Politik, 7. Staffel

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David

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Behauptet Rogoff ernsthaft, dass es eine Gesellschaft geben könnte, die keine Krisen kennt, oder gehts da nur darum, das Krisen in der Marktwirtschaft anders aussehen als in anderen Wirtschaftsformen ?
So wie ich die Zusammenfassungen bei Amazon verstehe doch eher Letzteres: Er untersucht anhand von Beispielen, wie Krisen verlaufen und das es immer wieder eine Nächste geben wird. Das heisst aber lange nicht, dass es grundsätzlich anders geht. (Dass das Krisenmanagement im Detail besser sein könnte ist klar)

Spätestens bei den begrenzten Ressourcen muss eigentlich jede Wirtschaftsform an ihre natürliche Grenze stoßen, und damit sind auch Konflikte vorprogrammiert. (Obs ne Alternative bis dahin besser schaffen würde kann man natürlich nicht sagen, wenn sie nicht konkretisiert wird)
Und auch bei dem technischem Fortschritt, der uns die Arbeitsplätze wegrationalisiert, kann ich mir schwer vorstellen, dass das ohne Folgen bleiben kann. Bei uns sind die blöd drann, die keinen Job mehr haben, woanders würden sich vielleicht die, die die Arbeit machen müssen beschweren, dass sie noch nicht zu denen gehören, die dank des technischen Fortschritts ganz daheim bleiben dürfen.

Das mit den wirtschaftlich erfolgreicheren Demokratien war ja auch nur als statistische Aussage gedacht, wenn man sich einfach mal ne Liste der reichsten Länder hernimmt, dürfte es lange dauern bis eine Diktatur auftaucht, von ein paar Ölstaaten wahrscheinlich mal abgesehen. Davon, das Nicht-Demokratien erfolgreicher sein, kann aber wirklich keine Rede sein.
Zumindest in der Gesamtrechnung macht China da (abgesehen von Ölstaaten) ne Ausnahme, die wahrscheinlich auch Potential für mehr hat, auch wenns pro Kopf gerechnet natürlich immer noch weit zurückliegt. (Wobei das evtl. schon etwas anders aussehen würde, wenn man das Land in einzelne Provinzen zerlegen würde)

Zumindest das Scheitern der Demokratie in Deutschland hatte auch nicht nur mit der Wirtschaftskrise alleine zu tun, da haben die generelle Ablehnung der Demokratie in größeren Teilen der Bevölkerung (und auch der Eliten) und die Revanchegelüste nach der Niederlage im ersten Weltkrieg schon vorher den Boden bereitet. Alleine, das man die Demokratie von außen auferlegt bekommen hat statt das man sie sich selber erkämpft hat war nen Riesenproblem, und dann auch einfach die viel zu kurze Zeit bis zur massiven Belastungsprobe der Weltwirtschaftskrise. (Dieses Zeitproblem gibts heute in Osteuropa und anderen jungen Demokratien ja in abgeschwächter Form auch wieder)

Aber es wirft natürlich trotzdem die beängstigende Frage auf, wie stabil die Demokratie wirklich ist. Zumindest die DDR wird ja heute schon fleissig verklärt, und außerhalb Deutschlands mit seiner speziellen Geschichte hört man ja auch viel zu oft von rechtsradikalen Erfolgen. Für solche Gruppen ist eine Krise natürlich ein gefundenes Fressen, das kann man prima ausschlachten, noch dazu, wenn man noch nie Regierungsverantwortung hatte und sich damit als unschuldig präsentieren kann.

Wie gesagt finde ich diese Gefahr viel beängstigender als die rein wirtschaftlichen Folgen der Krise, mit denen werden wir schon irgendwie fertig werden und auch nachher nicht zu den ganz Armen gehören, aber politische Umstürze haben das Potential einen in jeder Hinsicht ganz nach unten zu reissen.
 
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Olome Keratin

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@David: Du wirst ja wohl nicht bestreiten wollen, dass die Weimarer Republik wirtschaftlich völlig vor die Wand gefahren ist. Mehr ahbe ich nicht ausgesagt. Den restlichen Sermon kannst du dir also sparen.

Das mit den wirtschaftlich erfolgreicheren Demokratien war ja auch nur als statistische Aussage gedacht,
Davon, das Nicht-Demokratien erfolgreicher sein, kann aber wirklich keine Rede sein.
Doch, genau das kannst du, wenn du die Statistik betrachtest aussagen. Und dabei mit einkalkulierst, von wo Staaten bis wohin gekommen sind. Die heutigen westlichen Demokratien profitieren von einem wirtschaftlichen und technischen Vorsprung, der unter Monarchien gelegt wurde. Selbst die USA wurden im 19. Jhd. nicht im heutigen Sinne demokratisch regiert. Aus genau dieser Zeit stammt allerdings die europäisch-nordamerikanische Vormachtstellung. Die Demokratien haben es geschafft, diesen Vorsprung vergleichsweise langsam einzubüßen. Ausgebaut haben sie ihn nicht. Am erfolgreichsten, was die Entwicklung und nicht den Ist-Zustand angeht, waren in den letzten 150 Jahren ostasiatische autoritäre Systeme jeglicher Spielart. Von der absoluten Monarchie in Japan über die kommunistische Diktatur in China bis hin zu diversen Diktaturen und Präsidialherrschaften von Korea bis Singapur.
Zeig mir ein Land, dass mit einem demokratischen System den Sprung von der Agrar- zur Industriegesellschaft geschafft hat. Du wirst kaum eines finden.

Zu Rogoff: Der Mann hat mit Kollegen Bankenkrisen der letzten 800 Jahre untersucht. Die Muster gleichen sich immer wieder. Ausweitung der Kredite durch neuartige Wertpapiere, die angeblich das Risiko abschaffen. Künstlicher Boom durch Spekulation. Vertrauensverlust und Zusammenbruch des Finanzmarktes. Pleiten, Bankrotte und großer wirtschaftlicher Schaden. Übertriebene Ankündigungen und Initiativen zur Regulierung, die regelmäßig einige Jahrzehnte später wieder aufgeweicht werden.
Und dieses Muster hast du halt speziell in kreditbasierten Wirtschaften.
 

Gala

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@Olome: Dieses Blutbad, mit dem wir unsere "Überlegenheit" sichergestellt haben, halte ich absolut nicht für nachahmenswert. Denn unsere "Überlegenheit" haben wir im Wesentlichen dadurch sichergestellt, das wir andere erobert, unterdrückt und ausgebeutet haben.

Deßhalb ziehe ich die "unterlegene" Demokratie bei Weitem vor. Sie ist einfach weitaus friedlicher, gerechter und menschenfreundlicher.

Und woher nimmst du die Behauptung, das wir zurückfallen ? Meines Wissens wird China noch mehrere Jahrzehnte brauchen, bis es mit uns gleichgezogen hat. Gleichgezogen ! Indien desgleichen. Heute leben in beiden Ländern noch viele Millionen Menschen in allerärmlichsten Verhältnissen.

Der einzige Nachteil, den die USA und Europa gegenüber China und Indien haben, ist die geringere Anzahl Menschen. Technisch werden wir beiden Ländern noch lange überlegen sein.


@Mindriel: Genau das wurde hier schon mehrmals erläutert ... im Prinzip läuft es wie folgt:

- Alle anderen Länder gewähren ihren Arbeitern bei den Löhnen
(a) Kompensation der Verluste durch Inflation (ca 2% pro Jahr)
(b) Angleichung an die Produktivitätsgewinne (ca 2% pro Jahr)
so das die Löhne dort so ca 4% pro Jahr steigen.

- Deutschland tut das nicht. Die Reallöhne in Deutschland stagnieren seit etwa 1990 (keine Angleichung mehr an die weiter steigende Produktivität) und haben spätestens ab 2005 zu fallen angefangen (damals wurde Hartz IV eingeführt). Die Gewinne der Unternehmen sind dementsprechend explodiert. Die Exporte ebenfalls, den im Ausland konnte niemand mit Deutschland mithalten.

- Die billigen Produkte aus Deutschland werden außerhalb der EU dadurch ausgeglichen, das einfach der Euro aufgewertet wird. Dadurch werden die EU-Produkte teurer und Exporte in die EU werden billiger. Dieser Trick ist uralt und einer der Ursachen, das die DM vor dem Euro immer so schön stabil und die Inflation hierzulande immer so schön niedrig war.

- Innerhalb der EU gibt es keine Möglichkeit zu diesem Ausgleich.

- Ergo sind nur 20% der deutschen Exporte ins EU-Ausland gegangen. Der Rest ging in die EU selbst, die sich nicht mehr gegen die Billigprodukte aus Deutschland durch Aufwertung der DM wehren kann.

- Folglich sterben in den andern EU-Ländern die Industrien weg, und Arbeitslosigkeit sowie die Schuldenberge wachsen.
 
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David

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@Olome:
Diese Krisen streitet ja auch niemand ab, aber darum gehts mir doch gar nicht, ich sag nur das jedes System Krisen verursachen würde, und das die in der Marktwirtschaft die Schlimmsten sind kann man nicht sagen, wobeis natürlich auch kein echtes Anschauungsmaterial für alternative Systeme gibt außer dem komplett gescheitertem Versuch der diktatorisch durchgesetzten zentralen Planwirtschaft.

Was die historischen Beispiele angeht:
Deutschland war aber nicht das einzige Land mit wirtschaftlichen Problemen, und nicht überall ist die Demokratie daran zerbrochen. Damit die Demokratie überhaupt an sowas scheitern kann, muss sie schon soweit geschwächt sein, das man sich zumindest vorstellen kann, sie in Frage zu stellen. Da spielen also mehrere Faktoren zusammen, das war nicht die alleinige Schuld der Wirtschaftskrise.

Und Japan vor 45 würde ich nicht grade als erfolgreich bezeichnen, sicher, es hat eine schnelle industrieelle Entwicklung genommen und war vorrübergehend auch militärisch erfolgreich, aber dann ists politisch vor die Wand gefahren, ähnlich wie Deutschland. Japan und Deutschland hatten 1945 definitiv jeden Vorsprung den sie vorher mal aufgebaut haben wieder verspielt, das wir danach schnell wieder aufgeschlossen haben lag vor allem an den USA, die schon länger vergleichsweise demokratisch waren. (Wenn man das so streng definiert wie heute, zB was das Frauenwahlrecht oder die Rassendiskriminierung angeht, ist echte Demokratie ja sowieso ein eher junges Phänomen)

Und mir gings auch eher um die jüngere Zeit, nicht den Sprung von der Agrar- zur Industriewirtschaft, das liegt in Europa einfach zuweit zurück.
Und heute sind die Wohlstands-Unterschiede zwischen reichen und armen Ländern mit Sicherheit größer als vor 45, schon weil große Teile der Menschheit nur sehr begrenzt von dem riesigem technologischem Fortschritt danach profitiert haben.
Selbst in den Schwellenländern leben bis jetzt ja nur relativ wenige Menschen auf einem Niveau das dem westlichem vergleichbar ist, auch wenn diese Minderheiten schonmal mehr Personen umfassen mögen als größere europäische Länder.

Für die Zukunft sehe ich allerdings schon die Gefahr, dass eine Mischung aus "Diktatur light" (also nicht so eine extreme Tyrannei wie zB im dritten Reich) und Marktwirtschaft erfolgreicher werden könnte als die aus Demokratie und Marktwirtschaft, aber bis jetzt ist das noch eine theoretische Gefahr.
 
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Olome Keratin

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@Gala: Der relative Abstand verringert sich, d.h. wir fallen zurück. Und technisch sind gerade die Chinesen bereits dabei, mit uns gleichzuziehen. Es gibt nur noch wenige Technologiefelder, bei denen chinesische Firmen nicht konkurrenzfähig sind. Und das wird sich in 20 Jahren wohl auch erledigt haben. Und da, wie du richtig sagst, die Bevölkerung viel größer ist, ist China absolut schon heute eine wichtigere Wirtschaftsmacht als Deutschland und wird in den den nächsten 2-3 Jahrzehnten die wichtigste sein.

@David: Stimmst du mir zu, dass ein Staat auch wirtschaftlich scheitern kann, ohne politisch zu zerbrechen? Wenn ja, brauchen wir über Weimar etc. nicht zu diskutieren.
Zu Japan: Ich red von der Meiji-Revolution. 1870er, nicht 1940er. Wenn du da keinen Unterschied zu machen bereit bist, sage ich, dass die Bundesrepublik wirtschaftlich gescheitert ist, weil vor 70-80 Jahren die Weimarer Republik in der Großen Depresssion versank.

Und mir gings auch eher um die jüngere Zeit, nicht den Sprung von der Agrar- zur Industriewirtschaft, das liegt in Europa einfach zuweit zurück.
Und heute sind die Wohlstands-Unterschiede zwischen reichen und armen Ländern mit Sicherheit größer als vor 45, schon weil große Teile der Menschheit nur sehr begrenzt von dem riesigem technologischem Fortschritt danach profitiert haben.
Dies zu betrachten, bringt aber nichts, weil du damit die Entwicklungstendenzen völlig ausblendest. Nochmal: Unser heutiger Vorsprung, auf den du verweist, ist kein Verdienst einer demokratisch-kapitalistischen Gesellschaftsordnung, sondern einer monarchisch-kapitalistischen. Und alle die Länder, die es schaffen, diesen Abstand nachhaltig zu verringern, tun dies als nichtdemokratische Systeme.
 

David

Moderner Nomade
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Kommt drauf an was man unter scheitern versteht, natürlich kann ein Staat eine schwere wirtschaftliche Krise durchmachen ohne dabei zu zerbrechen, siehe die USA, aber wenn der Staat aus anderen Gründen ohnehin geschwächt ist, kann die Wirtschaftskrise halt zum endgültigem Auslöser (aber eben nicht der alleinigen Ursache) des Zerbrechens werden, wie im Falle Deutschlands.

Und ja, ich würde auch langfristige Tendenzen mit einbeziehen, die Erfolge des deutschen Kaiserreichs in Sachen Industrie, Technik und Wirtschaftsleistung kann man heute auch nicht mehr ohne den Weg in die beiden Weltkriege sehen, und Japans Aufschwung hat auch schrittweise in die Niederlage von 45 geführt. Die 'imperiale' und kriegerische Aubreitung begann wenn ich mich richtig erinnere ja schon zu Beginn des 20. Jhds. also grade mal um die 30 Jahre nach 1870. Und 30 Jahre sind viel zu kurz als das man von einem erfolgreichem und stabilen Staat sprechen könnte.
Ob die BRD langfristig gesehen Erfolg haben wird, muss sich auch erst noch zeigen, aber natürlich kann sie nur in der Zukunft scheitern und nicht vor ihrer Gründung. Wenn wir in den nächsten Jahrzehnten in eine Diktatur zurückfallen sollten, ist die BRD letztendlich auch gescheitert.

Was den letzten Punkt angeht:
Nach 45 beruht der gesamte westliche Vorsprung auf den USA und in einem geringerem Maße auf GB. Ohne diese Länder wäre Europa entweder von den Nazis oder von den Sowjets beherrscht und ruiniert wurden.
Und nach 45 wurde der Vorsprung erstmal massiv ausgebaut, das der wieder schrumpft ist ein relativ neues Phänomen der letzten ca. 20 Jahre. Das hängt natürlich zu einem guten Teil mit der Planwirtschaft zusammen, mit der sich der gesamte Ostblock jahrzehntelang selber ein Bein gestellt hat, und ein größerer Teil des restlichen Welt musste sich erstmal dekolonialisieren.

Ich sag ja nicht, das prinzipiell nur Demokratien erfolgreich sein können, aber in der Vergangenheit konnte man das 'emprisch' hoffen, weil Diktaturen sich regelmäßig wirtschaftlich ruiniert haben, jetzt schauts aber so aus als könnte China einen Weg gefunden haben, den wirtschaftlichen Erfolg des Westens zu kopieren ohne dessen Regierungsform übernehmen zu müssen. Ob das langfristig Erfolg haben wird muss sich natürlich auch erst noch zeigen, wenn die sozialen Spannungen sich irgendwann in einem größerem Aufstand entladen sollten, kanns damit auch schnell wieder vorbei sein.
 
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Olome Keratin

Gleichgewichtiger
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@David: Der Höhepunkt der USA war Wk II. Danach haben sie kontinuierlich verloren. Sowohl in Bezug auf Industrieproduktion als auch Export, Anteil der weltweiten Wirtschaftsleistung usw. Schau halt mal in Statistiken.

aber in der Vergangenheit konnte man das 'emprisch' hoffen, weil Diktaturen sich regelmäßig wirtschaftlich ruiniert haben,
Nein, eben nicht, siehe oben. Und du ignorierst sämtliche Beispiele, die ich gebracht habe abgesehen von Japan.

Ohne diese Länder wäre Europa entweder von den Nazis oder von den Sowjets beherrscht und ruiniert wurden.
Und Sowjets und Nazis sind? Bestimmt keine Europäer, nein. Ganz sicher nicht.:rolleyes:

Und ja, ich würde auch langfristige Tendenzen mit einbeziehen, die Erfolge des deutschen Kaiserreichs in Sachen Industrie, Technik und Wirtschaftsleistung kann man heute auch nicht mehr ohne den Weg in die beiden Weltkriege sehen, und Japans Aufschwung hat auch schrittweise in die Niederlage von 45 geführt.
Das ist Siegermachtsgeschichtsschreibung, die dermaßen löchrig ist, dass dir, da du auch Geschichte studierst, das auch auffallen sollte.
 

David

Moderner Nomade
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Und an welche Diktatoren haben die USA von 45 bis zur Öffnung des Ostblocks verloren ?

Die Nazis und die Sowjets waren vor allem keine Demokraten, ohne die USA und GB hätte es gut passieren können, das sich das Thema Demokratie in Europa dann erstmal erledigt hätte. Und ohne die Wiederaufbauhilfe hätten wir auch kaum einen solchen Aufschwung hinlegen können, das, was die europäischen Monarchien sich in den Jahrhunderten davor aufgebaut hatten, war 45 größtenteils verloren. In Deutschland natürlich ganz besonders.

Und es hat nichts mit Schuldzuweisungen oder Siegergeschichte zu tun, wenn man die grundlegenden Konstruktionsfehler des deutschen Kaiserreichs als den ersten Weltkrieg begünstigend bezeichnet, und die Verbindung zwischen den beiden Weltkriegen dürfte ja klar sein, ohne die 'Schmach von Versailles' hätte es Hitler viel schwerer gehabt Gehör zu finden.
Das war natürlich keine Einbahnstrasse, man hätte sich an vielen Stellen anders entscheiden können, aber wenn man das Ergebnis kennt, kann man den vermeindlichen Aufstieg Deutschlands vor 1914 doch unmöglich als
erfolgreich bezeichnen.

PS.:
Was deine Liste angeht haben sich die meisten deiner erfolgreichen Diktaturen inzwischen in Demokratien umgewandelt: Türkei, Singapur, Südkorea, Japan, Indonesien und Taiwan. (Wie groß die Probleme der Demokratie in den einzelnen Ländern evtl. sind kann ich nicht beurteilen, aber es sind keine Diktaturen mehr)
 
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Ysrthgrathe

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Bei den wirtschaftlich erfolgreichen Demokratien muss man auch etwas aufpassen.
Im Imperialismus waren die beiden wichtigsten Mitspieler das demokratische England und das demokratische Frankreich. Ihren wirtschaftlichen Erfolg verdanken diese Länder deshalb eben keiner friedlichen Aufbaupolitik, sondern einer blutigen und aggressiven Ausbeutung fast der ganzen restlichen Welt.
Die Demokratie USA hat sich ihre wirtschaftliche und politische Vormachtstellung auf dem amerikanischen Kontinent auch nicht durch friedliche Maßnahmen gesichert.

Das Deutsches Reich hatte dagegen keinerlei wirtschaftlich relevante Kolonien und hatte seinen wirtschaftlichen Erfolg noch am ehesten einem friedlichen Wirtschaftsaufbau aus eigener Kraft zu verdanken.
Die einzigartige Leistung Japans, es in 40 Jahren von einem mittelalterlichen Feudalstaat zu einer modernen Großmacht zu schaffen, wäre als Demokratie bestimmt nicht gelungen. Die Ursache der Meiji-Restauration war lustigerweise die Kanonenbootpolitik der Demokratien, die die wirtschaftliche Öffnung Japans für den eigenen Vorteil und zum Zwecke der Ausbeutung erzwangen.

Der wirtschaftliche Vorsprung der westlichen Demokratien wurde also durch Maßnahmen errungen, die sich heutzutage nur noch ein diktatorischer Schurkenstaat derart offen erlauben könnte. Ich sehe nicht, inwiefern die Grundbedingung für den Imperialismus eine demokratische Staatsform gewesen wäre. Vielmehr muss man sich wundern, dass die Staaten diese Maßnahmen trotz der Demokratie durchziehen konnten. Dazu gehört nämlich, dass man Grund- und Menschenrechte nur für die eigenen Bürger als gegeben annimmt.
 

Olome Keratin

Gleichgewichtiger
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@David:
Und an welche Diktatoren haben die USA von 45 bis zur Öffnung des Ostblocks verloren ?
Sowjetunion, DDR, Tschechoslowakei, Türkei, China, Taiwan, Singapur, Südkorea usw. Nimmt man noch Monarchien mit dazu: Saudi-Arabien, Persien.

das, was die europäischen Monarchien sich in den Jahrhunderten davor aufgebaut hatten, war 45 größtenteils verloren.
Wissen? Territorien? Bodenschätze? Die Dekolonialisierung beginnt erst nach 1945. Im Falle von Portugal und Spanien exakt mit der Einführung der Demokratie.

Und es hat nichts mit Schuldzuweisungen oder Siegergeschichte zu tun, wenn man die grundlegenden Konstruktionsfehler des deutschen Kaiserreichs als den ersten Weltkrieg begünstigend bezeichnet,
Als ob du das getan hättest. Du hast de facto von einem Determinismus von Meiji-Revolution bis zum 2. Wk geschrieben. Dafür gibts überhaupt kein Argument. Und wenn du das jetzt so relativierst, ist Japan eben ein Gegenbeispiel gegen deine Schwarz-Weiß-These.

aber wenn man das Ergebnis kennt, kann man den vermeindlichen Aufstieg Deutschlands vor 1914 doch unmöglich als erfolgreich bezeichnen.
Deine These war: Diktaturen/Nichtdemokratien zerlegen sich wirtschaftlich immer selbst. Und die ist nicht haltbar. q. e. d.

Edit: @Y: Nach heutiger Demokratiedefinition hast du im 19. Jhd. keine Demokratien, allenfalls defekte. Auch nicht in GB oder USA. Die Wahlrechtsausweitungen kamen in beiden Ländern erst später. Frankreich hatte ebenalls meist ein recht restriktives Wahlrechtund war unter Napoleon I. und III. Kaiserreich.
Sonst zustimmung.
 
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David

Moderner Nomade
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Der Ostblock ist doch eher DAS Musterbeispiel dafür, wie sich Diktaturen selbst mit ihrer Misswirtschaft besiegen und am Ende scheitern. Den als Beispiel für erfolgreiche Diktaturen hinzustellen ist offensichtlich nicht angebracht. Und von den anderen Diktaturen haben sich wie oben beschrieben eben viele inzwischen in Demokratien umgewandelt. (Der Ostblock heute natürlich auch, aber erst nach dem Zusammenbruch)

Und von Determinismus hab ich nichts geschrieben, im Gegenteil. Ich hab nur davon gesprochen, das die Gründung des deutschen Reiches den großen Krieg wahrscheinlicher gemacht hat. Leider wurde in der Folge genau diese Entwicklung immer weiter vorrangetrieben anstatt noch rechtzeitig gegenzusteuern. Wenn man solche längerfristigen Entwicklungen nicht sieht, wird Geschichte nur zu einer unverständlichen Abfolge von Einzelereignissen, die in keinem Zusammenhang zueinander stehen. Und wenn eine Führung ihr Land trotz allen vorrübergehendem wirtschaftlichem Erfolg in eine Kriegsniederlage führt, ist das eben auch wirtschaftlich gesehen keine Erfolgsbilanz mehr. Das deutsche Kaiserreich von 1871 bis 1918 war insgesamt gesehen ein Scheitern, kein Erfolg.

Was den Reichtum aus den europäischen Kolonien angeht war der im Grunde schon nach dem ersten Weltkrieg verspielt und selbst die Sieger waren hochverschuldet. Im zweiten Weltkrieg hat man dann auch noch einen großen Teil dessen, was man in Europa aufgebaut hatte, zerstört. Grade Deutschland hat auch noch viele schlaue Köpfe in die USA verloren, sowohl vor als auch nach dem Krieg.
Und auch wenns die Kolonien teilweise noch gab, die Zeiten, wo man aus denen reichtümer scheffeln konnte waren vorbei und in der Folge musste man sich entweder freiwillig oder nach militärischen Problemen zurückziehen.
Alles in allem hat Europa sich spätestens nach dem zweiten Weltkrieg aus der globalen Spitzenposition rausgeschossen, und ohne die USA hätte wahrscheinlich nichtmal Westeuropa eine Chance gehabt sich wenigstens wirtschaftlich schnell wieder zu erholen.

PS.:
Meine These war nicht "Diktaturen/Nichtdemokratien zerlegen sich wirtschaftlich immer selbst." sondern nur, das Diktaturen im Schnitt wirtschaftlich deutlich weniger erfolgreich sind als Demokratien. Für sowas kanns natürlich keine strengen wenn -> dann - Gesetzmäßigkeiten geben, wir reden von Menschen und nicht von Naturgesetzen.
Wenn man sich nun einfach eine Liste der wirtschaftlich stärksten Länder hernimmt, wird man auch genau sowas sehen: Oben vor allem Demokratien, nach unten hin immer mehr Diktaturen. Einige Ölstaaten als Ausnahme hab ich ja bereits genannt. Ich behaupte ja auch gar nicht, dass es da unbedingt einen ursächlichen Zusammenhang geben muss, es ist nur eine interesannte statistische Beobachtung. (Evtl. ist der Zusammenhang auch grad andersrum und Demokratie funktioniert nur mit Wohlstand)

Nach dem Ende des West-Ost-Konflikts konnte man für ne Weile auf die Idee kommen, dass das immer so bleiben muss, aber das China diese optimistische Annahme in Frage stellt hab ich ja ganz am Anfang schon gesagt. Noch ists nur wegen der großen Einwohnerzahl soweit, das China in der Gesamtstatistik vorne dabei ist, aber wenn sich das irgendwann mal ändern sollte, wird Europa wirtschaftlich gesehen völlig marginalisiert sein. (Vielleicht kommt die Demokratisierung in China ja auch noch)

@Ysrthgrathe:
Friedlich und Demokratie sind ja eh zwei Paar Schuhe, eine Demokratie kann sich ja durchaus einig sein, dass sie einen Krieg führen oder andere Länder ausplündern will, siehe die jüngste Vergangenheit in den USA. Und wenn wir über erfolgreiche Wirtschaftspolitik reden meinen wir natürlich auch vorteilhaft für uns, die Armen außerhalb der eigenen Grenzen spielen in unseren Wahlkämpfen auch keine Rolle.

Aber die Gewinne aus den Kolonien sollte man vor allem in den Spätphasen der Imperien auch nicht überschätzen, zuletzt waren das sogar Zuschussgeschäfte. Für die Zeit nach 45 kann man das fast schon vernachlässigen. Und Deutschland hat ja vorgemacht, das man für wirtschaftlichen Erfolg keine Kolonien braucht, der Fehler hierzulande war dafür, dass man sich diplomatisch isoliert hat, was im Grunde mit der Reichsgründung gegen Frankreich schon eingeleitet wurde. Und der Super-GAU war natürlich Hitler, in einer gefestigten Demokratie hätte es so jemand wahrscheinlich schwerer gehabt.
 
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Olome Keratin

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@david: Deine These war:
Was genau Marktwirtschaft oder Kapitalismus sein soll definiert sich ja eh jeder anders, aber mir gings weniger um die Verknüpfung von Staats- und Wirtschaftsform als darum, wie gut ein Staat generell wirtschaftet. Und da ists doch schon so, dass Diktaturen oft auch an der Wirtschaft gescheitert sind, während die meisten längerfristig wirtschaftlich erfolgreichen Länder Demokratien sind. (Dieser Vergleich macht natürlich nur in jüngster Vergangenheit Sinn, nicht in Zeiten, wos keine bis kaum Demokratien gab)
Dagegen habe ich Argumente gebracht. Nun weichst du aus und bringst deine These überhaupt nicht mehr. Ich gehe davon aus, dass meine Gegenargumente stechen und du deine These nicht merh aufrecht erhältst.

Der Ostblock ist doch eher DAS Musterbeispiel dafür, wie sich Diktaturen selbst mit ihrer Misswirtschaft besiegen und am Ende scheitern.
Das war nicht die Frage. Du fragtest, an welche Länder die USA wirtschaftlich von 1945 bis 1991 abgegeben haben. Und da gehören auch die Ostblockstaaten dazu.

Und von Determinismus hab ich nichts geschrieben, im Gegenteil.
So? Was ist damit?
Und ja, ich würde auch langfristige Tendenzen mit einbeziehen, die Erfolge des deutschen Kaiserreichs in Sachen Industrie, Technik und Wirtschaftsleistung kann man heute auch nicht mehr ohne den Weg in die beiden Weltkriege sehen, und Japans Aufschwung hat auch schrittweise in die Niederlage von 45 geführt. Die 'imperiale' und kriegerische Aubreitung begann wenn ich mich richtig erinnere ja schon zu Beginn des 20. Jhds. also grade mal um die 30 Jahre nach 1870. Und 30 Jahre sind viel zu kurz als das man von einem erfolgreichem und stabilen Staat sprechen könnte.
Wenn du diese Passage NICHT deterministisch gemeint hast, ist sie als Argument völlig fehl am Platze, weil sie dann nichts zum Sachverhalt beiträgt.
 

Ysrthgrathe

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wie sich Diktaturen selbst mit ihrer Misswirtschaft besiegen und am Ende scheitern.
Das ist eine steile These, die so eigentlich niemand vertritt. Schließlich gibt es echte Demokratien noch gar nicht so lange. In der Zeit vorher hat das mit der Wirtschaft aber auch irgendwie funktioniert.
Probiers lieber mal nach Milton Friedman: "Wie die demokratischen Entwicklungen in Europa, Amerika und Teilen von Asien zeigen, tendieren kapitalistische Gesellschaften langfristig zu Rechtsstaat und Demokratie."
Das ist aber von 1962, also vor den Erfolgen von China, Indonesien usw.

Und wenn eine Führung ihr Land trotz allen vorrübergehendem wirtschaftlichem Erfolg in eine Kriegsniederlage führt, ist das eben auch wirtschaftlich gesehen keine Erfolgsbilanz mehr. Das deutsche Kaiserreich von 1871 bis 1918 war insgesamt gesehen ein Scheitern, kein Erfolg.
Ich verstehe den Zusammenhang nicht. Wenn umgekehrt England den ersten Weltkrieg verloren hätte, wäre das dann ein Beweis, dass Demokratien keinen wirtschaftlichen Erfolg haben können?

Was den Reichtum aus den europäischen Kolonien angeht war der im Grunde schon nach dem ersten Weltkrieg verspielt
Nö, natürlich nicht. Oder war alles Wissen verloren und alle Infrastruktur zerstört? Auch die Kolonien bestanden erstmal weiter.
 

Gala

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@Olome:
Der relative Abstand verringert sich, d.h. wir fallen zurück.
Aber nur relativ. Absolut gesehen schreiten wir weiter fort - und werden von China, Indien etc wahrscheinlich auch nicht überholt werden, in dem Sinne, das die USA, Europa und/oder Japan zum Entwicklungsland würde.

Ich finde es positiv, wenn mehr Menschen einen modernen Lebensstandard bekommen.

Mal abgesehen davon, das wir diesen zurückschrauben werden müssen, wegen der Ressourcen + der Umweltverschmutzung.
 

David

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Wow, ich kann einem Post von Gala zustimmen.. :eek: :D

@Ysrthgrathe:
Vielelicht drück ich mich unklar aus, aber ich hab doch gar nichts Anderes gemeint als dieses Friedman-Zitat und das China diese Idee heute wieder etwas unwahrscheinlicher macht.

Wenn England den Krieg verloren hätte, dann müsste man hinterher sagen, das die englische Führung die Lage falsch eingeschätzt und das Land damit in die Niederlage geführt hat. Wäre sowas passiert würden heute vielleicht auch in den Statistiken die Diktaturen vorne stehen statt die Demokratien.

Ist ja wie gesagt nur eine statistische Beobachtung, inhaltlich kann ich mir das auch eher sorum erklären, das Demokratie besser mit Wohlstand funktioniert als das Demokratie die Vorraussetzung für Wohlstand ist. Wobei Diktaturen natürlich immer die Gefahr beinhalten, dass der Diktator aus individuellen Schwächen heraus Fehlentscheidungen trifft.

Was Europa nach dem ersten Weltkrieg schon verspielt hatte war die weltweite Vorherrschaft und ein Haufen Geld. Den Höhepunkt der Macht hatten die Kolonialreiche da schon überschritten, auch wenn sie die Kolonien erstmal noch halten konnten. Und eigentlich brauchte man im 20. Jhd. ja auch keine Kolonien mehr, Handel mit den unabhängigen Staaten war unter Umständen viel profitabler als die direkte Kontrolle.

@Olome:
Im ersten Zitat tauchen die Wörter 'oft' und 'meistens' auf, nicht 'immer' oder 'zwangsläufig'. Du hast versucht daraus eine naturwissenschaftliche Hypothese zu machen, die durch wenige Gegenbeispiele zu widerlegen ist. Aber die Wirtschaftsstatistiken belegen meinen Standpunkt: Demokratien sind im Schnitt erfolgreicher. (Außerdem hab ich da schon von jüngster Vergangenheit gesprochen, was die Zeit vor 45 für mich ausschließt)

Und in Sachen Determinismus hab ich geschrieben, dass man die Entwicklung Deutschlands <b>heute</b> auch nicht mehr ohne den Weg in die beiden Weltkriege sehen kann. Natürlich wusste man damals nicht, wie das enden würde und man hätte auch Chancen gehabt diese Entwicklung zu ändern, aber das hindert uns in der Rückschau doch nicht diese Entwicklung über längere Zeiträume nachzuzeichnen. Die Situation in der 1914 der Krieg ausgebrochen ist ist ja nicht über Nacht enstanden, das hatte nen langes Vorspiel, und Deutschlands Aufstieg ist ein wichtiger Teil davon.
 
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David

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Hätt vielleicht noch dazu schreiben sollen, das Diktaturen im Normalfall wirtschaftlich scheitern oder sich in Demokratien umwandeln.
Aber genau diese Hoffnung meinte ich: Das die Demokratie sich durchsetzen würde, weil sie mit guter wirtschaftlicher Entwicklung zusammenläuft. China hat jetzt aber zumindest ansatzweise ein Modell entwickelt, wo man sich vorstellen könnte, das Diktatur und wirtschaftlicher Erfolg noch ne ganze Weile zusammenpassen könnte. Ob das wirklich passiert muss sich aber auch erst noch zeigen, vielleicht merkt man ja auch, das demokratische Reformen besser sind als das Militär wenns Probleme im Inneren gibt.
 

Olome Keratin

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@david:
Hätt vielleicht noch dazu schreiben sollen, das Diktaturen im Normalfall wirtschaftlich scheitern oder sich in Demokratien umwandeln.
Nein. Stetes Wiederholen macht eine falsche Behauptung nicht richtiger. Ich hab Gegenbeispiele gebracht (und zwar ca. 20). Jetzt bist du dran. Wenn du 30 Beispeile findest, die deine These stützen, such ich 20 weitere Beispiele.

Im ersten Zitat tauchen die Wörter 'oft' und 'meistens' auf, nicht 'immer' oder 'zwangsläufig'. Du hast versucht daraus eine naturwissenschaftliche Hypothese zu machen, die durch wenige Gegenbeispiele zu widerlegen ist.
Eine sozialwissenschaftliche Hypothese ist genauso valide und überprüfbar wie eine naturwissenschaftliche. Wenn du sagen würdest: "Ein Ball, den ich in der Hand halte, fällt meistens zu Boden." würde dir jeder sagen, dass die These nicht weiter hilft, weil sie keinen Erkenntniswert hat. Das ist in Sozialwissenschaften auch nicht anders.
Zudem ist die These falsch.

Aber die Wirtschaftsstatistiken belegen meinen Standpunkt: Demokratien sind im Schnitt erfolgreicher. (Außerdem hab ich da schon von jüngster Vergangenheit gesprochen, was die Zeit vor 45 für mich ausschließt)
Schön, und wenn ich jetzt eine völlig isolierte Zeit betrachte, sagen wir mal 1923-1941, kann ich auch behaupten, faschistische Diktaturen sind allen anderen Staatsformen völlig überlegen. Außerdem beißt sich das mit deienr eigenen Forderung:
Wenn man solche längerfristigen Entwicklungen nicht sieht, wird Geschichte nur zu einer unverständlichen Abfolge von Einzelereignissen, die in keinem Zusammenhang zueinander stehen.
Und ja, ich würde auch langfristige Tendenzen mit einbeziehen,
Langfristig also immer nur, wenns dir in den Kram passt, ja?

Edit: @Gala: Ich hab nicht bestritten, dass absolut ein Wohlstandsgewinn da ist. Darum gings aber auch nicht, sondern um die relative wirtschaftliche Überlegenheit von bestimmten Wirtschafts- und Regierunsgsystemen.
 

David

Moderner Nomade
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Ich hab ausdrücklich geschrieben, das noch nicht raus ist, ob die BRD (oder auch die ganze Zeit nach 45) am Ende als Erfolg verbucht werden kann oder nicht. Wenn wir jetzt über das wirtschaftliche Chaos in die Diktatur zurückfallen war das Ganze genauso ein Fehlschlag wie das Kaiserreich. 1914 oder 1940 konnte man durchaus noch glauben, das Monarchie oder Faschismus überlegen sind, nur wissen wir heute nicht, was 2011 ff. bringen werden, ob unsere Zeit mal einen ähnlichen Stellenwert in der Geschichte einnehmen wird, wissen wir einfach noch nicht.

Aber seit 45 ist es nunmal so, das die Demokratien (dies noch dazu vorher nur unzureichend gab, wie du selber geschrieben hast) im Schnitt erfolgreicher sind, das ist auf jeden Fall mal eine interesannte Beobachtung. Ich hab nie behauptet das man daraus großartige Rückschlüsse ziehen kann, aber dadurch wird die Beobachtung nicht falsch.

Ein Gegenbeispiel hierzu wäre eine Rangfolge der wirtschaftlich stärksten Länder, in der die Top-Plätze von Nicht-Demokratien belegt werden, keine einzelnen Gegenbeispiele, wo ein Land trotz Diktatur wenigstens vorrübergehend wirtschaftlich stabil war.

PS.:
Statistische Aussagen gibts auch in anderen Bereichen wie zB beim Klima. Außer Durchschnittstemperaturen und normalen Wetterlagen kann man da auch nichts sagen, und man findet sicher Dutzende Gegenbeispiele, wo das Wetter in einem bestimmten Jahr nicht zum Klimadiagramm des Ortes passt, trotzdem wird die Einteilung der Erde in Klimazonen dadurch nicht falsch.
 
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Olome Keratin

Gleichgewichtiger
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@David:
Ich hab nie behauptet das man daraus großartige Rückschlüsse ziehen kann, aber dadurch wird die beobachtung nicht falsch.
wie sich Diktaturen selbst mit ihrer Misswirtschaft besiegen und am Ende scheitern.
Wie bitte? Also eine von beiden Aussagen kann nicht richtig sein.:D

Wenn wir jetzt über das wirtschaftliche Chaos in die Diktatur zurückfallen war das Ganze genauso ein Fehlschlag wie das Kaiserreich.
Ich versteh jetzt nicht, warum eine Demokratie nur scheitert, wenn sie in eien Diktatur mündet. Btw. besser Diktatur als Bürgerkrieg wie in Spanien 1936. (Was du als Beispiel auch ignoriert hast.)

Und wegen Klima: Die Diskussion hatten wir schon und deine Position fand ich ausgesprochen schwach.
 
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