Politik, 4. Staffel

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Ribalt

Ork-Metzler
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Uhm, schlicht und einfach weil die Kirche nunmal historisch so gewachsen ist?


Du kannst mit deinem Argument so gut wie jede Institution in Frage stellen, die über geschichtlich bedingte Vor- aber auch Nachteile verfügt.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Natürlich ist das geschichtlich so gewachsen. Ich stelle die Sinnfrage, nicht die Herkunftsfrage. Ist es wirklich der Sinn der Kirche, soziale Leistungen zu übernehmen, für die doch eigentlich die Gemeinschaft zuständig ist ?

Und welche andere Institution fällt dir denn noch ein, die solche Sonderprivilegien genießt, wie es die Kirche tut ?
 

David

Moderner Nomade
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Sei froh, daß es die Kirche gibt, die vor Ort und nah am Menschen Sozialleistungen übernimmt.. So wie die Kirche kann der Staat das gar nicht leisten (oder würdet ihr euch lieber nem Beamten als dem Pfarrer anvertrauen? :D ), von der Finanzierung ganz zu schweigen. Da kommen uns die Privilegien der Kirche wahrscheinlich billiger.

Da seh ich die Kombination aus Wehr- und Zivildienst, die auch nur noch als historische Überbleibsel des kalten Krieges bezeichnet werden können, viel kritischer. Denn während uns die Kirche nur Geld kostet, wird hier mittlerweile beinahe völlig willkürlich die Freiheit ganz massiv eingeschränkt. (Und hier ist Freiheit wörtlich zu nehmen: Man ist in seiner grundlegenden Bewegungsfreiheit eingeschränkt..)

Was kleine "Spass-Staaten" angeht gibts ja nicht nur den Vatikan. Komplett "abschaffen" kann man die eigentlich gar nicht, denn wo hört das dann auf? Erst der Vatikan, dann Liechtenstein und dann Luxemburg? Ab welcher Größe erkennen wir die Souveränität an? Historisch (d.h. auch zu einem gewissen Maß zufällig) bedingt sind sowieso alle Grenzen.
Was man natürlich machen kann, ist das Machtgefälle dazu zu nutzen, daß diese Staaten sich "wohlgesonnen" verhalten, also zB daß der Vatikan diesen falschen Priester nicht direkt an den Exorzisten übergibt, sondern ihn mit einer nicht allzu großen Strafe wieder freilässt und dann meinetwegen "Einreiseverbot" (=Hausverbot :D ) erteilt..
 

Danako

Sagenkundiger
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Ich möchte nur mal kurz anfügen, dass der Verweis auf historische Ereignisse in einer politisch-ethischen Debatte nicht gültig ist. ;)
Damit liesse sich nebst dem Vatikan nämlich auch die Sklaverei, die Unterdrückung der Frauen, und der Musikantenstadl rechtfertigen. Alles ebenfalls historisch "gewachsen" und damit... gut.
Oder etwas abstrakter ausgedrückt: Historische Prozesse sind kontingent. Wer sich trotzdem darauf beruft, macht schlicht einen "Sein-Sollen-Fehlschluss" (oder besser "War-Sollen-Fehschluss).

Deshalb darf man (und sollte meiner Meinung nach auch) die Privilegien der Kirche hinterfragen.
 

David

Moderner Nomade
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Klar kann man Sachen wie Steuerprivilegien hinterfragen, aber wenn man anfängt, Staatsgrenzen zu "hinterfragen", und seis nur die des Vatikans, dann macht man meiner Meinung nach ein gefährliches Fass auf. Denn es gibt viele kleine Staaten, die sich der große Nachbar gerne einverleiben würde..

Nicht daß ich ein Freund von Mini-Monarchien, Gottesstaaten im Handtaschenformat oder Steuerparadisen wäre, aber statt diese Staaten an sich zu hinterfragen, sollte man meiner Meinung nach dann doch lieber politischen Druck ausüben, um die gröbsten Misstände zu beseitigen..
 

Astaldo

Vampireslayer
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Offtopic: Die U-Bahnschläger wurden in erster Instanz zu 12 Jahren Haft verurteilt wegen versuchten Mordes. Sollte endlich mal ein Gericht durchgegriffen haben? Ich hoffe nur, dass die Strafe nicht nur so hoch ausgefallen ist, weils Türken waren. Allerdings wollen die natürlich in Berufung gehen, weil die nur eine Strafe wegen Körperverletzung mit maximal 2-4 Jahren Haft akzeptieren wollen.
 

Caswallon

Chronist
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Gala: Dann schreib doch einfach, was du meinst. ;) Was du jetzt im Nachhinein diskutierst, ist etwas ganz anderes, als dein Ausgangspunkt. Es klingt mal kurz an, aber es wird im ersten Post nicht klar, worum es eigentlich genau gehen soll. :)

Ob die katholische Kirche einen solchen Staat "braucht", ist natürlich eine andere Frage. Man kann sich sicher welche herbeidenken (als internationale Organisation größere Freiheit, oder sowas), letztendlich ist das aber wohl ungefähr dieselbe Frage, ob die Liechtensteiner oder die Guatemalteken einen eigenen Staat "brauchen".

Was soziale Aufgaben angeht: Doch, das ist Aufgabe der Kirche! Nicht ihre Hauptaufgabe, aber eine unter vielen. Den Menschen zu helfen, ist urchristliche Aufgabe - "ohne Werke ist der Glaube tot". ;) (Jetzt kommen wir ins Religionstopic.)
Es ist *gleichzeitig* Aufgabe der "Gemeinschaft" - aber "die Gemeinschaft" ist ein Abstraktum, das nicht praktisch handeln kann. Insbesondere ist "Gemeinschaft" nicht gleich "staatliche Stellen". Die Kirche ist Teil der "Gemeinschaft" - und damit löst "die Gemeinschaft" einen Teil ihrer sozialen Verpflichtungen auch über die Institution Kirche. Genauso, wie sie es über Rotes Kreuz oder Sozialamt oder Rentenversicherung oder "Tafel" oder ehrenamtliches Engagement einzelner Mitglieder in deren Freizeit tut.
Die Kirchen (auch "Freikirchen" tun das, wenn auch - ihrer geringeren Größe geschuldet - nicht im selben Umfang) engagieren sich doch nicht im sozialen Bereich, weil sich das lohnt, oder wasweißich, sondern weil den Menschen, aus denen die Kirche besteht, dieses Engagement ein Anliegen ist. Zumindest in der Theorie. ;)

"Die Kirche" ist doch kein abstraktes Gebilde. Das sind auch nur Leute. ;)

Cas
 
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Darghand

Einer von vielen
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Es sind ein Türke und ein Grieche; letzterer hat 8 1/2 Jahre bekommen (Höchststrafe im Jugendstrafrecht sind 10 Jahre).

Die Strafe ist vermutlich angesichts der Schwere der Tat angemessen. Ob die Nationalität der Täter in der Urteilsfindung eine Rolle gespielt hat, lässt sich nicht feststellen - es gilt die Unabhängigkeit des Richters. Da müsste man schon drauf warten, dass zwei Deutsche für eine ähnliche Tat vom selben Richter verurteilt werden.

Abseits vom Gericht spielt aber bei diversen "Diskussionen" im Internet die Staatsangehörigkeit der Täter definitiv eine Rolle. Die Mehrzahl der TeilnehmerInnen, z.B. schön zu beobachten in den Kommentaren bei der SZ, führt sich auf wie ein mittelalterlicher Pöbel, inklusive dem üblichen "Abschieben, aber schnell!"-Reflex und Gesabbel von einem "Urteil im Sinne des Volkes".
Die Täter seien "in die deutsche Gesellschaft nicht zu integrieren" - sie sind hier allerdings aufgewachsen, das Problem ist also hausgemacht. Aber Abschieben folgt halt der 'Aus den Augen, aus dem Sinn'-Logik und verortet das Problem in bester rassistischer Manier in der Nationalität der Täter.
Vollends integriert in die deutsche Gesellschaft scheinen hingegen die diversen Stiefel-Nazis zu sein, zumindest salbadert in Fällen rassistischer Übergriffe niemand über deren mangelnde Integrationsfähigkeit. Warum bloß? Weil man sie nicht abschieben kann?

Mindestens genauso Übelkeits-erregend auch die Vorberichterstattung vor dem EM-Spiel Deutschland-Türkei, die im Großen und Ganzen so aussah: drei bis fünf Kieztürken wird ein Mikro vor die Nase gehalten, begleitet von der Frage, ob sie glauben, dass beim Spiel alles ruhig bleiben würde?
Seltsam, auf die Idee, dieselbe Frage den hurra-patriotischen 'Schlaand-Fans zu stellen, ist in sämtlichen Sendeanstalten niemand gekommen. Stattdessen wurden Aufzeichnungen des Spiels Türkei-Schweiz herausgekramt. Offenbar litten die Verantwortlichen betreffs des Falls des Daniel Nivel an kollektiver Amnesie.
Bezeichnender als das ist allenfalls noch der Fakt, dass nach dem Spiel türkische und nicht deutsche Flaggen brannten und von mehr Übergriffen von Treudeutschen auf Dönerbuden und Deutschtürken bekannt wurde als umgekehrt.

Na, Hauptsache das "gesunde" Verhältnis zur eigenen Nation ist endlich wieder hergestellt und man kann wieder stolz drauf sein, DeutscheR zu sein.


Außerdem

@ Erinye

Ich nehme mal an, du arbeitest in einer der vielen Agenturen für Arbeit. Es mag ja durchaus sein, dass in den einzelnen Agenturen in der Statistik nach "arbeitslos", "in Maßnahme" und "in 1-Euro-Job" getrennt und sortiert wird. Ob das Bundesamt für Statistik für seinen aus diesen Daten gewonnenen Gesamtbericht diese Trennung beibehält oder irgendwelche übergeordneten Kategorien dafür erfindet, wer als "arbeitslos" gilt oder nicht, steht doch auf einem ganz anderen Blatt. ;)
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Norbert Blüm mal wieder zu seinem Aussprüch "die Rente ist sicher".
[...]

Der Riester’sche Vorwurf, ich hätte „über Jahrzehnte Menschen getäuscht“, ist der immer wieder geübte Versuch, argumentative Verlegenheit durch moralische Diffamierung zu kompensieren. [...]

Das Bemühen von Walter Riester, die Diskussion über meinen Rentenstandpunkt zu beenden, zeugt allerdings von einer gewissen Selbstüberschätzung. Ich bin zur Darstellung meiner Ansichten zur Rentenversicherung weder auf Diskussionsgelegenheit mit Riester noch auf Darstellungschancen in BILD und WELT angewiesen.

Was allerdings die „wichtige Entscheidung“ von Walter Riester, mit mir nicht mehr zu diskutieren, mit „Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung“ zu tun hat, bleibt das Betriebsgeheimnis von Sabine Höher, die mit dieser Volksweisheit ihre Kopfnote begründet. Welches „Selbst“ soll sich durch „was“ bessern? Irgendetwas muss bei Frau Höher quer gelaufen sein. Mein alter Deutschlehrer hätte dafür die versetzungsgefährdende Note 5 mit der Bemerkung „Thema verfehlt“ vergeben.

Die Rente ist sicher. Außer, die Politiker sabotieren sie systematisch, entziehen ihr die Finanzierungsgrundlage, belasten die Rentenkassen zusätzlich, und fummeln an der Rentenformel herum. Diesen Nachsatz hätte Blüm damals wohl im Rückblick tätigen sollen. Einer der Täter, der die von Adenauer ins Leben gerufene und von Blüm als sicher geglaubte solidarische Rente solcherart sabotieren, ist Walter Riester.

Und dieser Riester versucht schon wieder mal, den Blüm mundtot zu kriegen. Er versucht das auf eine besonders lächerliche Art und Weise: Kommunikationssperre. Sehr lustig. Als ob die öffentliche Diskussion davon abhängen würde, das Riester sein Maul aufbekommt. Als ob die Eigenschaften der Riesterrente nicht absolut offensichtlich wären. Als ob Blüm überhaupt der Einzige wäre, der die Riesterrente kritisieren würde. Der Unterschied zu vielen anderen Kritikern ist lediglich, das Blüm obendrein noch ein persönliches Motiv hat, jene anzugreifen, die die solidarische Rente in Schutt und Asche schießen wollen.

Wie es Lafontaine so schön gesagt hat: mit der solidarischen Rente wird der Rentenbeitrag von 10% auf vermutlich 12% wachsen. Mit Riester und Konsorten wird sie von 10% auf 17% wachsen - und die Differenz geht nicht in eine höhere Rente, die Differenz geht als Reingewinn für die kommerziellen Rentenversicherungen drauf (*).

Es gibt keine Alternative zur Rente. Irgendwer muß sie ja schließlich bezahlen. Ob das auf direktem Wege passiert - oder über den Umweg der privaten Rentenversicherungen, die damit so richtig einen Reibach machen können - das ist die Frage.


(*) = Bei der solidarischen Rente muß auch der Arbeitgeber 12% zahlen. Und wenn es z.B. Deutschland wie andere Länder macht, könnte man auch problemlos den Arbeitgeber 14% zahlen lassen - und den Rentenbeitrag der Arbeitnehmer bei 10% lassen.
 

Malik ibn Harun

Sohn der Wüste
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Der mir vorhergehende Kommentar basiert auf einer in mindestens drei Punkten zu kurzsichtigen, unwissenden und undifferenzierten Betrachtung. Ich denke, das kann ich ohne großes Risiko zusätzlicher Schreibarbeit hier hinschreiben, da Gala ja ohnehin nicht diskutiert, sondern nur 3x täglich seine Meinung hier reinfallen lässt, ohne auf fremde Beiträge zu reagieren.
 
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Ice

Technomage
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Habt ihr gesehen, was da gerade an der EU vorbeigeschrammt ist?
http://www.heise.de/newsticker/EU-I...nzerne-ist-verhindert-worden--/meldung/110588
Es geht um Kontrolle der Internetzugänge, da waren so schöne Dinge dabei wie:
- "Wiederholte Verstöße gegen das Urheberrecht sollen dafür sorgen, dass ein Provider die Internetverbindung des Kunden unterbrechen kann." Und wer definiert was Verstösse sind? Und wie erreicht man, dass nicht X Personen für die "Vergehen" eines Einzelnen bestraft werden? (Oder hat in D jedes Mitglied einer Familie oder WG einen separaten, authentifizierten und gesicherten Internet-Zugang?? Was ist mit öffentlichen Hotspots?)
- "Telekommunikationsverbindungsdaten von jeder natürlichen oder juristischen Person verarbeitet werden dürfen, um technische Maßnahmen implementieren zu können [...]" Der Bundestrojaner lässt grüssen, nur diesmal offen verordnet.
- Die Internetprovider sollen zu Hilssheriffs werden, die "gesetzeskonforme Inhalte schützen" sollen. Wer definiert, was "gesetzeskonform" ist?

Siehe auch http://www.heise.de/newsticker/EU-K...tzung-lueckenlos-ueberwachen--/meldung/110319

Ein besonderes Problem:
Die nationale Regulierungsbehörde wiederum sollte durchsetzen, dass die abgemahnten Kunden den Provider nicht einfach wechseln können. Solchen Begehren der Musik- und Filmindustrie hatte das EU-Parlament eigentlich bereits im April entschieden abgelehnt. Trotzdem tauchten sie nun in anderer Form versteckt in den vielen hundert Änderungsanträgen zur Telco-Regulierung wieder auf.
EInfach immer wieder probieren, immer und immer wieder, bis es endlich durchgedrückt ist.
DAS meine ich jeweils wenn ich von "durchpeitschen", "reinschmuggeln" und "aufzwingen" rede - nur mal um meine Floskeln mit einem Beispiel zu versehen
Und - Wieso zum Geier strengt man so einen Anlauf zur netzmässigen Totalüberwachung gerade in der letzten Woche vor den Sommerferien zum Durchwinken im Parlament an? Doch nicht etwa weil dann weniger Anwesende da sind und gegen das Teil opponieren könnten?? :c:
Die gleichen Machenschaften hätten der EU beinahe auch Softwarepatente beschert, welche das Aus für KMU-Softwareschmieden und europäische OpenSource bedeutet hätte.

Tja, das kommt dabei heraus wenn man sogenannte "Lobbyisten" die Gesetzesänderungen (den Job der Legislative) machen lässt...
Nein, so eine EU brauche ich nicht und will ich nicht. Gut dass die nahezu handlungsunfähig werden und gut dass ich in einem Land lebe, das nicht EU-Mitglied ist sondern "nur" Verträge mit denen hat.


Gruss, Ice
 
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Gala

Labyrinth-Leichnam
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@Cas: Natürlich brauchen die Liechtensteiner und die ... äh wer ?!? ... jedenfalls brauchen die einen Staat.

Die Frage ist, ob man einen Staat im Staat braucht.

Die kleinen Kirchen sind doch auch Kirchen ... ohne das sie soziale Einrichtungen betreiben. Oder wenigstens, wenn sie das tun, können sie dabei kein Arbeitsrecht beugen und dergleichen.

Was mich einfach stört, ist dieser Berg von Sonderprivilegien auf allen Gebieten, die die Kirche hat. Das sehe ich eigentlich nicht ein, warum die Kirche derart privilegiert sein soll.

Mit "Gemeinschaft" meine ich den Staat und das Volk als Ganzes und als Souverän. Es ist Aufgabe des Staates, die Schwachen zu schützen; wie ich hier schon öfters bemerkt habe, ist das laut Kant sogar die Existenzberechtigung des Staates und der Staatsgewalt, das die Schwachen geschützt werden.
 

David

Moderner Nomade
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Aber was spricht denn dagegen, daß der Staat einen Teil dieser Aufgabe die Kirche machen lässt und ihr dafür im Gegenzug Privilegien gewährt?

Ich will ja gar nicht sagen, daß jedes einzelne Privileg noch zeitgemäß ist, dafür kenne ich mich in dem Bereich auch nicht gut genug aus. Aber die Grundidee finde ich schon deshalb gut, weil ich in meiner Konfer-Zeit ganz konkret sehen konnte, was die kirchliche Arbeit für ältere Menschen im Dorf bedeuten kann. Das kann der Staat überhaupt nicht leisten.

@Ice:
Der Vorschlag ist doch abgelehnt wurden, also was soll die Aufregung?
Wenns danach ginge, was einzelne Interessengruppen wollen, müsste ich die Schweiz zB an diesem lächerlichen Vorschlag messen, Einbürgerungen per "Scherbengericht" vorzunehmen, und das hat sie nun wirklich nicht verdient. :rolleyes:

Es wird dich btw. evtl. beruhigen, daß selbst ich diesen Vorschlag für völlig übertrieben halte. :D
Natürlich gilt es das Urheberrecht zu schützen, zumindest solange es diese Gesetze gibt. Aber die Debatte um die Verhältnismäßigkeit hatten wir ja schon öfter, und wenn schon die passive Speicherung von Verbindungsdaten (btw. ohne die aufgerufenen Webseiten) zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (d.h. zum Schutz von Leben und Gesundheit) heftig umstritten ist, dann kann sich wohl jeder ausrechnen, was die aktive Auswertung zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen (also reinen Eigentumsdelikten) ist: Spätestens vorm Verfassungsgericht chancenlos. :rolleyes:

Also dürfte es reichen, den Vorschlag dämlich zu finden, und nicht gleich die Organisation mitzuverdammen, in der man es damit versucht hat.. Lobbyisten mögen mal Erfolge haben (das Gesundheitssystem eignet sich dafür gut als Beispiel..), aber die Grundrechte werden sie uns nicht abgraben können, damit wird die Demokratie grad noch fertig.
 
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Ice

Technomage
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David:
Naja, nur gerade das Schlimmste ist vorerst verhindert worden:
"Am gestrigen Montagabend wurden Änderungsanträge zum geplanten Gesetzespaket zur Regulierung des Telekommunikationsmarktes befürwortet, mit dem nationale Regulierungsbehörden mit Rechteverwertern freiwillige Standards zum Schutz "gesetzeskonformer Inhalte" erarbeiten können."
Es sind immer noch sehr viele Tore geöffnet worden, wo Lobbyisten wirken werden. Die werden jetzt halt die Abgeordneten/Politiker/Legislativen jedes einzelnen Landes "bearbeiten" - Nur der general-Rundumschlag ist gescheitert.
Fazit: Die Chose wurde angenommen gestern. Die message ist lediglich, dass es nicht ganz so schlimm gekommen ist wie befürchtet.
Das ist gar kein Grund zum Feiern. (Entweder hast Du das überlesen oder ich nicht genug betont) Vielleicht war es ja auch ganz nach Plan, frei nach dem Motto: Fordere doppelt so viel wie du willst, dann kriegste schlussendlich alles was du willst.


Gruss, Ice
 

David

Moderner Nomade
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Das ist halt der normale Ablauf von Politik, wenn Ergebnisse rauskommen, die dir gefallen, wird das auch kaum anders gelaufen sein.

Das sich erleuchtete und absolut neutrale Volksvertreter in den heiligen Hallen des Parlamentes versammeln würden um dann völlig uneigennützig zum Wohle des Volkes Gesetze zu beschließen, sollte man sich lieber aus dem Kopf schlagen, sonst bekommt man nur unnötige Depressionen. :D
Immerhin habens wirs inzwischen geschafft, daß es heute nur noch zu Rufmord statt echtem Mord kommt, viel mehr darf man nach ein paar 1000 Jahren wohl nicht erwarten. :shine:

"Fordere doppelt so viel wie du willst" ist sowieso ein Grundmuster in allen Verhandlungen, es sei denn natürlich, es geht um die Kosten eines geplanten Projektes, da veranschlagt man dann 50% der geplanten Kosten und ist froh, wenns am Ende nur dreimal so teuer wird wie geplant. :rolleyes:

Mit "Internetverbot" und aktiver Filterung des Internetverkehrs hat man dann aber doch etwas mehr als nur doppelt soviel gefordert. Dagegen wirken ja selbst Schäubles Ideen noch harmlos. Weiß der Belzebub was den geritten hat, der geglaubt hat, sowas könne man durchsetzen. Selbst wenns keiner der Parlamentarier gemerkt hätt: Glauben die ernsthaft, dagegen würde nicht sofort jemand klagen, spätestens wenns an die Implementierung geht? :confused:
Ich kenn die rechtliche Lage in anderen EU-Ländern nicht, aber in D wirds sowas nicht geben, das kann man glaub ich auch als Nicht-Jurist so vorhersagen.
 
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Caswallon

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Soll ich Ice' Antwort schreiben, oder wartest du auf ihn selber? :D

Gala: Doch, die Freikirchen sind natürlich auch sozial aktiv. Teilweise von sich aus, teilweise im Verbund mit den ev. Landeskirchen z.B. im Diakonischen Werk.

Ich halte ansonsten "Staat im Staat" für deutlich übertrieben, genauso wie "auf allen Gebieten". Es gibt gewisse Privilegien im Arbeitsrecht (bei denen man sicher diskutieren kann, ob eine Regelung wie bei sonstigen Partei- oder Vereinsorganisationen nicht ausreichen würde), aber der Begriff "Staat im Staate" ist für so etwas reichlich überzogen.

"Das Volk als Souverän" ist ein Abstraktum. Das "Volk" ist zum Teil auch in Kirchen organisiert und handelt durch sie, insofern ist das eigentlich erfüllt.
Ansonsten halte ich es für unsinnig zu fordern, der Staat solle privates Engagement verbieten - denn auf das liefe es hinaus: konfessionelle Schulen z.B. sind ja immer ein Zusatzangebot zum ohnehin bestehenden staatlichen Angebot. Ich glaube nicht, daß sich das wesentlich ändern würde - ich vermute eher, daß es *trotzdem* kirchliche Zusatzangebote auch z.B. im Krankenhausbereich gäbe. Eben weil die Mitglieder der Kirchen der Meinung sind, sie müßten sich unabhängig vom Staat engagieren.
Drittens ist mein Vertrauen in staatliche Stellen, ehrlich gesagt, nicht so groß, daß ich ihnen guten Gewissens alle Dinge übergeben wissen möchte. ;) Privates Engagement ist etwas Gutes!

Cas
 
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David

Moderner Nomade
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In der konkreten Sache kann ich Ice diesmal ja sogar zustimmen, nur mach ich daraus halt nicht gleich eine angehende kontinentaleuropäische Diktatur der bösen Wirtschaftslobby..

Würd ich mich hier über jedes Detail aufregen, das mir nicht passt, käm ich zu gar nichts Anderem mehr, aber unterm Strich fühle ich mir und heute eben doch sehr gut aufgehoben.
Liegt zugegebenermaßen vielleicht aber auch daran, das man als angehender Geograph und "nebenberuflicher" Historiker ganz andere Zustände (zumindest theoretisch) kennt und deshalb die Messlatte nicht ganz so hoch legt..

PS.:
Was privates Engagement angeht, könnten wir sogar von den USA noch was lernen: Die lehnen zwar staatliche Systeme ab, aber dafür hilft man sich gegenseitig. Da man schon ein Recht auf ein gewisses Maß an Hilfe haben sollte statt nur Almosen zu empfangen, kanns das meiner Meinung nach zwar nicht alleine sein, aber als Zusatz ist sowas extrem wichtig. Und wenn man sich die absehbaren Finanzierungsprobleme seitens des Staates anschaut, wird es in Zukunft wohl auch noch wichtiger werden.
 
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Gala

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Ich habe nirgends behauptet, das die kleinen Kirchen grundsätzlich nicht sozial aktiv sind. Ich habe gesagt, das schaffen die auch ohne Sonderprivilegien, wenn sie es denn sind.

Gerade weil "das Volk" in Kirchen nur zum Teil und nicht aus politischen Gründen und nur unter bestimmten Voraussetzungen (Kirchen verfolgen ja einen bestimmten Glauben und schließen allzu schwere Querschläger aus) und auch nur zum Teil zur Einflußnahme befugt (gerade bei der katholischen Kriche) in Kirchen teilnimmt, folgert daraus ganz sicher keine Rechtfertigung zu diesen Privilegien, oder gar zu irgend einer Regierungsmacht. Wieso sollte das auch der Fall sein ?

Genausogut könnte man behaupten, Siemens hätte Anrecht auf Sonderrechte, weil da ja Mitglieder des Volkes arbeiten. Ok, in der Praxis bekommt Siemens (und die ganze Großindustrie) jede Menge Sonderrechte, aber nicht unter dieser Begründung.

Und ich wiederhole, das Volk ist kein Abstraktum. Das Volk, das sind wir alle. Daran ist überhaupt nichts abstrakt.
 

Ice

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Mach mal, nimmt mich wunder... :D


David:
Ich glaube Du marginalisierst Informationsfreiheit. Ich muss ein bisschen Ausholen. Es geht nicht darum, was mir gefällt oder nicht, sondern darum, dass in den letzten 20 Jahren eine Verlagerung stattgefunden hat. Information ist nicht mehr vorwiegend auf Papier gespeichert, sondern zunehmen in Computern auf Festplatten. Früher hatte man Magnetbänder in TV-Studios, Steuerdaten auf Papier, seine Kontakte/Adressen in Karteikästen, man bewahrte Filme auf Celluliod-Rollen auf, man tippte alle Dokumente auf der Schreibmaschine und hatte einen dicken Ordner mit Bank-Belegen und Infos betreffend der eigenen Finanzen, Geodaten waren auf Papier und vielleicht Mikrofilemn. Nun hat eine breite Migration auf elektronische Medien stattgefunden, alles ist irgendwo als Bits und Bytes auf irgend einer Festplatte. Nun ist es sehr viel einfacher, an diese Infos zu gelangen - als Staatsapparat und als Wirtschaftskapitän. Dazu hat man es geschafft, dass wer immer von Datenschutz redet, mit einem Bein in der Schublade "Täterschutz" (wenn nicht Schlimmeres) und mit dem Anderen auf einer Bananenschale steht. Sieh Dich doch nur mal um, je nach dem wie eine Umfrage formuliert ist, geht den Leuten der sorgsame Umgang mit ihren Informationen am Allerwertesten vorbei. Es ist alles drin zwischen "Wollen Sie dem Staat alle ihre persönlichen Informationen preisgeben?" und " Haben sie etwas zu verbergen?"

Wir haben also einerseits eine gigantische Migration von X verschiedenen analogen Medien auf ein einziges Medium und andererseits eine erschreckende Sorglosigkeit und Naivität der Leute betreffend ihrer persönlichen Daten. Letzteres ist der Grund, warum es bei diversen Überwachungs- und Kontrollgelüsten so wenig Widerstand gibt.

Und die wichtigste Frage: Warum soll überwacht werden? Nun, ganz einfach, immer wo Daten sind, wecken diese Begehrlichkeiten, das hatten wir schon mal. Nun gibt's aber noch einen anderen Grund: die Bidirektionalität oder Dezentralisierung des Insternets. Plötzlich - immer in grösseren Zeitmasstäben gesehen - kann jeder Lümmel Millionen Leute erreichen! Diese Option hatte früher der Staat und NUR der Staat (und somit die, die an der Macht sind) und niemand anders. Jeder kann nun seine Meinung verbreiten, unzensiert. Und schlimmer - aus der Sicht der Mächtigen - man kann das Volk nicht mehr so einfach belügen. Plötzlich kann jeder gewisse Sachverhalte selber nachprüfen wo er früher auf staatliches TV+Radio angewiesen war.
DAS ist das "Problem", was Regierungen und Hochfinanz mit dem Internet haben und nicht Terroristen, Pädophile oder "Raubkopierer" - das sind nur griffige Vorwände um die informationstechnische Invasion zu rechtfertigen..
Nun soll das Medium Internet zusammen mit den Computern (auf denen ja immer mehr und mehr über uns alle gespeichert ist) fast gewaltsam unter "Kontrolle" geberacht werden, mit gigantischen Kollateralschäden an Freiheiten und Rechten der Bürger.
DESWEGEN jaule ich und andere so laut, und nicht weil man nun nicht mehr so leicht das neueste Britney-Spears-Geplärre herumkopieren kann.

Ich hoffe ich habe damit die Tragweite rübergebracht, worum es geht. Aber ich habe den Verdacht, das Du und viele andere das alles immer noch gewaltig unterschätzen. Und hinterher wenn's dann mal offensichtlich beisst fragt man dann "Scheisse - wie konnte es nur soweit kommen??" Aber jetzt im Moment ist es ja nur "Scheisse, was spinnt der Ice denn da wieder rum?" Gute Nacht.

P.S. Und - über diverse - abgeschmetterte - Fordeungen von Schäuble und der Industrie lachen wir heute. Wir haben ja auch mal über die Idee der automatischen Gesichtserkennung und flächendeckender Video-Überwachung gelacht. Frag mal einen Engländer...

Gruss, Ice
 
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Gala

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