Der Weg des Rächers
Teil 1:
Ivy zog seit einem Jahr im Namen Seras umher, ihrer Göttin. Die Weihe zur Priesterin war ein großes Fest gewesen. Selten hatte ein Mädchen schon als Adeptin derart hoch in der Gunst der Göttin gestanden. Doch das war ihre Natur. Die Menschen außerhalb des Ordens hatten sie mit Skepsis betrachtet, es gab viele Gerüchte über Feenwesen wie sie: Nymphen. Und die meisten - oder zumindest einige - waren schlimm erlogen - oder zumindest dreist übertrieben. Ivy erinnerte sich zurück an das Fest – das ihre Weihe und ihren Abschied aus dem Tempel bedeutete. Wein floss in Strömen, die Gäste kamen dutzendweise und gaben sich ihr und einander hin, in einem Ausmaß, dass Legende wäre, wenn die damals Anwesenden jemals ihre Scham überwinden könnten, darüber zu berichten.
Damals war auch ein Engel erschienen. Er hatte Ivy einen Stern gezeigt und ihr von ihrer Zukunft prophezeit. Es waren jene allgemeinen, vieldeutigen Sprüche, die jemand sagte, der eigentlich nicht in die Zukunft sehen konnte, fand Ivy damals, aber das war ihr egal gewesen. Ein echter Engel! Wer konnte schon von sich behaupten, mit einem richtigen Engel geschlafen zu haben...
Auch heute Nacht leuchtete „ihr“ Stern wieder. Der Jahrestag war nun drei Tage vorbei. Ein paar vage Andeutungen hatten sich erfüllt – ein paar nicht. Vielleicht würden sie es noch, vielleicht hatte Ivy sie in einem Jahr vergessen. Aber jetzt sollte sie erst mal jemanden finden, der etwas verloren hatte. Sie begegnete in dieser Gegend ständig irgendwem, die Städte lagen dicht. Und die meisten Menschen hatten auch irgendwann irgendwas verloren, aber wenn sie jetzt oder bald so jemanden finden würde, dann hätte der Engel noch mal recht gehabt. Wäre das nicht toll?
Ein kriegserfahrener Mann spannte unweit sein Zelt auf. Es war spät genug, also biss er noch ein Stück von seinem Laib Brot ab, trank ein Schluck aus seinem Wasserschlauch, kratzte seine Zähne mit einem Stück Süßholz sauber legte sich hin. Stadt der stählernen Platte trug er nachts nur einen harten Lederharnisch. Er schlief auf dem Rücken, sein Schwert lag auf seinem Bauch, eine Hand hielt auch im Schlaf den Griff fest umklammert.
6 Stunden später machte er die Augen auf. Seine Augen späten aus dem Zelt und erkannten auch durch die Bäume ein paar Sterne. Er glitt aus dem Zelt, rüstete sich und packte ein. Mit den ersten Sonnenstrahlen setzte er seinen Weg fort.
„Jarhng“ sagte er nach ein paar Stunden zu sich selbst, eigentlich nur um sich zu vergewissern das er noch eine Stimme hatte. Jarhng war der Name des Orks, der der nächste auf seiner Liste war. Es war der erste echte Gegner, all jene, die er bis zu diesem Zeitpunkt umgebracht hatte, zählten nichts. Es waren Handlanger gewesen, sie hatten dazu gedient, dass der Krieger seine Fähigkeiten trainieren konnte, er hatte Informationen aus ihnen herausgeprügelt, bevor er sie umbrachte, und ihre besten Habseligkeiten an sich genommen. Ein Bogen war nicht gut oder böse (nunja, manche waren es doch, aber so etwas war Zeug aus Legenden, im wahren Leben fand man so etwas nicht), und es war nicht Verwerfliches daran, einem Schurken die Waffe abzunehmen und damit andere Unholde zu erledigen.
Leise und schnell schritt er durch den Wald, er erreichte noch ein Bach, den er auf der Karte gesehen hatte und füllte seinen Wasservorrat auf. Dann hielt er auf die größte Steigung des Geländes zu. Jarhng hatte sich im unauffindbarsten Fleck des ganzen Waldes niedergelassen, die Wegbeschreibung dorthin laß sich wie eine billige Abenteuergeschichte. Aber der Krieger kam gut voran und war auch keinen gefährlichen Monstern begegnet. Alles was wirklich gefährlich war hatte zumindest grundlegende Intelligenz (vermutete er) und da nicht einmal 2 Tage von hier ein Krieg tobte und fähige Söldner und Abenteurer durch die Wälder zogen, waren die Monster offensichtlich weggezogen.
„An dem Monolithen vorbei, dann auf den größten Baum des Waldes zuhalten, dann nach einer Ruine suchen und in die Richtung in die einst der Turm umgefallen war. 5 Stunden gehen und dann dort absuchen, wo das Dickicht am dichtesten ist.“ Während er der sie nach diesen Angaben seinen Weg suchte, fühlte er sich irgendwie beobachtet. Es wurde wieder spät und der Krieger sah ein, dass er –wie vermutet- heute nicht mehr fündig werden würde. Aber Jarhng musste hier irgendwo sein, wenn er bis Sonnenuntergang und morgen den ganzen Tag systematisch den Wald absuchen würde, dann würde er ihn finden. Doch jetzt biss er erst einmal in ein altes, kleines Stück Schinken. Es war zäh wie Schuhleder. Er kaute lange und würgte es schließlich runter. Dann noch ein paar Nüsse, die tatsächlich noch gut schmeckten.
Es raschelte im Gebüsch neben ihm. Er lies sich nichts anmerken, aber seine Sinne waren geschärft und seine Hand wanderte durch das Gras zu den bereitliegenden Pfeil und Bogen. Es raschelte wieder, lauter, grade zu deutlich, paarten sich dort zwei Wildschweine? Er sah genauer hin und ein ganzer Busch wackelte. Dann hörte er ein fröhliches Kichern und eine weibliche Gestalt trat hervor: Lange, glatte Haare in einem faszinierenden Schwarz/Blau zogen zuerst seinen Blick auf sich. Dazu gehörte ein hübsches, junges Gesicht mit großen Augen und leicht zuspitzenden Ohren. Der Kopf saß auf einem schlanken Hals und als sein Blick tiefer ging sah er einen schlanken, bezaubernden Körper, gekleidet in ein knielanges, schlichtes Kleidchen.
„Hallo, du.“ Begrüßte Ivy den Mann. „Bitte nicht schießen.“ Sie hatte ein paar Beeren von dem Strauch genommen, in dem sie eben noch gesessen hatte. Sie ging auf ihn zu, während sie sich zwei in den Mund schob und andeutete, dass der Geschmack ihr zusagte. Dann plumpste sie neben ihm zu Boden, streckte ihm die Hand mit den übrigen hin, und setzte ein fröhliches Grinsen auf.. Ihr Gegenüber war so verwirrt, dass er es kaum in eine Frage formen konnte: „Was? ... Wer bist du und was machst du hier? Bist du eine Diebin, mit der ... seltsamsten Masche seit Erfindung dieses Handwerks?“ – „Nein, ich bin Ivy. Ich lebe in diesem Wand – momentan. Wer bist du?“ – „Verschwinde.“
Ivy zog einen traurigen Schmollmund, und schaute ihn mit Hundeblick an. Dann nahm sie noch zwei Beeren und lächelte wieder. „Ich diene der wunderbaren Göttin Sera und durch meinen Glauben kann ich viele magische Dinge geschehen lassen, aber die Unsichtbarkeit ist Zaubererwerk, mit der ich leider nicht dienen kann. Hach, schade eigentlich. So eine Unsichtbarkeit wäre schon was Tolles, zum Beispiel neulich, wo es total geregnet hat und ich hatte unter einer blühenden Weide gelegen. Ich sag dir, bevor ich mich versehen habe waren meine Haare total mit Weidenblüten verklebt. Ich hätte mich am lie... Hm, aber wir können Stille schaffen du siehst aus, als willst du Stille. Soll ich... okay.“ Und das Geschnatter verstummte.
Sie hatte offensichtlich keine Magie gewirkt, aber das sie schwieg war schon eine Verbesserung. Er lehnte sich zurück und musterte sie weiter mit gerunzelter Stirn, während sie etwas in der Gegend herum schaute, ein Gänseblümchen pflückte und hinter ihr Ohr steckte, sich etwas streckte. Eine Spitzmaus huschte über die Wiese, und krabbelte ihr auf den Unterarm, worauf hin das Tier ein wenig im Nacken gekrault wurde, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder woanders hin treiben lies. Einzig das Schweigen hatten sie gemeinsam. Erstaunlicherweise brach er es zuerst: „Okay, Dienerin der Göttin der Musik und Pegasi. Was willst du?“ Kaum hatte er es ausgesprochen ärgerte er sich, das er sich von ihr mit dem unnötig informellen „Du“ hatte anstecken lassen. Andererseits wäre er sich vielleicht auch albern vorgekommen, das junge Ding zu siezen.
„Du hast nicht viel Ahnung von den Wirkungsbereichen der Göttin,“ dachte Ivy sich, antwortet aber: „Deinen Namen und vielleicht ein kleines Schwätzchen.“ Es war einen Moment still. Resignierendes Seufzen. „Cathwulf,“ stellte er sich vor.
Sie hielten sich nicht lange mit Belanglosem auf. Cathwulf erklärte, das er den Ork Jarhng suchte. Ivy schaute seine Waffen an und senkte etwas den Kopf. „War ja klar. Der lebt noch ein gutes Stück weiter südöstlich, eine Gegend, eine Person die ich gerne meide. Aber so schnell wie du durch den Wald bist kannst du es noch im Hellen schaffen.“ Sie rückte etwas näher an ihn heran. „Pass auf dich auf Cath, der ist wirklich gefährlich und wirklich böse.“ Er fand es unangemessen, dass sie ihm so zusprach und dass sie seinen Namen abkürzte, wie die mit denen er als Kind aufgewachsen war. Er stand auf und verabschiedete sich, doch Ivy hielt ihn noch auf, wollte ihm mit einem Segenszauber belegen. Ein kleines Holzmedallion zeigte tatsächlich die geflügelte Frau, welche die Göttin Sera darstellte. Er wusste nicht viel über diese Kirche (oder irgendeine), aber er wußte, das sie eine gute Göttin war und lies ihre Dienerin gewähren. Ivy lies ihren Arm wie eine Schlange vor Cath tanzen, während sie einen Singsang startete, dann schwang der Arm nach vorne, griff Cath am Kinn, sie machte einen Schritt heran und küsste ihn auf den Mund. Einen Moment lang war Cath überrumpelt, einen weiteren brauchte er um zu entscheiden, wie er empfinden sollte. Dann stieß er sie weg. Sie lächelte, halb verlegen, halb herausfordernd und verabschiedete sich dann. Er war hin und her gerissen zwischen vielen grundlegend unterschiedlichen Gefühlen, er nickte einfach und ging in die Richtung, die sie ihm gewiesen hatte.
Teil 2:
Es dämmerte der Abend und Cathwulf erspähte die Hütte durch den Wald. Es war die perfekte Zeit, dunkel genug um sich anzuschleichen, hell genug um die nachtsehenden Augen des Orks unbedeutend zu machen.
Der Mensch schlich sich heran und sah sein Ziel vor seiner Hütte in einem bequemen Stuhl sitzend, gedankenverloren in den Wald starrend. Cath nahm seinen Bogen und aus seinem Hüftköcher einen Pfeil. Die Federn waren Grün mit schwarzen Punkten. Er zielte lange, und schoss – und Jarhng pflückte den Pfeil vor seinem Gesicht aus der Luft. Der Ork schien selbst etwas überrascht zu sein, sprang aber schnell auf und rief in Richtung des Schützen: „Cathwulf, du bist also gekommen, um mich zu töten. Ein Vöglein hatte mir gezwitschert, dass du...“ Er hatte hinter sich durch die Tür gegriffen, anscheint war sein riesiges Zweihandschwert griffbereit gewesen. Cath hatte die Zeit genutzt, seine übrigen drei magischen Pfeile mit dem schwarz/grünen Muster gleichzeitig auf die Sehne zu legen. Er schoss und das Ziel wehrte einen ab, zwei jedoch verursachten tiefe Wunden im Torso. „... dass du auf einem Rachezug bist und ich bin auf dich vorbereitet, verdammt,“ brüllte der Ork und stürmte auf ihn zu. Cath konnte keinen weiteren Schuss sinnvoll anbringen, aber er hatte genug Zeit, sein Schwert zu ziehen und zur Parade zu erheben, als der riesige Zweihänder auf ihn runtersauste. Jarhng war so groß wie ein Oger – wahrscheinlich hatte er dies einem Zauber zu verdanken. Und auch wenn es durchaus noch stärkere Oger gab, war auch der Ork kräftig genug um Cath ein taubes Gefühl in der Schwerthand zu bescheren. Der Mensch stach mit dem Schwert auf Oberschenkelhöhe zu – und spürte, das sein Gegner unter der zerlumpten Kleidung noch Panzerung trug. Cath sprang zurück. Der Zweihänder schlug wieder zu, doch er nutzte einen Baum als Deckung. „Du hast einen Fehler gemacht, als du dich vor einem Jahr von Xefemadon hast anheuern lassen, Söldner.“ Jarhngs Antwort war ein Lachen und: „Ich könnte mir einige Ritter vorstellen, die mir solch einen Spruch für einige meiner Taten an den Kopf werfen könnten, aber an dem Tag an dem ich diesen lächerlichen Haufen von einer Räuberbande zerschlagen habe, da habe ich mein Gewissen bestimmt nicht belastet. Mein einziger Fehler war, dass ich es nicht für nötig befunden habe, einen von ihnen, der feige weggerannt ist, verfolgen zu lassen.“ – „Räuberbande? Wir waren eine Armee. Die Armee des gerechten, ehrenhaften Lord Ulfcytel, den du hinterhältig ermordet hast. Und dafür wirst du jetzt sterben.“
Der Worte waren genug gewechselt und Cathwulf vollzog einen Ausfall. Schnelle Stöße und Schläge trieben Jarhng zurück, banden seine Waffe und bewirkten auch zwei leichte Treffer. Abschließend schwang der Krieger sein Schwert noch zu einem mächtigen Wirkungstreffer, doch der Ork dachte gar nicht daran, zu parieren, sondern schlug seinerseits genauso zu. Caths Vorwärtsbewegung lief genau in die Klinge des Zweihänders und sein stählerner Harnisch verformte sich krächzend und riss. Beide hatten getroffen und beide fielen zu Boden. Cath verdrängte die Dunkelheit vor seinen Augen. Eine blutige, tiefe Wunde zog sich einmal über den gesamten Brustkorb, doch anscheinend hatte er keine Rippen gebrochen. Er sah zu Jarhng herüber, der fluchte und sich anscheinend grade seinen Dünndarm wieder zurück in den Bauch schob. Der Ork schnaufte und es bildete sich Schaum vor seinem Mund. Schreiend richtete er sich auf und hob seinen Bidenhänder.
Am Rande seines Blickfeldes konnte Cath eine Bewegung erkennen. Wäre er nicht zu konzentriert darauf gewesen, genug Kraft zu sammeln um weiterzukämpfen, dann hätte er Ivy gesehen, die leise einen Zauber erbat und dann etwas lauter aufjuchzte, als er Erfolg hatte: Jarhng hatte das Schwert grade über den Kopf, da schrumpfte er plötzlich zusamen, auf reguläre Ork-Größe. Sein Zweihänder jedoch schien nicht mit diesem Zauber beeinflusst gewesen zu sein und die über drei Meter lange Klinge kippte nach hinten weg und schepperte zu Boden. Rage und Verzweiflung vermischten sich, als der Berserker sich auf Cath warf, doch dieser hatte sein Schwert rechtzeitig erhoben und durchbohrte den Angreifer. Entspannung machte sich in den Muskeln des Krieger breit, als er hörte, wie der Ork über ihm seinen letzten Atemzug tat. Einmal strengte Cath sich noch an, um den schweren Körper von sich runter zu rollen, dann streckte er Arme und Beine von sich und atmete tief durch.
Die Wunde fing etwas an zu schmerzen, da schob sich Ivy von oben in sein Blickfeld: „Der hat dich verdammt hart getroffen.“ –„Ein Treffer...“ gab Cath anerkennend zu. Er guckte sie fragend an. „Jaja, auch wenn deine Gläubigkeit zu wünschen übrig lässt, werde ich wohl etwas Milderung für deine Schmerzen bei der Göttin erbeten können,“ sagte Ivy. „Aber erst einmal wollen wir dich aus diesem Brustpanzer befreien. Ich sage dir da können eklige Sachen passieren wenn ein eingerissener Metalpanzer mit einer Wunde verwächst. Ick!“
Teil 3:
Ivy ging neben ihm in die Hocke und schob dabei ihr Kleid betont so zurecht, dass er trotz seiner Lage nicht ihre pikanten Stellen zu sehen bekam.
Sie schälte Cath aus seiner Rüstung und schob das Hemd hoch. Sie konnte sich ein Lächeln nicht sparen, als sie mit einer Hand seine Bauchmuskeln nachzeichnete. „Ich weiß was du bist,“ meinte er „hätte mir gleich klar sein sollen. Nymphe, ich wette du hast mehr Herzen gebrochen, als Jarhng da drüben Schädel. Verzeih mir bitte, wenn ich mich nicht in diese Schar einreihen will.“ Ivy antwortete mit einem „Pöh.“ und wirkte dann einen Heilzauber, der die tiefe Wunde etwas schloss und einen breiten, verschorften roten Streifen zurück lies. Und noch den Großteil der Schmerzen. Cath fragte sich, ob sie ihn absichtlich noch etwas leiden lassen wollte, er war schließlich nicht grade freundlich zu ihr gewesen.
Ivy tänzelte in das übergroße Haus. Schwer schleppend kam sie mit einer Matratze heraus: „Wow, die Einrichtung war bestimmt mal unglaublich teuer gewesen – Aber mit diesem Gestank der jetzt dadrin herrscht wird davon nicht mehr viel übrig sein.“ Sie verschwand wieder und kam mit einem Teppichklopfer und einem Fell wieder heraus. Cathwulf richtete sich ächzend auf. Er untersuchte den toten Ork und nahm einen Ring an sich der nicht in Jarhngs Stil und somit höchstwahrscheinlich magisch war. Er überlegte noch, die Waffe mitzunehmen, sie hatte derart hart getroffen, die musste wertvoll sein,... wenn man denn einen Käufer dafür fand. Er entschied sich, sie liegen zu lassen.
Er ging zu Ivy herüber, die zwischen den Bäumen ein übergroßes, passabel sauberes Bett gebaut hatte. Sie sah ihn an und rief ihm zu: „Hier draußen riecht es viel besser. Und keine Angst, die Nacht wird warm und regenfrei.“ Sie sah in den Himmel, an dem man langsam die helleren Sterne erkennen konnte. „... Denke ich.“ Cathwulf schaute das Bett ein, das sie offensichtlich für zwei Personen andachte: „Was soll das? Sagte ich nicht, dass du mich nicht verführen wirst? Ich habe noch eine wichtige Aufgabe vor mir und suche dabei keine Gesellschaft und auch keine Ablenkung.“
Ivy warf sich auf das Bett, lachte und widersprach: „Aber nicht heute abend, du kannst doch gar nicht sehen, wo du hintrittst. Keine Sorge, ich kann auch artig sein. Wenn du ein Problem mit Sex hast, dann werde ich dich nicht nötigen. Aber du kannst mir von deiner wichtigen Aufgabe erzählen, während ich dich noch ein bisschen pflege, damit du morgen früh wieder bei voller Kraft bist. Ich denke, nach meiner Hilfe in dem letzten Kampf habe ich mir das verdient.“
Cathwulf wusste worauf dies hinauslaufen würde, zumindest unterschwellig. Er wollte ihr sagen, dass er nicht um ihre Hilfe gebeten hatte und das er ihre Aufdringlichkeit nicht erregend fand, aber dann ergab er sich der bestechenden Logik seiner Heilerin.
Ein Vollmond ging auf, wie die letzten Sonnenstrahlen verschwanden. Ivy kam mit Caths Decke und warf sie zu ihm aufs Bett. Sie nahm sein Schwert und legte es auf den Boden: „Fast in Griffweite ist nah genug.“ Sie öffnete eine der Taschen ihres Gürtels und heraus kam eine erstaunlich große Flasche. Dann legte sie den Gürtel ab und hing ihn an einen Baum. Als sie sich wieder aus dem Schatten herausschälte hatte sie sich außerdem ihres Kleides entledigt – offensichtlich dem einzigen Kleidungsstück, das sie trug. Während sie sich auf das Fell lies beruhigte sie Cathwulf in einem kalten, rationalen Tonfall frei von jeder Anspielung: „Ich kann sogar gleichzeitig artig und nackt sein. Das ist wesentlich besser als am nächsten Morgen ein zerknittertes Kleid zu haben.“ Sie öffnete die Flasche und ein angenehmer, aromatischer Duft kam heraus. Sie tröpfelte etwas Öl auf seine Brust und während sie es zu verreiben anfing forderte sie ihn auf, zu erzählen.
Cath erzählte, das er in der Festung von Lord Ulfcytel aufgewachsen war. Ein Kriegslord, der eigentlich nicht mehr als diese Festung und eine große Armee besaß, mit der er politischen Einfluss auf den König ausübte. Cath wusste nichts über seine Eltern, erfuhr aber später, dass die meisten Kinder in dieser Armee Weisen waren, oder Eltern abgekauft wurden, die nicht für sie sorgen konnten oder wollten. Dann wurde die Festung eines nachts angegriffen. Die Angreifer kamen wahrscheinlich durch Magie an den Mauern vorbei und attackierten von innen heraus. Ulfcytel wurde in seiner Schlafkammer getötet, noch bevor der Alarm läutete. Die übrigen wurden mit großer Überzahl zusammengetrieben und getötet. Cathwulf wusste nicht, ob noch jemand außer ihm überlebt hatte. Die Armee war alles, was er je gekannt hatte, viele der Anderen dort hatte er Brüder und Schwestern genannt. Die Angreifer war begleitet worden von einem Söldner von außergewöhnlicher Kraft, diesen hatte Cath jetzt getötet, es war nur noch der General der Armee übrig und seine Rache war vollendet.
„Xefemadon!“ hauchte Ivy heraus, den Namen, den sie während des Kampfes gehört hatte. Cath nickte und ein Lächeln erschien auf dem Gesicht der Nymphe, sie blickte einen Augenblick entzückt in den Himmel und sammelte sich wieder. „Xefemadon, ist dieser wirklich große, wirklich rote Drache, der mit seiner Armee grade die Hauptstadt belagert, das weißt du doch. Das ist noch viel mehr als wirklich böse und gefährlich zu sein.“ Cath stimmte ihr in allen Punkten zu. Ivy erwischte seinen Arm und gab ihm einen Kuss auf das Handgelenk: „Auch wenn du vielleicht sterben wirst, falls du es schaffst wärest du der Retter von Tausenden von Menschen. Dafür werde ich dir helfen. Wenn ich dir den Weg zeige wirst du ihn in einem Tag erreichen können.“
Ivy fuhr noch einmal mit der Hand über Cathwulfs Oberkörper und flüsterte Worte an Sera und die Wunde war so gut wie vergessen. Sie schwiegen sich an. Cath war dankbar, auch wenn er es nicht sagte. Er war jetzt ein Einzelkämpfer, er sollte doch nicht auf Hilfe angewiesen sein.
Ivy legte sich zurück und strich ihm durch die Haare: „Wenn du noch willst kannst du dich jederzeit ankuscheln.“ Sie zog die Decke etwas höher und drehte ihm den Rücken zu. In dieser Nacht konnte Cathwulf nicht wie gewöhnlich sofort schlafen. Eine scheinbare Ewigkeit hörte er ihrem Atem zu, atmete ihren Duft und spähte zu ihrer Silhouette im Mondlicht hinüber.
Diesmal weckte ihn der erste Sonnenstrahl. Sie lag noch genauso da, wie sie eingeschlafen war, aber er war ihr im Schlaf wesentlich näher gerückt. Er spürte die Wärme ihres Körpers wenn er die Augen schloss. Und noch etwas war anders. Er wollte sie. Nicht weil sie jetzt harmlos und passiv dalag, anstatt sich ihm auszudrängen. Es war ihm über nacht klar geworden. Sie hatte ihn schon seit dem ersten Moment erregt, doch gleichzeitig hatte er sich gefürchtet. Es war ihm nicht einmal klar gewesen, den woher sollte er wissen, was Angst ist, wenn er im Kampf mit seinen Gegner sein Leben immer und immer wieder riskierte?
Er rollte sich näher und schmiegte sich an ihren Rücken und Hüfte. Er legte einen Arm um sie und küsste sie auf den Hals. Leise seufzte sie und unter weiteren Liebkosungen erwachte sie schließlich: „Guten Morgen. Was hat sich seit gestern abend geändert?“ – „Ich werde heute gegen einen Drachen kämpfen und deshalb morgen höchstwahrscheinlich tot sein. Wie sollst du mir da das Herz brechen können? Das ist mir klar geworden.“ Ivy kicherte schelmisch, nahm den Arm, den er um sie gelegt hatte und führte ihn zu ihrer Brust, während sie langsam ihren Hintern an seiner Hose rieb. Dann glitt ihre schlanke Hand unter die Decke und mit einer geschickten Bewegung entfernte sie dieses letzte Kleidungsstück. Sie entzog sich seiner Umarmung und stachelte ihn mit auffordernden Blicken an. Reizte ihn, indem sie ihn etwas wegstieß, um ihn dann endlich gewähren zu lassen. Seine Leidenschaft war wild und ungelenkt und sie dirigierte sie in ein wunderbares Liebesspiel.
Erschöpft und befriedigt lies er sich schließlich wieder neben ihr fallen. Ivy drückte ihren Fingern einen Kuss auf und gab ihn von dort an Caths Lippen weiter. Dann stand sie auf und lies ihn ihre Schönheit vor der aufgehenden Sonne bewundern. Nach zwei ersten wackligen Schritten fand sie ihren sicheren Tritt wieder und ging in das Haus um mit einem großen, leeren Fass wiederzukommen. „Du willst doch nicht derart nach Schweiß riechend zu deinem Duell mit dem Drachen gehen? Achja und der Ork hatte keinen Waschzuber, das könnte den Geruch im Haus erklären.“ Sie zauberte Seife aus ihrem Gürtel und lies sich nicht das Privileg nehmen, die improvisierte Wanne zuerst zu benutzen, auch wenn Cath das Wasser heran schaffen musste.
Währenddessen holte der Krieger seine Rüstung von der Stelle wo er sie am Vortag achtlos hatte liegenlassen und machte sich dran, sie notdürftig zu flicken. Eine saubere und wieder angezogene Ivy nahm ihm seinen Hammer ab: „Jetzt will ich dir mal was über Sera sagen. Nicht nur Musik und Einhörner sind ihre Domäne, sondern alle schönen Dinge. Und vielleicht hat sie auch hierfür noch einen kleinen Trick bereit.“ Cath wusch und kleidete sich und packte dann die Sachen ein. Als er zu Ivy zurückkam staubte die grade noch mit einem Poliertuch ab und reichte ihm dann die Brustplatte. Nicht nur war der Schnitt in der Rüstung verschwunden, auch alte Schmiedenähte waren weg und sie war poliert wie am ersten Tag. Er sah sie genau an und konnte auf der Brust ein feines Relief der geflügelten Göttin sehen.
Sie machten sich auf und kamen tatsächlich noch schneller voran als Cathwulf alleine. Es war als ob sich der Wald vor ihnen teilte und hinter ihnen wieder schloss, der Mensch ordnete dieses Phänomen Ivys Feennatur zu und nicht der klerikalen Seite an ihr.
Teil 4:
Am Nachmittag erreichten sie einen Waldrand, vor ihnen eine Ebene mit einiger Erhebungen und künstlichen Barrikaden. Aus einer nahen Vertiefung ragte eine rote Standarte. Am anderen Ende der Ebene konnte man die Mauern der Hauptstadt erahnen.
Ivy nahm einen kleinen Spiegel heraus, und sang ein kleines Lied, offensichtlich wieder irgendeine Magie, dachte sich Cathwulf. Sie steckte den Spiegel weg und drehte sich wieder ihm zu.
„Xefemadons Schwäche ist seine Arroganz. Er hat nur wenige Leute um sich und das sind Diener und Boten anstatt Leibwächter. Sie werden fliehen, denn sie wissen, dass jeder, der es mit ihrem Meister aufnehmen kann auch sie im Vorbeigehen töten kann,“ erklärte der Krieger seine Lage. Ivy hatte den Blick gesenkt und wirkte betrübt: „Wenn du überlebst, wartet mehr Liebe auf dich. Wir werden uns wiedersehen,“ versprach sie. „Ich werde dich von Weitem beobachten, aber ich würde in diesem Kampf keine Hilfe sein. Du musst allein gehen, aber erst einmal...“ Sie lehnte sich zu ihm und küsste ihn und diesmal erwiderte er den Kuss. Es war ein ewiger Kuss und Caths Gedanken liefen auf Hochtouren. Er dachte an die letzten 2 Tage, aber er spielte auch bereits alle möglichen Kampfszenarien des folgenden Kampfes durch. Er fühlte sich etwas schuldig, deswegen. Irgendwann zog Ivy sich zurück und scheuchte ihn mit Worten des Abschieds weg. In ihren Augen sah er Angst, jedoch gemischt mit etwas Hoffnung.
Cathwulf lief gebückt, bis zu einer erhöhten Stelle, von wo aus er das vor ihm liegende Lager gut einsehen konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Er sah Xefemadon, der Drache lag am Rand des Lagers und beobachtete ein Scharmützel im Süden. Xefemadon orderte einen Boten und seine Spruchrollen. Er hatte anscheinend vor, innerhalb der nächsten Stunde selbst zuzuschlagen. Dabei würde er sich wahrscheinlich mit einigen guten Kriegern umgeben. Cath wusste nicht, wie seine Chancen dann stehen würden, also entschloss er sich, jetzt zuzuschlagen. Er griff seinen Bogen und nahm einen Pfeil aus seinem Spezialköcher. Rote Federn waren die Markierung für die Drachenjägerpfeile, die weißen Punkte darauf standen für Frostverzauberungen. Die Pfeile hatten Unsummen gekostet, würden aber bei einem roten Feuerdrachen erheblichen Schaden anrichten. Cath war der Unterlegene, aber er war so gut vorbereitet, wie er sein konnte. Er legte grade den Pfeil an, da erschienen auf halbem Weg vor ihm 4 Gestalten aus dem nichts:
Zentral stand ein kleiner Gnom. Er war ungerüstet und hielt sich an einem knorrigen Stab fest. Die Tatsache, dass die anderen ihn berührten Zwang die Vermutung geradezu auf, das er ein Magier war, der grade irgendeine Teleportationsmagie gewirkt hatte.
Der nächste war ein Elf, gekleidet in eine leichte Rüstung aus Kette und Leder, mehrere mittelkurze Waffen zierten seinen Gürtel. „Wahrscheinlich ein Duellant, oder ähnlicher Taugenichts, der dachte er könnten kämpfen, aber nie auf einem Schlachtfeld gestanden hatte,“ dachte sich Cath. Der Elf hielt eine große Flasche mit einer grau-trüben Flüssigkeit in den Händen.
Die nächste Gestalt war ein älterer Mann, der trotz eines kurzen Kinnbartes sehr kräftig wirkte. Er trug eine schwere Plattenrüstung und ein Schild auf dem groß das Zeichen des Wilden Jägers prangerte. Cath rief sich seine Unterweisungen in Paramilitärtaktik in den Kopf: „Kleine Einsatzteams, bestehend aus Einzelpersonen verschiedener Talente zeigen erhöhte pro Person-Effizienz. Der inhärente Fehler dieser Taktik wird jedoch klar, wenn man den verschwenderischen Einsatz und damit die Gefährdung, seltener und kostbarer arcaner und klerikaler Spruchwirker betrachtet.“ – Ein Priester also.
In einem einzelnen Augenblick hatte Cath diese drei eingeordnet, die vierte Person fesselte seinen Blick. Eine Frau, gerüstet in eine Platte, die ihr am Körper wie eine zweite Haut anlag. Sie glänzte noch weit mehr als seine eigene Brustplatte nach der Behandlung durch Ivy. Der Helm zu dieser Maßrüstung fehlte, auf dem Kopf trug sie lediglich ein Stirnreif. Sie hatte glatte, blonde Haare, die bis auf Hüfthöhe fielen. Ihr Gesicht war symmetrisch und narbenfrei, sie hatte entweder wenig Kämpfe gesehen, oder war bisher sehr siegreich gewesen.
Sie hielt eine gespannte Armbrust bereit, drehte sich herum, und schoss den Drachen, bevor irgendwer anders reagiert hatte.
Xefemadon jaulte auf und fuhr um, Zielen war nicht länger sinnvoll und auch Cath lies seinen Pfeil fliegen, der sein Ziel fand. Die Schützin sah erstaunt zu ihm herüber aber hielt sich damit nicht lange auf. „Alpha!“ brüllte sie und die vier wichen systematisch auseinander. Sie lies ihre Armbrust fallen und holte zwei sehr schwer wirkende Beile hervor. In Cathwulfs Richtung schrie sie: „Du: Zauberabwehrschießen!“ Die Reflexe eines Soldaten kamen in ihm durch. Der befehlsgewohnte Ton und die Ausdrucksweise machten Cath klar, das sie wusste was sie tat und er gehorchte bereitwillig. Der nächste Pfeil lag schnell auf der Sehne, doch er hielt ihn zurück. Keine ehrenvolle Aufgabe, nichtsdestotrotz eine sinnvolle.
Der Elf rannte im Laufschritt nach links, die Anführerin langsamer hinterher, die Riesenechse im Auge behaltend. Der Priester schritt nach rechts, während er ein Silbermedallion zur Stirn hob.
Zuletzt der Gnom, er blieb stehen und seine Hände wirbelten durch die Luft, während er magische Worte verkündete. Gleichzeitig viel ihm der Drache ein. Er musste nicht wild gestikulieren, doch Cath sah die Veränderung in seinen Augen und wusste, das Xefemadon einen Zauber wirkte. Der Pfeil schoss los und flog in den geöffneten Mund, direkt durch die Zunge. Ein wahrhaftiger Glückstreffer. Der getroffene jaulte erneut schmerzerfüllt, und was auch immer er geplant hatte war gescheitert. Der Gnom war fertig und ein Strahl Säure schoss vorwärts und traf den Drachen an der Schulter, wo er sich durch die Schuppen fraß und einiges des darunterliegenden Muskels wegätzte. Cathwulf fragte sich, warum dieser Wicht keine Kälte benutzte, er hatte es doch mit einem verdammten roten Drachen zu tun.
Kriegerin und Kleriker rückten vor, Xefemadon schnaufte und rannte zwischen ihnen durch gradlinig auf den Magier zu. Zu seiner Überraschung tauchte direkt vor ihm eine Steinmauer aus dem Nichts auf, auf die er –begleitet von einem lauthalsen Gelächter des Gnoms – schmerzhaft prallte. Leider bot diese dem Drachen eine gute Deckung vor Cathwulf, doch der Schütze hatte auch dafür noch die richtige Munition. Rote Federn mit silbernem Streifen würde sein Ziel finden, also legte er ebendiesen an.
Xefamagon wurde von den zwei gepanzerte Menschen ihn in die Zange genommen, er duckte sich hinter der Mauer und formte einen weiteren Zauber, nur um erneut von einem Pfeil getroffen zu werden. Obwohl es nur in den Rücken war schmerzte es und er zuckte unkontrolliert zusammen. Die Menschen erreichten ihn und schlugen zu, die Attacken wurden von Klauenschlägen beantwortet. Magische Geschosse des Gnomes flogen dicht über die Mauer und schlugen in den Drachen ein. „Es läuft gut,“ dachte sich Cath, während er über den nächsten Pfeil den Drachen beobachtete.
Dieser lies von den Gegnern vor ihm ab und kletterte über die Mauer. „Beta“ schrie die Kriegerin und ihr Team setzte sich erneut in Bewegung: Der Gnom brach seitlich weg und suchte die nächstbeste Deckung während sie und der Priester in hoher Geschwindigkeit versuchten, den Drachen zu umrunden. Dieser fokussierte Cathwulf und bewegte sich langsam auf ihn zu, während er gleichzeitig versuchte, Angreifer aus allen Richtungen zu erahnen.
Die gepanzerten waren schnell und scherten vor Xefamagon ein. „Nein, verdammt,“ dachte Cath, „nicht aufreihen.“ Aber der Drache spuckte bereits sein Feuer. Er schützte sein Gesicht und spürte die Hitze seine Haare und seinen Rücken verbrennen. Er sah wieder auf. Auch die beiden vor ihm waren getroffen, aber es schien zumindest den langen blonden Haaren nichts anhaben zu können. Doch da war ja noch jemand. – Der Elf tauchte wie aus dem nichts auf dem Drachen auf – rannte den Rücken entlang bis zur Schulter und schleuderte das Glasgefäß in die vom Säurestrahl geschaffene Wunde. Xefamagon schüttelte sich und der Elf fiel schmerzhaft herunter, aber er hatte getroffen. Das Gefäß zersprang und die Flüssigkeit und Glasscherben klebten sich in die Wunde.
„Gamma! Du da, Feuer frei auf die Flügel“ kommandierte die Kriegerin und griff an. „Der Gnadenstoß,“ dachte Cathwulf, „und sicherstellen, das er nicht flüchtet.“ und freudig lies er die restlichen rot gefiederten Pfeile los, während er sich langsam auf den Gegner zubewegte. Aus seiner Deckung lies der Magier mehrere Beschwörungszauber frei und seine Kreaturen griffen an, um schnell von der großen Echse weggewischt zu werden. Die anderen drei kreisten Xefamagon ein und tauschten schwere Attacken aus. Der Drache konnte wirklich unglaubliche Mengen an Wunden ertragen. Nacheinander vielen der Elf und der Priester aus, zogen sich schwer verwundet zurück, da hatte Cathwulf seine Spezialpfeile verschossen. Er überlegte sich einen Herzschlag, seine anderen Pfeile zu verwenden, aber es war klar, das er sein Schwert einsetzten musste. Mit wildem Kriegsschrei stürzte er sich auf die Bestie und zog ihre Attacken auf sich. Er spürte, wie sein Gegner mit jedem Schlag langsamer wurde. Schließlich brach auch der große Rote zusammen. Seine Diener suchten das weite, seine Gegner trennten seinen Kopf ab. „Wir sollten in den Wald gehen,“ schlug die Kriegerin vor. Mit einem kurzen Nicken bedankte sie sich bei Cathwulf.
Teil 5:
Im Wald ließen sie sich an einer sichtgeschützten Stelle nieder und der Priester kümmerte sich um die schwersten Wunden. „Danke für deine Hilfe. Mein Name ist Aideen, mit wem habe ich die Ehre?“ fragte die Kriegerin. „Cathwulf ... nenn mich Cath,“ antwortete er. Auch die anderen stellten sich vor. „Was war das eigentlich für eine Flüssigkeit, die ihr da eingesetzt habt?“ fragte Cath und Aideen antwortete: „Betäubungsgift. Die zweihundertfache Dosierung, die ein Mensch braucht. Ich denke, es hat ihn etwas träge im Arm gemacht, aber hätte mir mehr versprochen.“
Cath musste Aideen und Ivy vergleichen: Sie waren sehr gegensätzlich und dennoch war da eine undefinierbare Ähnlichkeit.
Ivy war die personifizierte Jugend. Zart und zerbrechlich, und eine friedliche Unschuld in den Augen. Aideen war härter, sie hatte die Augen einer Frau, die getötet und gelitten hatte. Sie schälte ihren geschundenen Körper aus der Rüstung. Sie belegte Cath mit einem tadelnden Blick und einem Räuspern, als sie sich an die blutgetränkte Unterkleidung machte. Cath drehte sich um, warf einen Blick auf das Schlachtfeld, auf dem die königlichen Truppen in den nächsten Stunden die kopflosen Truppen der Armee Xefamagons in alle Winde zerstreuen würden.
Aideens Hand legte sich von hinten auf seine Schulter und drehte ihn um. Sie trug ein weißes Leinenhemd das bis zu den Knien fiel. Sie quälte sich ein Lächeln ab und fragte Cath: „Und, was ist mit dir? Du musstest doch auch einige Treffer abfangen.“ Er sah an sich herunter. Seine Rüstung hatte das Grobe abgefangen und gehalten. Er spürte einige Prellungen und das Jucken, von der leichten Verbrennung seines Rückens ausgelöst, nichts Ernstes und winkte ab. „Keine Sorge, die werden uns nicht angreifen,“ sagte Aideen und zog ihn in die Mitte des Lagers zurück. Sie lies sich ihm gegenüber nieder, während die anderen das Lager noch etwas tarnten. Sie musterte Cath von oben nach unten und zurück: „Also, wie kommt es, dass du zu dieser Zeit an diesem Ort warst, um zu tun was du getan hast?“ Diese direkte Art hatte etwas, dass Cath lange vermisst hatte. Ob er nun in stinkenden Kneipen mit zwielichtigen Gestalten um Informationen gefeilscht hatte, oder sich von einer Waldnymphe verführen lies, was die anderen sagten war nie das, was sie dachten. „Ich gehörte zu einer der Privatarmeen, die von Xefamagon ausgelöscht wurde und hatte Rache für meinen Lord geschworen. Ich war da, um ihn zu töten.“ – „Das hast du getan. Ich weiß nicht, ob wir es ohne dich geschafft hätten, zumindest nicht ohne Verluste. Wir danken dir. Uns war eine Belohnung versprochen und wir werden sie durch 5 teilen, das sollte deine Ausgaben decken. Wir werden morgen früh in die Stadt teleportieren, denn die Schützen auf den Mauern haben Befehl auf alles zu schießen, was sich bewegt.“
Sie bauten Zelte auf und der Gnom wendete einen letzten kleinen Zaubertrick auf um einen Stein zu erhitzen, um den sie sich wie um ein Lagerfeuer setzten. Aideen erzählte Cathwulf ihre Geschichte, sie ähnelte seiner, auch wenn sie schon vor langer Zeit mit ihrem Kriegslord gebrochen hatte um Söldnerin zu werden. Er fragte sich, wo Ivy war, hatte sie nicht gesagt, sie würde ihn nach dem Kampf treffen? „Sag, was dir durch den Kopf geht,“ forderte Aideen. Cath war verlegen, aber er dachte wieder an Ivy und konnte die Worte formulieren, wie er es kaum für möglich gehalten hätte: „Die Gewalt stumpft ab, wenn man niemanden hat, an den man sich anlehen kann. Etwas Nähe, etwas Wärme, das ist, was mir auf meinem Rachezug gefehlt hat.“ Aideens Lippen wurden schmaler und sie senkte den Blick. Sie zitterte leicht, als sie sich in Caths Richtung schob, dem langsam klar wurde, was er gesagt hatte. Aber wieso auch nicht, dass war, was er fühlte und er mochte Aideen. Er öffnete die Arme und sie legte sich rein. Das war nicht wie mit Ivy, keine oberflächliche Körperlichkeit, sondern 2 Krieger, die sich etwas Wärme spendeten.
Die Nacht brach herein und Aideen ging schlafen, während sich Cath für die erste Wache meldete. Die verbleibenden Soldaten des Drachen würden sich wahrscheinlich nicht mit ihnen anlegen, aber „wahrscheinlich“ war ein sehr guter Grund vorsichtig zu sein. Seine Wache verging ereignislos und er weckte den Elf. Müde schob er sich in sein Zelt. Er lies seinen nächtlichen Lederpanzer aus, aber das Schwert auf dem Bauch war trotzdem gut für seinen Schlaf. Er machte die Augen zu und als er sie wieder öffnete wusste er, dass nicht die Zeit bis zum Morgen vergangen war. Es war immer noch finster, aber etwas Licht drang von draußen herein. Eine zierliche Silhouette schob sich in sein Blickfeld und nahm ihm sein Schwert weg. Ivy hatte ihr Versprochen also gehalten. Ihre Finger legten sich auf seinen Mund, befahlen ihm leise zu sein. Dann kam ihr Gesicht vorbei und durch die Dunkelheit der Nacht konnte er ihre feinen, feenhaften Züge erkennen. Sie küsste ihn verkehrt herum auf den Mund, dann glitt sie langsam über ihm und liebkoste seine Brust, während sie ihm ihren nackten Körper anbot. Noch tiefer glitt sie, die Verführerin, die Herzensbrecherin. Doch er hatte keine Angst mehr, er griff zu, nahm alles was sie ihm gab. Hitze durchströmte ihn, sie richtete sich auf und schob sich über ihn. Langsam begann sie ihren Akt, dann immer wilder und wie ihr Tempo zunahm stieg seine Leidenschaft. Er riss sie zu sich herunter, übernahm die Initiative. Er küsste sie und liebte sie wie in einem Fieberwahn, um irgendwann erschöpft das Bewußtsein zu verlieren.
Er wurde wachgeküsst und die Vögel zwitschern. Er öffnete die Augen und war einen Moment vom Licht der Morgensonne geblendet. Dann erkannte er, das die Frau neben ihm keine blauen, sondern blonde Haare hatte. Aideen küsste ihn erneut und strahlte ihn mit einem ehrlichen Lächeln an. „Die letzte Nacht war magisch.“ – Eine seltsame Wortwahl. Cathwulf musterte sie skeptisch, aber er sah keine Hinterlist. Hatten ihm die Schatten einen Streich gespielt? Er spürte ihren Körper, schlank und anmutig, aber dennoch stark, trainiert darin, Gegner jeder Größe mit zwei 8-Pfund-Äxten zu teilen. Er rief sich die verschwommenen Eindrücke der letzten Nacht ins Gedächtnis, nicht was er gesehen, sondern was er gehört, geschmeckt und gefühlt hatte. Langsam gewann er Sicherheit, dass sie es gewesen war, nicht die Nymphe. „Was ist los?“ fragte sie mit besorgtem Tonfall. Er versuchte seine Miene wieder in Griff zu bekommen. Cath sah die Frau neben sich an und schluckte. Er war sich seiner Gefühle jetzt sicher, aber er musste ihr dennoch gestehen, wie es zu letzter Nacht gekommen war. Sie verdiente die selbe Ehrlichkeit, die sie ihm entgegenbrachte: „Letzte Nacht war großartig. Und es enthüllt mir was ich kaum auszusprechen wage: Ich liebe dich, mit Körper und Seele. Doch letzte Nacht war ich im Geiste bei einer Anderen.“ Aideens Miene zeigte Enttäuschung, aber ohne Vorwurf. Cath erklärte weiter: „Ich war diesen und den davorliegenden Tag mit ihr unterwegs, konnte mich ihres Charms nicht erwehren und letzte Nacht, als die Schatten mich Dinge sehen ließen, da war ich bei einer Nymphe namens Ivy.“ Er senkte schuldbewusst den Blick. Er hoffte, dass sie ihm dies verzeihen konnte, schimpfte sich, dass die Reize der Nymphe seinen Verstand so umnebelt hatten.
Er blickte wieder zu ihr auf, und der Gesichtsausdruck, den er sah, überraschte ihn. Großes Erstaunen in Aideens Gesicht wich langsam einem wohlwollenden Lächeln. „Ivy? Sieht so aus, als hat diese Sera doch ein Sinn für Humor, denn solche Zufälle gibt es doch wohl nicht,“ hauchte sie den verdutzten Cath an. „Wir... Ich bin Ivy vor einer Woche begegnet. Sie hat auch mich... Sie hatte mich etwas geleert, über mich selbst und über das Tun von guten Taten, deshalb haben wir uns auch erst darauf eingelassen, das gewaltige Risiko einzugehen, den Drachen anzugreifen. Tut man Gutes, wird Gutes auch auf einen zurückfallen hat sie mir gesagt – und jetzt liegst du hier neben mir.“ Cath fühlte sich von den Worten etwas herabgesetzt. Er griff sie schelmisch lachend, drückte ihren Rücken auf den Boden und küsste sie. Sie erwiderte sein Lachen und fügte noch provokant hinzu: „Also erkläre ich damit folgende Regel: Solange du mir treu bist, ist es dir auch gestattet, beim Sex mit mir an Ivy zu denken.“ Die Worte klangen seltsam, wahrscheinlich weil Cath seine Zukunft nie weiter als bis zu seinem Kampf mit Xefamagon geplant hatte und jetzt war da plötzlich eine Zukunft und diese befehlerische Söldnerin und hatte beschlossen, das sie Teil seiner Zukunft davon war. ... Dieser Gedanke füllte Cath mit einem unglaublichen Glücksgefühl und er küsste sie erneut. Sie lagen noch lange beieinander, bis irgendwann gegen Mittag der Rest von Aideens Truppe sich nicht mehr zurückhalten konnte und die beiden vorsichtig zum Teleportieren aufforderte.
Teil 6:
Kaum ein Jahr war vergangen. Ivy saß auf einem Baum und beobachtete ein paar Reiter das kleine Dorf verlassend. Sie grinste, wartete den richtigen Moment ab und sprang dann in deren Weg. „Hallo ihr. Wie geht’s?“ platzte sie heraus. Die Pferde wichen unruhig zurück doch die Reiter hatten sie schnell unter Kontrolle.
„Hallo Ivy.“ – „Es geht uns selbstverständlich prächtig, jetzt wo wir dich gefunden haben,“ antworteten Cath und Aideen, sich ergänzend. Ivy quietschte vergnügt, räusperte sich und versuchte ernst zu wirken: „Es ist mir zu Ohren gekommen, dass ihr noch einen kirchlichen Seegensprecher für eure bevorstehende Vereinigung sucht ... Wie der Zufall es will verfüge ich über die nötigen Privilegien ... Ach was. Ich hab gehört, ihr habt euch in 3 Tempeln der Göttin schon nach mir erkundigt und es gibt nichts, das ich lieber tun würde, als euch beide zu verheiraten.“ Freudig hüpfte sie den beiden entgegen und drückte sie.
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Wir sind von solchem Stoff, wie Träume sind, und unser kleines Sein umschließt ein Schlaf
-Shakespeare