Politik Thread 2. Edition

David

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Ich denke auch, das es nicht sein kann, das man in dem Augenblick auf der sicheren Seite ist, wo man den Pass in der Hand hat, auch wenn man ihn ohne Betrug nie bekommen hätte.

Bleibt halt die Frage, wie weit das in der Praxis geht, theoretisch könnte das schon missbraucht werden, wenn jeder kleine Rechtschreibfehler plötzlich als Betrug gewertet werden würde. Und was dann mit den Betrügern passiert, die erwischt werden, ist auch ne offene Frage. In den meisten Fällen dürfte es ja mehr Verzweiflung als kriminelle Energie sein, die sie dazu treibt.

Aber im Grundsatz finde ich es schon richtig, das man keinen Unterschied zwischen Betrügern macht, je nachdem, ob man den Betrug merkt, bevor oder nachdem die Staatsbürgerschaft anerkannt wurde.
Und um mehr als diesen Grundsatz gings in dem konkreten Urteil ja auch nicht.
 
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Gala

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Ein erhellender Kommentar zu dem Vorstoß der Wohlfahrtsverbände:

WOHLFAHRTSVERBÄNDE IM HARTZ IV-KÜRZUNGSWAHN<hr />Die Motivation der Städte und Gemeinden ist klar: Zunächst erfreut, dass Sozialhilfeempfänger seit Anfang 2005 überwiegend als erwerbsfähig gelten und damit das bundesfinanzierte Arbeitslosengeld II erhalten, drückt sie jetzt der massive Kostenanstieg für Unterkunft und pauschalierte Einmalleistungen, weil die Zahl der leistungsberechtigten Bedarfsgemeinschaften wesentlich größer ist als erwartet. Diesen Belastungen wollen sich die Kommunen entziehen und schlagen deshalb vor, die so genannten "Schonbeträge" der ALG II-Bezieher bei ihrem angesparten Vermögen abzusenken und insgesamt die Zahl der Anspruchsberechtigten zu senken.

[...] Einen Tag nach Bekanntwerden des Schreibens fordert der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, den Kreis der Hartz IV-Bezieher zu begrenzen: "Ich nehme die Hinweise dieser Wohlfahrtsverbände und der kommunalen Spitzenverbände sehr ernst ... Die Wohlfahrtverbände ... sind nah an der Lebenspraxis". Strucks Kollege von der CDU-Fraktion, Finanzminister Steinbrück, Sozialminister Müntefering, der neue SPD-Vorsitzende Kurt Beck, der hessische Ministerpräsident Roland Koch, Berlins Finanzsenator Sarrazin und viele andere stimmen - wie auf ein geheimes Kommando - sofort in den Chor ein.

Was veranlasste nun gerade die Chefs von AWO, Diakonie und Rotem Kreuz - gegen den Protest von Caritas und Paritätischem Wohlfahrtsverband -, die trojanischen Esel abzugeben bei diesem neuerlichen Angriff auf diejenigen, die ihnen am Herzen liegen sollten? Von den Kürzungen der "passiven Leistungen" profitieren doch nur die Kommunen und der Bund. Welches eigene Interesse haben die Wohlfahrtsverbände? Die Antwort ist banal: Den drei Verbandschefs ist ihr Hemd (die Wohlfahrt ihrer eigenen Organisationen) eben näher als der Rock (die Wohlfahrt der Arbeitslosen und Geringstverdiener). Sie befürchten nämlich, dass mit dem Anstieg der Bedarfsgemeinschaften weniger Geld für so genannte "Aktivierungsmaßnahmen" übrig bleibt, also vor allem für die Ein-Euro-Jobs, die ein lukratives Geschäft geworden sind.

[...]

Die Unterzeichner äußern weiter ihre "Besorgnis" über "die dauerhaft bestehende Möglichkeit zur Kombination von Erwerbseinkommen und passiven Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II mit anrechnungsfreien Hinzuverdienstgrenzen". Das heißt übersetzt, dass sie zum einen den Arbeitslosen noch nicht einmal gönnen, bei einer selbst gefundenen Arbeit wieder etwas mehr Geld zum Leben hinzuverdienen zu können. Zum anderen gehören zu der angesprochenen Fallgruppe auch diejenigen, die so wenig Erwerbseinkommen beziehen, dass sie nach den geltenden Gesetzen noch einen "ergänzenden" Anspruch auf Sozialleistungen haben. Die Anzahl dieser Menschen, die also de facto schon heute eine Art Kombi-Lohn beziehen, hat sich dramatisch erhöht. Arbeitslose sollen also noch ärmer werden und die Billigstlöhne sollen noch weiter fallen bis die "Stütze" greift.

Was bleibt, sind Fragen über Fragen. Warum äußern die Chefs der Wohlfahrtsverbände nicht ihre "Besorgnis" darüber, dass von Seiten der Arbeitgeber immer mehr Arbeit zu Löhnen angeboten wird, die nicht mehr das Existenzminimum gewährleisten? Ist es nicht so, dass nicht etwa die Niedrigstlöhner das Sozialsystem ausbeuten, sondern vielmehr die Arbeitgeber, die mit ihren Niedrigstlohnangeboten auf solche ergänzenden Sozialleistungen setzen? Warum lässt man zu, dass Fürsorgeleistungen gegen grassierendes Lohndumping ausgespielt werden? Warum erhebt man nicht Einspruch, wenn in demagogischer Absicht die Addition der Sozialleistungen an eine vierköpfige Arbeitslosen-Familie dem Niedriglohn von einzelnen Erwerbstätigen ohne Kinder gegenübergestellt wird? Warum protestieren die Chefs der Wohlfahrtsverbände nicht öffentlich gegen den Paradigmenwechsel, der sich von der Sicherung eines würdevollen Lebens verabschiedet und nur noch das nackte physische Existenzminimum anerkennt? Warum sagen sie nicht, dass der Wohlfahrtsstaat Schritt für Schritt zerstört wird? Kein Wunder, dass die Diakonie ihr Internet-Gästebuch nach diesem Brief vom Netz nehmen musste, weil die Proteststürme kein Ende nahmen.
<hr />

Eigentlich völlig unglaublich... aber man muß es wohl glauben, denn es ist die einzige einleuchtende Erklärung, die einem für diese Vorgänge überhaupt angeboten wird.
 

Tjen´Smeja

Botin des Todes
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Ist es nicht schön, wie manche sich gleich ein Bild machen, auch wenn sie fernab solcher Verbände sind? :rolleyes:

Ganz so einfach machen es sich Verbände nicht. Nurmal so am Rande.

Was ich hier täglich mitbekomme, sieht anders aus. Aber naja.. solange man sein Meinungsbild v.a. auf Presseberichte u.ä. stützt..
 
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David

Moderner Nomade
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Grade für die Kritik am Kombilohn gibts auch ne ganz andere Erklärung: Mittlerweile scheint sich die Wirtschaft ganz gut auf diese Option eingestellt zu haben, so nach dem Motto "Ist doch egal, was ICH zahle, der Staat füllt das ja eh auf".

Das führt auch zu so abstrußen Ergebnissen, das es beim Lohn kaum einen Unterschied machen kann, ob man Vollzeit- oder Halbzeit arbeitet, weil man auch bei 40h noch unter Hartz4 liegt.

Ich wäre da ehr für den Mindest- als den Kombilohn. Im letzten Absatz steht ja auch genau das: Die ARbeitgeber missbrauchen das System, und die Arbeitnehmer haben keine Chance, sich dagegen zu wehren, und müssen trotz Arbeit Geld vom Staat nehmen.
Würde man die Aufstockungsmöglichkeit streichen, würden diese Leute schlicht nicht mehr zu diesem Lohn arbeiten. Ob die dann alle arbeitslos werden, oder ob zumindest teilweise wieder vernünftige Löhne gezahlt werden, ist natürlich die große Frage. Da haben die Politiker Angst, die Zahl der offiziellen Arbeitslosen nochmal zu erhöhen, und zahlen wohl lieber.
 
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Gala

Labyrinth-Leichnam
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Interessant: Die Meinung eines schweizer Journalisten zum Verhalten deutscher Medien<hr />Vierzig Jahre lang betrieb ich meinen Beruf im Bemühen, als politischer Journalist dem Begriff Medium gerecht zu werden. Das heißt: vermittelndes Element zu sein, also Vermittler zu sein von Meinungen und Stimmungen und Nöten und Freuden. Auch betrieb ich mein Metier im Bewusstsein, nur eine Stimme zu sein unter vielen Stimmen. Schließlich war ich stolz darauf, dass mein Berufsstand mit all den eigensinnigen und eigenständigen Kolleginnen und Kollegen die Vermittlerrolle wahrnahm zwischen den verschiedenen Kräften der Gesellschaft, zwischen den verschiedenen Strömungen der Gesellschaft, vor allem zwischen den Bürgern unterschiedlichster kultureller und sozialer Herkunft.

Auch hier bin ich irritiert, sogar befremdet: Die deutschen Medien betrachten sich offenbar als eigenständige Macht, noch vor dem Volk bestimmend für die Politik, insbesondere für die Regierungspolitik. Da diese neu erwachte Medienmacht gegenwärtig ungehalten ist, überlegt sie sich, ob sie der gewählten Regierung ihre Gunst entziehen will oder nicht. (…)
<hr />Der Artikel gibt noch eine ganze Reihe anderer Einblicke, auch genereller Art, nicht auf die deutsche Medienwelt im Speziellen bezogen.

Ein äußerst lesenswerter Artikel. Entlarvend. Und erklärend - warum schreiben alle Journalisten heute von der Bildzeitung ab ? Weil sie sonst gar nichts mehr können.

Es stellt sich einmal mehr die Frage, wie man überhaupt noch an Informationen herankommen soll... ohne selbst anzufangen, zu recherchieren.
 

David

Moderner Nomade
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Und was heisst "recherchieren" für dich?
nachdenkenseite.de und Konsorten?
An Polemik stehen die Artikel oft genug der Bildzeitung nicht viel nach, sie sind nur nicht ganz so plumb und zielen in ne andere Richtung.

Was den Artikel angeht: Die Medien konkurrieren um Aufmerksamkeit, die privaten aus wirtschaftlicher Sicht, und die ÖR um ihre Existenzberechtigung nicht zu verspielen.
Natürlich gibts auch politische Tendenzen, aber unterm Strich gleicht sich das aus. "Die Medien" als Gesamtheit aller Medien spiegeln nur die Gesellschaft und die Politik wider, und haben keinen eigenen, gerichteten Willen, in dem Sinne "und heute machen wir alle zusammen die Regierung nieder". Das Angreifen der Regierung ergibt sich vielmehr daraus, das Kritik an der Regierung gut ankommt, wenn diese vermeindlich falsche Entscheidungen trifft. Diese Kritik ist ja eigentlich auch eine der Aufgaben der Medien.

Das Hauptproblem lässt sich mit "only bad news are good news" umschreiben: Um Aufmerksamkeit zu erringen, werden nur Probleme geschildert, mit dem Ergebnis, das gute Ideen schlechtgeredet werden und die Realität schlechter wahrgenommen wird als sie wirklich ist. Das sieht man schon daran, das bei Umfragen regelmäßig Ergebnisse rauskommen, die sich in etwa so zusammenfassen lassen: "Mir gehts ja eigentlich ganz gut (tut mir auch ehrlich leid :D ), aber generell ist die Situation ja wirklich mies".
Das trotz aller Probleme unser Land immer noch funktioniert und auch sehr reich ist, ist eben kein Aufmacher.

Auch das Abschreiben ist wirklich ein Problem, das hängt vor allem mit dem Tempo zusammen, am Ende läufts also wieder auf die wirtschaftlichen Interessen hinaus. Da kann man nicht für jeden Artikel in die Bibliothek gehen, da muss notfalls auch mal Wikipedia herhalten. Alles Andere wäre unbezahlbar im heutigen Wettbewerb.
Das Fehler passieren können, muss man immer im Hinterkopf haben, sogar in den seriösen Nachrichten fällts mir manchmal auf, was wohl heisst, das es mir noch viel öfter nicht auffällt.

Man hat nur kaum eine Alternative. Wenn man sich für ein Thema wirklich interessiert, kann man sich natürlich dazu mehrere Bücher durchlesen, und sich selber eine Meinung bilden. Aber das ist nicht schaffbar für alle Themen. Und grade wenn darum geht, zu berichten, was heute passiert, sind die Medien unverzichtbar. Die Einordnung dieser Geschehnisse sollte man aber zumindest teilweise selber hinbekommen, ohne sie sich von Kommentaren erklären zu lassen.

Eben die vielbeschworene "Medienkompetenz". Für mich heisst das, nicht sofort alles zu glauben, aber im Umkehrschluss auch nicht alles NICHT zu glauben, was die Medien einem präsentieren.
Und es ist gut, wenn man erkennt, was derjenige, der ertwas sagt, bezwecken will. Grade bei den wirtschaftlichen Diskussionen läufts immer wieder auf liberal kontra links hinaus. Oft lassen sich z.B. ganze Reden von Liberalen auf die Formel "der Markt wirds schon richten" zurückführen, womit man sich mit den einzelnen Argumenten eigentlich gar nicht mehr zu befassen braucht, sondern nur noch mit dieser Grundannahme. Das vereinfacht die ganze Sache ungemein. (Wobeis auch gleich wieder kompliziert wird, wenn man der Meinung ist, das es der markt mal regelt und mal nicht, also alle Seiten irgentwo recht haben :D )
 
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Ice

Technomage
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David: Wenn Deine (überigens nicht minder polemischen) ersten 3 Sätze nicht wären, könnte ich Dein Post glatt unterschreiben.

Ein gewaltiges Problem ist auch bei den "Konsumenten" der News: Es soll alles schnell gelesen, schnell kapiert (somit soll es einfach sein) und auch - so unterstelle ich mal - schnell wieder vergessen sein. Schnell schnell schnell und billig billig, nach der Qualität fragt niemand. Ist wie beim Essen... :(
Der Konsument ist generell auch zu faul, selbst wenn er mal den Unsinn, der in der Bild*** steht, als Solchen entlarvt, kriegt er nicht den Allerwertesten hoch und informiert sich (es gibt tritz alles fast news - Unkultur auch noch seriöse Quellen, siehe u.A. www.nzz.ch )sondern glaubt letzten Endes, dass a) "die da oben" das schon richten und b) er ja bekanntermassen und sowieso ja nichts an irgendwelchen Misstständen ändern kann.

*** Und lass bitte kein gutes Haar an der Bild, als regelmässiger Leser von www.bildblog.de weiss ich schliesslich ganz genau was ich alles verpasse... ;)


Gruss, Ice
 

David

Moderner Nomade
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Sorry, aber die ersten 3 Sätze konnte ich mir ob der Flut von copy+paste Beiträgen einfach nicht verkneifen. :D

Diese "kritischen" Seiten haben ja ihre Daseinsberechtigung, aber man sollte auch nicht alles glauben, was die schreiben. Oft genug sind das mehr Kommentare als wirkliche Nachrichten, siehe Formulierungen wie "(..) dass sie (..) den Arbeitslosen noch nicht einmal gönnen (..)".
Die Seiten wollen auch nur ihre Meinung verkaufen.

Ansonsten könnte man es aber wenigstens als Fortschritt ansehen, das man sich heute sehr schnell nen groben Überblick verschaffen kann, und sich so die Regierung für ihr Tun rechtfertigen muss. Das ist ja eigentlich Sinn und Zweck der Medien, nur artet das heute eben so aus, das man 2 Ebenen von Politik hat: Lustige Scharmützel für die Medien und echte Verhandlungen im Hinterzimmer. Damit sind dann nur noch die Ergebnisse, nicht aber der Weg zu ihnen, öffentlich.

Ist halt die Frage, was man will:
Medien, die stillhalten, und nur veröffentlichen, was der Staat ihnen gibt - dann haben wir eine Situation wie in den USA vor dem Irakkrieg.
Medien, die wie die Aasgeier jeden Skandal suchen, führen zwar dazu, das die Politik sich inszeniert, um den Medien Futter zu geben, während die echte Arbeit im Verborgenen stattfindet, aber andererseits kann sich kein Politiker einen noch so kleinen Skandal leisten (Stichwort Bonusmeilenaffaire), ohne gleich seine ganze Karriere zu gefährden.

Ich halte aggressive Medien für wichtig, allerdings hört das da auf, wos beleidigend wird, und das sehe ich bei der Bild schon manchmal gegeben.
Wenn in einer Zeitung einseitig berichtet wird, ist das zwar auch nicht schön, aber andererseits gleicht sich das unterm Strich wieder aus, weil andere Zeitungen in die andere Richtung einseitig sind.
 
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Gala

Labyrinth-Leichnam
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Krass

In den Niederlanden will sich eine Päderasten-Partei gründen.

Absurd.

Noch absurder ist aber, das laut dem Artikel etwa ein Viertel der Niederländer sogar qua Meinungsfreiheit dafür sind, diese Partei zuzulassen. Was hoffentlich nicht passiert.

Wie wäre es denn dann noch mit einer Steuerhinterziehungs-Partei oder mit einer Partei für freie Körperverletzung und Freiheitsberaubung ?
 

Ice

Technomage
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Gala: Gutheissen tu ich das nicht, aber ich steche mal ins Wespennest und sage: Eine krasse und absurde Gegenbewegung zur oft nicht minder absurden modernen Hexenjagd.


Gruss, Ice
 

David

Moderner Nomade
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Was verstehst du denn in dem Zusammenhang unter Hexenjagd? :confused:

Die Niederlande setzen wohl eher auf den Wähler, der so einen Unfug nicht wählt, als auf Verbote. Und so wies aussieht, erledigt sich das ja auch von selbst.

Klappt doch bei uns mit den rechtsradikalen Idioten auch ganz gut:
Man muss die Partei nicht unbedingt verbieten, solange sie sich regelmäßig selbst zerlegt, wenn sie mal über die 5% kommt.
Besser kann man ja gar nicht zeigen, daß diese Leute kein Programm haben. Wenn man sie verbietet, macht man sie noch zu Märtyrern, die sich als unterdrückte Minderheit hinstellen wollen.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Eure Argumentation klingt für meine Ohren extrem komisch. Ausnutzung der mangelnden Reife Minderjähriger ist nichts, was die Gesellschaft als Ganzes nennenswert tolerieren würde. Daher ist auch keine Abwehrstrategie wie bei Fremdenfeindlichkeit notwendig - die Patei gehört verboten, genauso wie eine Partei für freies Morden verboten gehört.


Eine witzige Erkenntnis: Intellektuelle sind eigentlich dumm. :D<hr />[...] Der Text von Friedrich August von Hayek - wichtigster Vordenker, wenn nicht sogar Erfinder des Neoliberalismus - bestärkt Herrn Müllers These, dass die ideologische Dominanz des Neoliberalismus bewusst und von langer Hand herbeigeführt wurde.

In seinem Text von 1949, "The intellectuals and Socialism" [PDF - 48 KB], analysiert Hayek die Macht der Intellektuellen, die er "Second hand dealers in ideas" nennt. Sind sie einmal von bestimmten Ideen überzeugt - ob richtig oder nicht - so glauben bald alle daran.

Er betrachtet dabei, warum so viele Intellektuelle zu seiner Zeit Sozialisten waren [...] und stellt die These auf: Intellektuelle sind nicht besonders intelligent oder begabt. Sie haben nur eine Fähigkeit - sie können sich ausdrücken und werden gehört. Weil sie aber nicht besonders praktisch veranlagt sind (Hayek sagt das genau so!), berauschen sie sich an großen Ideen und Zusammenhängen. Das hat der Sozialismus ihnen geliefert: eine fundierte Theorie und eine Utopie noch dazu.

Hayek folgert daraus: Will man wieder den wahren und schönen Liberalismus des 19. Jahrhunderts herbeiführen, darf man nicht pragmatisch argumentieren, sondern muss eine eigene Utopie erfinden. Das können aber nur die "original thinkers", zu denen er sich ohne Zweifel zählte. Wenn diese strategisch (z.B. in Think Tanks) ihre Lehre verbreiten und damit auch die Intellektuellen in Medien, Verbänden, Schulen etc. etc. erreichen, werden Politiker und das Volk es auch bald glauben und danach handeln.

[...]

Heute gilt neoliberale Politik genau als das, nämlich als "praktisch, sinnvoll und realistisch". Hayek hatte den Vorteil des langen Atems. Zwar blieb er Im Schatten des Keynesianismus bis in die 70er Jahre unbeachtet. Aber er arbeitete weiter, so lange, bis er Margaret Thatcher 1979 zu ihrem Wahlsieg gratulieren konnte. Sie verfasste noch in der Wahlnacht einen Dankesbrief an ihn - denn sie hatte den Tories (damals noch nicht einheitlich neoliberal) im Wahlkampf Hayeks Buch "Der Weg zur Knechtschaft" auf den Tisch gedonnert und dazu ausgerufen: "Das ist unser Programm".
<hr />Fies - aber in der Praxis erprobt. Zu unser aller Schaden. :(
 

Ice

Technomage
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David:
Mir kam einfach in den Sinn, wie weit man heute mit gewissen Reizwörtern ist, da braucht man nur z.B. "Kinderschänder" laut genung zu schreien und dabei auf jemanden zu zeigen. Dann ist der Angeschuldigte sehr oft in der Zwangslage, seine Unschuld beweisen zu müssen (!) und so oder so ist oft seine Berufskarriere vorbei. Mir kamen einfach auch all die Internet-Überwachungsmassnahmen in den Sinn, die mit Wortkeulen wie "KiPo" oder "Raubkopie" gerechtfertigt wurden und werden.

Gala:
Eine Partei verbieten? Schlechte Idee. Wenn sie etwas Illegales machen sind sie eh dran, da braucht man keine neuen doppelt-gemoppelt-Gesetze, sondern soll lieber mal die Bestehenden Rechtsmittel durchsetzen. Verbieten würde solchen Parteien nur den Reiz des Verbotenen geben, im Zusammenhang mit Jugendlichen ist DAS extrem problematisch.


Gruss, Ice
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Du bist also der Meinung, das ausgerechnet Jugendliche dafür sein könnten (mal abgesehen davon, das sie noch nicht wählen können) ?!? :confused:

Ich weiß ja nicht, wie dir es geht, aber mir fällt jetzt kein Jude ein, der gegen das Verbot einer antisemitischen Partei protestiert hätte.
 

Durandil

Dúnadan
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Parteien, deren Grundsätze gegen Grundgesetze verstoßen, werden doch auch hierzulande verboten, oder? Prinzipiell finde ich ja Ice' Argument, die Bewertung dem mündigen Bürger zu überlassen durchaus in Ordnung - in einer guten Demokratie sollte sich sowas von selbst regeln. Dummerweise bin ich da ja eher Skeptiker und zweifle die totale Mündigkeit aller Bürger an :D

Was aber noch gegen ein Verbot spricht, ist etwas, das in Deutschland auch bei rechten Vereinigungen praktiziert wird: solange es nicht zu extrem ist, lässt man so etwas bestehen, einfach weil man dadurch einen besseren Einblick in die Szene hat und diese nicht in den Untergrund drängt (wobei es in beiden Fällen natürlich schlecht ist, daß man nicht in der Lage ist, diese ganz aufzulösen).

Ich wär ja dafür die Partei erst zuzulassen und dann ein Gesetz zu erlassen, daß alle Mitglieder dieser Partei zwangskastriert... na ja, man wird ja noch träumen dürfen :D
 

David

Moderner Nomade
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Der Fall ist ja wirklich anders als bei den Rechten, so einen Schwachsinn unterstützen nur eine Hand voll Leute, die damit keine Chance haben, Wahlen zu gewinnen.
Und im Gegensatz zu den Rechten, die auch eigentlich Nicht-Rechte erreichen können über unbestimmte Ängste oder Versprechungen, kann diese "Kinderschänder-Partei" ihre Klientel nicht ausweiten.
Insofern greift da das demokratische System auch ohne Verbote.
(Und die Mitglieder der Partei tragen sich ja sozusagen selber in Verdächtigenlisten ein..)

Hier gehts auch nicht um üble Nachrede (@Ice), das mag auch ein Problem sein, z.B. beim Kampf um die Kinder nach der Scheidung, oder um die Liebe zwischen 17,5 und 30 Jährigen, sondern um das Legalisieren von Sex mit Kindern.
Das "freiwillig" ist dabei schon beleidigend, denn welches Kind kann sowas bitte verstehen?
Das ist eine Verharmlosung dieser schrecklichen Verbrechen.

Bei den Rechten ist das Problem halt, das ein Parteienverbot nur Wasser auf die Mühlen der rechten Propaganda ist (etwa so: "Sie reden von Meinungsfreiheit, aber uns, die einzig wahren Deutschen, verbieten sie!"). Es ist viel effektiver, die Parteien machen zu lassen, solange sie regelmäßig demonstrieren, das sie zu absolut gar nichts taugen und sich selber der größte Feind sind.
Wirklich bekämpfen kann man das braune Gedankengut nur an der Basis, in Schulen und auf der Strasse. Aber leider ist dafür ja nie Geld da. :(

@Gala:
Wer wirklich intellektuell an Sachen rangeht, bildet sich seine eigene Meinung, statt Theorien nachzublabbern. Allerdings finden diese Leute kaum Gehör, und in den Medien treten oft genug Leute als intellektuell auf, die es nicht sind, sich dafür aber gut in Szene setzen können.
Nen schöner Anzug, nen paar einstudierte Fachwörter, mehr brauchts doch nicht, um scheinbar professionell zu erscheinen. Zumindest für die breite Masse.
Dazu kommt, das die Politik einfache Floskeln braucht ("Liberal/Sozialistisch ist super"). Die Wahrheit ist aber immer kompliziert, weil sie in der Regel zwischen den beiden einfachen Lösungen liegt. Das können dir die Intellektuellen lang und breit erzählen, aber damit gewinnt man keine Wahlen.
Selbst wers wirklich verstanden hat, muss es für die Öffentlichkeit so vereinfachen, das er es selber wohl so nicht mehr unterschreiben würde, wie es rüberkommen kann. Und wirklich fies wirds, wenn Intellektuelle sich mehr darüm kümmern, wie sie persönlich an Einfluss kommen können, als darum, was wahr ist.
 
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Gala

Labyrinth-Leichnam
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Es ist offiziell

Ab heute darf in Deutschland verhungert werden !(?)<hr />Künftig können dem, der innerhalb eines Jahres dreimal ein Angebot verweigert, die Leistungen gestrichen werden - und zwar der Regelsatz von 345 Euro ebenso wie die Mietzuschüsse. Die Koalition eröffnet somit erstmals den Weg zum kompletten Leistungsentzug: Die 100-Prozent-Strafe für Arbeitsunwillige.

[...]

Dem widersprach die Grünen-Arbeitsmarktpolitikerin Brigitte Pothmer. Das Problem der Arbeitsvermittler sei nicht der Sanktionskatalog, sondern eher die Frage, was ein Arbeitsloser davon hat, in Maßnahmen gesteckt zu werden, wenn es im Anschluss kein Jobangebot gebe. Die "Residenzpflicht" sei "absurd", weil doch der Bundesrechnungshof gerade festgestellt habe, dass es die Kommunen und die Arbeitsagenturen seien, die in der Kommunikation mit den Arbeitslosen vesagten. Ebenso wie die 100-Prozent-Kürzung sei die Residenzpflicht eine "hysterische Reaktion auf eine Debatte, de sich völlig von den empirischen Erkenntnissen gelöst hat", sagte Pothmer zur taz.

Die Linksfraktion erinnerte daran, dass schon bei der Debatte um die aktuellen Sanktionsmöglichkeiten die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit eines kompletten Leistungsentzugs unbeantwortet blieb. Der Fraktionsvize Klaus Ernst erklärte: "Nach dem Motto ,Wer nicht arbeitet, soll weder essen noch wohnen' entzieht die Koalition dem Bürger die verfassungsgemäße Garantie einer menschenwürdigen Grundsicherung, anstatt sie ihm zu gewähren. Das ist in einer Situation, da sieben Millionen Arbeitsplätze fehlen, eine Kriegserklärung gegen den sozialen Frieden im Land."
<hr /> Vor allem ist es eine Quelle der Verwirrung, zumindest meinerseits. Mir völlig schleierhaft, das Ganze... die "Bestraften" wechseln dann doch einfach auf die Sozialhilfe, oder ? Wo ist da die Strafe ? Wo ist der Sinn des Gesetzes ? Und: Jemanden verhungern zu lassen, ist schließlich gegen die Menschenrechte, oder bin ich da fehlinformiert ?!?!?!?!?
 

Caswallon

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David hat dich oben angesprochen. Es wäre vielleicht nett, wenn du an einer Diskussion, die du anstößt, auch teilnimmst, und nicht gleich den nächsten Artikelauszug postest.
Wenn du nicht drüber diskutieren willst, brauchst du die Artikel auch nicht unbedingt reinzustellen...

Cas
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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@Cas: Wenn du also der Meinung bist, das seine Antwort eine Gegenantwort verlangt, dann tu dir auch keinen Zwang an. Ich aber habe keine Einwände oder Kommentare zu dem, was David gesagt hat.
 

Durandil

Dúnadan
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@Gala: wenn Du also nur Deine (ntv-)Meinung kundtun willst und diese Links gar nicht postet, um sie zu diskutieren - wäre ein persönliches Blog für Deine Links dann nicht angebrachter als ein Diskussionsforum?
 
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