[Schreibwettbewerb - Runde III - forfeit] Gala

Enigma

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Jagd

Eigentlich ist dies ein friedlicher Frühlingsmorgen, dachte Krolakk der Angstmacher. Er zog die Luft tief durch die Nase. Es roch nach vom Tau feuchten Bäumen, Gräsern und Erde. In der Nähe des Waldweges, dem er folgte, war ein Specht zu hören. Mit etwas Konzentration konnte er weiter entfernt Vogelgezwitscher ausmachen.

Doch alle diese Geräusche wurden übertönt von einer Lärmquelle zu seiner Linken. Ein selbst für seine Rasse auffällig kleiner und magerer Halbling namens Tomdril lief, sprang, turnte dort unten unermüdlich in einem knallbunten, mit bimmelnden Schellen versehenden Narrenkostüm herum. Dabei lachte, erzählte und sang der sommersprossige Kleine geradezu pausenlos. Manchmal, nein, eigentlich ziemlich oft spielte er auch seine burgunderrote Laute. Oder er brachte es beim Laufen fertig, sich in Pose zu werfen, und begann, Gedichte zu rezitierten. Kurz, es war ein ständiges Unterhaltungsprogramm, meistens sehr angenehm, aber leider ohne jede Möglichkeit, es auch einfach einmal abstellen zu können.

Am liebsten aber schien er Krolakk mit Fragen zu löchern. Und egal wie oft sie das Thema schon behandelt hatten – am allerliebsten sprach der Halbling über den Drachen, den sie suchten. Besonders hartnäckig wurden dabei genau die Fragen wiederholt, auf die Krolakk einfach keine befriedigend sichere Antwort wußte.

So auch jetzt wieder: „Meinst du, der Drache wird Feuer spucken ? Ich will ihn so gerne Feuer spucken sehen ! Meinst du, er wird ? Krolakk ? Meinst du ?“

Krolakk blickte umständlich an den Muskelbergen seiner linken Schulter, die den Halbling, wenn dieser direkt neben ihm lief, verdeckten, vorbei. Er seufzte, dann antwortete er geduldig zum sicher hundertsten Mal auf diese Frage: „Wie schon gesagt habe - vermutlich ja ! Es scheint ein roter zu sein, und die spucken Feuer. Goldene auch.“

„Oooh wunderbar ! Davon werde ich noch meinen Enkeln erzählen können !“

„Übrigens, wenn ihr wirklich Kinder und Enkel haben wollt, solltet ihr euch das mit dem Drachen vielleicht noch einmal überlegen !“

„Was nutzen mir denn Enkel, wenn ich ihnen nicht von einem richtigen Drachen erzählen kann ?“, fragte Tomdril zurück: „Sie würden mich langweilig finden und bald vergessen haben, das ich existiere !“

„Manche Leute ...“, fing Krolakk an, fuhr dann aber lieber direkter fort: „Ich will ja nicht unfreundlich sein, aber es ist mir ein Rätsel, warum ihr Halblinge nicht längst ausgestorben seid, mit dieser halsbrecherischen Einstellung, mit der ihr durchs Leben geht !“

„Die Götter lieben uns !“, strahlte Tomdril: „Und wer würde die Welt erforschen, wenn nicht wir Halblinge es täten ? So viele Fragen, die ihr Großen euch nie stellt. Besonders ihr Orks nicht !“
„Ein Drache ist gefährlich, Mann. Halt bloß Abstand, wenn wir einem begegnen – und bete, das es ein kleiner ist, der noch nicht fliegen und zaubern kann. Gegen einen großen hat man gar keine Chance, die fliegen einem doch notfalls einfach davon, wenn man nicht gerade ihren Hort gefunden hat.“

Anstatt irgend ein Anzeichen von sich zu geben, daß ihn diese Warnung beeindruckt hätte, fing Tomdril übergangslos an, drei Purzelbäume hintereinander zu schlagen, um dann unbekümmert zu fragen: „Was meint ihr, wie groß wird der Drache sein ? Ich hoffe, sehr groß !“

„Ich hab doch eben gesagt ...“, begann Krolakk, überlegte es sich dann aber anders. Irgendwie schien es eine sichere Methode zu sein, einem Halbling davon abzuhalten, das er einem wirklich zuhörte, das man ihm eine Warnungen gab. „Sicher sehr groß, vielleicht der größte der Welt !“, fuhr Krolakk deshalb stattdessen fort: „Ihr müßt ein wenig Abstand halten, sobald ihr merkt, das er nahe ist, sonst könnt ihr ihn vielleicht gar nicht im Ganzen sehen ! … und vor allem nicht den Feueratem in ganzer Länge !“, folgte er noch einer Eingebung.

„Ooooh !“ Für einen Augenblick blieb Tomdril stehen und machte seine typischen große Kinderaugen. „Wie groß ist denn der Feueratem ?“

„Weiß ich nicht, deshalb sollt ihr ja auch Abstand halten und es mir nachher erzählen !“ Krolakk grinste und kam sich sehr schlau vor.

„Whow !“ Tomdril schien wirklich beeindruckt. Vielleicht würde er tatsächlich Abstand halten. Zumindest sagte er für fünf Sekunden gar nichts mehr.

Dann fing er ein Menschenlied zu singen an, das Krolakk mochte. An den Drachen konnte man sich sowieso nicht anschleichen, und es gab keine Banditen in der Gegend, also fiel Krolakk sorglos mit ein, auch wenn seine Gesangskünste sich nicht mit denen des Halblings messen konnten.

Eine Weile später hörte Krolakk das vertraute Bimmeln jetzt mit deutlichem Abstand hinter sich. Tomdril war gerade mit besonders komplizierten Turnübungen beschäftigt, die ihn verlangsamten. Wenn der Halbling fertig war, würde er wieder aufholen, und auf dem Waldweg konnte man sich eh nicht verfehlen. Deshalb ging Krolakk mit unverminderter Geschwindigkeit weiter, obwohl der Halbling dadurch immer mehr zurückblieb.

Er kam an eine scharfe Kurve des Weges und folgte ihr. Zwei Gestalten standen in kurzer Entfernung auf einer Kreuzung.

„Achtung ! Orks !“, schrie die eine Gestalt, eine in dunkellila Robe verhüllter Figur, und zog ihr Schwert, das mit dem hellen klaren Glanz einer heiligen Klinge aufblitzte.

„Bei Clangeddins Äxten !“, fluchte die andere Gestalt, eine Zwergin in schwerer bunter Plattenrüstung, die hastig die Streitaxt aus dem Gürtel und das Schild vom Rücken holte: „Eure letzte Stunde hat geschlagen, räudige Brut !“, brüllte sie und rannte axtschwingend auf Krolakk zu, der erschrocken nach seinen Waffen griff und eine defensive Haltung einnahm.

„Halt ! Halt ! Mein Schwert nimmt nichts Bösartiges war ! Das ist ein harmloser Wanderer !“, schrie da der Verhüllte der Zwergin hinterdrein, mit seinem Schwert winkend.

Die Zwergin bremste scharf, kam aber wegen ihrem Schwung erst fast direkt vor Krolakk zum Stehen. „Oh. Äh ...“, gab sie stammelnd von sich, verbeugte sich dann und verstaute ihre Waffe wieder im Gürtel: „Zu peinlich. Entschuldigt, ich hatte euch für einen Banditen gehalten.“ Sie verbeugte sich erneut: „Herta Bierfaß, Kriegspriesterin des Clangeddin Silberbart, zu euren Diensten !“

„Krolakk der Angstmacher, Waldläufer, ebenfalls zu euren Diensten !“, verneigte sich Krolakk nun desgleichen. Der Schreck war ihm in die Glieder gefahren. Umständlich verstaute er seine Waffen wieder im Gürtel: „Und möge euer Geist so flink sein, wie es euer Kampfgeist ist !“

Etwas steif schritt der Verhüllte mit dem heiligen Schwert, welches er inzwischen natürlich wieder weggesteckt hatte, heran: „Guten Tag, mein Name ist Isillilta Sidhmacil. Ich bin ein elfischer Zauberer. Entschuldigt meine Panik. Ihr seid so ganz plötzlich wie aus dem Nichts aufgetaucht und Orks, die einen nicht fressen wollen, sind doch leider eher selten !“

Krolakk nickte. Er war solche Vorurteile gewohnt – und normalerweise entschuldigten sich die Leute nicht einmal dafür.

Hinter sich hörte er nun auch das vertraute Bimmeln und die leise tapsenden Schritte des heraneilenden Halblings. „Hallo ! Und ich bin Tomdril Honigkuchen, der berühmte Straßenkünstler ! Okay, vielleicht noch nicht berühmt, aber sehr wohl Künstler ! Auf der Straße ! Und whow ! Du hast aber eine wirklich schöne Rüstung, Frau Zwergin ! Darf ich euch beiden Neuankömmlingen vielleicht ein Beispiel meiner Künste vortragen ?“ Ohne auf eine Antwort zu warten, holte er seine Laute schon vom Rücken und begann mit seiner schönen Kinderstimme eine Zwergenballade zu singen.

„Weshalb seid ihr hier in der Gegend ?“, übertönte Krolakk das Unterhaltungsprogramm: „Dank dem Drachen ist dieser Landstrich doch völlig ausgestorben !“

„Gerade wegen dem Drachen sind wir ja hier.“, erklärte Herta.

„Ihr auch ?“, fragte Krolakk: „Ich jage ihn schon seit Wochen. Es gibt zwar keine Belohnung – jeder, der je eine ausgeschrieben hat, ist inzwischen tot – aber das Viech muß einen schönen Schatz angesammelt haben, nachdem er allein in diesem Gebiet im vergangenem Jahr gleich zwei Burgen ausgeraubt und abgebrannt und sicher über zwei Dutzend Dörfer dem Erdboden gleichgemacht hat !“

Isillilta begann: „Herta will ihn wegen der Ehre töten ...“

„Oh, der Drachenschatz interessiert mich natürlich auch !“, unterbrach und korrigierte die Priesterin den Elfen.

Krollak lächelte: „Es gibt wahrscheinlich mehr als genug für alle.“

Der Magier fuhr fort: „Und ich selbst nehme an, der Drache hat sich in eben jener antiken elfischen Ruine versteckt, die ich hier in der Gegend vermute und schon seit vielen Jahren suche. Was treibt übrigens den Halbling an ? Mit dem Drachen kann er nicht kämpfen wollen - ich sehe nicht einmal Waffen an ihm.“

Krolakk lächelte: „Der will einfach nur unbedingt den Drachen sehen.“

„Scheint so, als ob wir alle dasselbe Ziel haben.“, meinte der Elf: „Dann laßt uns doch die Kräfte vereinigen !“

Krolakk streckte die Hand vor, und Zwerg und Elf schlugen ein. Tomdril konzentrierte sich ganz auf seine Ballade und hatte nichts vom Gespräch mitbekommen, aber es war ja davon auszugehen, das er auf jeden Fall mitkommen würde.

„Ok.“, sagte der Elf: „Ich habe schon eine Vermutung, wo besagte Ruine und vermutlich auch der Drachenhort sein könnte.“

Krolakk fiel ein: „Da bin ich ganz Ohr. Ich durchsuche wie gesagt seit Wochen diese Gegend und habe immer noch nicht die leiseste Idee, wo der Drache sich verstecken könnte !“

Isillilta nickte: „Dieser Ort, wenn er wirklich existiert, ist von alter elfischer Magie geschützt, wie sie auch etwa die Ländereien der Sonnenelfen umgibt. Verzauberungen und Illusionen, die jeden abzuhalten versuchen, der nicht eingeladen wurde. Wer keine Idee hat, das sie da sind, kann wohl sein Leben lang direkt daneben wohnen, ohne jemals irgend etwas zu bemerken. Es wird sehr schwer sein, diese Barriere zu überwinden.“


Gefährten

Die Zwergenballade war sehr lang und beschäftigte Tomdril wohl anderthalb Stunden lang. Krolakk war beeindruckt, das Tomdril all den Text und alle Noten auswendig konnte. Bisher hatte der kleine Barde immer nur recht kurze Stücke vorgetragen, wenn auch sehr viele verschiedene.

Während sie der Ballade zuhörten, bewegten sie sich relativ langsam auf dem Weg voran, den Isillilta ihnen gezeigt hatte. Krolakk hatte dabei unter anderem auch ausgiebig Zeit, die neuen Begleiter zu betrachten und sich mit ihnen zu unterhalten.

Isillilta schien sich in seiner Nähe nicht ganz wohl zu fühlen. Wahrscheinlich weil ich Ork bin, dachte Krolakk sich. An dem Magier war eigentlich nicht viel zu sehen. Für einen Elf war er ungewöhnlich groß. Ansonsten: lila Umhang, Schwert mit ungewöhnlich langem Griff, das sich dadurch auch mit zwei Händen greifen ließ, und das Gesicht verdeckt von der heruntergezogenen Kaputze und einer schwarzen Gesichtsmaske.

Aber an der linken Hand Isilliltas bemerkte Krolakk eine Aussparung an dem Lederhandschuh, der Ring- und kleinen Finger offen lies. Beide waren leichenähnlich blaßgrau und voller Narben und eitriger Wunden. Krolakk vermutete, das diese Krankheit den ganzen Magier zerfressen haben mußte, weshalb er wohl auch eine Gesichtsmaske trug. Genau das behauptete der Elf dann auch im Gespräch. Krolakk bemerkte auch einen Ring mit einem Spinnenmotiv an dem freigelegten Ringfinger.

Herta war trotz des für Zwerge typischen Mangels an körperlicher Größe eine imposante Erscheinung, denn sie trug eine vielfach verzierte Rüstung von offensichtlich sehr hoher Qualität. Das Metall selbst sah im Prinzip aus wie gelbe Bronze. Herta versicherte ihm, das es etwas Anderes wäre, konnte es aber nicht benennen. Es war gewellt, so das scharfe Kanten entstanden. Herta erklärte, das dadurch Waffentreffer fast nie den optimalen Einfallswinkel erreichen konnten. Außerdem sah es wirklich schön aus.

Zudem waren verschiedene rot, grün und blau gefärbte Zwegenrunen in das Material eingearbeitet. Herta bestätigte Krolakks Vermutung, das sie magisch waren; sie sagte, sie schützten sie vor Feuer, Eis und Säure. „Jedes davon ein bisschen, und gemeinsam dann sehr viel !“

Auf der Mitte der Brust bemerkte Krolakk ein Wappen – zwei miteinander überkreuzte Streitäxte. Der Metallschild der Priesterin sah ganz genauso wie die Rüstung aus, einschließlich demselben Wappen in der Mitte. Auf Nachfrage informierte ihn die Klerikerin, das es sich um das Symbol ihres Gottes handelte.

Als Tomdril endlich mit seiner Ballade fertig war, forderte er von Krolakk seinen Rucksack zurück. Diesen hatte Krolakk mitgeschleppt, damit der Halbling besser mithalten konnte. Da Krolakk in etwa das Zwanzigfache des Halblings auf die Waage brachte, und das Gewicht ihrer Zuladung sich in vergleichbarer Dimension unterschied, hatte er das zusätzliche Gewicht des Halblingrucksacks gar nicht bemerkt.

Zu seinem Erstaunen nahm der Halbling nun die Schellen von seinem knallbunten Narrenkostüm ab. „Man muß ja die Monster nicht warnen, das man kommt.“, sagte der Kleine, als er Krolakks Blick bemerkte. Außerdem holte er einen Gürtel mit zwei Dolchen und mehreren kleinen Werkzeugtaschen daran aus dem Ranzen. Unbewaffnet war er also eigentlich doch nicht.


Suche

Es war schon Mittag, als sie endlich eine Lichtung erreichten.

Isillilta merkte an: „Dies ist einer der Punkte, an denen ich ziemlich sicher bin, das hier ein Übergang sein müßte.“

Krolakk nickte: „Dann laßt uns suchen. Wonach soll man Ausschau halten ?“

Der Elf seufzte tief: „Nun, nach irgend etwas, das nicht so real ist, wie es sein müßte, nach einem Flimmern, das man sich nicht erklären kann, nach einem Geräusch, das kaum hörbar ist, aber nicht zum Ort paßt, … Auf dieser Lichtung ist irgendwo ein Tor zu der Elfenruine, und es ist verborgen hinter einer Illusion. Einer sehr, sehr starken Illusion. Man muß schon ganz genau hinsehen, damit man sie von der Realität unterscheiden kann.“

„Okay. Hmm.“ Krolakk schaute sich um. Alles sah ganz natürlich aus. „Woraus schließt ihr, das es genau hier sein soll ?“

Unter des Magiers herunterhängender Kapuze leuchtete es bläulich auf. „Magie. Ganz, ganz schwach nur, versteckt, kaum wahrzunehmen, aber …“, er machte eine vage Geste mit der Hand: „... real und anders als normale Magie. Älter. Mächtiger. Ruhig und gewaltig wie ein Gebirge. Und definitiv elfisch, aber gleichzeitig doch sehr fremdartig. Ich kanns nicht wirklich beschreiben, aber genau so fühlt sich die magische Barriere zu den Ländern der Sonnenelfen auch an.“

„Irgend eine Idee, wo genau diese Illusion beginnt ?“

„Leider nein, sie steckt hier überall. Verzauberungen, die einen ablenken und in die falsche Richtung lenken. Illusionen, die verbergen. Und andere Formen von Magie, die ebenfalls verhindern soll, das man die Grenze findet, erkennt, und überschreitet.“

„Hmm.“ machte Krolakk nur. Das klang alles sehr mysteriös. Nun gut.

Er fing einfach mal an einem Ende des Waldrandes an. Mit höchstmöglicher Konzentration starrte und lauschte und fühlte er, während er sich langsam daran entlang arbeitete. Alles sah absolut normal und definitiv völlig echt aus.

Nach zwei Stunden erfolglosem Suchen, nachdem er schon zweimal die ganze Strecke durchhatte, fragte Krolakk noch einmal wie zur Sicherheit nach: „Und ihr sagt, das es hier sein muß ?“ Er hätte inzwischen seine Großmutter verwetten können, das dies hier nichts war als eine ganz gewöhnliche Wiese mitten im Wald. Diese ganze Geschichte gefiel ihm überhaupt nicht.

„Doch, hier müßte eigentlich ein Übergang sein. Es ist wirklich nicht einfach, ich beiße mir daran schließlich schon seit Jahren die Zähne aus.“, meinte Isillilta: „Vielleicht ist diese Stelle einfach nur zu gut geschützt. Ich kenne noch ein paar anderen Stellen, die ebenfalls wie ein Übergang aussehen. Laßt es uns aber erst noch ein paar Stunden hier versuchen. Die anderen Stellen sind mit Sicherheit kaum leichter zu durchschauen. Vielleicht solltet ihr auch versuchen, eure Nase zu benutzen, ihr Orks sollt ja hervorragend riechen können. Das sollte zusätzlich helfen.“, meinte der Elf.

„Ich bin nur halber Ork, aber ich kanns versuchen.“

Krolakk schaute einen Augenblick lang zu der Zwergin und dem Halbling hinüber. Er hatte Herta gebeten, Tomdril beschäftigt zu halten, damit er mehr Ruhe haben konnte. So saßen die beiden jetzt im großen Abstand zu ihnen an der Straße und sprachen miteinander. Er war sich sicher, das die Zwergin nun genauso mit Fragen gelöchert wurde wie er selbst zuvor. Krolakk mußte unwillkürlich schmunzeln und bedauerte Herta ein wenig.

Als er sich wieder dem Baum zuwendete, den er aktuell untersuchte, geschah es. Er war immer noch ein wenig abgelenkt, schnupperte aber wie gerade befohlen nach dem Geruch, irgendwas kam ihm ins Auge, er mußte kurz blinzeln … und einen Hauch einer Sekunde lang erschien im der Baum plötzlich unwirklich, ganz so, als wäre er nur ein Spiegelbild, als sei er nicht so wirklich, wie er vorgab zu sein.

„Ich glaub ich hab was !“

Vorsichtig klopfte er gegen das Holz. Massiv. Er roch. Einfach nur ein trockener Baum. Er schmeckte … einfach nur Baumrinde. Er lehnte sich massiv dagegen … nichts, der Baum blieb absolut real. Krolakk kratzte sich am Kopf, dann schüttelte er denselben: „Ich hätte schwören können ...“. Seine Gedanken begannen zu wandern, sich seltsam zu verknoten, er wandte sich um …

„Halt ! Stopp ! Nicht ablenken lassen !“, rief Isillilta aus.

„Äh, wie ?“

„Gerade habt ihr etwas an dem Baum gefunden !“, erklärte ihm Isillilta.

Krolakk war erstaunt. „Unsinn, ich habe gerade nur gedacht, wie sinnlos das alles ist. Hier ist wirklich ni...“

Isillilta unterbrach energisch: „Nein, nein, widersteht der Magie ! Ihr habt gerade festgestellt, das ihr etwas habt. Konzentriert euch ! Laßt euch nicht abwehren ! Was habt ihr gesehen ?“

Krolakk hätte schwören können, das da nichts war. Oder ? Er strengte sich an. Ja, irgendetwas … es entglitt ihm wie ein Traumbild. Völlig verschwommen … Mit großer Mühe gelang es ihm doch noch, sich vage zu erinnern. Er wußte nicht mehr genau, was er gesehen hatte, aber er wußte, das er etwas gesehen hatte.

„Benutzt noch einmal eure Nase beim Suchen. Das hat geholfen.“, schlug Isillilta vor.

Gehorsam schnupperte Krolakk, aber es tat sich nichts. Der Baum roch einfach nur nach Baum. Er schüttelte den Kopf, dann legte er ihn schief. Etwas war passiert, aber was genau ?

Isillilta klang aufgeregt: „Hier muß die Stelle sein. Vielleicht habe ich selbst schon oft etwas an diesem Baum bemerkt, aber da ich es nur allein versucht habe, konnte die Magie meine Erinnerungen löschen, ohne das ich es bemerkte.“

Sie riefen die anderen beiden herbei. Bald standen sie zu viert um den Baum herum und schienen ihn durch reine Blicke aus der Existenz bannen zu wollen. Doch solange sie ihn auch untersuchten, er blieb nach ihrem besten Vermögen so real wie ein Baum nur sein kann.

„Warum können wir ihn nicht einfach umhauen ?“ fragte Tomdril: „Herta hat eine Axt !“

Herta war empört: „Ich benutze meine geweihte Streitaxt nicht dazu, um Bäume zu fällen !“

Isillilta wehrte ab: „Den Baum zu fällen bringt gar nichts, damit verschließen wir nur diesen Zugang.“

Krolakk warf einen Ast gegen den Baum: „Dieser Ast müßte doch eigentlich durch den Baum durchfliegen, wenn er nur eine Illusion wäre.“

Isillilta nickte: „Wenn er eine normale Illusion wäre. Aber er ist Teil einer mächtigen Magie, die aus viel mehr besteht als nur aus Illusionen. In Wirklichkeit habt ihr, ohne es zu wissen, gerade den Ast genau dort auf den Boden geworfen, wo er jetzt liegt. Ihr glaubtet nur, das ihr den Ast gegen den Baum geworfen habt. Wenn jemand den Ast werfen würde, der die Illusion durchschaut hätte, würde der Ast tatsächlich durch den Baum hindurch fliegen, denn er ist eben wirklich nicht da, auch wenn unsere Sinne uns etwas Anderes sagen.“

„Wenn man also ...“, meinte Tomdril, trat einen Schritt vor, stolperte über seine eigenen Füße, brachte einen Schreckensschrei hervor, fiel gegen den Baum – und war verschwunden.

„... völlig unabsichtlich gegen den Baum fällt, fällt man hindurch.“, vollendete Isillilta fröhlich den Satz.

Der Elf stellte sich zwischen Krolakk und Herta, berührte beide bei den Schultern, sprach ein magisches Wort, der Wald verschwand, und tauchte wieder auf, aber diesmal standen sie einen Meter von dem Halbling, der vor einem großen Gebäude eleganter, aber fremdartiger Bauweise lag.

„Tada !“, rief Isillilta und machte einen Freudensprung.


Ziel

Nach längerem Irren durch den relativ weitläufigen, aber leeren Komplex fanden sie auf dem zentralen Innenhof einen großen runden Schacht, an dessen Rand eine Wendeltreppe hinabführte. Krolakk versuchte, auf den Boden des Schachtes zu sehen. Das gelang ihm nicht. Entweder der Schacht war sehr, sehr tief, oder die Sicht war künstlich verwehrt. Da sie sonst nichts gefunden hatten, war dies wohl der Zugang zum Drachenhort.

Langsam stiegen sie die Treppe hinab. Irgendwann endete sie plötzlich im Nichts. Jemand hatte sie anscheinend absichtlich abgebrochen. Sie gingen ein wenig rückwärts und fanden eine Geheimtür. Krolakk brach sie mit Gewalt auf. Vorsichtig drangen sie in den marmorierten Gang ein.

Sie gelangten in ein recht kleines, mit Marmor ausgekleidetes Zimmer, in dem ein großer Tisch aufgestellt war. Vier Gegenstände lagen darauf: ein großes Schwert mit einem Klingenblatt wie eine Säge, ein kleines Buch, ein Holzstab, und ein Amulet.

Ehe irgendwer etwas sagen konnte, hatte Tomdril sich schon auf das Buch gestürzt, schlug es auf und fing an, es zu lesen.

„Vorsicht !“, rief Isillilta schon viel zu spät: „Vielleicht sind diese Gegenstände verflucht !“

Tomdril zeigte keine Reaktionen. Krolakk schaute auf das Buch … und sah nur leere Seiten.

Trotzdem sah der Halbling aus, als wäre er völlig gefesselt.

Krolakk fragte: „Was liest du da ?“

Keine Antwort.

„Es scheint als hätte der Barde sich etwas eingefangen.“, meinte Herta und begann, eine Magie zu wirken.

Keine Reaktion, Tomdril las weiter.

„Das sieht … gar nicht gut aus.“, sagte Isillilta unglücklich, und wirkte ebenfalls eine Magie.

Immer noch keine Reaktion.

„Das scheint eine sehr mächtige Magie zu sein.“, bemerkte Isillilta: „Einfache Wege, sie zu brechen, haben keinen Effekt ! Und für stärkere Zauber fehlt uns jetzt eigentlich die Zeit.“

Krolakk hob Tomdril hoch, um ihn zu tragen, und meinte betrübt: „Wir lassen diese anderen Gegenstände lieber liegen. Mir scheint, sie liegen extra da, als Falle für Eindringlinge.“

Die anderen beiden nickten. Sie durchquerten vorsichtig den Raum. Am anderen Ende wartete eine Treppe. Krolakk ging weiterhin voraus. Die Treppe endete in einem Gang, und der Gang endete wieder an der zentralen Wendeltreppe vom Anfang, deutlich unter dem abgebrochenen Stück, wo sich die Treppe weiter fortsetzte. Diesesmal prüfte Krolakk die Schachtwand sofort auf Geheimtüren, und tatsächlich wurde er bald fündig.

Während er noch die Tür untersuchte, klappte Tomdril sein Büchlein plötzlich zu: „Das war eine wunderbare Geschichte ! Oh, wo sind wir ?“

Gedankenschnell griff Krolakk nach dem Buch und hielt es mit aller Gewalt geschlossen: „Whow, was ist los ? Du hast wirklich eine Geschichte gelesen ? Ich habe nur weiße Seiten gesehen !“

„Oh sicher, es war eine Geschichte über zwei Halblinge, die sich zwischen einer Mahlzeit und einem Abenteuer entscheiden müssen ! Am Ende entscheidet sich der eine für die Mahlzeit und der andere fürs Abenteuer, aber umkommen tun sie dann alle beide, der eine von zuviel Essen und der andere, weil er allein zu schwach war. Wenn sie sich beide fürs selbe entschieden hätten, hätten sie beide überlebt !“

Krolakk war verwundert: „Echt ? Laß sehen !“ Er schlug das Buch auf und fing an, zu lesen.

Es war eine wunderbare Geschichte über die Ursprünge der Duergar, der Grauzwerge aus dem Unterreich. Krolakk konnte gar nicht aufhören zu lesen, so fesselnd war es. Als es vorbei war und er mit einem bedauernden Seufzten das Buch schloß, griff jemand blitzschnell danach und riss es ihm aus der Hand.

„Und jetzt.“, stellte Isillilta fest, während er wütend mit dem Buch wedelte: „Liest niemand mehr in diesem verdammten Buch, bis wir wieder hier wieder raus sind !“ Es war längst tiefe Nacht.

„Wie lange habe ich gelesen ?“, fragte Krolakk erstaunt, während ihm dämmerte, das er sich für Zwerge noch nie interessiert hatte, und noch viel weniger für Grauzwerge.

„Ungefähr 6 Stunden lang.“, antwortete Herta und gähnte: „Ich schlage vor, an die Oberfläche zurückzukehren und ein Lager aufzuschlagen.“

„Das ist eine schlechte Idee.“, widersprach Isillilta: „Wir können hier nirgends wirklich sicher schlafen. Kommt, laßt uns erst den Drachen finden.“

„Du meinst, das Buch war eine Falle ?“, fragte Krolakk: „Es scheint keinen bösen Effekt zu haben, außer das es jedes mal eine andere Geschichte enthält und man nicht aufhören kann mit Lesen.“

„Nun, es hat uns zumindest aufgehalten. Die anderen Gegenstände waren sicher ähnlich, wenn nicht sogar weitaus gefährlicher.“

Die Geheimtür war längst geöffnet – dafür hatte Tomdril mit seinem Werkzeuggürtel gesorgt. Also betraten sie einen weiteren marmorierten Gang. Dieses mal endete er in einem großen Saal voller Regale, in denen Schriftrollen gestapelt waren.

Tomdril lief sofort wieder los … und diesmal folgte ihm Isillilta auf dem Fuße. Sie wühlten durch die Schriftrollen. „Es ist alles altes Elfenwissen.“, jauchzte Isillilta, während er in ihnen las.

„Schau, schau ! Hier ist sogar eine Rolle über Halblinge.“, fügte Tomdril fröhlich hinzu, während er auf eine Rolle zeigte, die weit außerhalb seiner Reichweite auf einem der oberen Regale lag: „Ich kann den Titel erkennen. Kannst du sie mir herunterreichen ?.“

Isillilta hielt plötzlich inne und stand nur da. Dann fragte er langsam: „Wie kannst du das mit dem Titel wissen ? Das ist eine uralte Sprache, die niemand heute mehr benutzt. De facto bin ich einer der ganz wenigen Elfen und sonstigen Lebenden, der sie noch kennt.“

„Na, Bardenmagie ?“, fragte Tomdril zurück.

„Dafür muß man die betreffende Schriftrolle aber berühren !“, stellte Isillilta nüchtern fest.

„Äh ...“ wand sich Tomdril einen Augenblick lang, doch dann war er verschwunden. Wo er noch eben gestanden war, stand nun flammend rot der größte Drache, den Krolakk je gesehen hatte: „Ach was solls. Es hat lang genug Spaß mit euch gemacht. Jetzt machen wir der Vorstellung ein Ende !“


Kampf

Krolakk sah, wie Isillilta mitsammt einiger Regale und vieler Schriftrollen durch die Luft geschleudert wurde, als der vormalige Halbling so ganz plötzlich viel mehr Raum einnahm. Hinter sich hörte er Herta fluchen. Er selbst war völlig erstarrt, wie im Traum. Der Drache öffnete das Maul und begann, Feuer zu spucken. Krolakk kniff instinktiv die Augen zusammen. Als die Flammen ihn erreichten, schrie er auf. Seine Schmerzen waren unvorstellbar. Es war, als wäre er mit seinem ganzen Körper in kochendes Wasser geworfen worden. Eigentlich schützte eine Drachenschuppe auf seiner Lederrüstung ihn vor Feuer, aber der Schutz war offensichtlich bei Weitem nicht mehr ausreichend für diese extreme Hitze.

Er taumelte unsicher und blickte sich um. Überall im Raum hatten die knochentrockenen Holzregale und Papierrollen lichterloh zu brennen begonnen. Fast augenblicklich war die Luft mit Qualm angefüllt. Krolakk begann zu husten. Aber immer noch war er mental gelähmt, konnte sich nicht vom Fleck rühren oder zum Angriff entscheiden. Durch den Rauch hindurch sah er, das der Drache irgendwelche Worte sprach – hören konnte er ihn wegem dem Lärm des Feuers aber nicht. Vermutlich zauberte der Drache. Im Augenwinkel bemerkte er vage, wie der Magier am andere Ende des Raumes durch eine Art magische Spiegeltür trat. Der Elf flieht, dachte er. Es ist alles verloren. Gleich bin ich tot.

Mit enormer Willensanstrengung versuchte er, die Beine zum Fliehen zu überreden. Daraus wurde aber nur ein zielloses Taumeln. Was solls, dachte er sich, ich hab eh keine Chance gegen so ein Riesenvieh. Nicht mal eine realistische Chance, davon schnell genug fortzulaufen. Ihm schwindelte. Er hoffte, der Tod würde schnell kommen. Es gab jetzt keine Hoffnung mehr. Er entschied, nie wieder Halblingen zu vertrauen. Also, im nächsten Leben. War das ein guter letzter Gedanke, bevor man starb ?

Plötzlich war die Luft wieder frisch und klar. Krolakk blickte erstaunt auf. Die Feuer brüllte um ihn herum unvermindert weiter. Wohin war der Rauch … ?

Hinter sich bemerkte er die Stimmen von Herta und Isillilta, die in der merkwürdigen Sprache der Magie sprachen. Er drehte sich um, sah ihnen zu, wie sich immer wieder Energie in verschiedenen Farben und Formen zwischen ihren sich nach strengen Regeln bewegenden Händen bildeten. Sie berührten ihn mehrmals kurz, nahmen ihm die Waffen ab und gaben sie ihm wieder. Sein Hammer und sein Flegel strahlten jetzt hell, wie es heilige Waffen tun. Dann schrie Isillilta: „Okay ! Los jetzt ! Angriff !“

Krolakk drehte sich zum Drachen um, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, das der Drache wieder Feuer spuckte. Panisch schützte Krolakk wie zuvor seine Augen. Aber das Drachenfeuer umspülte ihn nur wie eine laue Meereswelle.

Krolakk lachte kurz auf, dann brüllte er wütend seinen Kampfschrei, den er seinen Zunamen verdankte. Und griff an. Gewaltige Kraft durchpulste ihn. Er nutzte sie, um zu einen Sprung Richtung Drache anzusetzen. Letzterer sah ihn kommen und schnappte nach ihm. Krolakk schlug zu, gegen die Nase des Drachens, so gewaltig, das er rotierend wieder zurücksprang. Verdattert landete er auf dem Boden. Kein guter Anfang. Der Drache brüllte. Immerhin, es hatte wohl wehgetan.

Der Drache stürmte vor und versuchte, den linken Vorderfuß von oben auf Krolakk zu setzen. Krolakk hatte sich jedoch längst wieder aufgerappelt, duckte sich nur elegant weg und hämmerte dabei auf den angreifenden Fuß ein. Befriedigt fühlte er, wie die Knochen unter seinem Schlag trotz der massiven Schuppenhaut des Drachens zerbrachen. Doch da erwischte ihn der Drache auch schon mit dem anderen Vorderfuß und kickte ihn durch die Luft. Krolakk prallte gegen die Wand, dann wurde ihm für einen Augenblick lang alles schwarz vor den Augen. Als er wieder sehen konnte, sammelte er seine Waffen wieder ein und stürmte dann erneut nach vorne, mitten durch die lichterloh brennenden Reste der Regale hindurch.

Krolakk sprang erneut. Diesmal war der Drache abgelenkt, weshalb er glücklich auf dem Drachenrücken landete, als wollte er diesen reiten. Er krallte sich mit den Beinen fest, um guten Halt zu haben. Mit aller Kraft und höchstmöglicher Geschwindigkeit hämmerte er beide Waffen den massiven Hals des Tieres. Er hörte die Wirbel krachen, aber sie brachen nicht. Der Drache röhrte aber vor Schmerzen und bäumte sich auf, bevor er sich mit ungeheurer Gewalt seitlich auf den Rücken zu werfen versuchte. Dabei war ihm aber einer der eigene linke Flügel im Wege, der durch die Wucht der Bewegung krachend brach. Diese nur winzige Verzögerung gab Krolakk die notwendigen Sekundenbruchteile, um noch rechtzeitig abzuspringen, bevor er am Boden zermalmt worden wäre.

Kaum war er am Boden angelangt, schon ging er erneut auf den Drachen los. Da dieser auf dem Rücken lag und er sich immer noch links von ihm befand, war er nun an der falschen Seite zu Boden gekommen, an der der Drache noch kaum verletzt war und sich noch gut verteidigen konnte. Krolakk versuchte das zu kompensieren, indem er zuerst einen gewaltigen Schlag auf das rechte Schultergelenk des Drachens ausführte. Er hatte das befriedigende Gefühl, das unter seinem Hammerschlag Knochen zerbrachen. Doch schon mußte er zurückspringen, als der Drache sich aufheulend auf ihn zu legen versuchte. Der Magier, der plötzlich neben Krolakk stand, nutzte die Gelegenheit, seine Klinge tief in den Hals des Biestes zu schlagen. Krolakk griff zu und riß den Magier noch rechtzeitig nach hinten, damit er nicht zermalmt wurde, weil der Drache mit seinem Bein nach ihnen beiden schlug.

Der Drache wirbelte jetzt regelrecht nach hinten in die andere Richtung durch die Luft und kam nach zwei Drehungen um sich selbst wieder auf dem Bauch auf. Dann spuckte er Feuer, das aber wieder gänzlich wirkungslos über Krolakk hinwegspülte, während dieser schon wieder anhub, den Drachen anzuspingen. Der Drache sah ihn kommen und bäumte sich im letzten Moment auf, so das Krolakk nicht wie geplant auf dessen Rücken landen konnte. Krolakk schlug zu, anstatt sich festzuklammern und dabei die Waffen zu verlieren. Da er aber keinen Knochen getroffen hatte, hatten seine Angriffe keine nennenswerte Wirkung.

Krolakk plumpste relativ weich mitten in den gebrochenen linken Drachenflügel. Er rappelte sich sofort wieder auf und sprang erneut. Dieses mal reagierte der Drache nicht schnell genug, wohl weil er auch schon wieder von anderen Gegnern bedrängt wurde. Krolakk gelang es, sich wieder mit den Füßen auf dem Rücken festzuklammern. Er saß jetzt sogar etwas weiter vorne, wo die Wirbel etwas schwächer waren. Mit aller Kraft hämmerte er wieder auf diese ein. Wieder krachte es, aber die Wirbel hielten immer noch. Der Drache bäumelte sich erneut auf und schien selbst zum Brüllen zuviel Schmerzen zu haben, doch dann hopste er plötzlich strack nach oben, wohl in der Hoffnung, Krolakk an die Decke zu drücken. Krolakk war leider nicht schnell genug, darauf zu reagieren, und wurde einen sehr kurzen Augenblick zwischen Decke und Drachen eingequetscht. Er hörte das Geräusch brechender Knochen. Beim Hinabfallen verlor er den Halt und landete sehr unsanft direkt neben dem Drachen.

Doch schon im Fallen sah er die Klerikerin bereitstehen. Kaum das er aufgeschlagen war, berührte sie ihn kurz. Mächtige Heilungsmagie durchschoss ihn wie ein tosender Wasserfall, und er sprang sofort auf, ganz und gar wiederhergestellt.

Der Drache spuckte jetzt Blut statt Feuer, schwankte, und gurgelte dröhnend, während er wohl einen Zauber zu wirken suchte. Krolakk sprang diesesmal höher als vorher und landete genau da, wo er hinwollte, direkt an das obere Ende des Halses, wo die Wirbel am dünnsten waren. Dieses Mal hielten die Wirbel nicht. Schon der dritte Treffer sank tief ein. Die Wirbelsäule war nur noch Mus.

Der Drache brach zusammen.

Es war vorbei. Aber Krolakk, in Adrenalin gebadet, war unfähig, das sofort wirklich zu begreifen. Langsam erhob er sich aus der Lache von Drachenblut, in der er gelandet war, und prustete Mund und Nase wieder frei, dann schrie er nochmal seinen Kampfschrei, als wollte er sagen: Nächster !

„Sieg !“, brüllte Herta begeistert: „Das Gute hat triumphiert ! Bei Clangeddins Äxten ! Dieser Drache wird niemals mehr Unschuldige morden können !“

„Nein, nein, nein !“, jammerte Isillilta: „All die alten Schriften ! Alles verbrannt ! Jahrtausende, unwiederbringliche alte Schriften, für immer verloren ! Wonach ich Jahre, ja Jahrzehnte gesucht habe, das ist jetzt alles ein Raub der Flammen !“


Prolog

Krolakk war beeindruckt. „Whow, das ist wirklich viel.“, sagte er unwillkürlich.

Er stand vor drei großen Haufen von Gold, auf die er den Schatz des Drachens verteilt hatte. Jeder war über einen Meter hoch. Wegen der großen Menge hatten sie sich darauf geeinigt, einfach Pi mal Daumen abzuschätzen, statt alles genau durchzuzählen. Denn wirklich drei Haufen zu machen, die genau gleich viel wert waren, war ein Ding der Unmöglichkeit oder doch wenigstens eine Lebensaufgabe – es waren viele unterschiedliche Goldgegenstände durcheinander, verschiedene Währungen, Barren, Schmuckstücke, und es waren noch andere wertvolle Materialen dazwischen, wie Silber, Mithril, Adamantit, und verschiedene Edelsteine, wie edle Brillanten. Gottlob hatten sie auch ein paar endlose Beutel gefunden, so das der Abtransport des Schatzes kein Problem darstellen würde.

Isillilta, der eben erst dazugetreten war, bemerkte: „Hey, warum hast drei Haufen gemacht ?“ Er und Krolakk duzten sich jetzt. „Ich hab dir doch gesagt, ich will nichts. Ich hab immerhin wenigstens die eine Schriftrolle, die ich gerade in der Hand hatte, als der Drache anfing, Feuer zu spucken, gerettet. Sonst wurde leider alles restlos vernichtet. Was anderes als diese Schriftrollen wollte ich nie.“

Herta schaute mißtrauisch: „Was, ihr wollt wirklich nichts ? Ich hatte das für einen Scherz gehalten. Kann ich diese eure 'Schriftrolle' mal sehen ?“

Isillilta meinte: „Klar !“, und reichte ihr dieselbe.

Herta wirkte einen Zauber. Ihr Gesicht wurde ratlos: „Wie … merkwürdig. Das läßt sich auch mit Magie nicht lesen.“

Isillilta zuckte mit der Schulter: „Kommt vor.“

Herta schaute ihn voller Mißtrauen an und wiederholte: „Das läßt sich mit Magie nicht lesen.“

Isillilta nickte.

Herta stellte fest: „Ihr verzichtet für eine Schriftrolle, die man mit Magie nicht lesen kann, auf einen unermeßlichen Goldschatz.“

„Äh ...“

Herta stellte fest: „Also für mich ist der Fall klar. Ihr wollt uns über den Tisch ziehen. Diese Schriftrolle ist in Wahrheit noch viel mehr wert als das da !“ Sie meinte die Goldhaufen.

Krolakk war platt. Diese Idee wäre ihm jetzt auf keinen Fall gekommen. Aber vielleicht bin ich auch immer etwas naiv vertrauensselig mit Leuten, dachte er selbstkritisch bei sich. Der Halbling war dafür ja ein gutes Beispiel gewesen.

Isillilta zeigte jedenfalls keine sichtbare Reaktion, sondern stand nur reglos da. Vielleicht war er sprachlos.

Herta fuhr triumphierend fort: „Ich habe euch durchschaut, Elf. Ihr tragt diese Gesichtsmaske wahrscheinlich sowieso nur, damit ihr besser eure Motive verbergen könnt, nicht etwa, weil euer Gesicht so verunstaltet wäre, wie ihr behauptet !“

„Also das ist doch Unsinn … !“, brachte Isillilta hervor.

„So ? Dann zeigt doch euer Gesicht !“

Isillilta hielt inne, dann entschied er: „Nein. Das ist doch alles Unsinn !“

Herta entschied: „Ihr täuscht mich nicht ! Dann nehme ICH eben die Schriftrolle. Und IHR nehmt den Goldschatz !“

Isillilta sagte nichts mehr.
 

Christa

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Wieso hast du den Prolog am Ende? :hae:
Du meintest wahrscheinlich Epilog, oder? Prolog ist m.W. ja das Vorwort/Einleitung einer Geschichte.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Äh ja.

Aber es ist der Prolog zur ersten Geschichte :D ;) :shine:

Also der da.
 
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