Politik, 4. Staffel

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Darghand

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Das ist nicht der Täterschutz in diesem Sinne. :rolleyes: Zur Erklärung:

Beliebteste hypothetische Situation: der Entführer ist verhaftet, die Indizien- und Beweislast ist erdrückend, er rückt aber nicht damit heraus, wo sich das Entführungsopfer befindet. Es wird über kurz oder lang verdursten oder verhungern.
Der Rechtsstaat schützt in diesem Fall den Täter. Er darf nicht, um dem Schutz des Opfers willen, genötigt oder gefoltert u.ä. werden. Täterschutz heißt vor allem die strikte und (hoffentlich) unüberwindbare Achtung und Anwendung der Grundrechte des Täters.
Das ist der primäre Sinn sämtlicher Grund- und Abwehrrechte und hauptsächliche Aufgabe des Rechtsstaates, nicht die möglichst lückenlose Durchsetzung der Gesetze oder die Prävention von Verbrechen.
Grundrechte beziehen sich fast immer auf das Verhältnis zwischen Individuum und Staat und gelten daher logischerweise immer dann, wenn ein Individuum der Macht des Staates unterworfen ist, wie z.B. bei einer Verhaftung. Nicht umsonst ist die Verfassungsbeschwerde ein so mächtiges Werkzeug, und nicht umsonst gibt es zig andere Wege, sich gerichtlich gegen staatliches Handeln zu wehren. In das Verhältnis zwischen Individuen untereinander greifen Grundrechte higegen allenfalls mittelbar ein, als eine Art von zugrundliegender Wertordnung. Für alles andere gibt es das bürgerliche Recht.
Es ist daher auch kein Grundrechtsproblem, einen Fight Club zu gründen und sich ordentlich zu prügeln. Das stellt keinen Verstoß gegen Art. 2 II GG (Recht auf körperliche Unversehrtheit) dar - wenn hingegen die Bereitschaftspolizei den Laden stürmt und alle Mitglieder erstmal vorsorglich mit dem Gummiknüppel behandelt, wird das sehr wohl ein Grundrechtsverstoß sein. Ebenso ein Gesetz, dass es Fight-Club-Mitgliedern erlaubt, wahllos Mitmenschen zu prügeln.

Im Grundgesetz ist das so formuliert: Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden. - Art. 20 III GG

Konsequenz: Rechtsstaatlichkeit heißt vor allem die Anwendung und Beachtung von Grundrechten in Fällen, in denen Menschen dem Staat unterworfen sind. Und das sind in vielen Fällen eben die Menschen, die gegen Recht und Gesetz verstoßen haben. Es besteht ein absolutes Willkürverbot. In diesem Sinne sind Grundrechte ein wirksamer Täterschutz, da kommt man nicht drumherum, ganz egal, wie anders lautende Interpretationen verwendet werden.
Ich kenne die Argumentationslinie "Datenschutz = Täterschutz" sehr wohl, halte es aber für völlig verkehrt, aus Angst das Wort "Täterschutz" nicht zu verwenden. Es hat eben noch eine andere, äußerst wichtige Bedeutung und es ist sinnvoller, diesen Inhalt zu vertreten als die Definitionsmacht den Anhängern der oben genannten Argumentationslinie zu überlassen.

solche Wörter soll man demzufolge nicht verwenden, sonst spielt man ehe man sich versieht nach den Regeln der Überwachungsfanatiker und Antidemokraten.

Wer so etwas behauptet, hat die Diskussion schon verloren, wobei die Niederlage schon vor dem Kampf kam. Und diese "Sprachmanipulation" ist eh völliger Unfug. Um jeden Begriff von gesellschaftlicher oder politischer Relevanz gibt es Kämpfe um die Deutungshoheit. Welche Interpretation eines Begriffes gerade beherrschend (d.h. hegemonial) ist, ist Ergebnis von Mehrheitsverhältnissen. Das fängt schon bei solch absurden Niedlichkeiten an wie der bevorzugten Verwendung von "Marktwirtschaft", weil "Kapitalismus" ja so grob, kalt und böse klingt und endet bei Debatten darum, ob Hartz IV nun "sinnvolle, nötige und erfolgreiche Reformen, die Deutschland wieder nach vorn gebracht haben" oder nur "eine Verarmung per Gesetz" darstellen.

Daran sollte man sich gewöhnen, die objektiv feststellbare Identität eines Sachverhalts gibt es nunmal nicht.
 
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David

Moderner Nomade
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Natürlich will hier niemand foltern. Außer in akuten Notwehr/Nothilfesituationen darf die Gesundheit oder gar das Leben nicht zur Debatte stehen.
Aber deshalb ist noch lange nicht jede mäßige Einschränkung an anderer Stelle verboten, wenn sie im Gegenzug wieder dem Schutz von Grundrechten dienen kann. Wichtig ist, daß sowohl der Einzelfall als auch die Frage, ob der Staat grundsätzlich dieses oder jenes Recht in Anspruch nehmen darf, im Zweifel vor einem unabhängigem Gericht geklärt werden kann, und das ist der Fall.

Wenn man die Vorratsdaten in dieser Hinsicht mal aufdröselt, kann ich bei den EMail und Telefondaten ja wenigstens nachvollziehen, warum manche das für überzogen halten, auch wenn ich die Befürchtungen vom "Überwachungsstaat" nicht teile. Sollte das Ganze vom Verfassungsgericht gekippt werden, wäre das für mich nur ein Fall von überzogenem Sicherheitsdenken, aber keinesfalls der gescheiterte Versuch, einen autoritären Überwachungsstaat zu installieren. Und diese Motivfrage halte ich für wichtig (sogar für wichtiger als das Gesetz selber!), weil hier ständig der Eindruck vermittelt wird, die Politiker hätten Spass daran mutwillig und sinnlos Grundrechte einzuschränken. :rolleyes:

Bei den IP-Adressen sieht die Lage für mich aber nochmal anders aus, denn die sind viel harmloser als Verbindungsdaten, selbst mit den bösesten Absichten kann man daraus nicht viel mehr lesen als "Du fieser Stromverschwender lässt deinen Router den ganzen Tag online". Irgentwelche Profile, Bewegungsmuster oder Personennetzwerke lassen sich daraus alleine nicht erstellen.
Und deshalb ist zumindest dieser Teil der Speicherung für mich auch schon deutlich unterhalb von Mafia- und Terrorbekämpfung verhältnismäßig.

Wenn man sich aber mal die Proteste gegen die Vorratsdaten anschaut, bekommt man einen ganz anderen Eindruck, denn da gehts ziemlich oft um das Internet. Ich hab deshalb auch ne ganze Weile geglaubt, da würde viel mehr gespeichert werden, und hab mich dann gefragt, was die ganze Aufregung ums Netz eigentlich soll..
Da erscheinen mir Kritikpunkte wie die Anruflisten von Ärzten, Anwälten oder Journalisten zigmal angemessener. Eine der ganz wenigen Missbrauchsmöglichkeiten, die ich mir wirklich konkret vorstellen könnte wäre zB der Versuch, über diese Listen rauszufinden, wie bestimmte Infos an die Presse gekommen sind.

Ob solche Listen noch verhältnismäßig sind, wird das Verfassungsgericht entscheiden, darauf daß das Gesetz 1:1 umgesetzt wird, würd ich auch nicht wetten. Einen Kompromiss mit Ausnahmen bei der Speicherung (also diese sensiblen Berufsgruppen) und schärferer Zugriffskontrolle (ähnlich wie bei den Online-Durchsuchung) halte ich da für wahrscheinlicher.
Was ich mir auch noch vorstellen könnte, ist daß der Staat dazu verdonnert wird, den technischen Aufwand selber zu bezahlen, das wäre wahrscheinlich der einfachste Weg, daß Ganze zu stoppen. :D
 
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Tim

Streichel-Mod
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@David:
Wenn der Staat mitloggen würde welche IP Adresse du im Inet benutzt könnte er ein Bewegungsprofil von dir erstellen, denn jeder Webserver im Internet protokolliert welche Ip Adresse wann da war. Und wenn es nicht die IP ist, dann gehts über die Mac Adresse noch besser. Die IP Adresse ist genauso gefährlich wie ein die Aufzeichnung der Telefon und Bankdaten, nur sieht das kaum einer.
(Es ist natürlich nicht so einfach wie ich das hier beschrieben habe, aber es geht...)
 

David

Moderner Nomade
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Dazu müsste er aber erstmal an die Daten der einzelnen Server rannkommen.
 

Tim

Streichel-Mod
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Kommt der Staat. Oder wie meinst du kann er einen Kinderpornoring zerschlagen wenn nicht über die IP Adressdaten des Providers und der Server auf denen die Sachen drauflagen?
 

David

Moderner Nomade
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Das ist dann aber ein Einzelfall: Man hat EINEN verdächtigen Server und will wissen, wer da war. Genau dafür sind die IP-Daten ja auch gedacht. Nur muss man diesen Verdacht auch belegen können, sonst wird der Name zur IP-Adresse nicht rausgerückt. Diese Regelung find ich angemessen.

Aber für ein echtes Profil bräuchte man die Daten sämtlicher Webserver, auch der juristisch Harmlosen. Erst dann wäre es möglich "Gesinnungsschnüffelei" zu betreiben, wie es manche Datenschützer dauernt an die Wand malen. (Die Daten für Nachdenkeseite.de oder Ähnliches werden garantiert nicht rausgegeben, egal wieviel Unsinn die schreiben mögen. :D )

Man kann also nur ein Profil für den Server machen (Wer war hier?), aber nicht für eine Person (Wo war diese Person?). Und wer nur die Vorratsdaten hätte (zB Datenschutzpanne), könnte damit alleine erstmal gar nichts anfangen, anders als zB beim Telefon. ("Mal schaun wer beim Psychodoc anruft.." etc.)
 
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Tim

Streichel-Mod
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Ok, folgendes Szenario:
Der Staat hat eine tagesaktuelle Ip Adressdatei von allen Providern und kann diese einem Menschen in Deutschland zuordnen. Nun zerschlagen die einen Kinderpornoring und beschlagnamen PCs.
Auf einem der PCs sind diverse Homepages angesurft worden und deren Server werden jetzt überwacht.

Du sitzt zu Hause und hast langweile und surfst auf irgendwelchen legalen Seiten rum. Auf einmal popt ein Werbepopup hoch, welches Daten von dem überwachten Server öffnet. Der Staat sieht das, sieht die IP, schaut in die Liste und steht bei dir vor der Tür. Dein PC wird beschlagnamt und du kannst nur darauf hoffen, dass dein Anwalt clever genug ist um zu beweisen, dass du nicht auf der Homepage drauf warst.

Was ich sagen will ist: An sich hast du Recht, dass die IP Adresse allein nicht das Problem ist. ABER wenn etwas überwacht wird, wird es zum Problem.
 

David

Moderner Nomade
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Aber warum sollte man zB Spiegel Online überwachen, nur weil jemand da war, der vorher auf ner illegalen Seiten war? :confused:
Man überwacht doch auch keinen Supermarkt, nur weil der Mörder da mal eingekauft hat. Und wie sollte das überhaupt aus rein technischer Sicht gehen?
Um an die Server-Daten ranzukommen, müsste man das Ding doch entweder illegalerweise hacken oder mit nem Durchsuchungsbefehl antanzen um die Daten zu kopieren, und dazu brauchts dann doch etwas mehr..

Und soweit ich das im Kopf hab, gibts auch nicht für jeden Polizisten ne "Flatrate" in die Daten, der Zugriff muss schon begründet werden.
Was die Sache mit den Popups oder zB Vertippen bei der URL-Eingabe angeht, müsste der begründete Verdacht eigentlich auch so aussehen, daß jemand länger als nen paar Sekunden da war. Ich bin nicht 100%ig sicher, aber ich glaub, man bekommt nichtmal pauschal alle Namen zu den IPs auf einem Server, sondern nur die Namen für die IPs, die wirklich verdächtigt sind. D.h. auf ner Tauschbörse reichts nicht dagewesen zu sein, der Download von geschützten Inhalten muss in jedem Einzelfall belegt werden, sonst gibts erst gar keinen Namen. (Hab mal ne Reportage gesehen wie die Rechteinhaber ihre Leute darauf ansetzen, das ist ne echte AB-Maßnahme.. :D )

Was genau speichert so nen Webserver denn eigentlich?
Kann man daraus ablesen, welche Seiten jemand abgerufen hat (auf einem Server könnten ja auch mehrere Seiten liegen?), oder nur wie lange / das er überhaupt auf dem Server war?
Also angenommen, man hat einen Server beschlagnahmt, was kann man daraus noch ablesen?
Wenn auf einem Server mehrere private Seiten liegen, von denen eine zB rechtsradikale Propagandamaterialien verbreitet, müsste man ja schon etwas mehr wissen als nur daß jemand auf dem Server war, um ihn verdächtigen zu können.

Und was ich mich immer wieder frage: Kann man diese IP-Listen nicht einfach löschen bzw. erst gar nicht speichern?
 
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Ice

Technomage
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David:
Das ist eine hypothetische Situation, nach meinem Dafürhalten kommt diese Situation nur in Filmen und in der Rhetorik/Phantasie der Folter-Befürworter vor.
Trotzdem arumentiere ich kurz dazu auch wenn ich diesen hypothetischen Fall danach nicht weiter diskutieren will: Wenn man dem Entführer Strafminderung verspricht (z.B. 15 statt 25 Jahre Knast) wenn er den Aufenthalt des Opfers verrät, dann wird der in 90% der Fälle kooperieren. Ansonsten gibt es noch allerlei Medikamente, die Leute ohne Schmerzen zum Plaudern bringen können (das ist kein Film-"Wissen") Ergo: noch mal 7% gelöst.
Du siehst also: Wir haben auch 97% dieser hypothetischen und konstruierten Fälle die die Folter-Befürworter so gerne verwenden gelöst ohne jemals zwischen Rechtsstaat und "Opferschutz" oder "Täterschutz" wählen zu müssen.

Nein, ich muss die Unsinnigkeit des Wortes "Täterschutz" hier nicht auseinandermehmen. Fakt ist aber, dass dieses Wort for allem die Beürworter von Folter verwenden. Wenn es Dir Spass macht, kannst Du ja such das neueste Unwort von denen verwenden: *Rettungsfolter". Das ist übrigens genau unter Verwendung des obigen hypothetischen Falles proklamiert worden. Angesichts all der verbalen Verrenkungen und der Wortkreationen kann man es niemandem verdenken, wenn von einer Zuhnahme von "Neusprech" geredet wird. Sprache als Waffe bedingt aber immer, dass man dem Gegnüber auf den Leim geht und das neuste und beste Propagandageschoss des politischen Gegners auch verwendet. Das tue ich nicht, egal wie es gedreht und gewendet wird.

" weil hier ständig der Eindruck vermittelt wird, die Politiker hätten Spass daran mutwillig und sinnlos Grundrechte einzuschränken"
Ja, wer wenn nicht die Politiker selber vermittelt denn diesen Eindruck jedem denkenden Menschen?? Wieso ist denn ein Schäuble überhaupt noch im Amt?

Ursprünglich wollte man bei der VDS auch die Zieladressen speichern, aber das wären definitiv zuviele Daten, spätestens wenn es Verbindungen von PC zu PC (Peer-to-peer) gibt. Ich weiss nun aber nicht ob wir die Streichung dieses Teilvorhabens der erschwerten technischen Machbarkeit oder politischem Widerstand zu verdanken haben.

Nein, David, das ist kein Einzelfall. Bitte argumentiere nicht so wie die Verharmloser in der Politik. Jeder Server-Betreiber kann dazu verdonnert werden, seine Logs rauszurücken. Wie hoch da die Richterbeschluss-Hürde ist weiss ich nicht.

Lies Dir aber Tim's Post 1907 noch mal durch.
Die Analogie ist folgende: Ein Hanfverkäufer wird überwacht. Du stolperst in den Laden weil Du ein Aspirin willst. Aber die Ermittler sehen dann nur, dass der David im Hanfladen war und mit einem Päckchen unter dem Arm wieder rauskam. Ergo: Viel Spass beim Übernachten in der Zelle. Un weil man schon dabei ist, schaut man auch gerade noch nach, in welchen Läden sich der Verdächtige (=Du) auch noch so aufgehalten hat.


Gruss, Ice
 

Astaldo

Vampireslayer
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Ach wie ich das liebe, wenn die demokratischen Staaten Russland und China eine Resolotion gegen Simbawe verhindern, dass ja in Presse geraten ist, weil es sehr demokratische Stichwahlen abgehalten hat. Tja irgendwie ist der UN-Sicherheitsrat auch nur ein kleines Spielzeug. Wie auch, wenn zu den Vetomächten zwei Staaten gehören, die Menschenrechte nicht gerade groß schreiben und die USA, die ja auch in letzter Zeit nicht gerade das Vorbild für Demokratie und Gerechtigkeit war. Dann stimmt auch noch Südafrika dagegen, die ja gezeigt haben, dass sie es nicht packen, eine Lösung zu finden bzw. deren Präsident ein alter Weggefährte (oder so ähnlich) Mugabes war und ihn nun nicht verärgern will. Im Prinzip ist doch der Sicherheitsrat defacto handlungsunfähig, wenn man nicht gerade mal Thema findet, wo es eine einhellige Meinung gibt. Ansonsten stechen sich Russland/China vs. USA/GB doch mehr oder weniger aus. Und wer leidet unter diesem Mist? Natürlich die, denen es eh schon dreckig genug geht. Da stellt sich mir doch die Frage, warum schickt man Soldaten in den Kongo um Wahlen abzusichern, aber in Simbawe beschränkt man sich aufs Zusehen und Schimpfen.
 

David

Moderner Nomade
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Man kann fast noch froh sein, daß Simbawe nen Binnenland ist, sonst hätt China(?) neulich ne ganze Schiffsladung Waffen an Mugabe liefern können.. :rolleyes:
Nordkorea ist noch so nen Beispiel, das Regime da lässt sein Volk hungern, aber nur weils sein Atomprogramm angeblich eingestellt hat, ists plötzlich ein ernstzunehmender Ansprechpartner..
Aber nach den Erfahrungen in Afghanistan und im Irak dürfte der Westen die nächsten 10 Jahre erstmal genug von irgentwelchen handfesten Einmischungen haben und sich lieber darauf beschränken, nur seine eigenen Interessen abzusichern. Und die divsersen Diktaturen dürften das auch wissen.

@Ice:
Das sind doch aber alles nur vage Befürchtungen. Soweit ich weiß kann man nicht einfach so antanzen und sagen "Ich hätt gern mal eure Server-Daten", genausowenig wie man mal eben sagen kann "Ich hab hier ne Liste mit 10000 IPs, gib mir doch bitte mal die Namen dazu". Es braucht einen begründeten Verdacht. Und darunter fällt nicht "Der ist neulich am Haus eines Verdächtigen vorbeigegangen". Selbst aus RL-Ermittlungen ists mir noch nicht untergekommen, daß jemand das Edeka überwacht hätt nur weil nen Drogensüchtiger sich da sein Bierchen gekauft hat.. :rolleyes:
Für so nen Quatsch haben die chronisch überlasteten Polizeibehörden doch eh keine Zeit. Das ist btw. noch so ein Argument, daß besser wäre als die ganze Überwachungs-Paranoia: Mit dem Geld, daß die Vorratsdaten kosten, könnte man auch einfach mehr Polizisten einstellen. Und das würde evtl. deutlich mehr bringen als die Daten.

Und wie kommst du schon wieder auf das Folter-Beispiel?
Das sowas Quatsch ist müssen wir doch hoffentlich nicht diskutieren, Folter ist verboten und fertig. Sonst kann man auch gleich anfangen "in ganz schlimmen Fällen" die Todesstrafe wieder einzuführen.. :rolleyes:

EDIT:
"Ansonsten gibt es noch allerlei Medikamente, die Leute ohne Schmerzen zum Plaudern bringen können (das ist kein Film-"Wissen") Ergo: noch mal 7% gelöst."
Gibts sowas wirklich?
Und versteh ich das richtig, daß du deren Einsatz befürworten würdest? :eek: :eek:
Mir gegen meinen Willen irgentwelche Medikamente einzuflößen, die direkt aufs Gehirn einwirken, empfände ich ehrlich gesagt als einen unendlich viel heftigeren Eingriff in meine Grundrechte als ein paar IP-Daten in irgenteinem Computer. Nicht umsonst zählen zB KO-Tropfen auch als Körperverletzung, selbst wenn man die Wehrlosigkeit danach nicht weiter ausnutzt.
Außerdem hat man ein Recht darauf, die Aussage zu verweigern und sich nicht selber zu belasten.
Das kannst doch ausgerechnet du jetzt eigentlich nicht wirklich ernst meinen? :confused:
 
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Mynora

Teufelchen
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Hm, hat man auch das Recht zu schweigen, wenn dadurch Menschen sterben? Das klingt für mich auch recht merkwürdig... Klar bin ich auch gegen das Nutzen solcher Medikamente, aber deutlich höhere Strafen für das Schweigen wären in dem Falle sicher angebracht (wenn Du uns nicht sagst, wo das Opfer ist, dann ist das Mord). Das würde sicher bei ein paar Leuten auch noch helfen :).
 

Durandil

Dúnadan
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@David: ein begründeter Verdacht ist aber reichlich relativ. Wenn Du mal ne Stunde Zeit hast, schau Dir diesen Vortrag an. Zugegeben, der CCC ist sicherlich meinungstechnisch gefärbt, aber wenn man mal ganz optimisch denkt, daß Anwälte nicht allzu sehr lügen (solange Sie keinen spezifisichen Mandanten vertreten :D )...

Etwa: ein jugendlicher Autofahrer(?) wird kontrolliert, man findet einen unbeschrifteten CD-Rohling in seiner Tasche. Das war "Begründung" genug, in der gesamten Wohnung der Eltern eine Hausdurchsuchung durchzuführen. Ein anderes Beispiel in dem Vortrag ist jemand, der irgendwie in einer Kölner Kneipe (oder wars Düsseldorf? - auf jeden Fall eine dieser Altstadtkneipen, die gemütlich überfüllt dafür sorgen, daß man quasi immer zwischen Fremden und nie alleine an eigenem Tisch sitzt) neben einem polizeilich bekannten Kriminellen sein Bier getrunken hat, was Deinem Edeka-Beispiel doch schon sehr nahe kommt! Und beide Durchsuchungen wurde schlichtweg mit der Begründung "Gefahr im Verzug" sofort durchgeführt.

Ich selber habe auch schonmal nen Durchsuchungsbefehl lesen dürfen, der in dermassen schlechtem Deutsch verfasst war (Namen falsch geschrieben und vertauscht, jeder Satz mit mehreren Rechtschreibfehlern), daß ich als Richter anstelle meine Unterschrift drunterzusetzen den Beamten, der die Durchsuchung wollte, erstmal zurück in die Schule geschickt hätte :rolleyes:

Das mit dem "chronisch überlastet" und "keine Zeit" wirkt sich außerdem auch umgekehrt aus: wenn ein entsprechender Vorwurf vorliegt, muss irgendwas ermittelt werden (fürs Gesetz oder zumindest die Statistik), und Durchsuchen geht im Gegensatz zu gründlicher Recherche vorher doch recht schnell, und fördert zudem wahrscheinlich fast immer irgendwas zutage (und sein's nur MP3s), das mindestens ein Einstellen nach Bußgeldzahlung und somit kein "Ungelöst" in der Statistik bringt.

Um aber zur Vorratsdatenspeicherung zu kommen, weise ich mal auf den Skandal neulich mit den Einwohnermeldeämtern hin. Von denen etliche eine bequeme Lösung zum Einsehen der Meldedaten aus dem gesamten Internet eingerichtet haben - "dummerweise" aber das Standard-Passwort des Herstellers, das nicht nur in der Anleitung sondern auch auf dessen Webseite stand, nicht geändert haben. Was hilft es, wenn der Zugriff legitimer Benutzer schön ordentlich protokolliert wird, wenn selbst der Staat solche Scheunentore offenlässt? Und wenn ich das gerade noch richtig im Hinterkopf habe (die Info stammt aus nem älteren Artikel zum Thema Phishing), dürften dort geklauten Datensätze etwa wohlhabender Bürger schon ihre 50 Dollar (pro Datensatz!) auf dem Schwarzmarkt wert sein, da gibt's also recht klare Begehrlichkeiten.

Zugegeben, eine Sammlung von den Wegen einzelner Nutzer im Internet wird sicherlich nicht so viel Geld pro Datensatz bringen, dafür lassen sich alle Daten und nicht nur ausgewählte verarbeiten. Diverse Versuche wie etwa Phorm zeigen nicht nur, das solche Daten in der Marktforschung gewünscht sind, sondern auch, daß da schon bewusst (imho) Experimente in rechtlichen Grauzonen unternommen wurden.
Mag dann sein, daß die Polizei nur kontrolliert drauf zugreifen darf. Aber der kleine Azubi, der beim Provider in der technische Abteilung arbeitet und sich ärgert, daß sein Geld gerade nicht für ne PS3 reicht, hat sowohl den Zugriff und die Ahnung, um an sämtlichen Protokollen vorbei ne "Sicherung" der Daten zu ziehen und auf dem Schwarzmarkt zu verkloppen. Und selbst wenn ihm manchmal die Ahnung fehlt, das wirklich ohne Spuren zu machen, hat er doch den jugendlichen Optimismus zu glauben, daß er sie hätte, und tuts trotzdem.

Wahrheitsdrogen als Aufklärungshilfe? Kann ich auch nicht ernstnehmen :hae:
Besonders im Zusammenhang mit dem eh schon suggestiven Charakter, den Verhöhe naturgemäß haben, finde ich das extremst bedenklich - ne Droge "kennt" schließlich die Wahrheit nicht, sondern kann lediglich die Wahrnehmung verändern. Und zu was bewusstseinsverändernde Drogen führen, kennt jeder zumindest aus Erzählungen.
 

David

Moderner Nomade
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Beispiele von teilweise krassen Fehlentscheidungen gibts überall, aber kann das der Maßstab sein?
Es gab auch mal nen Fall in Bayern, wo jemand sich negativ über den Papst-Besuch geäußert hat und dann einen ganzen Trupp Polizisten im Haus hatte. :rolleyes:
Für solche Fälle müsste es meiner Meinung nach deutlich härtere Strafen geben: Wer über eine Durchsuchung entscheiden muss, muss persönliche Konsequenzen befürchten, wenn er immer und überall sein Ja druntersetzt ohne sich den Einzelfall anzuschauen. (Also sollte man im Zweifel lieber nein statt ja ankreuzen, um auf der sicheren Seite zu sein) An solcher persönlichen Verantwortung mangelt es btw. an vielen Stellen, Stichwort Steuerverschwendungen. Solange man für sowas allenfalls etwas später automatisch befördert wird, darf man sich nicht wundern, wenn die Leute vorschnell handeln.

Was Pannen wie die Sache mit dem Einwohnermeldeamt angeht hab ich ja schon gesagt, daß man selbst dann mit den IP-Daten alleine nicht viel anfangen könnte. Die Wege der Nutzer im Netz lassen sich daraus nicht ablesen, und der Aufwand, aus diesen IP-Daten was Brauchbares zu machen dürfte den Wert solcher Daten auf dem Schwarzmarkt deutlich überschreiten. Da kommts billiger die Rechner mit Trojanern etc. zu infizieren, die die Wege direkt aufzeichnen.
Die Daten beim Einwohnermeldeamt (oder zB dem Finanzamt) sind sehr viel kritischer als reine IP-Nummern, und darüber regt sich auch kaum jemand auf. Bei den Telefondaten sieht das teilweise anders aus, Stichwort Arzt, Anwalt oder Journalist. Anruflisten von Fachärzten wären zB Versicherungen mit Sicherheit einiges wert.

@Mynora:
Wenn jemand stirbt, bekommt man dann natürlich ne deutlich höhere Strafe, und Kooperation wird in der Regel ja auch belohnt. Aber wer meint, das es ihm helfen würde, nix zu sagen, darf das. Als Angeklagter darf man ja auch vor Gericht lügen, ohne daß es alleine deshalb ne härtere Strafe geben würde. Das ist wahrscheinlich ein Teil von dem, was Darghand als "Täterschutz" im Rechtsstaat bezeichnet hat.
 
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Durandil

Dúnadan
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Besagter Strafverteidiger sprach aber eher davon, daß er sowas eher regelmässig erlebt ;)
Ob Fehlentscheidungen der Maßstab sein können ist natürlich ne schwere Frage. Ich persönlich würde fast sagen "ja", weil bestehendes Verantwortungsgefühl für mich ein wichtiges Kriterium wäre, wenn ich jemandem noch mehr Verantwortung an die Hand geben will.

Und was die IP-Daten angeht, schau nochmal auf das Beispiel Phorm, das ich genannt habe; ich denke, Du unterschätzt deren Wert gewaltig! Das "Internet" steuert gerade mitten in seine zweite große Krise. Woraus besteht das Internet denn seit der ersten Krise, dem großen "DotCom-Crash", bzw. was macht dort Geld? Pornos und Werbung. Und letztere ist es, die momentan die erwähnte zweite Krise erlebt. Internet-Werbung bringt immer weniger Geld ein, der Wert von Internetwerbung ist in den letzten paar Jahren um mehr als den Faktor 10 gefallen! Wenn früher ein angeklicktes Werbebanner 10 Cent gebracht hat, bringt es heute nur noch einen 1 Cent (jetzt nur ein Beispiel, üblicherweise wird pro 100 oder 1000 Klicks gerechnet). Überleg mal, wo überall Werbung geschaltet ist - das Forum hier ist eine der wenigen rühmlichen Ausnahmen, selbst große Nachrichtenportale verwenden ohne Ende Werbung. Überall wird man mit Werbung überschüttet, weil diese eine riesige Inflation erlebt. Stell Dir eine solche Inflationsrate mal außerhalb des Internets vor - und das Geschäftsmodell von Großteilen des Internets hängt davon ab!

Und genau da sind Profildaten Gold wert. Personalisierte Werbung kostet ein vielfaches von "neutraler" Werbung und ist das einzige Mittel, das Werbetreibenden bleibt, die Inflation wenigstens annähernd auszugleichen.
Das Problem bei der Personalisierung ist dabei, daß die meisten Benutzer bei fast jeder Einwahl eine neue IP-Adresse bekommen. Cookies von Werbebannerservern etwa erlauben, Benutzer auch mit neuer IP-Adresse wiederzuerkennen. Allerdings geht der Trend ja zu diversen Browser-Plugins und sichereren Cookie-Einstellungen (solche von Drittservern nicht zu erlauben etwa); da erlebe ich auch beruflich, daß sich einige Tracking-Cookie-Werbefirmen und sogar einzelne Webseitenbetreiber beschweren, daß wir solche Werbe-Cookies löschen, weil sie das spürbar zu treffen scheint.

Natürlich enthalten Vorratsdaten keine Zieladdressen, aber das ist nicht einmal notwendig, um sie wertvoll zu machen, denn diese Informationen sammeln Werbefirmen so oder so noch (Google Analytics zum Beispiel wurde auf 7% der von den deutschen Datenschutzbehörden diesbezüglich untersuchten Seiten gefunden!). Die Vorratsdaten würden es allerdings erlauben, verschiedene Sitzungen desselben Users mit unterschiedlichen IPs in Relation zueinander zu setzen, selbst wenn diese das im Browser zu verhinden wissen!

Und diese Relation ist im Moment das große Geschäft in der Internetwerbung (und dem Großteil des Internets, der sein Geschäftsmodell darauf aufbaut), weil sie die einzige Hoffnung zu sein scheint, Werbung noch irgendwie in Geld umsetzen zu können.
 

David

Moderner Nomade
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Dieses Google-Tool kannte ich wirklich noch nicht, ich frag mich nur grad, warum sich darüber keiner so öffentlichkeitswirksam aufgregt ? :confused:
Wenn man mal überlegt, wo Google so alles seine Finger drinn hat, scheint mir Schäuble eher die kleinere Gefahr zu sein: Google-Suche, Google-Mail, Google-Earth.. Wenn man allen Leuten, die mit Daten in Berührung kommen, Bosheit unterstellt, müsste man vor Google eigentlich ziemliche Angst haben.. :rolleyes:

7% sind zwar noch lange kein echtes Profil, aber solche Programme erscheinen mir dann doch die weitaus größere Gefahr für den Datenschutz zu sein als alle staatlichen Maßnahmen. Das ist ja fast das in "alle Server reinhacken" von dem ich gesprochen hab, nur das die Serverbetreiber freiwillig mitspielen und das es nicht vom Staat sondern von Google ausgeht.
Würde Schäuble zur Verbrechensbekämpfung soweit gehen wie Google zur Werbeeinnahmenmaximierung, möcht ich nicht wissen, was dann los wäre. :rolleyes:

Die Frage ist nur, ob durch die Vorratsdatenspeicherung für den Staat die Gefahr, daß IP-Daten und diese Google-Profile zusammenkommen, soviel größer wird: Wenn diese Daten für die Werbewirtschaft wirklich so wertvoll sind, wer sagt mir dann, daß die Internetanbieter (bzw. deren Mitarbeiter) die nicht längst verticken? Gier ist ja nicht auf Staatsdiener beschränkt..
Anfallen tun diese Daten ja eh in der Wirtschaft, nicht beim Staat. Und bei dem, was hier an staatlichen Verschwörungen für möglich gehalten wird, ist die Idee, daß jemand bei den Internetanbietern die IPs illegal mitloggt und dann verkauft ja nicht grad besonders abenteuerlich.
Ein einmaliger Fall von "Praktikant klaut die Datenbank" würde ja nicht viel bringen, um wirklich was damit anfangen zu können bräuchte die Werbeindustrie regelmäßig neue Daten, müsste also irgenteine Organisation dafür aufbauen. (Wozu schon eine gewisse kriminelle Energie gehören würde..)
 
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Ice

Technomage
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David:
"Das kannst doch ausgerechnet du jetzt eigentlich nicht wirklich ernst meinen?"
Nein, tue ich auch nicht.
Habe das nur unbedacht hingerotzt, passiert mir zwar selten.
Zweitens will ich die Schäubles in diesem Land ja nicht auf dumme Ideen bringen. ;)
Zum Rest später mehr wenn Zeit ist, vielleicht erst nach den Ferien in 4 Wochen.


Gruss, Ice
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Sarkasmus hat einen neuen König.
Armut schändet nicht, im Gegenteil, bewusst gelebt, schafft sie neue Freiheiten [...] Zeit, die wichtigste Voraussetzung für ein selbst gestaltetes Leben, weiß Bernd Wagner, haben Arbeitslose meist im Überfluss. Mehr Geld wäre zwar angenehm, sei aber zweitrangig. Weit wichtiger sei die Kunst zu leben. [...] Wagner weiß, worüber er schreibt. [...] Die letzten beiden Jahre fand er sich wieder im Kreis der Hartz-IV-Bezieher, dem Ausgangspunkt für seinen Selbstversuch: Wie lässt sich arm aber stilvoll leben?

Das erste Gebot: Zeige Dich in der Öffentlichkeit stets nobel gekleidet! Überlasse Jeans und Anorak getrost den anderen. Einen reichen Fundus bieten alte Kleiderschränke, Secondhand-Läden, manchmal auch ein Kaufhausbrand.

Zweites Gebot: Informiere Dich gründlich! Nutze kostenlose Stadtmagazine und Veranstaltungspläne um herauszufinden, welche Vernissagen, Stiftungen, Botschaften sich demnächst mit Banketten oder Büffets feiern. Voraussetzung, um auf diese Weise wöchentlich mindestens ein Mal lukullisch zu speisen, sind Visitenkarten aus dem Automaten, etwa als Ethnologe, oder ein Presseausweis, den man sich wie jeden anderen Ausweis zum Beispiel auf Bali ausstellen lassen kann.

Drittes Gebot: Gib kein überflüssiges Geld für etwas, das auch kostenlos zu haben ist. Wagner empfiehlt, wenn nicht gleich eine Renaissance des Jäger- und Sammlerdaseins, so doch stärkere Selbstversorgung, wobei sich Tagesausflüge mit dem Fahrrad bestens eignen, um je nach Jahreszeit Bärlauch, Kräuter, Beeren, Pilze zu sammeln und Wintervorräte an Obst und Nüssen anzulegen. Wo sich das in und um Berlin lohnt, zeigt eine sicher nicht ganz ernst zu nehmende Karte. Im Übrigen: Mundraub sei nicht strafbar, und Enten könne man nicht nur füttern, sondern auch futtern. Und wozu teure Theater- oder Opernkarten, kann man die Billigsten doch oft auch für bessere Plätze nutzen, oder zum freien Eintritt nach der Pause erscheinen. Bei der Gewissensfrage Schwarzfahren oder nicht, plädiert er angesichts drastischer Bußgelder eher für Tricks zur Fahrkartenmehrfachverwertung - außer bei Nachtfernzügen. Hier tun sich für Kurzurlaube in Paris oder Budapest ungeahnte Möglichkeiten auf.

Das vierte, und Hauptgebot: Entdecke und nutze deine Möglichkeiten! [...] Nicht Reiseprospekte, sondern Statistiken über die Staaten mit dem niedrigsten Pro-Kopf-Verbrauch studieren. Dorthin könne man auch mit Hartz-IV günstig reisen. Das Flugticket sei kaum ein Problem, wenn man es durch zwischenzeitliches Untervermieten seiner Wohnung finanziere.
OMG.

Habe ich das richtig verstanden: man soll einfach ein Kaufhaus anzünden, um billig an Kleidung zu kommen ?

Oder wie soll ein normaler Hartz IV Empfänger denn herausfinden, das irgendwo ein Kaufhaus gebrannt hat, und wie kommt er dann da hin ?

Und wie soll das mit der Untermiete funktionieren - wo bekommt man den Untermieter her, und wie löst man schlicht das Platz- und Aufteilungsproblem ?

Nur zwei Beispiele der Probleme, die einem beim Lesen dieses Artikels unmittelbar auffallen ...

Der Sarkasmus hat einen neuen König.



Steinbrück im Glück
Bundesfinanzminister und SPD-Vizechef Peer Steinbrück plädiert für eine Fortsetzung der Großen Koalition über die nächste Bundestagswahl hinaus.
Hat man noch Töne ?
 
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Darghand

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Kaufhausbrände stehen für gewöhnlich in der Zeitung. Zeitungen gibt es umsonst in den meisten Stadtbüchereien.

Die Wohnung wird nur für die Dauer des Urlaubs untervermietet. Also komplett möbliert. Untermieter findet man problemlos an den schwarzen Brettern an den Unis, da immer wieder PraktikantInnen eine zeitweilige Unterkunft brauchen.

Und was das Obst- und Gemüsesammeln angeht: das mach ich auch. Göttingen hat den Vorteil, dass die Umgebung sehr ländlich ist. Das Sammeln in Herbst lohnt sich jedenfalls, man muss nur wissen, wo man suchen muss. ;) Die meisten lohnenden Standorte kenne ich, z.B. verwahrloste Streuobstwiesen (Rekord: 184 Kilo Äpfel und Birnen) oder einfach frei stehende Obstbäume oder wilde Beerengebüsche. Unsere Vorräte an Holunder- und Brombeermarmelade sind immernoch nicht alle, ebensowenig wie Pflaumen- und Apfelmus.
Bedeutet halt 2-3 Wochen wirkliche Arbeit, wobei das Sammeln noch der angenehmere Teil ist. Das aufwändige Sortieren, Waschen und Einkochen nervt viel mehr.

Nichtsdestotrotz ist das natürlich keine wirkliche Lösung, da, wenn massenhaft praktiziert, die frei verfügbaren Nahrungsmittel überhaupt nicht reichen würden.

Wagners' Ideen find ich aber generell überhaupt nicht verkehrt, immernoch besser als Nichtstun und ständiges Selbstmitleid. Für Leute ohne Aussicht auf Arbeit kann das sicherlich eine lohnende Tätigkeit sein. Warum hat man denn sonst z.B. einen Schrebergarten? Klar wäre es erfreulich, das Hartz-IV-Problem über eine Anhebung der gezahlten Beträge zu lösen, dafür existiert momentan aber keine politische Perspektive und die Montagsdemonstrationen sind ja irgendwie auch gestorben.
Von daher kann ich da recht wenig Sarkasmus erkennen. Man muss sich halt mit der post-materialistischen Sichtweise anfreunden. Ich hab da kein Problem mit.
 
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