Thor 2 - The dark Kingdom
War erst gestern mit ein paar Kumpels in einer 3D-Aufführung des Streifens, weil wir vorher keinen gemeinsamen Termin fanden. Die vielleicht noch 30 Zuschauer verloren sich etwas in dem ohnehin nicht gerade riesigen Vorführsaal...
Und doch - wenn man sich diesen Film anschauen möchte, sollte man es unbedingt in 3D tun. Denn die visuellen Effekte sind nun mal das Einzige, was diesen Streifen erträglich macht, und der Abspann (den man sich komplett antun sollte, weil noch ein, zwei kleine Szenen in ihm oder nach ihm geliefert werden) besteht nicht ohne Grund zu 90% aus einer endlosen, mikroskopisch klein geschriebenen Liste all der SFX-Verantwortlichen. Die Licht- und Partikeleffekte bei den Action-Szenen sind das Beste, was ich in der Hinsicht bislang zu sehen bekam (ist Euch übrigens aufgefallen, daß es in letzter Zeit in Mode kommt, bei Blendeffekten - z.B. durch eine auf den Betrachter gerichtete Taschenlampe - den Blendeffekt durch einen waagerecht sich über das ganze Fomat ziehenden Lichtbalken zu suggerieren? Ich bin mir sicher, daß dieser Effekt durch Concept-Art-Zeichner wie
Andrew Wallin in Mode gekommen ist.
)
Die Action sollte man sich schon in 3D reinpfeifen - manche Szenen sind erkennbar auf diesen Effekt hin konzipiert.
Leider scheint man es aber immer noch nicht so richtig hinzukriegen, die Schauspieler in 3D zu filmen, bzw. sie mit in die Szenerie einzubinden. Dieser Effekt, daß sie dann als 2-D-Animationen in eine 3D-Szene reingeschummelt werden, macht echt auf Dauer Kopfschmerzen. Ebenso wie der saudämliche und zu einem 3D-Film unpassende Effekt der Tiefenunschärfe, mit dem man gerade dann, wenn die Schauspieler in Großaufnahmen z.B. bei einer Dialogszene zu sehen sind, die 3D-Tiefe zu faken versucht. In einem 2D-Film ist dies ein sinnvoller visueller Effekt. In einem 3D-Film ist es kontraintuitiv, weil der Witz bei einem 3D-Film ja gerade darin besteht, daß man als Betrachter selbst die Tiefenebene bestimmen können sollte, die einen gerade interessiert.
Richtig, richtig geil sind also nur diejenigen Filmszenen, in denen keine erkennbaren Schauspieler zu sehen sind, die also komplett aus dem Computer stammen. Am absurdesten sind die Szenen, wo die Schauspieler vor einer 3D-Szene im Mittelgrund agieren, während der Hintergrund aus Mattepaintings besteht, die dann einen pseudo-Tiefenunschärfe-Blurreffekt übergebraten bekommen. Zum Glück gibt's solche Szenen nur selten oder die Kamera fährt dankenswerterweise so hektisch in ihnen herum, daß der gemalte Hintergrund nicht weiter auffällt.
Als Illustrator jedenfalls finde ich den Film klasse: er zeigt, was momentan state of the art ist - und er zeigt auch, was gerade designmäßig mainstream ist. Denn vom Artdesign unterscheidet er sich nicht von einer Hobbit- oder Star-Wars-Ästhetik. Es werden immer wieder wirklich bombastische Bilder gefunden, die von Ferne durchaus an Comic-Ästhetik erinnern, wo mal eine gesamte Szene in Blutrot getaucht wirkt oder ein Asche-Sturm die Protagonisten umweht, und zwar so, daß man außer (ausgerechnet!
) ihnen nix mehr von der Umgebung erkennen kann. Aber das Design ist absoluter Mainstream, kein Bild, daß mich einmal echt verblüfft, kein Rüstungsteil, keine Waffe, keine Maschine, die mich durch ihre Originalität überraschen würden: Alles ist groß und gigantisch und episch und bis auf die Staubpartikel im Gegenlicht hinein ausdetailliert - aber nichts ist fremdartig.
Man könnte sagen: Es ist alles zusammengepanscht, was gut und insbesondere teuer auf dem SFX-Wochenmarkt angeboten wurde. Aber am Ende ist's halt Gepansche.
Während das rein visuell-optisch noch in Ordnung geht, ist es inhaltlich schlicht lächerlich. Wir bekommen gleich zu Anfang einen dämlischen Schmonzes erzählt von einer Dunkelheit, die vor dem Beginn der Welt herrschte und aus der die Dunkelelfen (jaja...) geboren wurden, die sich dann mit irgendwem kabbelten und dabei eine ultimative Waffe, den - jetzt kommt's! -
Äther verwendeten. Und dann wurden sie, obwohl diese Waffe sie eigentlich unbesiegbar machte, irgendwie doch besiegt und vernichtet oder zumindest irgendwohin verbannt, und der Äther wurde da vergraben, wo ihn niemand finden sollte... Dieser Äther wird als so eine Art animierte rote, blutähliche Flüssigkeit dargestellt, die durch die Gegend flutscht und wabert, alles schön rot färbt und bedrohliche Musik als Sidekick hat.
Alle fünftausend Jahre aber stehen alle 9 Welten (hä?!) in einer Linie am Himmel (es ist so lächerlich, aber man kann sie da ja sehen irgendwann, schön hintereinander gereit als wabernde, kreisartige Flecken in den Wolken), und das ist dann irgendwie der Zeitpunkt, zu welchem der verbannte Ober-Dunkelelf den Äther verwenden kann, um das Universum zu vernichten und so weiter.
Es ist einfach peinlich. Da ja ein Gott an ihrer Seite steht, bekommt Fräulein Portman nicht nur die Aufgabe, eine Welt zu retten - das hat sie ja zusammen mit ihren nerdigen Freunden im ersten Thor-Film getan - sondern jetzt eben mal gleich alle neun. Drunter macht man's heutzutage nicht mehr.
Wie nicht anders zu erwarten hat die junge Dame so eine Art GPS-Peilgerät für "Anomalien", mit dem bewaffnet sie auf irgendeinem Fabrikgeklände, wo unbeaufsichtigte Kinder mit schwebenden Lastwagen spielen, über diesen Äther praktisch stolpert, bzw. in ihn hineingebeamt wird und ihn irgendwie in sich aufnimmt. Ab sofort ist sie irgendwie unberührbar, zumindest wenn eifrige Cops sie wegen Ruhestörung abführen wollen (dann gibt's eine große Explosion um sie herum und die Cops und ihre Autos fliegen durch die Gegend und reiben sich bei Aufstehen die angetoßenen Ellbogen). Wenn später böse Dunkelelfen auftreten, um ihr den Äther zu entreißen, steht sie freilich nur dumm da bzw. läßt sich in David-Copperfield-Manier so schön lasziv in die Luft schweben, während die rote Digital-Effekt-Soße aus ihr wieder hinausdiffundiert. Ach Kinners, es wäre lustig, wenn's nicht so traurig wäre...
Ach ja: Die Dunkelelfen greifen Asgard mit unsichtbaren Raumschiffen an und krachen mit ihrem schnellsten und besten Raumschiff direkt in Odins Thronsaal. Als sie dann halb Asgaard in Trümmer gelegt haben, hauen sie unverrichteter Dinge wieder ab, weil sich Natalie Portman mitsamt dem Äther irgendwo versteckt hat. Vorher wird noch Thors Mutter getötet, um ein paar schöne Trauer- und Bestattungsszenerien zu motivieren, aber das schnellste und coolste aller Dunkelelfen-Ufos läßt man im Thronsaal zurück, damit es dann später für eine Verfolgungsjagd zweckentfremdet werden kann...
Bevor jetzt jemand sich über Spoiler ärgert: Spoiler sind in diesem Film völlig wirkungslos. Man kann nix über irgendwelche Handlungsstränge vorab verraten - weil es keine sinnvollen Handlungsstränge gibt. Es gibt nur Versatzstücke von Handlungssträngen aus anderen Filmen. Star Wars. Der Herr der Ringe. Avengers. Kampfstern Galactika. Pat und Patachon. Elend lang ausgealzte Pseudo-Rühungs-Szenen (Odins Frau ist ja dummerweise hopps gegangen) werden mit girlie-mäßigem Comic relief gegengeschnitten, daß man sich als älterer, besorgter Kinogänger fragt: ist es denn gesund, so wild durcheinander zu fressen und zu saufen? Bier und Wein und Schnaps und Buttermilch und Pfirsich-Nektar und Mineralwasser
und Bloody Mary? Könnte man nicht wenigstens das Wasser weglassen?
Die Schauspieler haben keine Chance, gegen diesen Unsinn anzuspielen. Sie geben Knallchargen ab, weil ihnen Knallchargen ins Drehbuch geschrieben wurden. Der verrückte Wissenschaftler (Stellan Starsgaard), der nackt in Stonehenge herumrennt, am Ende aber mit seinen tollen Erfindungen die Welt rettet, muß also seine entsprechend dämliche Irrenanstalts-Szene haben. Die nervig-nerdige, aber natürlich extrem schlagfertige Freundin (Hot-Shot Kat Dennings) der Hauptheldin darf selbstverständlich irgendwann ihre Fensterglas-Brille abnehmen und ihren nerdigen Assistenten knutschen, weil der ihr eben mal das Leben rettet, indem er ein Auto auf eine Gruppe Starship-Troopers - äh, pardon... Dunkelelfen schmeißt. Und Antony Hopkins darf den Odin machen, mit der Augenklappe, die wie ein Monokel frei in die Augenhöhle geklemmt getragen wird und mit einem hübsch animierten Raben auf der Schulter.
Man fragt sich, in welcher Höhe das Schmerzensgeld für diese Rolle an ihn ausfällt.
Miss Portman darf mal wieder vor Genfer-See-Kulisse (wie einst als Padme ihren Anakin) den Film-Partner abknutschen und erfreulicherweise zeigen sich bei ihr in den Close-ups erste Ältersfältchen - man(n) hat so ungern Sex-Fantasien über nicht volljährige Mädchen...
Und dieser Film-Partner sieht wirklich göttlich aus. Wie er sich da so mit nacktem Oberkörper die Hände wäscht in Asgaard - Halleluja, soag i! Hinter uns saßen drei Mädels, und bei der Szene meinte ich ein feuchtes Seufzen aus ihrer Richtung zu vernehmen. Ich war zugegebenermaßen kurz davor, meine sexuelle Orientierung zu überdenken und zum Homo zu konvertieren.
Leider aber wird später im Film dieser göttliche Chris Hemsworth der Lächerlichkeit preisgegeben, indem er, nachdem ihm ein mehrere Tonnen schwerer Felsbrocken an die Birne geworfen wurde, fortan mit zwei drei billig aufgemalten Kratzern auf der Stirn und ungekämmten Haaren herumlaufen muß. Stigmata sind ja bei auf der Erde einherwandelnden Göttern nix ungewöhnliches, aber traditionell sind die eher an Füßen und Händen zu erkennen, wo die Nägel hingehören - nicht auf der Stirn und schon gar nicht dort, so die Dornenkrone nicht mehr hinreicht...
Der einzige Schauspieler also, der so etwas wie Schaupspielkunst - oder wenigstens Schauspielhandwerk bietet, ist Tom Hiddleston. Der darf Loki spielen und die Bösewichte haben in solchen Nonsens-Action-Krachern ja traditionell die dankbarsten Rollen. Wie er da seelenruhig entspannt ein Büchlein lesend in seiner Zelle sitzt und aus den Augenwinkeln die gewaltsame Gefängnisrevolte beobachtet - das ist schon irgendwie cool. Und wenn ihn seine (Stief-) Mutter da in der Zelle besucht, dann ist deren Dialog insofern eine Ausnahme-Szene in dem Film, als hier ein einziges, man möchte sagen: einzigstes Mal der Zuschauer tatsächlich an der psychologischen Situation zwischen dan Figuren interessiert ist: haßt Loki seine Stiefmutter oder liebt er sie? Man versucht, es an seinem Mienenspiel herauszubekommen, schafft es aber nicht.
Naja, diese Szene ist so schnell und unvermittelt vorbei, wie sie anfing und hat auch nur insofern eine Bedeutung für den Rest der Handlung, wie eine unsinnige Handlung irgendwie bedeutsam sein kann: nicht sehr viel.
Abschließendes Urteil: Eine schöne Tech-Demo dessen, was in Sachen 3D und Cinemascope heutzutage möglich ist, solange nicht die ganze Angelegenheit durch Schauspieler und Inhalt/Handlung verunreinigt wird.
Warnung an alle pubertierenden Mädels: Wenn Euch der nackte Oberkörper von Chris Hemsworth reicht, sucht nach der entsprechenden Szene auf Youtube. Die 12 Euro Eintritt allein für die Szene solltet Ihr Euch dagegen sparen, denn Thors
echter Hammer wird leider nicht (schon erst recht nicht in 3D) gezeigt.