Ich denke nicht, dass der einzelne Grieche faul ist und würde nie von mir behaupten besonders fleissig zu sein. Mit Fleiß hat Produktivität aber auch nicht viel zu tun, in einer deutschen PKW-Fabrik kann zB nach einer gewissen Ausbildungszeit jeder so produktiv sein wie ein Deutscher. Das ist keine individuelle Heldentat sondern das Ergebnis von Organisation und Technik, die sich über die Jahrzehnte immer weiter verbessert haben.
Aber ich denke, dass die Regierungen in Griechenland massive Fehler gemacht haben, vor allem die Phase mit den zinsgünstigen Euro-Krediten nicht für Reformen mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit genutzt zu haben. Damals hätte man die Folgen leichter abfedern und sich mehr Zeit lassen können als heute.
Und ich denke auch, dass viele Griechen im Großen wie im Kleinem solche Fehler ausgenutzt haben, zB indem sie Steuern hinterzogen haben, weil es ihnen der Staat einfach gemacht hat. Das hätten Deutsche aber auch nicht anders gemacht wenn sie gekonnt hätten. Ich muss mich doch nur 5 Minuten mit jemanden über das Stichwort Steuererklärung unterhalten um auf seltsame Konstruktionen zu kommen, die vielleicht formal legal sind, aber sicher nie so gedacht waren. (Und den Stabilitätspakt haben wir glaube ich sogar als Erste gebrochen ?)
Der Punkt ist aber, dass wir die griechische Regierung nicht (ab)wählen können und auch nie einen Vertrag eingegangen sind, der uns zu Transferleistungen über die normalen EU-Töpfe zB für Landwirtschaft oder schwache Regionen hinaus verpflichtet hätte. In der Lage so zu tun als wäre es das Normalste der Welt von uns zu erwarten schnell und unbürokratisch dreistellige Mrd-Beträge zu riskieren, finde ich ziemlich mutig.
EDIT: Wie Olome im nächsten Beitrag schreibt: Risiko und Haftung müssen zusammenpassen. Das sollte im Geschäftsleben gelten, aber auch beim Verhältnis von Volk und gewählten Regierungen: "Wähler haften für ihre Regierungen".
Ich möchte auch nicht wissen, was hier los ist, wenn die Krise wirklich bei uns ankommt. Wenn das passiert, sind wir auch nicht unbedingt imun gegen populistische Bewegungen, die dann das Land nur weiter in die Krise führen.
Und ich bin auch ziemlich sicher, dass wir uns von einem Absturz nicht wieder vollständig erholen würden, wir leben ja heute schon von der Substanz die die Nachkriegsgenerationen aufgebaut haben. Im Grunde müssten wir jetzt für die absehbar schlechteren Zeiten vorsorgen, zB für die Altersvorsorgung in den nächsten Jahrzehnten wenn die Demographie zuschlägt.
PS.:
Das führt im Grunde wieder zu den angeblich so fleissigen Deutschen: Ich habe eher den Eindruck, dass wir heute keine Städte und keine Verkehrssysteme mehr neu bauen könnten, wenn das unsere Vorfahren nicht schon für uns erledigt hätten. Wir sind bequem geworden und wollen keine Veränderungen mehr.
Und die Wirtschaft ist vor allem da gut, wo sie auch vor 20 Jahren schon gut war, besonders viele große innovative Unternehmen die in den letzten Jahren in Deutschland gegründet wurden wären, fallen mir spontan nicht ein.
(Wobei wir immerhin noch die vielen Mittelständler haben, die zwar kaum einer kennt, aber immer wieder Marktführer in Nischen sind, wenn uns etwas langfristig den Wohlstand sichert, dann solche Unternehmen)