Politik, 8. Staffel

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Caesar

C
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Ohne die Posts vorher gelesen zu haben und auf die Gefahr hin die Ironie zu übersehen: Glaubst du irgend eine Stadt/Bundesland in Deutschland hat genug Geld um es für Protzprojekte jeglicher Art auszugeben?
Ich nicht....
 

David

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Selbst wenn dem so wäre bleiben 2 Fragen offen:
-Hätte man das Geld auch sinnvoller einsetzen können ?
-Warum sind die Kosten derart von den ursprünglichen Planungen abgewichen ?

Selbst wenn man nach der ersten Frage zu dem Schluss kommt, dass Hamburg ganz dringend eine Philharmonie braucht, darf man doch wohl erwarten, dass die tatsächlichen Kosten nicht deutlich über den geplanten Kosten liegen, ohne dass dafür irgendjemand mächtig Ärger bekommt.

Wenn man sich einfach mal vorstellt, dass es in Hamburg nur um ein Gebäude geht, und sich dann die Dimension von Stuttgart 21 vor Augen führt, lässt das btw. auch nichts Gutes ahnen.

PS.:
Zumindest Stuttgart 21 wird glaub ich auch vom Land, der Bahn und dem Bund mitfinanziert, also nicht von Stuttgart alleine.
 
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Ysrthgrathe

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Warum Stuttgart 21 gebaut wird? Vielleicht deswegen:
Die Deutsche Bahn erzielt mehr als die Hälfte ihres Gewinns dieses Jahr durch Sondererträge beim umstrittenen Projekt Stuttgart 21... Das DB-Papier belegt erstmals ...von S21 profitiert vor allem der Konzern DB – der Schienenverkehr ist aber der Verlierer.
Quelle:
http://www.fr-online.de/top_news/?em_cnt=2152663&

Außerdem kaufte die Stadt Stuttgart schon 2001 die freiwerdenden Gleißflächen für 459 Millionen Euro von der Bahn auf. Mit diesem Geld kann die Deutsche Bahn seitdem wirtschaften, das ist doch auch ganz nett. Selbst wenn sie das Geld nur auf ein Festgeldkonto gelegt hätten wäre das heute ein ganz schöner Batzen.
Die gekaufte Fläche liegt übrigens seither brach.

Wer ist für Stuttgart 21? Die Deutsche Bahn AG, die verdient daran.
Die regierenden Landes- und Regionalpolitiker, die kommen ohne Gesichtsverlust einfach nicht mehr raus, da die schon eingesetzten Milliarden bei einem Ausstieg völlig sinnlos verpulvert wären, außerdem dürften sie dann auch noch Schadensersatz an die Bahn zahlen.

Wer ist dagegen? Ursprünglich war der Bund dagegen. Anschließend war dann sogar die Deutsche Bahn selbst dagegen.
Die Landes- und Regionalpolitiker haben dann Panik bekommen und Bahn und Bund wurden massiv bedrängt. Auszüge aus wiki:
Zwei Tage später drohte der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster mit einer Schadenersatzklage gegen die Deutsche Bahn, sollte der Aufsichtsrat nicht bis zum 1. März 2000 dem Projekt zustimmen. ... Am 5. Dezember 2000 forderten Ministerpräsident Teufel und Landesverkehrsminister Müller die Bundesregierung ultimativ auf, bis zur Landtagswahl am 25. März 2001 Stuttgart 21 positiv zu bescheiden. ... Mitte Februar 2001 einigten sich Bund und Land überraschend über die Finanzierung von Stuttgart 21. Nach Medienberichten hielten sich Bund und Bahn dabei die Möglichkeit eines Ausstiegs aus dem Projekt offen. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung sollte die Risiken des Projekts darlegen. ... Das Gutachten konstatierte aus politischen Motiven geschönte Zahlen sowie Missmanagement und Schlampereien der DB. Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn zog darauf hin zunächst seine Bereitschaft zurück, Bauaufträge für das Projekt einzuholen. ... Im Oktober 2006 fasste der Landtag von Baden-Württemberg einen Grundsatzbeschluss für die Realisierung von Stuttgart 21 ... Die Entscheidung über das Projekt sollte schließlich bei einem Spitzengespräch zwischen Bundesverkehrsminister Tiefensee, Ministerpräsident Oettinger und Bahnchef Mehdorn am 23. Oktober 2006 fallen. Die Beteiligten vertagten die Entscheidung auf Frühjahr 2007 und vereinbarten, die Wirtschaftlichkeit des Projektes erneut zu prüfen.
Wie würdest du diesen Auszug zusammenfassen? Geltungssucht von Provinzpolitikern trifft das für mich ausreichend.


Im Moment gegen Stuttgart 21 sind:
  • Die große Mehrheit der Bevölkerung in BW, sogar die Mehrheit der Stuttgarter
  • Alle Oppositionspolitiker und Teile der FDP
  • Die Verkehrsexperten, die nicht von Bahn oder Land bezahlt werden
  • Die in irgend einer Form betroffenen Verkehrsbetriebe, die nicht der Bahn gehören
  • Die Gewerkschaften
  • Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
  • Der Verkehrsclub Deutschland
  • Der Fahrgastverband Pro Bahn
Die veranstalten Demos und solche Spässe. Mittlerweile aber meiner Meinung nach sinnfrei, aus den Verträgen kommt man nicht mehr raus und es ist schon zuviel Geld investiert worden.


Wie gesagt: Du willst nicht wirklich abstreiten, dass es sinnlose Großprojekte gibt? Oder das es bescheuerte politische Entscheidungen gibt?
Bei Großprojekten gibt es mehr bescheuerte Entscheidungen als sonst, das liegt auch daran, dass die Entscheidungen bei so etwas derart komplex sind, dass sie ein Laie (das sind Politiker in diesen Bereichen) gar nicht überblicken und erfassen kann. Nicht zufällig sind Großprojekte am Ende fast immer beinahe doppelt so teuer wie ursprünglich geplant.
Die Eisenbahnbrücke ins nichts von oben hat immerhin auch fast 20 Millionen Euro gekostet. Da muss ne alte Frau lange für stricken.


Das war mir bei den obigen Vergleich zwischen LHC und Stuttgart 21 aber alles ziemlich egal. Ich wollte darlegen, dass der LHC bei weitem nicht so teuer wie angenommen ist. Sondern billiger als Stuttgart 21. Zusätzlich behaupte ich jetzt einfach mal, dass das Geld beim LHC deutlich besser angelegt ist. Selbst wenn Stuttgart 21 keine Planungsfehler oder Schwächen hätte und in Zukunft alles klappt wie am Schnürchen. Deutlich billiger als Stuttgart 21 wäre nämlich auf jeden Fall dringewesen. Ob der Stuttgarter Hauptbahnhof wirklich der (angeblich) bald "bei weitem modernste Bahnhof Europas" und "Das neue Herz Europas" (offizieller Slogen, http://www.das-neue-herz-europas.de ) werden muss? (Solche Sätze klingen für mich übrigens nach Geltungssucht von Politikern und ein klein wenig größenwahnsinnig.:) )
Deswegen würde ich mit dem Sparen nicht bei den Forschungsprojekten anfangen, da kann man vorher noch eine ganze Menge anderer Dinge abarbeiten.
 
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David

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Das Sparen ist aber kein Entweder-Oder:
Wenn die Forschung sparen kann, ohne dafür allzugroße Einschnitte in Kauf nehmen zu müssen (zB Marssonden statt Astronauten zur Marsforschung einsetzen) kann sie fürs selbe Geld mehr forschen. Egal wie das Ziel aussieht (Bahnkunden von A nach B bringen oder Grundlagenforschung), Wirtschaftlichkeit sollte dabei selbstverständlich sein, vor allem wenns um Steuergelder geht. Wie diese Ziele aussehen sollen ist natürlich auch Sache der Politik: Wenn alle Wähler unbedingt nen Menschen zum Mars schicken wollen und die Politiker das aufgreifen, wird eben das das Ziel und nicht die Erforschung des Mars, dann sind die hohen Kosten dafür eben unvermeidbar. (Meine Ablehnung von bemannten Missionen über die Erdumlaufbahn hinaus geht davon aus, dass die Erforschung des Sonnensystems das Ziel ist, nicht die bemannte Raumfahrt als Selbstzweck)

Was die Großprojekte angeht ist der Satz <i>"aus den Verträgen kommt man nicht mehr raus und es ist schon zuviel Geld investiert worden."</i> glaub ich ziemlich zentral und zumindest auch eine mögliche Erklärung dafür, warum es immer wieder passiert, dass die ersten Kostenplanungen, auf deren Grundlage entschieden wird, nachher nicht mehr einzuhalten sind.

Stuttgart 21 könnte man vielleicht mit guten Juristen noch stoppen oder wenigstens nen kleineren Kompromiss finden, aber zB bei der Elbphilharmonie kann man das jetzt natürlich selbst als Gegner nicht mehr verlangen.
 
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Gala

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  1. Fefe-Link: Wir werden von TINA regiert !
    Angela Merkel gilt als die mächtigste Frau der Welt; aber das stimmt nicht. Die mächtigste Frau heißt Tina, sie wird auch von der Kanzlerin gern in Anspruch genommen. Tina ist das Kürzel für there is no alternative.
    Schon an dieser Stelle liege ich vor Lachen unterm Boden.

    Das Neoliberale ihre Politik als alternativlos darstellen, ist keineswegs eine Erfindung der Kanzlerin in den letzten Wochen. Dieses Totschlagargument wird intelligenten kritischen Bürgern schon seit drei Jahrzehnten um die Ohren gehauen. Es ist das Lieblingsargument der Neoliberalen: wir haben die Definitionsmacht, wie die Realität aussieht, wer nicht unser Ideologie folgt, ist ein Träumer. Es gibt zu unser Politik keine Alternative.

    Meist verbunden mit der Behauptung der Neoliberalen, gar keine Ideologen und schon gar keine Fanatiker zu sein.

    Und das, obwohl diese Politik ihre Versprechen nie einhalten konnte und auch nie einhalten wird.

    Was wurden uns nicht schon für Weltwunder versprochen. Z.B.: Das Hartz IV die Arbeitslosigkeit bekämpfen würde. Ein horrender Quatsch, denn Hartz IV hat zu sinkenden Löhnen, massiven Abbau sozialversicherter Arbeitsplätze, und einer Explosion des Niedriglohnsektors geführt.

    Klar kann man einfach Lohnsklaverei einführen, um die Arbeitslosigkeit loszuwerden. Das hat noch niemand bestritten. Es ist nur nicht ein Mittel, das in der Demokratie verfügbar ist bzw verfügbar sein sollte. Jemand, der so etwas betreibt, hat ein grundsätzliches Problem mit unser freiheitlichen Verfassung.

    TINA ist nicht neu, auch das Internetkürzel ist mir bereits seit Jahren wohlbekannt. Das der angeblich politisch so interessierte Felix von Leitner erst jetzt darüber stolpert, zeigt meiner Meinung nach eher auf, wie einseitig seine politische Bildung ausgefallen ist.


    Tina ist das neue Wort für Basta.
    Yep. :up: Und warum viele Worte, wenns ein kurzer Satz auch sagt. :up:


    Mit Basta hat einst Kanzler Schröder Hartz IV eingeführt. Und dieses Hartz IV war damals für die Führung der SPD so "alternativlos" wie der Kosovo-Krieg und die Verteidigung Deutschlands am Hindukusch.

    Aber verglichen mit den neuen finanzwirtschaftlichen Großentscheidungen waren die genannten militärischen Großentscheidungen sorgfältig gereift.
    Jo.


    Die Milliardenrettungspakete sind der Versuch der exekutivischen Politik, mit dem Tempo und der Brutalität von ökonomischen Prozessen zu konkurrieren. Das kann sinnvoll sein, aber die Politik muss dann für diese Sinnhaftigkeit werben. Das Wort "alternativlos" ist das Gegenteil von solcher Werbung. Demokratische Politik besteht darin, Entscheidungen auf der Grundlage des Abwägens der Alternativen zu treffen und zu begründen. Der Ort dafür ist das Parlament: Es ist der Ort, wo Vertrauen des Volks gesät wird. Ohne dieses Vertrauen hält auch der weltgrößte Rettungsschirm nicht. Dieses Vertrauen der Bürge - es ist wirklich alternativlos für die Demokratie.
    Ich frage mich persönlich ja eigentlich nur noch, wann der nächste Superrettungsschirm aufgespannt wird. Die Macht der Neoliberalen, die Wirklichkeit ihren Illusionen anzupassen, wird von der Realität anscheinend immer drastischer widerlegt.


  2. Programmierer-Insider auf Fefe:
    [20:07:25] <svuorela> now that you all are awake. are there anyone who can help with my problem? I have compressed my important files with md5sum. how do I decompress them ?
    Eigentlich müßte man den Autor wegen Mordversuch verklagen. Verwendete Tötungswaffe: Lachen. Denn das bringt den Fachmann so hart zum Lachen, das es wehtut.

    md5sum ist ein Programm, das eine krytographische Prüfsumme erstellt, d.h. eine Prüfsumme, die besonders schwer zu fälschen ist, wo man also zum Beispiel einem gegebener Prüfsumme nur schwerlich einen Text finden kann, der dieselbe erzeugt.

    Er kann also allenfalls damit nachweisen, das ein bestimmter Text der gesuchte ist. Keineswegs kann er den Text damit aber wiederherstellen.

    Von Kompression keine Spur. :D


    Wer übrigends nicht versteht, warum man aus einer Prüfsumme kaum eine Schlußfolgerungen über die Daten ziehen kann: Nehmen wir der Einfachheit halber an, das Prüfsummenverfahren sei trivialsmöglichst, also die Addition, und die Menge, über die die Prüfsumme erstellt wird, bestehe einfach aus zwei Zahlen. Dann ist:

    A + B = C

    Nun kennen wir C, das ist die Prüfsumme. Man rekonstruiere jetzt also daraus A und B. :)

    Immerhin bekommt man A heraus, wenn man B kennt. Jetzt mache man sich weiter klar, das bei realen Beispielen das Problem so aussieht:

    A(1) + A(2) + A(3) + .... A(N) = C

    Die Aussage der Prüfsumme ist also minimalst. Solange man A(1) ... A(N-1) nicht kennt, kann A(N) jeden beliebigen Wert annehmen. :D


  3. Interessant: Wir wollen nicht wie die Grünen enden
    taz: Wie viel Parteien gibt es eigentlich in der Linkspartei?

    Jelpke: Die Frage ist deplatziert - warum stellen Sie die nicht den Grünen in NRW? Da gibt es welche, die mit der CDU regieren wollen und andere mit der Linkspartei. Die Linke ist jung, vielfältig und diskussionsfreudig.
    Und das ist auch gut so. Solange die Linke kein Einheitsmeinung vertritt und politisch glaubwürdig bleibt, wird sie junge Polittalente anziehen können und sich weiterentwickeln können. Das ist essentiell für den Erfolg einer Partei.
 
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Toran

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@Protzprojekte
Was bezeichnet man als Protzprojekte?

Gestern lief im Fernsehn ein Bericht über die Städte Frankenberg in Sachsen und Frankenberg an der Eder. Die Stadt an der Eder (19.000 EW) hat Schulden in 2 stelliger Millionenhöhe und zahlt über den Soli jedes Jahr einen 6 stelligen Betrag der unter anderem Frankenberg in Sachsen zu Gute kommt.

Wenn eine Stadt mit rund 16.000 Einwohnern durch den Soli in den letzten 20 Jahren rund 110 Millionen Fördergelder erhalten hat, sich die Verbindlichkeiten der Stadt auf ca. 3 Millionen Euro belaufen das Rathaus, der Rathausplatz und der Park für rund 2 Millionen saniert wurden die gesamte Stadt rausgeputzt wurde und der Bürgermeister meint die Stadt ist immer noch auf den Soli angewiesen um Projekte wie eine Kinderbücherei mit 2 Schulen (Musikhochsule) für rund 10 Millionen Euro zu finanzieren.

Zumal der Stadtentwickler im Fernsehen anz locker gesagt hat, dass das Geld eh nie reicht, denn je mehr Geld man hat, desto grösser/teurer werden die Wünsche. Und die Wunschliste ist lang.

Wo also ist die Grenze zwischen vernünftiger Renovierung und dem Grössenwahn


Zumal FB/Eder jedes Jahr rund 1,1 Millionen Euro Zinsen für seine Schulden zahlen muß. Die Strassen und die Infrastruktur sind in einem mehr als bescheidenem Zustand.


Die finanziellen Mittel sind alles andere als unbegrenzt, ganz im Gegenteil leben viele Kommunen eher von der Hand in den Mund.



Weshalb also werden die Autoindustrie und die Pharmaindustrie mit Milliardenzuschüssen für Forschung und Entwicklung gefördert?
Weil sie ihre Waren in Deutschland so preisgünstig anbieten? :rolleyes: Oder weil die Vertreter ihrer Lobbies so gute Beziehungen zu den Geldtöpfen der Steuerzahler hat?


Ich bin mal gespannt wann die Mehrwertsteuer erhöht und die PKW Maut eingeführt wird. Allerdings wird das Geld auch dann nicht langen, weil die Wünsche ebenfalls immer grösser und teurer werden und wir noch mehr in den EU Finanzausgleich einzahlen werden.
 

Gala

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Dazu war ich kürzlich auf einer Veranstaltung von DGB und ver.di.

Die Kommunen in Deutschland sind in den letzten zwei Jahren wegen der Wirtschaftskrise lawinenartig mehrheitlich in Notfallhaushalten und anderen Extremsituationen gelandet. Die Minderheit an Kommunen, die das bisher vermeiden konnten, werden wahrscheinlich sehr bald ebenfalls dort landen.

Das bedeutet, das die politische Handlungsfähigkeit auf kommunaler Ebene praktisch null ist. Für jede Ausgabe muß man die betreffende Landesbehörde fragen. Man kann praktisch die Stadträte etc schließen, weil sie nichts mehr zu melden haben.

Ursache der Situation sind die vielen Zusatzaufgaben, die Kommunen im Verlaufe der Jahre aufgedrückt wurden, sowie die fast völlige Unmöglichkeit, eigene Steuern erheben zu dürfen. Dies in Kombination mit der derzeitigen Flaute bei der Gewerbesteuer (der Haupteinnahmequelle der Kommunen) führt dazu, das man selbst dann, wenn man ausschließlich Pflichtausgaben tätigt, in der Schuldenfalle landen muß.
 

David

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Soweit ich das mitbekommen hab, entscheidet der Bund ja manchmal zu Lasten der Kommunen, hier müsste die Aufgabenteilung eigentlich so sein, dass die Ebene, die etwas entscheiden kann, auch für die Finanzierung sorgen muss.

@Toran:
Es gibt ja nicht nur Protzprojekte, die man sich nicht leisten kann, sondern auch an sich sinnvolle Projekte, für die leider trotzdem kein Geld da ist. Die Renovierung von öffentlichen Plätzen etc. würde ich natürlich unter Letzteres zählen. (Zumindest solange man nicht die allerteuersten Materialen / Künstler etc. dafür nimmt, von solchen Fällen hab ich auch schon gehört)

Über die teilweise skurilen Folgen von Finanzausgleich oder Soli hab ich auch schon viel gehört, ich kann halt nur nicht wirklich beurteilen, ob das Extremfälle sind oder ganz normale Beispiele. So oder so sollte man da was ändern, damit der Schwächere zwar Unterstützung bekommt, aber nicht am Ende mehr Geld hat als der, der zahlen muss..

Mit höherer Mehwertsteuer und PKW-Maut könnte ich an sich gut leben, aber das dürfen eben weder die einzigen Steuererhöhungen sein noch darf das wieder nach dem Schema F laufen, wo von einer Millionen Mehreinnahmen gleich 1,5 Millionen wieder ausgegeben werden. Im Grunde bräuchte man eine Ebene, die der Politik auf die Finger hauen kann, wenn sies nicht schafft, vernünftig zu wirtschaften, so wie nen Drogensüchtiger Hilfe beim Entzug braucht. :D
 
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Olome Keratin

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@David:
Selbst wenn dem so wäre bleiben 2 Fragen offen:
-Hätte man das Geld auch sinnvoller einsetzen können ?
-Warum sind die Kosten derart von den ursprünglichen Planungen abgewichen ?
Zu Frage 1: Wer soll das entscheiden? Du?
Zu Frage 2: Das liegt an der Praxis öffentlicher Ausschreibungen. Wenn Aufträge ausgeschrieben werden (bei projekten bestimmter Größe vorgeschrieben), sind die Ausschreibenden gesetzlich dazu verpflichtet, das wirtschaftlichste Angebot zu nehmen. Deswegen findet in der Bauwirtschaft ein Unterbietungswettbewerb bei den Erstgeboten statt. Es ist jedoch so, dass es bei Bauaufträgen üblich ist, Nachforderungen zu stellen. Das macht man wegen entsprechender Unsicherheiten wie Wetter, was den Bauvorgang beeinflussen kann. Bei öffentlichen Projekten ist es halt so, dass auf diese Weise die Dumpingpreise beim Erstgebot wieder relativiert werden und so eben die normalen Kosten doch zu Buche schlagen. Das ist also ein Systemfehler und nicht Versagen einzelner Politiker.

@Gala:
Die Kommunen in Deutschland sind in den letzten zwei Jahren wegen der Wirtschaftskrise lawinenartig mehrheitlich in Notfallhaushalten und anderen Extremsituationen gelandet.
Das trifft für NRW zu, für Baden-Württemberg bspw. nicht. Von DEN Kommunen zu sprechen, ist zu starke vereinfachung, die regionalen Unterschiede sind enorm.

@Caesar: Hamburg als eines der wenigen Nettozahlerländer beim Länderfinanzausgleich kann, ja. Passt dir möglicherweise nicht, aber ich schätze mal, dass du dich in Hamburg auch nicht wohlfühlen würdest.

@Toran: Es gibt schon Radikale, die meinen, man wird den Staat nur über Einnahmenkürzungen zum Sparen zwingen können. Möglicherweise haben sie Recht.

@Y:
Du willst nicht wirklich abstreiten, dass es sinnlose Großprojekte gibt? Oder das es bescheuerte politische Entscheidungen gibt?
Nein, will ich nicht. Ich hab aber nach der Kompetenz desjenigen gefragt, der so etwas anhand eines konkreten Beispiels behauptet.

Und wegen Stuttgart21: Die große Mehrheit der Stuttgarter Bürger? Sagt das zufälligerweise die Oppostion? Einen Volksentscheid oder so etwas gabs ja glaub ich nicht. Und die Mehreit der Stuttgarter Bürger hat einen Gemeinderat gewählt, der das Projekt befürwortet. Von 2000-2010.
 

Caesar

C
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Wiki sagt: Hamburg zahlt ca. 350Mio € in den Finanzausgleich. weiterhin sagt Wiki:
"Der Schuldenstand belief sich im Dezember 2007 auf rund 21,8 Milliarden Euro. Die Hansestadt Hamburg hat einen Schuldenstand von ca. 12.200 Euro pro Einwohner (zum Vergleich hat die Stadt Frankfurt am Main 2100 Euro Schulden pro Einwohner + 6300 Euro pro Kopf hessische Schulden = 8400 Euro pro Kopf Vergleichsschulden)."

Ich mag altmodisch sein, aber ich finde bei Echt vielen Schulden, sollte man auf solchen Spielkram verzichten.
 

David

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@Olome:
Diesen Systemfehler könnte man aber abstellen, und wenn sowas entschieden wird, sollten alle Beteiligten bis dahin auch aus Erfahrung wissen, dass die Kosten deutlich steigen könnten, und dass dann auch gleich offen sagen und bei ihrer Entscheidung berücksichtigen anstatt so zu tun, als könnte es gar nicht zu Kostensteigerungen kommen.
Man kann ja nen Vertrag über zB 100 Mio. Euro unterschreiben, aber gleichzeitig (auch gegenüber der Öffentlichkeit) dazusagen, dass das nicht das letzte Wort ist, und das bei ähnlichen Projekten schonmal um die 50% Mehrkosten angefallen sind. Mag sein, dass man die Kosten vorher nicht exakt kalkulieren kann, aber dann soll man das bitte auch so sagen anstatt eine Zahl in den Raum zu stellen, die am Ende nicht zu halten ist.

Ob ein Projekt gewünscht ist, ist natürlich schwerer zu sagen, denn sowas macht ja nicht alleine die Wahlentscheidung aus. Sowas könnte durchaus ein Punkt sein, wo lokale Bürgerentscheide Sinn machen können, bei uns in Würzburg gabs sowas vor einiger Zeit mal für nen Einkaufszentrum, das dann knapp abgelehnt wurde, weils das Stadtbild ziemlich deutlich verändert hätte. Ist ja ne ganz klassische ja/nein - Frage zu einem überschaubarem Thema das die Leute direkt betrifft, das sollte deutlich besser für solche Abstimmungen geeignet sein als irgendwelche hochkomplexen Verträge, die nichtmal die Politiker selber verstehen und die den Einzelnen nur sehr indirekt betreffen.

Das ich zB die Elbphilharmonie ablehne ist natürlich erstmal nur meine eigene Meinung, aber wenn ich mir überlege, wieviel % der Hamburger das Gebäude je von innen sehen werden, könnte ich mir zumindest vorstellen, dass ich damit nicht ganz alleine bin.

PS.:
Passt grad so gut, geht um die Probleme beim Neubau des Berliner Stadtschlosses:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,695161,00.html
(Hätten wir genug Geld wär ich durchaus nen Fan von solchen teilweisen Rekonstruktionen der im Krieg zerstörten Städte, aber wenn man wie Berlin chronisch pleite ist, gibts glaub ich Wichtigeres und ob sowas mehrheitsfähig wäre, darf man wohl auch bezweifeln)
 
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Olome Keratin

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@Caesar: Bei Frankfurt musst du aber noch die hessischen Landesschulden anteilig draufrechnen, sonst hast du Äpfel mit Birnen verglichen. Wobei Frankfurt mit dem Flughafen und Börsenzentrum wohl eine der wenigen Städte Deutschlands ist, die sich mit Hamburg mit seinem Hafen einnahmetechnisch vergleichen kann. Insofern kann man besser wirtschaften als Hamburg, ja. Guckt man sich aber die zwei anderen Stadtstaaten Berlin und Bremen an, steht Hamburg super da.

@David:
Diesen Systemfehler könnte man aber abstellen,
Dann musst du auf EU-Ebene gehen, daher kommt diese Regelung nämlich. Viel Vergnügen.
 

Caesar

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Zum einen hilft deutlicher lesen:p "+ 6300 Euro pro Kopf hessische Schulden "

Trotzdem sehe ich nicht, dass man sagt "eine Stadt steht super da" nur weil sie weniger mies dasteht als Städte denen es wirklich wirklich schlecht geht...

"ich habe nur halb so viele Schulden wie Bundesland/Stadt XY, daher kann ich ja sicher noch ein paar mehr machen" scheint mir eine weit verbreitete Sichtweise die ich für grandios dämlich halte.
 

David

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Seh ich genauso, aber ist leider wirklich die normale Sichtweise, nichtmal die angebliche Schuldenbremse schreibt nen ausgeglichenen Haushalt vor, die neuen Schulden werden nur begrenzt. Seriöses Wirtschaften scheint in der Politik ein Fremdwort zu sein. Und wenn sich dann irgendwann kein Dummer mehr findet, der noch Kredit gibt, reibt man sich verwundert die Augen. :rolleyes:

@Olome:
Selbst wenn man diese Regel nicht so leicht ändern kann ist das keine Ausrede dafür, sich erst dahinter zu verstecken und dann ganz überrascht so zu tun, als hätte niemand mit einer Kostensteigerung rechnen können. Diese Unsicherheit die realen Kosten betreffend kann man im Parlament (bzw. Stadtrat oder wie das in HH heisst) und vor den Bürgern auch dann erwähnen, wenn man erstmal einen Vertrag mit einer bestimmten Summe unterschreiben muss. So dumm sind die Politiker dann auch nicht, dass sie das nicht vorher wissen.

Ich bin kein Verwaltungsrechtler, aber wenn es sein kann, dass man sich erst den Auftrag sichert, indem man einen völlig unrealistischen Dumpingpreis anbietet und dann nochmal dasselbe als ganz und gar unerwartete Zusatzkosten oben drauf zu packen, dann sagt mir zumindest der gesunde Menschenverstand, dass diese Regeln dringend überarbeitet werden müssen. (Ich weiß nicht wie verbreitet sowas über alle Bauprojekte ist, in den Medien bekommt man ja immer nur die Fälle mit, in denen es schiefgeht, leider sind das aber auch schon Einige)

PS.:
Ich hör grade, dass der Wehr- und Zivildienst jetzt offiziell auf 6 Monate verkürzt wurde, vielleicht ist das ja endlich der letzte Schritt vor deren endgültiger Abschaffung. :up:
 
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Olome Keratin

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@Caesar: :o Entschuldigung, ich hab tatsächlich zu schnell drüber gelesen. Ansonsten gilt halt: Kein deutscher Staat hat seine Schulden jemals zurückgezahlt. Das gilt wohl auch für die wenigsten Kommunen. Da muss man sich schon zweimal fragen, wer dann der Dumme ist. Eine allgemeine Schuldenannulierung rückt näher.

@David: Wer versteckt sich denn dahinter? Die Kosten für Baumaßnahmen verdoppel ich für mich im Geiste schonmal, das machen die meisten Haushälter wahrscheinlich auch. Außerdem ist das für die Ausgangsfrage grad egal.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Die Situation der kommunalen Politik ist einfach, das sie von der Gewerbesteuer abhängen. Und die ist ja wegen der Wirtschaftskrise zusammengebrochen.

Gleichzeitig hat die Politik seit einem Jahrzehnt immer und immer wieder neue Aufgaben an die Kommunen verteilt, ohne dafür zu sorgen, das die Kommunen dann auch Geld dafür haben. Ganz im Gegenteil sogar - z.B.: einer der ersten Glanztaten von rot-grün war es damals, der Gewerbesteuer erst einmal massiv den Hahn zuzudrehen, so das viele großen Unternehmen sogar erst einmal Steuerrückzahlungen bekamen anstatt irgendwas zu zahlen.

Hat nichts daran geändert, das unter rot-grün ein massives Sterben kleiner Betriebe einsetzte. Die logische Folge einer konsequent neoliberalen Politik, die eben den Binnenmarkt austrocknet.
 

David

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@Olome:
Was die Entscheidungsträger sich dabei denken, können natürlich nur sie selber wissen, aber das diese unsicheren Kosten auch in der Öffentlichkeit von Anfang an genannt werden wäre mir neu. Natürlich denken sich die Meisten mittlerweiler selber ihren Teil dazu, wenn von den Kosten für irgendein Projekt die Rede ist, aber vertrauensbildent wirkt sowas nicht gerade.

Ansonsten: Was war eigentlich nochmal die ursprüngliche Frage ? :D

Ob Projekte wie die Phliharmonie oder das Stadtschloss 'Sinn machen' ist natürlich Ansichtssache, weil der Sinn von Kultur oder einem besserem Stadtbild kaum messbar ist. (Ganz ähnlich wie bei der Grundlagenforschung) Ist am Ende Ansichtssache, mir persönlich stehen Forschung und das Stadtbild halt näher als (Eliten-)Kultur.

Bei Projekten wie Stuttgart 21, die messbare Ziele wie zB eine höhere Kapazität oder Fahrtzeitverkürzung oder schlicht Wirtschaftlichkeit versprechen schaut das aber schon anders aus, da kann man überprüfen, ob die Angaben der Befürworter Sinn machen. (Spätestens nachher, auch wenns dann zu spät ist)

Und natürlich kann man immer einen Blick auf die Haushaltslage werfen, mit sehr viel guten Willen kann man da bei der Elbphilharmonie vielleicht noch sagen, dass Hamburg noch etwas Spielraum für sowas hat, aber bei Stuttgart 21 trifft das def. nicht mehr zu, weil da Bahn und Bund mit im Boot sind, die wirklich andere Probleme haben.
 
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Ysrthgrathe

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@Olome
Und wegen Stuttgart21: Die große Mehrheit der Stuttgarter Bürger? Sagt das zufälligerweise die Oppostion?
Das sagen Umfragen, z.B. wiki: "Laut einer Umfrage von Infratest dimap am Rande der Kommunalwahl vom 7. Juni 2009 haben sich 39 % der Wähler in ihrer Wahlentscheidung durch das Bauprojekt beeinflussen lassen. 54 % der Wähler standen dem Projekt demnach ablehnend gegenüber, 38 % befürworteten es. Die Grünen führten ihr bislang bestes Wahlergebnis in der Landeshauptstadt maßgeblich auf ihre Ablehnung des Großprojektes zurück."

Einen Volksentscheid oder so etwas gabs ja glaub ich nicht.
Ein Volksentscheid wurde nicht erlaubt, da er das Projekt beendet hätte.
Wiki zum Volksentscheid:
"Am 14. November 2007 wurden im Rathaus 67.000 Unterschriften gegen das Projekt im Rathaus übergeben, notwendig waren 20.000.
Der Antrag auf Zulassung eines Bürgerentscheids über den „Ausstieg der Landeshauptstadt aus dem Projekt Stuttgart 21“ wurde abgelehnt, mit der Begründung, dass er rechtlich unzulässig sei; der Bürgerentscheid richte sich gegen Grundsatzbeschlüsse des Gemeinderats und sei verfristet; außerdem verfolge der Bürgerentscheid das gesetzeswidrige Ziel der Aufhebung der bereits vor Beantragung des Bürgerentscheids wirksam abgeschlossen Ergänzungsvereinbarung; zudem sei das Ziel der Aufhebung unzulässig, weil es eine dem Gemeinderat vorbehaltene finanzielle Grundsatzentscheidung betreffe."
So so, bei finanziellen Entscheidungen sind Bürgerentscheide also unzulässig.

Hast du in Deutschland schon mal erlebt, das Volksentscheide ein von den Politikern gewolltes Projekt gestoppt haben?
Volksentscheide sind irgendwie nie zulässig, wenn die Gefahr besteht, dass das Falsche herauskommt.

Und die Mehreit der Stuttgarter Bürger hat einen Gemeinderat gewählt, der das Projekt befürwortet. Von 2000-2010.
Aber sie haben diesen Gemeinderat nicht gewählt, weil sie Stuttgart 21 so toll finden.
In der Zeit gab es auch nur 2 Kommunalwahlen. Trotzdem hat es die CDU geschafft, von 38,2% auf 24,3% abzurutschen. Die Grünen, die Stuttgart 21 ablehnen, stiegen von 13% auf 25,3%. 39% der Wähler haben sich 2009 in ihrer Wahlentscheidung durch das Bauprojekt beeinflussen lassen. Das ist doch ein unglaublich hoher Wert, schließlich geht es nur um den Hauptbahnhof. Der kann dem Durschnittsstuttgarter doch praktisch egal sein.


Ich hab aber nach der Kompetenz desjenigen gefragt, der so etwas anhand eines konkreten Beispiels behauptet.
Komische Argumentationsebene. Du findest Großprojekte per se sinnvoll, da sie "ewig von den zuständigen Stellen geprüft und für gut befunden wurden".
Jetzt bringen dir viele Leute Beispiele für eher sinnlose Großprojekte.
Du fällst also ein Pauschalurteil ohne Belege, deine Diskussionspartner liefern Beispiele als Belege.
Trotzdem müssen die Leute mit den Belegen zuerst mal ihre Kompetenz beweisen, während du in luftiger Unbestimmtheit argumentieren darfst und außerdem auch noch die Beispiel der Reihe nach anzweifeln kannst?
 
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Toran

Schattenritter
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Zu den Hauptproblemen welche die Kosten bei öffentlichen Baumassnahmen in die Höhe treiben gehören unter anderem:
  • Langer Zeitraum zwischen Planung und Realisierung durch
    • Ausschreibungen
    • Einsprüche abgelehnter Baufirmen bis hin zu Prozessen
    • Beantragung bzw. Bewilligung von Fördermitteln
    • Änderungen wegen Fehlplanungen bzw. geänderter Anforderung
    • Gesetzliche Änderungen die Umbauten erfordern
    • Erwerb von Grundstücken
  • Schwer kalkulierbare Risiken
    • Bei einer Probebohrung für eine "Tiefenwärmeheizanlage" wurde in Wiesbaden eine "Wasserblase" angebohrt.
    • Bei einer weiteren Probebohrung wurde ein "Erdrutsch" verursacht, da man auf unbekannte Schächte stiess.
  • Kalkulierbare Risiken
    • Bauen in Gebieten mit Hohem Grundwasser
    • Absenken von Grundwasser

Wenn zwischen Planung und Ausführung ein langer Zeitraum liegt ändern sich sowohl die Personalkosten wie auch die Kosten für das Baumaterial. Als in Asien der Bauboom von "Wolkenkratzern" ausbrach gab es auf dem Weltmarkt auf einmal nicht genug Stahlträger, worauf die Preise für Stahl extrem stiegen.

Eine realistische Einschätzung der Materialkosten über einen Zeitraum von mehreren Jahren ist fast unmöglich.

Zudem kostet jede nachträgliche Änderung, wie das Vergrössern einer Tür für das Behinderten-Wc eine ganze Stange extra. Schliesslich müssen die Pläne geändert, die Wand angepasst und unter Umständen die Anschlüsse anders gesetzt werden. Da sind ganz schnell einige Gewerke beteiligt, welche sich über zusätliche Arbeit und damit mehr Geld freuen.

Zudem sollte man nicht vergessen, dass Städte und Kommunen mit die schlechteste Zahlungsmoral haben, jedenfalls wenn sie zur Kasse gebeten werden. Da wird jeder noch so fadenscheinige Alibigrund herangezogen um die vom Handwerker erbrachte Leistung kürzen zu können. Clevere Handwerker rechnen diese "Abzüge" natürlich in ihre Planung mit ein. Handwerker, welche durch ihre superknappe Kalkulation kaum Gewinn machen, gehen teilweise durch die miese Zahlungsmoral der Auftraggeber pleite. Dadurch entstehen unter anderem neue Kosten, es ist schon vorgekommen, dass Sanitärfirmen die Bäder/Toiletten wieder abmontiert haben, weil sie nicht wie vereinbart bezahlt wurden...
 
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Olome Keratin

Gleichgewichtiger
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@Y: Umfragen lehne ich als Argument ab, da sie grundsätzlich beeinflussbar sind, ihr Zustandekommen nicht offen gelegt werden muss und wenn man sie als Argument in einer Debatte akzeptiert, es auch Anreize zu ihrer Manipulation gibt.
In der Zeit gab es auch nur 2 Kommunalwahlen. Trotzdem hat es die CDU geschafft, von 38,2% auf 24,3% abzurutschen. Die Grünen, die Stuttgart 21 ablehnen, stiegen von 13% auf 25,3%.
Der Wahlerfolg der Grünen ist in Ba-Wü bei Kommunalwahlen nicht auf Stuttgart beschränkt. In einer ganzen Reihe von Städten sind die Grünen mittlerweile stärkste Kraft, so auch in Heidelberg, wenn man beide Grünen-Fraktionen zusammen zählt. Also dürfte das Stuttgarter Ergebnis zu einem Gutteil dem allgemeinen Trend geschuldet sein.

Hast du in Deutschland schon mal erlebt, das Volksentscheide ein von den Politikern gewolltes Projekt gestoppt haben?
Ja, in Hamburg gabs mal so ewas. Weil abe rnicht geregelt war, ob Volksentscheid oder Gemeinderat die größere Kompetenz haben und quasi konkurrierten, hat der Gemeinderat danach nochmal ein entgegengesetztes Gesetz gemacht und ist wiedergewählt worden.

Dass es in Stuttgart keinen Volksentscheid gab, ist bedauerlich. Für den politischen Frieden wäre es allemal besser gewesen, eine Abstimmung durchzuführen. Auch besser früher als 2007. Das muss aber nicht bdeuten, dass das Projekt bei einer Abstimmung automatisch durchgefallen wäre.

Komische Argumentationsebene. Du findest Großprojekte per se sinnvoll, da sie "ewig von den zuständigen Stellen geprüft und für gut befunden wurden".
Jetzt bringen dir viele Leute Beispiele für eher sinnlose Großprojekte.
Nein. Ich hab zuerst Folgendes gesehen: Es gibt große Bauprojekte, die natürlich wie alle derartigen Projekte einen sehr langen Planungsvorlauf haben und von vielen Entscheidungsträgern abgesegnet werden müssen. Einfach macht man sich solche Entscheidungen nach der Erfahrung, die ich bisher bei so etwas gesammelt habe, nicht. Nun kommen Leute, die von den Projekten nicht unmittelbar betroffen sind und daher wahrscheinlich nicht allzu gut informiert sind und behaupten einfach mal, das wäre alles Geldverschwendung.
Aus meiner Sicht steht hier eine Laieneinzelmeinung gegen die Expertenmeinung vieler. Da sehe ich den Laien in der Bringschuld, seine Position zuerst zu untemauern. Wenn er das tut, kann man drüber reden, ob seine Argumente sinnvoll sind.
 
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