Zur Türkei: "mit Jubel geht die Demokratie unter" (frei nach Stark Wars).
Ein Leserbrief bei Fefe (es ist der zweite unter diesem Link)
Ich bin einer der von dir so titulierten "ich wollte nur mal einen Denkzettel erteilen"-Idioten, der in der nächsten Wahl die AFD wählen wird.
Nicht weil ich die gut finde. Sondern weil es meine Unzufriedenheit so ausdrückt, dass es dem politischen System wehtut.
Ich bin 47 Jahre alt, wohne im Münchner Speckgürtel und bezeichne mich eigentlich Zeit meines Lebens als politisch interessiert und Grün bis Linksalternativ. Meine in den letzten 30 Jahren abgegebenen Parteistimmen gingen überwiegend an Grüne, Linke und Piraten. Ich habe fast alle Kommunal/Landtags/Bundestagswahlen und Bürgentscheide mitgemacht. Ich habe in Wackersdorf demonstriert, für den Frieden und gegen G20-Treffen, aus Überzeugung und ich finde das noch immer richtig.
Die letzte Bundestagswahl habe ich bewusst ungültig gewählt (mit einem Kommentar auf dem Stimmzettel wird die Stimme ungültig) - was eigentlich die Königslösung für alle wäre, aber keiner tuts halt.
Soll ich dir was sagen? - Ich finde die AFD Scheisse und ich finde die Köpfe der AFD zum Kotzen. Aber noch viel mehr kotzt mich an, was unter den Augen und mit dem Segen der etablierten Politik, der Sozen, der CxU und der Grünen aus diesem Land und den Menschen geworden ist.
Damit wir uns richtig verstehen: Ich komme aus einfachen Verhältnissen, aber ich bin auf der Sonnenseite: Ich habe Familie, gesunde Kinder, Wohneigentum. Ich verdiene Sechssstellig, ohne mir zuviele Beine auszureissen. Ich neide niemanden etwas, den Hartzern nicht, den Vermögenden nicht und auch den Flüchtlingen nicht. Ich fände ein Bedingungsloses Grundeinkommen eine feine Sache und ich habe kein Problem mit Flüchtlingen, die herkommen, um zu lernen und zu arbeiten (wenn sie denn dürften). Ich lebe gern.
Ich habe ein Problem mit der Tochter meiner Nachbarin: Die ist Bäckereiverkäuferin und kommt trotz achtstundenjob mit dem lächerlich wenigen Geld nicht über die Runden. Ich habe ein Problem mit Millionen Arbeitern, denen es genauso geht, weil seit Jahren die Reallöhne gekürzt werden, während die soziale und die monetäre Schere zwischen Arm und Reich, zwischen Stadt und Land, zwischen Bildung und Prekariat immer weiter aufgeht. Ich habe ein Problem mit einer verlogenen und unfähigen Regierung, die die Digitalisierung komplett verschläft und sich von der Wirtschaft immer mehr kaufen lässt.
Der Politikbetrieb ist seit Jahren nur noch ein Selbstzweck. Grüne, Piraten und Sozen haben sich komplett selber zerlegt - du kannst es u.a. in deinem Blog nachlesen. Die Linke würde an der Regierung so umfallen wie die Grünen, man siehts da, wo sie schon mitregiert. Der ganze Politzirkus verkommt zum Marionettentheater - die Macht ist längst woanders und kauft zusehendes die Politik einfach ein.
Ehrlich: hättest du mir von 20 Jahren gesagt, dass ich mal so rede, ich hätte dich für verrückt erklärt.
Fun Fact: Ich hab heut mit meiner Freundin (auch nicht blöd, studierte Pädagogin, hat den örtlichen Asylhelferkreis gegründet und arbeitet inzwischen beruflich mit minderjährigen Flüchtlingen) geredet, die, ohne meine Gedanken zu kennen, erzählte, sie wolle aus ziemlich denselben Gründen AFD wählen.
In diesem Sinne: Ich bin mir sicher, dass sich auch die AFD selber zerlegt, ehe sie allzuviel Blödsinn anrichtet. Eine Alternative kenne ich nicht. Ob es hilft, weiss ich auch nicht. Ich bin weder vom Programm der AFD noch von den Köpfen überzeugt - im Gegenteil. Es ist einfach das Letzte, was mir noch einfällt.
Hmm ja als die NSDAP gewählt wurde, haben viele Wähler auch vermuten, die würden es eh nicht weit bringen. Als Hitler Kanzler wurde, haben die Zeitungen gewitzelt, wieviele Wochen der wohl durchhalten würde. Die haben aber nicht lange gewitzelt.
Und ja natürlich macht die Linke in den Ländern neoliberale Politik. Was bleibt einem denn anderes übrig ?
1. Die Bundesregierung ist neoliberal und zwingt die Länder z.B. mit der Kreditsperre (mißverständlich als "Schuldenbremse" tituliert) zu neoliberalen Politik. Landespolitik ist kein Spaß. Noch schlimmer ist allerdings Kommunalpolitik, das ist dann nur noch Elendsverwaltung.
2. Hinzu kommt noch - die anderen Parteien sind
alle neoliberal. Solange die Deutschen diese Parteien weiterhin fleißig wählen, müssen wir ja wohl gezwungenerweise mit einer neoliberalen Partei koalieren. In einer Koalition kann nicht ein Partner dominieren und dem anderen vorschreiben, was zu tun ist. Da muß man Kompromisse schließen.
3. Die Option, gar nicht zu koalieren, haben wir auch nicht wirklich. Wir müssen ja immer das Maximale für die Wähler rausholen. Das geht nur mit Druck auf SPD und Grüne (weder FDP noch CDU und erst recht nicht AfD haben irgend einen Anspruch darauf, sozial zu sein zu wollen). Und ja, nicht jeder linke Politiker ist so brilliant wie ein Lafontaine oder Gysi. Da werden immer wieder Kompromisse gemacht, die eigentlich nicht hätten gemacht werden sollten. Aber sich auf die Hände setzen und in moralischer Überlegenheit darüber zu philosophieren, wie man alles besser machen könnte, das reicht eben nicht. Das tun schon viele Kleinparteien.
4. Länder sitzen wenigstens im Bundesrat und können damit Bundespolitik beeinflussen. Bekäme die Linke morgen die absolute Mehrheit im Bund, müßten wir auch einen Fuß im Bundesrat haben. Schon deshalb können wir uns den Ländern nicht verwehren. Sonst ist die Linke ja keine echte Option für den Wähler bei der Bundestagswahl.
Wirklich dumm war Ramelow kürzlich, als er nicht die Privatisierung der Autobahnen aufgehalten hat. Wohlgemerkt aufgehalten, nicht verhindert - aber trotzdem, dank dieser Mithilfe könnte die große Koalition die Autobahnprivatisierung jetzt vor der Bundestagswahl noch durchbringen, und ob es nach der Bundestagswahl noch die Möglichkeit dazu gäbe ... der Bürger hätte wenigstens noch eine Eingriffschance gehabt.
Eine absolute Katastrophe auch seine Begründung dazu, bei der er sich käuflich zeigte. Das ist derselbe Ramelow, der in der Wahlperiode davor noch auf das Amt verzichten wollte, wenn er in der Sache voran käme. Wie gesagt, im Moment vermute ich noch Dummheit, nicht Böswilligkeit. Wenn sich sowas häuft, dürfte es langsam Zeit werden, meine Zeit und Finanzen anderwertig zu investieren als in der Linkspartei.
Auch diesem Brief hier fehlt auch wiede die Analyse der eigentlichen Ursache. Die eigentliche Ursache für eigentlich so ziemlich alle Probleme sind die Machtinteressen der oberen Zehntausend. Warum aber kann diese Menschengruppe so gründlich und total die Verhältnisse bestimmen, obwohl wir doch angeblich eine Demokratie haben ? Wie kann es z.B. sein, das Deutschland mit zunehmender Begeisterung Angriffskriege führt, obwohl Verfassung und Volk dagegen sind ?
WHOW !!!
Als Angela Merkel von den Journalisten des Youtube-Kanals Jung & Naiv auf der Bundespressekonferenz gefragt wurde, ob sie es mittlerweile bedauere, den Irakkrieg von George W. Bush unterstützt zu haben, log sie schamlos: „Ich unterstütze nie einen Krieg, ich habe auch den Irakkrieg nicht unterstützt.“ Mittlerweile beteiligt sie die Bundeswehr am völkerrechtswidrigen Krieg in Syrien und unterstützt den
völkerrechtswidrigen Militärschlag Trumps, der einen angeblichen Einsatz von Chemiewaffen durch Assad bestrafen sollte [...]
Die Merkel ist damals zu Bush jr gefahren und hat laut und öffentlich und penetrant gejammert der böse Schröder würde nicht beim Irakkrieg mitmachen aber sie würde total mitmachen wollen. Gegen den ausgesprochenen Willen des deutschen Volkes, die Schröder genau deshalb gewählt haben. Was damals sogar Bush jr öffentlich kommentiert hat, das er es verstehen würde, wenn Schröder das aus genau diesem Grund täte.
Das ist tatsächlich krass, das sie jetzt etwas Anderes behauptet.
Und ja es ist ein Facebook-Link, ich habe jetzt nur die Nachdenkseiten-Version des Textes wirklich gesehen.