Politik, 7. Staffel

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David

Moderner Nomade
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Ist die Frage, was für Maßnahmen dir da vorschweben.
Ich hab zB nichts gegen höhere Spitzensteuersätze oder höhere Steuern auf Gewinne aus Kapitalanlagen. In Bezug auf die "oberen 10.000" würd ich vor allem auch fordern die Ausnahmeregelungen zu stopfen, von denen die mit dem besten Steuerberater am meisten profitieren. (Wobei die oberen 10 Mio. die bessere Zielgruppe wären, die extrem Superreichen wandern notfalls aus)

Die Frage ist, ob das reichen würde, wenn nötig kann ich aber auch zusätzlich mit 25% Mehrwertsteuer leben, schon weil ich mir nicht den Vorwurf machen lassen will, nur da kürzen zu wollen, wos mich nicht betrifft.

Was die Sozialleistungen angeht: Die Leistungen selbst (also die 350+Miete+Krankenkasse) kann man eh nicht mehr kürzen, allenfalls könnte man schauen, ob die angebotenen Fortbildungsmaßnahmen wirklich alle ihr Geld wert sind oder ob man sonstige 'Nebenkosten' vermeiden kann. Insofern gibts da kaum noch Spielraum. Aber so groß wie die Probleme sind, müssten wahrscheinlich alle, die oberhalb der Sozialhilfe leben, gewisse Einschränkungen akzeptieren. (Die Einschränkung für die Sozialhilfeempfänger sieht für mich eher so aus, das keine drastischen Erhöhungen mehr möglich sind, vielleicht nen Inflationsausgleich alle paar Jahre oder Ausnahmen für Härtefälle, aber nicht pauschal 100 Euro mehr für alle)

Die Frage nach dem wirtschaftlichem oder politischem System stellt sich für mich ehrlich gesagt erst dann, wenn es eine ausgearbeitete bessere Alternative gibt. Fehler haben Marktwirtschaft wie Demokratie, aber die praktisch erprobten Alternativen Diktatur und Planwirtschaft sind halt noch viel schlechter und ein Experiment der Marke "try and error" kann man auch nicht ernsthaft einem ganzen Staat zumuten. Detailarbeit mag mühsamer sein als eine 'Systemdebatte', aber unterm Strich halte ich das für den deutlich erfolgsversprechenderen Weg.
 
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Lord Snow

Lord Commander
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Und wenn solche Sanierungsprogramme durchgesetzt werden müssen, weil der Staat sonst komplett zahlungsunfähig werden würde wie jetzt in Griechenland, steht die Demokratie mit einem Mal vor der Aufgabe, Reformen gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung durchsetzen zu müssen, was ja eigentlich ein Widerspruch in sich ist.
Genau diese Annahme ist eben falsch. Das entspricht genau dem, was uns ständig vorgebetet wird, ohne dass sich mal jemand die Mühe macht diese Behauptung zu begründen. :rolleyes: Ja, der Staat hat kein Geld. Die Frage ist, warum hat er kein Geld? Ich denke nicht, dass man die Situation in Griechenland vergleichen kann mit der in Deutschland. Allerdings sollten wir hier bei uns nicht so tun als ob wir, was Steuerhinterziehung angeht, eine weisse Weste haben. Auch deswegen empfinde ich einige Bild-Schlagzeilen der letzten Wochen so widerwärtig. (Zugegeben ich finde sie grundsätzlich widerwärtig.) Wieviel Prozent der Reinigungskräfte, die in privaten Haushalten putzen, tun das mit Wissen vom Finanzamt? Wieviele Handwerker arbeiten in ihrer Freizeit nebenbei in privaten Haushalten ohne, dass das Finanzamt davon auch nur einen Cent sieht?

Das eigentliche Problem bei uns ist allerdings nicht die Steuerhinterziehung, die der Mittelstand praktiziert. Und das ist übrigens in Griechenland nicht anders. So ist auch der Unmut der griechischen Bevölkerung zu verstehen. Denn tatsächlich ist das ein sozialer Konflikt, der bereits lange vor dem offiziellen Staatsbankrott geschwelt hat. Wir erinnern uns an die Ausschreitungen als Reaktion auf den von Polizisten erschossenen griechischen Jugendlichen. Die Wahrheit dort wie hier ist, dass seit Jahrzehnten eine massive Umverteilung von Wohlstand auf allen Ebenen von unten nach oben stattfindet.

Bei der Privatisierung von Post, Telekommunikation, Bahn etc. hat man in Deutschland Staatseigentum verramscht. Nicht nur dadurch hat man sich um Mittel gebracht, von staatlicher Seite Einflussnahme auf den Markt zu sichern. Gerade die Bahn ist hierfür ein hervorragendes Beispiel, das erste was mir dazu einfällt sind die Recherchen von Günter Wallraff, die das System Mehdorn beleuchten, eine komplexe, hochspannende Lektüre, übrigens. Ein weiteres Beispiel ist die ungerechte Steuerpolitik, die immer weiter auf die "Bedürfnisse" der "oberen Zehntausend" zurecht geschneidert wird. Ob es wohl daran liegt, das genau diese Klientel zu einem grossen Teil den Wahlkampf der Parteien finanziert? Und genau diese Leute und Institutionen, die so grosszügig von diesem Steuersystem begünstigt werden, befinden es dann immer noch für nötig, zusätzlich Gelder in grossem Stil zu hinterziehen, indem je nach Situation Bilanzen gefälscht oder geschönt werden oder das Geld in Steueroasen wie Luxemburg und der Schweiz geschafft wird.

Aufgabe der Politik, allein aus Selbsterhaltungszwecken, müsste es eigentlich sein, dass sie dahingehend reguliert, die Schere zwischen Arm und Reich wieder zusammenzuführen. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Warum haben Banken auch nach der Bankenkrise weitestgehend vollkommen freie Hand? Warum verbietet niemand die irrsinnigen Spekulationen auf dem Finanzmarkt? Warum verdienen Manager nach der Finanzkrise weiterhin Millionen? Warum gibt es weiterhin Abfindungen in Millionenhöhe für als unfähig befundene und gefeuerte Manager? Warum wird niemand der Verantwortlichen bei den Landesbanken wegen des Verlusts von Milliarden Euro von Steuergeldern der Prozess gemacht? Warum werden Steuergelder aus dem Fenster geworfen als sei es Spielgeld? Warum gehen "Reformen" immer zu Lasten der kleinen Leute? Und warum in Gottes Namen nimmt an all dem nur eine der Parteien im Bundestag wirklich Anstoss?
 

David

Moderner Nomade
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Das mit der Steuerhinterziehung hatte ich oben noch vergessen: Das effektiver zu bekämpfen ist meiner Meinung nach sowohl für die Staatsfinanzen als auch für das Gerechtigkeitsempfinden essentiell.

Aber wenn man sich die Höhe des Sozialetats anschaut oder bedenkt, dass auch Arbeitslose hierzulande immer noch zum reichsten Viertel der Menschheit gehören, halte ichs auch für überzogen so zu tun als würden sich hier die Reichen auf Kosten der Armen bereichern.
Man kanns natürlich auch so sehen dass es noch schlimmer ist: Die deutschen Reichen brauchen die deutschen Armen nichtmal mehr zum Ausbeuten, weil sie im Ausland produzieren und verkaufen können..
 

Micha

Kutte
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@Y
Danke für die Klärung! Hatte die Zahl irgendwie im Kopf rumgeistern, kann auch gut von SPON sein... ja, mir ist auf Arbeit oft stinklangweilig und dann les ich auch sowas mal. Die haben manchmal nette Fotostrecken :D
 

Sir Darian

Ritter des Helm
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Hmmm... *grübel*

Das Politik-Topic hat wieder Überlänge erreicht.

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