meines Wissens nach keine einzige Regierung der Eurozone. Selbst wenn man den Neusprech höhere Steuern=Sparen akzeptiert, kommt unter dem Strich immer noch ein Defizit raus. Und der Vorschlag der Linkspartei setzt weniger auf Staatsausgaben und Verschuldung als auf Lohnerhöhung - die nicht automatisch höhere Staatsverschuldung nach sich ziehen muss.

@Astaldo: Du kannst davon ausgehen, dass der Binnenmarkt am schnellsten dann verschwinden wird, wenn man den jetzigen Kurs beibehält. Das werden die Südeuropäer auf die Dauer nicht mitmachen und sich irgendwann mit Schutzzöllen wehren.

Edit: Es ist tatsächlich nicht Albrecht, sondern auch Flassbeck. Endlich kommt die Diskussion in die breite Öffentlichkeit. Eigentlich hätten wir darüber nicht vor dieser Wahl, sondern vor der letzten diskutieren sollen, allerspätestens 2010. Aber besser spät als nie.

Edit2: Laut aktueller Ausgabe der ZEIT (verlinken kann ichs erst in einer Woche, weils erst dann im Archiv auf ZEITonline ist), sind jetzt auch SPD-Vordenker, genannt werden Joachim Jahnke, Fritz Scharpf und Wolfgang Streeck, zu der Überzeugung gelangt, dass man den Euro unter Umständen wieder abschaffen muss. Es wird also noch sehr interessant.
 
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Astaldo

Vampireslayer
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Hatten wir nicht vor kurzem auch was über Apple hier im Thread?

Grad das hier gelesen:
http://www.n-tv.de/wirtschaft/iTricks-in-Irland-article10676776.html

Wenn Einzelpersonen Steuern hinterziehen oder tricksen, ist der Aufschrei ja immer riesig, aber Apple ist ja scheinbar sehr "in".

Cliffs: - Apple hat durch geschickte Gründung von Tochterorganisationen außerhalb der USA(vorallem Irland) es geschafft einen Großteil seiner massiven Gewinne nicht versteuern zu müssen, wenn nicht sogar hinterzogen.

Das macht die horrenden Preise für Apple-Produkte gleich nochmal doppelt so frech.
 

Lord Snow

Lord Commander
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Ich fürchte, dass hat bei fast allen internationalen Großkonzernen (und damit auch deutschen) Methode.
 

Turjan

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@Astaldo: Wenn ich das richtig sehe, hat Apple nichts Illegales gemacht. Die Meldung ist mehr oder weniger politisches Theater. Der Kongress versucht Apple als amerikanisches Unternehmen zu vereinnahmen, das gefaelligst all seine Steuern in den USA zahlen soll. Das ist unrealistischer Quatsch. Und ich sage das als jemand, der fuer diesen Konzern keinerlei Sympathien uebrig hat.

@Gala: Das Aufhaeufen von Auslandsschulden ist nicht dumm. Ganz das Gegenteil. Am besten, Du machst es in so grossem Stil, dass keiner es wagen kann, Dir den Kredit zu entziehen, ohne selbst in den Abgrund zu schlittern. Das laeuft wunderbar. Selbst ein Staatsbankrott kann fuer den Bankrotteur besser laufen, als fuer den Kreditgeber. Der erste ist die Schulden los, der letztere muss den Fallout verarbeiten, schlimmstenfalls selbst in den Bankrott gehen.

Die Situation ist hier nicht vergleichbar mit einer Privatperson, die einen Kredit fuer den Grossbildfernseher von der grossen Bank aufnimmt. Der Vergleich hinkt schon bei Griechenland, auch wenn's da noch am naechsten kommt, aber bei Spanien oder gar Italien heisst's Gute Nacht fuer den Kreditgeber.
 

Astaldo

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Naja ich seh das nicht als reinen Quatsch an. Wenn da wie geschrieben Tochterfirmen in Irland gegründet werden um keine Steuern in den USA zahlen zu müssen, aber die Manager in den USA sitzen und deshalb in Irland keine Steuern fällig sind, dann ist das zwar legales Ausnutzen eines Schlupfloches, aber keineswegs nur Quatsch. Und wenn es stimmt das die Tochterfirmen teilweise nur Briefkastenfirmen sind, dann glaub ich ist auch die Legalität nicht mehr wirklich gegeben.
 

Turjan

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@Astaldo: In Apple's Reaktion wies die Firma darauf hin, dass die USA dankbar sein koennten, dass sie ueberhaupt Steuern in den USA zahlen und ihren Firmensitz noch dort haben - bis jetzt. Sie haben das natuerlich etwas diplomatischer ausgedrueckt, aber darauf laeuft es hinaus. Multinationalen Konzernen ist steuerlich nur sehr schwer beizukommen, da sie dem fast immer entkommen koennen. Das Geld holt man sich besser bei den Aktienbesitzern.
 

Maus

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Im Endeffekt ist es recht einfach: wenn es Konzernen erlaubt ist, Gewinne zwischen ihren Tocherfirmen hin- und herzuschieben, dann landet der Gewinn immer in dem Land, in dem am wenigsten Abgaben zu entrichten sind.
Aber die meisten Staaten sind so dumm nicht. Von daher ist es in der Regel nicht erlaubt.
Der Grund für die vielen Tochterunternehmen ist, dass diese unterschiedliche Produkte/Dienstleistung/etc. "herstellen". Und somit handeln die Tochterfirmen untereinander. Der Preis, der dafür in Rechnung gestellt wird, ist deren Ermessungssache. Somit können die Staaten einerseits wenig dagegen unternehmen, dass Gewinne verschoben werden. Andererseits gibt es überall Gesetzt gegen unlauteren Wettbewerb und Mondpreise. Damit kann man dem Exzess der Gewinnverschiebung einen Riegel vorschieben.

Mein Fazit: die Regierungen sollen nicht rumheulen und Theater machen, sondern ihre Steuerbehörden auf Trab bringen und entsprechend mit Budget und Personal ausstatten, dann lösen sich viele von diesen Problemen (und noch einige mehr). Oder die Gesetzgebung mal vereinfachen und die von Partikularinteressen geleiteten Ausnahmen streichen, dann haben es die Steuerprüfer auch einfacher und können mehr prüfen.

Und für das Auswandererargument: höhö, dann sollen die Firmen doch ihren Hauptsitz verlegen. Da hat keine Firma ihren Sitz grundlos in einem Land. Und schon gar nicht bei Aktiengesellschaften. Die wären nämlich verpflichtet, das zu ändern, damit sie ihre Aktionäre nicht schädigen. Neben Steuern gibt es ja auch noch Infrastruktur, Rechtssicherheit, Mitarbeiterqualifikation, etc. was man üblicherweise auch in die Abwägungen einfliesst.
 

David

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Dass die Staaten jetzt mehr über Steuerhinterziehung (illegal) und Steuervermeidung (legal) nachdenken anstatt sie als Standortvorteil zumindest zu dulden, ist wahrscheinlich eine der wenigen positiven Folgen der Krise.

Solange es den Staaten einigermaßen gut ging hat man sowas mit einem Augenzwinkern akzeptiert und vielleicht daran gedacht wie man selber zB den Spiele-PC als Arbeitsmittel von der Steuer abgesetzt hat, aber wenn überall gekürzt werden muss, schwindet die Akzeptanz von solchen Steuertricks.
 

Gala

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Die Staaten sind doch selbst gar nicht daran interessiert, das die Unternehmen angemessene Steuern zahlen. Das ist ja die Krux.

Die Linkspartei etwa hat in NRW gefordert, das die Finanzbehörde ausgebaut werden sollte. Argument: ein Steuerprüfer kostet dem Staat im Jahr 60k€ (Arbeitsgeberbrutto), bringt aber ca 1 Mio € mehr Steuereinnahmen ein. Steuerprüfer lohnen sich also, so rein als Investition gesehen. Aber: das wollte SPD/Grüne nicht.

Von der CDU wollen wir ja gar nicht erst anfangen. Da wurden ja bekanntlich in Hessen vier Steuerprüfer für psychisch krank erklärt, weil sie die Steuern von Firmen überprüfen wollten.

Steuerhinterziehung ist definitiv etwas, was als "Standortvorteil" betrieben wird. Deshalb gibts die ganzen Steuerschlupflöcher ja. Das ist kein Versehen.
 

Eowil

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Fraglich nur, warum nicht gleich ein Keep-It-Smart-and-Simple Steuerprinzip eingeführt wird wie z.B. in Irland, frei nachdem Motto "20% auf allles" bei Unternehmen. Dann spart der Staat zumindest die anscheinend sinnlosen Kontrollorgane. Wäre der neoliberalen Logik viel angemessener.
 

Turjan

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@Maus: Ich weiss nicht, was Du damit meinst, dass das Gewinne-Verschienben in den meisten Staaten nicht erlaubt ist. In den USA und Deutschland ist das anscheinend zulaessig (in Deutschland seit der Schroeder-Zeit, ironischerweise). Wo denn nicht?

Beim Konzern-Verlagern sind natuerlich erhebliche Kosten einzukalkulieren. Die nominalen Steuern fuer Betriebe sind in den USA tatsaechlich relativ hoch im internationalen Vergleich, und waehrend kleinere Betriebe dem nicht entkommen koennen, werden bei Grossfirmen normalerweise beide Augen zugedrueckt, damit sie nicht weg gehen.

Ich wuerde mal sagen, der Hauptgrund fuer Apple, nicht wegzugehen, sind das Wetter in Irland, die Nebenjobs in Stanford und die netten Gefaelligkeitsurteile vom Gericht um die Ecke. Das Argument mit den Aktionaeren zieht nicht, weil die tatsaechlichen Kosten zu vage sind, um Entscheidungen eindeutig zu favorisieren. Sollte Apple gezwungen werden, die vollen 35% zu zahlen, sieht das natuerlich schon ganz anders aus, und ein Verlagern der Firma waere angeraten. Eine lokale Tochter wuerden sie behalten.

Zu dem Thema Steuern und USA: so drakonisch, auch im Umgang mit Auslandsgeldern, geht es in Deutschland bei weitem nicht ab.
 
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Maus

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@Turjan: meines Wissens nach darf ein Unternehmen nicht einfach Gewinne woanders hin buchen, um sie in einem anderen Land zu versteuern. Deswegen wird immer ein Geschäft zwischen zwei Teilen (Tochteruntenehmen, etc.) abgeschlossen, um die Geldtransfers durchzuführen. Welche Rahmenbedingungen gelten variiert wahrscheinlich von Land zu Land und auch in der Zeit. Und da diese Rahmenbedingungen recht weich formuliert sind, interpretieren die Firmen sie manchmal etwas freizügig. Und an dem Punkt kann die Steuerbehörde einschreiten. So hab ich das zumindest verstanden ;)
 
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