Ich nochmal... Ice und Astaldo haben schon die meisten Punkte gesagt, die auch ich anzumerken hätte. Aber sie haben es viel zu kurz und unumständlich formuliert...
Punkt eins: Ich bin insofern vielleicht arrogant, daß ich mir manche Sachen nicht mehr erklären lassen zu müssen meine. Irgendwann gehen mir bestimmte Sachen auf den Senkel. Ich hab lange genug im linken Studentenmilieu gelebt, der Bruder meines besten Freundes ist ewiger Soziologie/Politikwissenschafts-Student... Das geht nicht ohne Spuren an einem vorbei.
Aber es reicht einem irgendwann, und gerade dies hier:
Und ich komme eher aus der Ecke, in der ein unbedingter Antirassismus zum Mindeststandard gehört...
bringt die Sache auf den Punkt. Diese links gerichtete Gesinnungsschnüffelei, die irgendwann zum Reflex wird und die das eigentlich Gesagte gar nicht mehr wahrnehmen kann, weil es von den roten Warnblinklichtern namens "Rassismus" oder "Sexismus" oder, Klimax allen Diabolischen, "strukturell faschistoid" überstrahlt wird. Ich bin es so leid, nach einem Vierteljahrhundert, in welchem ich mich schon mit dieser political correctness beschäftige (n muß)! Oh ja, ich bin rassistisch, und zwar bezüglich des politischen Selbstverständnisses. Ich hatte doch tatsächlich den Fehler begangen, zu meinen, ich müsse einen farbigen "Kronzeugen" dafür, daß unterschiedliche Gruppen unterschiedliche Arbeitsmoral haben, bringen, um bei Dir, Darghand, Gehör zu finden. Statt einfach darauf zu setzen, daß Du einen Fakt als solchen anerkennen könntest, mußte ich von dem Bahnfahrt-Gespräch berichten... Und schwupps - waren wir auf einmal beim Rassismus, der natürlich in uns allen schlummert wie ein Alien-Ei, lauernd und jederzeit bereit, mordend hervorzubrechen.
Diese Art der Schwerpunktverlagerung in Diskussionen ist es, der die Debatte mit "Berufslinken" so enervierend macht. Wenn nämlich eins funktioniert in der linken Pädagogik, dann dieses: den alarmistischen Reflex zu verankern.
Man darf mir gern Rassismus, und sei es auch nur "unbewußter" oder, immer gut, da so schön wissenschaftlich klingend, "struktureller" Natur, unterstellen. Ich
weiß, daß ich kein Rassist bin, und zwar gerade deswegen, weil ich immer meine Verhaltensweisen und auch Gedanken genau daraufhin überprüfe, ob sie nun rassistisch im eigentlichen (und das heißt: negativen) Sinne seien oder nicht. Und in diesem Sinne sind sie es nicht. Denn ich bin nicht dafür, Menschen wegen ihrer Herkunft, ihrer Haut- oder Haarfarbe, wegen ihres Geschlechts oder wegen angeborener körperlicher Besonderheiten schlechter zu behandeln als andere Menschen. Ich sage: "schlechter". Natürlich behandele ich in einem Land, wo die weiße Hautfarbe die statistische Norm ist, einen andersfarbigen Menschen anders. Nämlich z.B., indem ich nach seiner Herkunft frage. Weil sie mich interessiert, auch, weil es mich interessiert, ob ich "richtig geraten" habe. Ich frage z.B. auch Leute, die einen auffälligen Akzent haben, wo sie herkommen. Grad letztens auf dem Bahnhof kam ich in's Gespräch mit einem Herrn so um die Neunzig herum, der mir erzählte, er habe hier im Wuppertal einen "Kriegskameraden" besucht. Diesen Herrn fragte ich, ob er aus Thüringen komme. Da war er ganz erstaunt: Ja, da komme er tatsächlich her, nämlich aus Gera. Aber er lebe schon seit den sechziger Jahren in Hamburg und dächte, er hätte seinen Dialekt inzwischen abgelegt. Hehe, da war ich stolz wie Nachbars Lumpi. Lag vielleicht daran, daß mein eigener Großvater auch aus Thüringen stammte und diesen Dialekt in über 50 Jahren auch nie ganz zu verleugnen geschafft hatte - eine Schmach für einen Deutschlehrer wie ihn.
Als ich noch als Kassierer an der Museumskasse saß, versuchte ich, die geografische Herkunft der Leute an ihrer Kleidung zu erkennen. (Merke: holländische Touristen und berliner Studenten lassen sich am leichtesten an ihrem Kleidungsstil erkennen, Russinnen und Polinnen unterscheiden sich optisch dagegen nicht von der düsseldorfer Durchschnittsfrau)
Darauf, Regelmäßigkeiten und eben auch Ausnahmen von Regeln zu erkennen - darauf sind wir Menschen von Natur aus angelegt. Das das ist auch gut so, um mal einen Nicht-ganz-Regelmäßigen zu zitieren...
Und eben weil das der Fall ist kommt es im weißen Bewusstsein auch erstmal nicht vor, dass gewisse Fragen und Vorschläge strukturell rassistisch sind, ohne das derjenige, der sie äußert, rassistisch sein möchte oder sich selbst so bezeichnen würde.
Merke: Derjenige hat gar keine Chance. Egal, ob er rassistisch sein möchte oder sich selbst so bezeichnen würde - er ist auf jeden Fall rassistisch, da kommt er nicht drum rum. Wir sind alle kleine Sünder. Niemand ist frei von Sünde. Wir brauchen alle Erlösung. Und umso mehr, je weniger wir unsere Sündhaftigkeit bekennen wollen. Am wenigsten sind wir von ihr frei, wenn wir sie selbst nicht bemerken - denn unser Bewußtsein ist ja schon sündig - pardon! weiß - an sich. Keine Rettung, nirgends. Mensch, Darghand, wenn Du wüßtest, wie solche an mich gerichteten Sätze nostalgische Gefühle in mir auslösen! Es wurde wirklich mal wieder Zeit, daß jemand mir mein falsches Bewußtsein darlegte - man vergißt das ja mit den Jahren...
Es geht halt um Gespräche wie sowas hier:
Weiß: Und wo kommen Sie her?
Schwarz: Aus Bergisch-Gladbach.
W: Nein, ich meine: wo kommen Sie wirklich her? Wo sind sie geboren?
S: Ich wurde in Bergisch-Gladbach geboren.
W: *verwirrt* Ach, tatsächlich? Aber ihre Mutter oder ihr Vater, die sind nicht von hier, oder?
S: *genervt* Nein, man Vater kommt aus Kenia.
W: Und, waren Sie denn schon in Kenia?
S: Nein, wieso?
W: Na, ich dachte so... halt mal die eigene Kultur und die Familie kennenlernen.
S: Ich habe keinen Kontakt zur Familie meines Vaters.
Menschen, die sowas äußern, würden sich vermutlich nie als rassistisch bezeichnen.
Worum geht es bei Gesprächen wie dem von Dir entworfenen? Bei mir ging es nicht darum. Es ging auch in unserer Diskussion nicht darum - solange, bis Du diese Diskussion auf das Rassisten-Nebengleis umgelenkt hattest, in welchem sie nun munter im Kreise fährt. Ich jedenfalls führte dieses Gespräch nicht. Prototypisch war wohl höchstens, daß ich ein weißer Deutscher war und er einen dunkelhäutigen Vater hatte. Wir kamen in's Gespräch, weil noch zwei weitere Leute im Abteil saßen: Ein us-amerikanisches Pärchen auf Europa-Tour. Die sprachen zuerst den dunkelhäutigen Mitreisenden an, wohl in der - irrigen - Annahme, er spräche besser Englisch als ich. Irgenwann, als ihm im Gespräch eine Vokabel fehlte, konnte ich ihm aushelfen, da ich ebendiese Vokabel vorher zufällig auf der Straße aufgelesen und - man weiß ja nie, wozu man sie noch brauchen kann - eingesteckt hatte.
So kamen wir in's Gespräch. Und unterhielten uns dann über das, was wir beruflich/studentisch so machen. Und wohin wir gerade führen (ich nach Hause, er zu einem Vorstellungsgespräch). Und dann unterhielten wir uns über die generelle wirtschaftliche Lage - wie hoch die Nachfrage nach Künstlern sei sozusagen, und wo man als Künstler am besten leben könne. (Er riet mir davon ab, nach Berlin zu ziehen, weil es dort schon so viele Künstler und so wenige solvente potentielle Kunden gäbe. Womit er mir nicht viel Neues verriet...) Und dann fragte ich ihn, in was für Berufe sein Studium denn münde und ob er für einen guten Job auch sein Berlin verlassen werde. Denn er balinate dermaßen, daß ich davon ausging, daß er sehr heimatverbunden war. Er meinte, daß es wohl sogar auf eine Karriere im Ausland hinauslaufe, auch die Firma, bei der er sich vorstellen wolle, bräuchte einen entsprechenden Ingenieur für ein Projekt im Ausland.
Und dann erzählten wir uns noch allerhand anderes auch über unsere familiären Verhältnisse - es sind ein paar Stündchen von Hamburg nach Wuppertal - und darunter erzählte er mir, ohne daß ich fragen mußte, von seinem Vater, der seine Mutter früh verlassen habe und so weiter und so fort.
So. Das war das Gespräch, an das ich mich erinnere. Wahrscheinlich hatte ich meinen strukturellen Rassismus gerade verlegt und kam deswegen nicht schnell genug ran, und so konnte ich die inquisitorischen Fragen "Wo kommen Sie denn her, Herr Neger?!" gar nicht stellen, bevor er sie schon von sich aus, in vorauseilendem Gehorsam wahrscheinlich, seine Furcht vor Massa Hank geschickt tarnend, beantwortet hatte. Tja nun, dachte ich mir, das ist doch fein, diese Ausländer stehen einem schon Rede und Antwort, wenn man sie nur richtig anfaßt... Dazu fummelte ich an der Uhrkette über meinem Wanst und zwirbelte mir zufrieden den Willhelmzwo-Schnurrbart.
Bis zu dem Moment, wo dieser brave Neger doch den unerhörten Satz fallen ließ: "Die sind doch alle faul da unten!" Pling! - vor Erstaunen riß ich die Augenbrauen hoch, und mein Monokel hüpfte über die Mensurschmisse hinab auf den nur nachlässig gekehrten Abteilfußboden.
Und deswegen, weil wir hernach gemeinsam uns auf die Suche nach dem Monokel machten, deswegen blieb mir dieser Satz imGedächtnis haften, und deswegen brachte ich ihn jetzt in der hiesigen Debatte an, nicht ahnend, daß ich damit meine Rassistenmaske fallen lassen würde wie seinerzeit das Monokel...
Aber es stecken genügend Grundannahmen drin, die rassistisch sind:
- der Mensch ist schwarz, er*sie kann also kein*e Deutsche*r sein
Dies ist eine statistisch betrachtet vollkommen legitime Annahme. Annahmen sind - das steckt in dem Begriff drin - nicht sicher, sondern offen für Korrekturen. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Nicht-Weißer, den ich hier bei mir auf der Straße treffe, kein Deutscher ist, ist vergleichsweise hoch zu derjenigen, daß ein Weißer hier auf unserer Straße kein Deutscher sei. Wenn es also rassistisch ist, Annahmen zu treffen, die statsitisch betrachtet mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zutreffend sind - nun ja...
- es ist völlig okay, wildfremde Menschen nach Eltern und Großeltern auszufragen (wer macht das bei Weißen?)
Nun, ich halte es nicht okay, wildfremde Menschen über ihre Eltern und Großeltern auszufragen. Aber das Gespräch war ja auch von Dir ausgedacht, so, wie es Belege für Strohmanargumente häufig sind, nämlich: ausgedacht.
- wessen Vater/Mutter aus einem afrikanischen Land kommt, fühlt sich selber dort wohler, versteht die dortige Mentalität und mag deren Kultur --> er*sie passt nicht in die deutsche Kultur
Ja, klar, wer den genervten Tonfall, welcher in Deinem ausgedachten Gespräch vom Befragten gekennzeichnet war, nicht bemerkt, ist ja nicht nur rassistisch, er ist auch noch erstens taktlos und zweitens dumm. Üblicherweise geht man aber davon aus, daß Menschen ihre Heimat mögen. Und wenn, um mal wieder von Deinem ausgedachten Strohmann-Argument-Dialog zu meinem konkret erlebten Dialog zu wechseln, der farbige Berliner mir mit einem gewissen Stolz davon erzählt, wie wichtig und angesehen die Familie seines Vaters in dessen Dorf sei - dann ist die Frage, ob er sich mal überlegt habe, seinen Job vielleicht dort auszuüben, nicht so sehr taktlos. Vielmehr macht sie Sinn, denn Ingenieure wie er werden in der Heimat seines Vaters tatsächlich gebraucht. Seine familiären Verbindungen könnten ihm da einen weiteren Karrierevorteil verschaffen. Und seine mit einem abwinkenden Lachen vorgebrachte Reaktion belegte, daß er selbst durchaus diese Möglichkeit schon in Erwägung gezogen - und dann eben aus dem Grund, den ich zitierte, wieder verworfen hatte. Ich oller Rassist hatte doch tatsächlich einen Augenblick meinen strukturellen Vorurteile derartig gut verdrängt, daß ich ganz vergaß, daß alle Afrikaner feistfaule Tunichtgute seien. Oder fragte ich perfiderweise nicht, weil ich die Frage ernst meinte, sondern nur, um mich in meinen Vorurteilen bestätigen zu lassen? Darüber läßt sich jetzt rätseln, wenn man Lust hat, weiterhin die Diskussion im Kreise fahren zu lassen.
- es ist selbstverständlich, dass Schwarze Deutsche "ihren eigenen Leuten da unten" helfen wollen & sollen; jeder soll ja erstmal vor der eigenen Tür kehren...
Das ist jetzt aber eine dialektische Raffinesse, eingedenk des Umstandes, daß Du hier die "unbewußten" Grundannahmen des Rassisten in einem fiktiven Strohmanargument-Beleg untersuchst. Der fiktive Deutsche ist hier dermaßen rassistisch, daß er dem fiktiven Farbigen altruistische Motivationen unterstellt. Positiver Rassismus - die schlimmste Sorte von allen, denn von der läßt man sich noch schwerer abbringen. Das Vorurteil, daß dunkelhäutige Deutsche in Afrika helfen wollen, ist ja so schwer auszurotten wie dasjenige, daß Schwarze die längeren S.... - äh - die ausdauernderen Liebhaber seien. Zwar läßt sich dieses Altruismus-Vorurteil schwer mit dem anderen Vorurteil, daß die Schwatten nur alle hier bei uns sind, weil sie Stütze kassieren wollen, in Übereinstimmung bringen - aber Rassisten sind ja bekanntlich nicht nur dumm, sondern auch schizophren und da wir alle irgendwie kleine Rassisten sind, müssen wir uns also alle ein klein wenig diesen Schizophrenie-Schuh anziehen. Am allermeisten jene, die, so wie ich, sich weigern. Da muß halt der große Zeh der Logik gegebenenfalls ein bisserl mit dem Messer gekürzt werden.
Ich weiß nicht, wieviele Umwelt- und Energietechnikstudenten du so in der Bahn triffst, und mit wie vielen davon du dich über deren Berufsaussichten unterhälst und ob sie nicht Interesse an technischer Aufbauhilfe hätten.
Das ist eine rhethorische Finte. Natürlich weißt Du ganz genau, wieviele dieser Art Studenten ich in der Bahn treffe. Haufenweise! Die drängeln sich jeweils in meinem Abteil. Du tust nur so, als würdest Du hier Dein Nichtwissen eingestehen. In Wirklichkeit machst Du Strichlisten...
Wenn du das bei allen so machst, wunderbar, dann hätte ich mir die Posts auch sparen können.
Und wenn ich das nicht bei allen so mache? Vielleicht - nur vielleicht, aber ganz eventuell nur... dann möglicherweise...
auch?
Wenn du aber, wie die allermeisten Weißen, feststellst, dass bei Fragen, die du geäußert hast, der Anknüpfungspunkt oder Auslöser ganz klar die Hautfarbe war, ist die Frage erlaubt und notwendig, ob das nicht strukturell rassistisch und übergriffig war.
Erlaubt
und notwendig? Wie auch immer - beantwortet hast Du die Frage mit einem "Ja" ohnehin schon selbst und egal, wie sehr ich auch versuchte, diese Antwort zu widerlegen - alles könnte mir als Verstocktheit ausgelegt werden. Denn diese unbewußten, strukturellen Motivationen, die mich umtreiben, an die komme ich ja nicht heran, ja es ist gerade ein Kennzeichen dafür, wie sehr sie mich im Griff haben, wenn ich mich hier der Einsicht sperre. Verdrängung lautet dann das Zauberwort. Dazu muß man den den C.G. Jung nicht im Original gelesen haben, soviel Küchenpsychologie schnappt man allemal auf.
Die Frage war also erlaubt - und vor allem notwendig. Notwendig nämlich, um dem einen Argument, daß bestimmte Gruppen erfahrungemäß weniger fleißig sind als andere, weiträumig aus dem Wege gehen zu können.
Ich fasse mal zusammen: Sarrazin nennt als eine Erklärungsmöglichkeit dafür, daß die Rußlanddeutschen sich innerhalb kürzerer Zeiträume in die Mehrheitsgesellschaft integrieren können als die Türken und Araber, daß in dieser Gruppe ein bestimmte Arbeitsethos (altdeutscher Fleiß) verbreitet sei. Da klingelt dann Deine Alarmismus-Glocke. Wie kann der Mann es wagen, einfach so dermaßen rassistische Äußerungen von sich zu geben?! Daraufhin bringe ich das Gespräch mit einem des teutonischen Rassismus nun vielleicht auf den ersten Blick hin Unverdächtigen, der davon berichtet, daß in einem bestimmten - zufälligerweise nicht-deutschen - Land die Leute alle dermaßen faul seien, daß er keinen Bock hat, sich dort beruflich zu engagieren. Warum bringe ich dieses Zitat? Weil ich meine, daß die Aussage Sarrazins eventuell gar nicht inhaltlich verkehrt sei. Daß es also bestimmte kulturelle Backgrounds geben könne, die zur Faulheit in statistisch signifikantem Maße disponieren.
Warum drechsele ich hier eigentlich immer noch im Konjunktiv herum? Es
ist so, daß in manchen Ländern/Gesellschaften eine Pascha-Kultur herrscht, die Faulheit, gerade unter Männern, ermuntert. Dir sollten die Kleinkredit-Förderungsprojekte in der Dritten Welt bekannt sein, bei denen solche Kleinkredite
nur an Frauen vergeben werden. Weil die nämlich nicht das Geld gleich versaufen und es drauf ankommen lassen, wegen Nicht-Rückzahlung verknackt zu werden. Daß Verwöhnen der männlichen Sprößlinge äußert sich in manchen Milieus dadurch, daß man ihnen nicht zumutet, hart zu arbeiten. Das dürfen die Mädchen tun aber bitteschön nur im Haushalt...
Und wo ist noch gleich diese Ungleichbehandlung der Geschlechter, welche insgesamt für eine niedrige Arbeitsproduktivität sorgt, besonders ausgeprägt? Jetzt sage nur nicht: in den strukturkonservativen (sprich: nationalistisch-religiös gefärbten) türkischen und arabischen Migrantenmileus hierzulande! Das wäre ja... Da könne man ja denken...
Sofern das am eigenen Stolz als offener, toleranter, rassismus-verurteilender Mensch kratzt: das ist kein persönlicher Angriff, sondern eine Infragestellung von Denkkategorien, die man sich als Weißer angewöhnt hat, ohne das zu merken.
Nein, es ging nicht darum, daß mein Stolz angekratzt worden wäre. Das kann ich locker verknusen. Ich brauche Dir oder irgendwem im Forum gegenüber nicht mein Gesicht zu wahren, meinen Stolz oder meine Ehre hochzuhalten. Was mich nervt, ist, wenn Sachargumente ignoriert werden, sondern man sich lieber auf Formulierungen stürzt. Was mich nervt, ist, wenn vom wichtigen Thema abgelenkt wird, nur, weil es bequemer ist, die Aufklärung wieder und wieder nachzuspielen, die seit spätestens den siebziger Jahren bekannt sein dürfte. Was mich nervt, ist, wenn der Einsicht, daß man bezüglich Rassismus die Augen immer offen halten sollte, dadurch nachgekommen wird, daß man den Leuten Streichhölzer zwischen die Lider zu applizieren sucht, und auf sie eindrischt, sobald sie auch mal auf andere Themen gucken. Insofern hat Ice vielleicht mehr mich in Schutz genommen, Astaldo aber kürzer und effektiver gesagt, worum's eigentlich ging.
Wie gesagt, es geht um die Sichtbarmachung eines Bewusstseins und der Umstände, die dieses Bewusstsein hervorbringen. Und daran anschließend an die Sichtbarmachung der zahlreichen Privilegien, die Weiße so genießen.
Nun - wäre Sarrazin dunkelhäutig gewesen, fragt sich, ob er dann nicht das Privileg genossen hätte, sein Interview wortgleich so zu geben, ohne dafür abgewatscht zu werden. Eine hypothetische Frage, sicherlich. Aber hey: überleg Dir mal...