Politik, 12. Staffel

Ender

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Wie schon oft hier gesagt, auch in meinem letzen Posting - hätte Griechenland 2009 den Euro verlassen, hätten sie jetzt keine großen Probleme mehr.
Währe Griechenland nicht in die Währungsunion währs vieleicht noch besser .....Währe ....Vieleicht..
Haben sie aber nicht wir haben 2015 und was man damals gemacht hätte hilft jetzt garnichts.
Griechenland hat nunmal die riesige Staatsverschuldung was ja nicht das Problem ist sondern die hohen Ausgaben dennen keine/niedriege Einnahmen gegenüber stehen.
 

Gala

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Genau, und weshalb haben sie diese Verschuldung ?

Weil sie 2009 deinem Vorschlag gefolgt sind und massivst, brutalst gespart haben.
 

Astaldo

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Ok sie sparen nicht. Woher kommt das Geld, dass benötigt worden wäre?
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Erstens natürlich indem sie endlich ihre Oberschicht gerecht (oder überhaupt mal) besteuern, und zweitens, indem sie investieren, statt die Wirtschaft sinnlos kaputtzusparen.

Aber, wie Paul Krugmann schon 2009 gewarnt hat: die Lage ist inzwischen richtig schlimm.
 

Danol

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Gala schrieb:
Hitler galt auch als Lachnummer, bis er dann an die Macht kam. Das Ermächtigungsgesetz, das seine Diktatur schlußendlich legitimierte, war von den konservativen Parteien unterstützt worden, weil sie annahmen, das sich Hitler damit blamieren würde.

Und deswegen muss man nun jede Lachnummer zum Hitler aufblasen? Eher nicht.

David schrieb:
Demokratisch legitimiert sind die EU-Institutionen schon, aber halt nur repräsentativ und durch die Größe Europas zwangsläufig gefühlt ziemlich weit weg von den einzelnen Menschen.

Repräsentativ lässt sich im Parlamentarismus gar nicht vermeiden, das war auch nicht mein Kritikpunkt. Ich denke da eher an sowas wie die europäische Kommission, die gar nicht gewählt, sondern von den Mitgliedsstaaten ernannt wird. Demokratische Legitimierung kann ich da nicht mehr erkennen.

Ender schrieb:
[...] das ist ja das Problem Griechenlands es gibt da keine einfache Lösung die ohne schwerere Einschnitte für die bevölkerung auskommt btw die nicht längere Zeit dauert.

Längere Zeit dauern wird das schon, aber wenns mit harten Einschnitten für die Bevölkerung kommt wird da gar nix draus. Das Allerletzte, was Griechenland momentan brauchen kann, ist eine weitere Schwächung des Binnenmarktes, denn ein starker Binnenmarkt ist das einzige was jetzt noch ausreichend Einnahmen für den Staat generieren könnte, um halbwegs durch die Krise zu kommen. Für einen Binnenmarkt ist es aber tödlich, den materiellen Lebensstandard weiter Bevölkerungsteile drastisch zu senken, wie es in Griechenland geschah. Damit gräbt man für kurzfristige Einsparungen langfristige Perspektiven ab, das zugrunde liegende Problem kommt dann, ein paar Jahre später, noch schlimmer zurück. Die gegenwärtige "Rettungspolitik" für Griechenland sorgt eigentlich nur dafür dass diese Krise dauerhaft am Köcheln gehalten wird, weil man die irrationale und vage Befürchtung hat ein Ende durch einen Austritt aus der Eurozone und Konvertierung der griechischen Schulden in die Drachme hätte irgendwie noch viel schlimmere Folgen und dabei total übersieht dass eine Krise, die durch Verunmöglichung aller sinnvollen Lösungsansätze Dauerzustand wird, irgendwann zwangsläufig mehr Schaden anrichtet als eine Einmalkorrektur bestehender Verhältnisse.

David schrieb:
Im Moment würde ja nichtmal ein Wirtschaftsaufschwung richtig was helfen weil zuviele Steuern entweder hinterzogen werden oder aufgrund von seltsamen Gesetzen erst gar nicht verlangt werden.

Natürlich würde ein Aufschwung helfen, z.B. durch eine Steigerung der Einnahmen der Staatsunternehmen oder eine Senkung der Sozialausgaben. Aber woher sollte dieser hypothetische Aufschwung kommen? Vom Binnemarkt? Der wurde erfolgreich zerstört. Vom Außenhandel? Der ist, dank Euro, nicht Wettbewerbsfähig. Vom Tourismus? Der Leidet auch unter dem Euro, Länder mit schwachen Währungen sind halt attraktiver, weil günstiger. Das Problem ist nicht das griechische Steuersystem, auch wenn das natürlich auch so nicht weitergehen kann, das Problem ist die verfehlte Krisenpolitik, die Griechenland gar nicht mehr die Möglichkeit lässt einen Aufschwung zu erfahren.

Es rechnet glaube ich niemand damit dass Griechenland alle Schulden zurückzahlen kann, aber es geht jetzt darum, dass man eine Lösung findet, bei der Griechenland nicht alle 10 Jahre einen neuen Schuldenschnitt braucht. Nicht zuletzt mit Blick auf andere Euroländer, denn wenn das Schule macht dass man nach einigen Jahren exzessiver Verschuldung einfach einen Schuldenschnitt bekommt, bekommt irgendwann gar kein Staat mehr Kredite. Und dann haben selbst die reichsten Staaten ein Problem.

Nein, das wäre dann endlich ein wünschenswerter, aber komplett illusorischer, Zustand. Staaten sollten ihre Ausgaben grundsätzlich aus laufenden Steuereinnahmen und Rücklagen finanzieren. Beim Großteil der europäischen Staaten wäre das auch kein Problem, hätte man die Steuerlast, gerade von Großverdienern, Vermögenden und Unternehmen, nicht teilweise absurd reduziert und müsste man nicht die laufenden Schuldverpflichtungen bedienen. In Deutschland hat der Schuldendienst z.B. 2013 einen Anteil von >10% am Bundeshaushalt (etwa 33MRD €). Effektiv sind Staatsschulden nichts anderes als ein Mittel zur Umverteilung von Vermögen zugunsten der Schuldner und wir sollten alles daransetzen diesen Unfug baldestmöglich zu beenden. Verlust der Kreditwürdigkeit wäre da Klasse, ab dem Moment gibt es nämlich keinen Grund mehr, bestehende Verpflichtungen weiter zu bedienen - das schlimmste was passieren kann, kein Geld mehr auf Pump, ist ja schon eingetreten. Insofern macht mir so ein Szenario keine Angst, im Gegenteil, ich sähe das eher als eine große Chance, endlich wieder zu einer sinnvollen Steuer- und Haushaltspolitik zu kommen.

Ender schrieb:
Und wer hat Griechenland in den Euro gezwungen oder zwingt sie drin zu bleiben ?

Wen interessiert das? Es geht hier doch nicht um das Hin- und Herschieben von Schuld für die gegenwärtige Krise, sondern um ihre Lösung. Wenn man sich da auf den Standpunkt stellt das die Griechen das alles selber zu verantworten haben mag man moralisch eventuell recht haben (ich sehe das allerdings auch anders), hat zur Lösung des Problems aber rein gar nichts beigetragen. Also wofür soll so eine Überlegung relevant sein? Um mal so richtig über die doofen Griechen herzuziehen? Damit der Stammtisch mal wieder überkochen darf?

Gala schrieb:
Und die Kriterien für den Eurobeitritt sind völlig aus der Luft gegriffen gewesen und auch nicht relevant. Nicht mal die neoliberalen Ökonomen können erklären, warum sie genau aufgestellt wurden.

Darum gehts doch gar nicht. Es geht darum dass selbst diese Kriterien, wie irrelevant auch immer, nicht eingehalten wurden. Mit anderen Worten man hat den Euro in dem Wissen eingeführt das nichtmal die Kriterien, die man vorher selbst verbindlich festgelegt hat, eingehalten wurden. Das mag wirtschaftspolitisch egal sein, es sagt aber einiges über die dahinterstehenden politischen Interessen aus: Euro um jeden Preis, nervt nicht mit Details!

Astaldo schrieb:
Natürlich kann man ohne Sparzwang wieder auf Investitionen der öffentlichen Hand hoffen, aber das Geld muss auch erstmal woher kommen.

Wenn man so vorgeht wird man aber nie zu einer Lösung kommen. Im Moment kommt halt von nirgendwoher Geld, also gibts dann keine Investitionen. Und ohne Invetitionen kommt kein Geld rein. Und ohne Geld kann man halt nicht investieren. Also bleibt alles so wies derzeit ist. Das ist ein Teufelskreis, den man mit der Prämisse "aber das Geld muss auch erstmal woher kommen" nie durchbrechen wird. Außer man sorgt, z.B. durch angemessene Besteuerung, dafür dass irgendwoher Geld kommt. Das ist aber auch kein Allheilmittel, denn selbst um die Steuern auf diverses bisher unangetastete Vermögen in Griechenland zu erheben, müsste der Staat erstmal massiv investieren (in Beamte, Ermittlungsarbeiten, Gerichtsverfahren usw.). Die einzige Möglichkeit, Griechenland dieses Geld zukommen zu lassen, liegt in einem Schuldenschnitt oder einer anderweitig merklichen Reduzierung der Schuldenlast oder in Zahlungen aus dem Ausland.
 

Ender

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Längere Zeit dauern wird das schon, aber wenns mit harten Einschnitten für die Bevölkerung kommt wird da gar nix draus
Ich hatte nicht gemeint das es noch härtere Einschnitte für Grichenland geben sollte aber es wird halt garantiert nicht einfach oder leichter.

Wenn man so vorgeht wird man aber nie zu einer Lösung kommen. Im Moment kommt halt von nirgendwoher Geld, also gibts dann keine Investitionen. Und ohne Invetitionen kommt kein Geld rein. Und ohne Geld kann man halt nicht investieren. Also bleibt alles so wies derzeit ist. Das ist ein Teufelskreis, den man mit der Prämisse "aber das Geld muss auch erstmal woher kommen" nie durchbrechen wird. Außer man sorgt, z.B. durch angemessene Besteuerung, dafür dass irgendwoher Geld kommt. Das ist aber auch kein Allheilmittel, denn selbst um die Steuern auf diverses bisher unangetastete Vermögen in Griechenland zu erheben, müsste der Staat erstmal massiv investieren (in Beamte, Ermittlungsarbeiten, Gerichtsverfahren usw.). Die einzige Möglichkeit, Griechenland dieses Geld zukommen zu lassen, liegt in einem Schuldenschnitt oder einer anderweitig merklichen Reduzierung der Schuldenlast oder in Zahlungen aus dem Ausland.
In Beamte braucht Griechenland nicht mehr investieren da hat Griechenland im Verhältnis zu Deutschland schon 5% mehr aber die Steuern werden halt nicht eingetrieben btw es scheint nach dem was man liest nen Volksport zu sein keine zu zahlen.
Was hilfts wenn 15000 Beamte neu/wieder eingestellt werden wenn die Vorher schon keine Steuern eingetrieben haben.
Was sind das für Beamte die die jetztige Regierung ein/wiedereinstellt wenns Steuerprüfer währen könnte man ja nen Sinn sehen aber ich glaubs nicht recht.
 

Danol

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Wieviel mehr Beamte Griechenland im Vergleich zu Deutschland hat ist nicht wirklich wichtig, vor allem in Anbetracht der traurigen Tatsache dass Deutschland seit einiger Zeit versucht, Beamte durch Angestellte zu ersetzen (Lehrer, Verwaltung) oder einfach nötige Stellen dennoch einspart (Polizei, Justiz). Deutschland als Vergleich wäre als irregeleitet, genau so sollte man es nicht machen.
Mal davon ab sagt die reine Anzahl der Beamten auch nichts aus, man kann ja nicht plötzlich Lehrer als Steuerprüfer einsetzen.
Das die neueingestellten keine Steuern machen ist auch irgendwo logisch. Die werden die vorherigen Aufgaben wieder übernehmen, deswegen hat man sie ja wieder eingestellt. Zumindest hoffe ich mal, das man nicht massenhaft Steuerprüfer entlassen hat, um gegen die Krise anzukommen. Was das bringt? Fangen wir mal damit an dass die Aufgaben, die die Beamten vor ihrer Entlassung erledigt haben, wieder erledigt werden. Weiter gehts dann damit das 15.000 Menschen wieder bezahlt werden, mit anderen Worten es stärkt den Binnenmarkt. Wir erinnern uns, die griechische Wirtschaftsleistung ist seit Beginn der Krise um gute 20-25% niedriger als vorher, Binnenmarkt stärken ist also eine sinnvolle Sache. Da im Privatsektor erstmal nicht besonders viel zu erwarten ist, muss die Initiative dazu ohnehin vom Staat ausgehen.

Mal so ganz allgemein: Wenn man irgendwo, egal ob staatlich oder privat, einen erheblichen Mehraufwand (in diesem Fall das Eintreiben von Steuern) umsetzen will, muss man dafür sorgen das man genug qualifiziertes Personal hat. Wenn man das nicht schon von Anfang an hat, muss man neu einstellen. Das gilt eben auch für Griechenland.
 

Ender

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Wenn 15000 mehr Beamte benötigt werden macht es Sinn wenn nicht is es nur rausgeworfenes Geld,ja die Beamten haben dann Geld das sie ausgeben toll sie kosten aber auch das Geld das sie ausgeben an Steuern.Von dem Geld kommt aber nicht 100 % zum Staat zurück
Beamte sind nötig sicher aber sie Produzieren nichts also erwirtschaften nichts für die Wirtschaft.Also sollte es nicht mehr geben als Benötigt wird und wenn ich im Wiki lese hat Griechenland einfach zuviel Beamte die nicht wirklich benötigt werden,was der Grund war warum gefordert wurde das der Beamtenapparat reduziert wird von der Troika.
Es ist billiger jemand Sozialhilfe zu Zahlem als nen Beamten zu haben der nicht benötigt wird.
 
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Turjan

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Genau. Ohne Arbeit gibt's in Griechenland exakt gar nichts. Dann muss man versuchen, sich von Verwandten durchfuettern zu lassen. Es gibt auch viele Familien, die lediglich von der Pension des Grossvaters leben und hoffen, dass der nicht so bald stirbt.
 

Ender

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Ok wuste ich jetzt nicht aber ändert das jetzt was an der Aussage ?
Es hilft ja nichts die Leute einzustellen um Wahlversprechen zu erfüllen falls man sie nicht wirklich brauchen sollte.Das ist dann nur Indirekte Sozialhilfe für Vitamin B bezieher mehr nicht.
Griechenland hat nunmal zuviel Staatsausgaben im Verhältnis zu den Einnahmen.
 

Danol

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Das ist genau die Einstellung, die Griechenland überhaupt erst in die Rezession getrieben hat. Man kann eine angeschlagene Volkswirtschaft nicht durch staatliche Einsparungen sanieren, das hat nie funktioniert und funktioniert auch jetzt nich, weil Einsparungen des Staates in einen Teufelskreis aus sinkender Nachfrage, sinkenden Einnahmen, noch weiter sinkender Nachfrage, Massenarbeitslosigkeit, damit verbunden zum Zusammenbruch der Staatseinnahmen und schließlich des Binnemarktes führen. Sparen ist die unsinnigste Option für Griechenland, weil sich jeder jetzt gesparte Euro sofort und in Zukunft mehrfach rächen wird.

Die frustrierende Wahrheit ist: Es gibt praktisch keine Bereitschaft zu privaten Investitionen in die griechische Wirtschaft. Die müssen also vom Staat kommen, weil sonst keiner übrig bleibt ders machen könnte. Wenn ders nicht macht machts keiner und der Teufelskreis geht weiter - was dann letztendlich wesentlich teurer wird, denn nach der dann unvermeidlichen Staatspleite wird niemand mehr irgendwelches Geld von den Griechen wiedersehen.

Der Glaube, ein Staat könne in schlechten Zeiten einfach so Geld einsparen, bis seine Ausgaben wieder mit seinem Einnahmen übereinstimmen, ist Stammtischgeschwätz, das in der Vergangenheit noch jede Rezession verschlimmert hat. Sowas wird man nicht dadurch los dass niemand mehr Geld ausgibt (private Investoren nicht weil ja Rezession ist, Privatkonsumenten nicht weil sie keins mehr haben und der Staat nicht weil er ja sparen muss), was eigentlich auch vollkommen logisch ist - unsere Wirtschaft beruht darauf dass Geld ausgegeben und im Umlauf gehalten wird. Hohe Sparbemühungen reduzieren die Geldumlaufgeschwindigkeit, niedrige Geldumlaufgeschwindigkeit reduziert tendentiell das BIP.
Wenn man aus diesem Teufelskreis rauskommen will, kann man entweder die Geldmenge massiv erhöhen (Griechenland kann das nicht, weil sie den € haben), die Umlaufgeschwindigkeit erhöhen (das geht am Effektivsten indem man das Einkommen der ärmeren Bevölkerungsschichten erhöht) oder die eigene Währung so massiv abwertet dass man als Exportland attraktiv wird und so Investitionen ins Land holt und Kaufkraft für den Binnenmarkt schafft (kann Griechenland auch nicht, weil sie den € haben). Von allen halbwegs erfolgsversprechenden Maßnahmen bleibt also, dank €, ohnehin nur die Variante mit massiven Staatsausgaben zur Erhöhung der Einkommen der griechischen Unterschicht übrig. Die Eierlegende Wollmilchsau, die die Eurokraten gerne hätten, (Griechenland im €, aber mit gesenkten Ausgaben) gibts nicht. Das wäre keine Lösung des Problems, sondern das bewusste Herbeiführen einer humanitären Katastrophe, die dann trotzdem weit mehr kosten wird als dadurch jemals gespart werden könnte. Ich finde das Beharren auf einer Senkung der griechischen Staatsausgaben also vollkommen daneben, das ist der sicherste Weg die aktuellen Probleme dauerhaft zu konservieren.
 
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Turjan

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Kein Widerspruch gegen die Aussage, dass Griechenland exakt null Chancen hat, sich aus der Schuldenkrise herauszusparen. Aber hier noch ein weiteres "Fun Fact":
Danol schrieb:
... - was dann letztendlich wesentlich teurer wird, denn nach der dann unvermeidlichen Staatspleite wird niemand mehr irgendwelches Geld von den Griechen wiedersehen.
Das ist gar nicht mal so sicher, da selbst eine Staatspleite die Schulden der Griechen nicht eliminieren wuerde. Die wuerden einfach so weiter laufen, es sei denn, die Schulden wuerden formal erlassen. Wenn die Griechen dann ihre eigene Waehrung haben, bleiben die Schulden immer noch bestehen und immer noch in Euro. Ich nehme mal an, der Neuanfang wird dann bei etwa einer Verschuldung von 400% des BPI liegen. Theoretisch koennte dann griechischer Besitz im Ausland beschlagnahmt werden.

Das heisst, ein Schuldenschnitt jetzt waere die bessere Alternative. Das scheiterte bis dato hauptsaechlich daran, dass Merkel gegenueber dem hiesigen Wahlvolk nicht zugeben will, dass das Geld futsch ist. Das vor Jahren mit der letzten Regierung zu machen, waere die bessere Alternative gewesen (und das Scheitern damals absehbar). Allerdings traegt die Haltung der derzeitigen griechischen Regierung nicht dazu bei, daran etwas zu aendern. Jetzt die Reparationsfrage aufzumachen duerfte da exakt kontraproduktiv sein, da irgendwelche Schnitte jetzt wahrscheinlich an zusaetzliche Auflagen geknuepft werden muessen, die es vorher nicht gab.
 
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David

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Ein Schuldenschnitt jetzt wäre aber nur dann eine Lösung wenn er im Rahmen einer größeren Lösung stehen würde, die sicherstellt, dass das der letzte Schuldenschnitt war. Wobei nach allem was man hört die tatsächliche Belastung durch diese Schulden hier und heute ja gar nicht so groß sein soll, so dass die Frage ist, ob Griechenland dann wirklich schon über den Berg wäre, wenigstens für die nächsten paar Jahre.

@Danol:
<i>„Staaten sollten ihre Ausgaben grundsätzlich aus laufenden Steuereinnahmen und Rücklagen finanzieren.“</i>
Klar wäre das der Idealfall, aber glaubst du daran ?
Wir könnten die "schwarze Null" sicher auch ohne Nullzinsen und Investitionsstopp erreichen wenn wir ein paar Interessengruppen wehtun würden indem wir ihnen die Subventionen, staatliche Leistungen (zB die Herdprämie) oder Steuerprivilegien streichen würden. Aber wehe wenn es konkret wird: „Bei den Anderen (denen geht es ja eh besser) gerne, aber doch nicht bei MIR!“ :eek:
Das Problem wenn alle Staaten den Schuldendienst einstellen würden ist übrigens, dass dann auch die Gläubiger (darunter wahrscheinlich viele Lebens- und Rentenversicherungen) pleite gehen würden, die dann der Staat retten(..)

Das Problem mit dem „Binnenmarkt durch Staatsausgaben ankurbeln“ ist, dass Griechenland genau das (aber leider zu wenig Anderes) jahrelang gemacht hat und erst in Folge dessen überhaupt die Troika am Hals hatte.
Sowas mag wenn alles nach Lehrbuch läuft funktionieren wenn eine an sich gut aufgestellte Wirtschaft durch eine zeitlich befristete konjunkturelle Delle gehen muss, aber es ist keine Dauerlösung für eine Wirtschaft mit strukturellen Problemen.
Schulden mit noch mehr Schulden bekämpfen zu wollen ist auch nicht schlüssiger als Wachstum durch Sparen bei Staatsausgaben erreichen zu wollen, „Münchhausen-Ökonomie“ sozusagen.
Am Ende hat in Griechenland leider beides nicht funktioniert, jedenfalls nicht unter den Bedingungen des Euro, der eigentlich für Länder in einer viel stärkeren wirtschaftlichen Lage gedacht war.

Du hast ja auch selber geschrieben wie der Euro wichtige Optionen (Abwerten für Handel und Tourismus und zum Inflationieren der Schulden) ausschließt, und wenn man (nur mal so aus Spaß :D ) die Euro-Verträge ernst nehmen würde, würden auch die hohen Staatsausgaben nicht gehen weil Griechenland keine Schulden mehr aufnehmen kann und andere Länder eigentlich nicht für fremde Schulden haften sollten. Sprich, eigentlich gibt es im Euro keine Zukunft für Griechenland, sondern nur ein ewiges Leiden für Griechenland UND die Kreditgeber. Zumindest wenn man keinen formalen und von allen akzeptierten automatischen Länderfinanzausgleich einführt.
Würde man das nicht so überhöhen als ob dann gleich ganz Europa zugrunde gehen würde, hätte man schon lange einen geplanten Euro-Austritt inkl. Hilfen zum Neustart (Schuldenschnitt, Umrechnung der Schulden in die neue Währung) angehen können. Ich mein, man hört von der AfD und von manchen Linken dass ein Euro-Austritt eine Lösung wäre, wenn sogar die Beiden sich einig sind..
Und wenn es Probleme zB im Gesundheitswesen gibt kann man sicher auch ein paar Mio. direkt an die Krankenhäuser überweisen, das bringt mehr als ein paar Mrd. im allgemeinem Staatshaushalt.

Merkel und Schäuble wäre es doch normalerweise völlig egal welche Wirtschaftspolitik Griechenland verfolgt, die hätten eigentlich auch Besseres zu tun. Ich habe neulich gelesen dass China dank seines Wirtschaftswachstums alle paar Monate soviel neues BIP schafft wie Griechenland insgesamt hat, d.h. unter normalen Umständen müsste das außerhalb Griechenlands niemanden interessieren ob es da ein paar Prozente rauf oder runter geht. Wir haben es aber geschafft daraus eine existenzielle Frage für 500 Mio. Menschen zu machen. Nur zur Erinnerung: Griechenland hat keine 11 Mio. Einwohner.

PS.:
Das Ganze erinnert mich auch an andere Blasen:
Es wird auf Pump konsumiert, den Leuten geht es erstmal besser als es ihnen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Kraft eigentlich gehen „sollte“, und wenn die Blase dann platzt will man nicht wahrhaben dass man denselben Standard wie auf dem Höhepunkt der Blase erst einmal nicht mehr erleben wird. Dabei ist in Wirklichkeit nur etwas verloren gegangen, das es eigentlich nie hätte geben sollen. Und diese Sehnsucht führt dann mit etwas Pech direkt in die nächste Blase, ich habe zB neulich erst gelesen, dass die Immobilienpreise in den USA sich schon wieder dem Vorkrisenniveau annähern und wieder fleißig Hypothekendarlehen vergeben werden sollen. Auf ein Neues.
 
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Danol

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Turjan schrieb:
Das ist gar nicht mal so sicher, da selbst eine Staatspleite die Schulden der Griechen nicht eliminieren wuerde. Die wuerden einfach so weiter laufen, es sei denn, die Schulden wuerden formal erlassen.

Da sehe ich jetzt nicht so das Problem, es gibt dann keine Handhabe mehr Griechenland zur Bedienung der Schuld zu zwingen. Kreditwürdigkeit ist eh futsch, ökonomische Sanktionen dankt der EU-Binnemarktregelungen nicht so furchtbar und die laufenden Staatskosten können durch die laufenden Einnahmen finanziert werden. Griechischer Besitz im Ausland betrifft ja zunächst mal nur Staatsbesitz, Sachen wie Botschaften dürften da auch erstmal außen vor sein, wieviel wäre dass denn so in etwa? Scheint mir auch nicht gerade der pure Horror zu sein.

David schrieb:
Ein Schuldenschnitt jetzt wäre aber nur dann eine Lösung wenn er im Rahmen einer größeren Lösung stehen würde, die sicherstellt, dass das der letzte Schuldenschnitt war. Wobei nach allem was man hört die tatsächliche Belastung durch diese Schulden hier und heute ja gar nicht so groß sein soll, so dass die Frage ist, ob Griechenland dann wirklich schon über den Berg wäre, wenigstens für die nächsten paar Jahre.

Am Besten wäre ohnehin ein totaler Schuldenerlass. Solange Griechenland noch Schulden hat, kann man nie sicher sein dass es der letzte Schnitt sein wird. Weil existierende Schulden den Staatshaushalt durch Schuldendienst belasten und diese Belastungen wirtschaftlich schwachen Staaten wie Griechenland schnell über den Kopf wachsen können, auch ohne deren Zutun.

Klar wäre das der Idealfall, aber glaubst du daran ?

Drann glauben im Sinne von "das ginge": Ja klar, zumindest für uns. Seit 2008 lag die Neuverschuldung nur in einem Jahr über den Ausgaben für den Schuldendienst, mit anderen Worten ohne Schuldendienst wäre, bei gleichbleibenden Ausgaben, das Bilden von Rücklagen drinn, die solche Jahre dann mal abfangen.
Drann glauben im Sinne von "irgendeine Partei oder irgendein Politiker hat genug Hirn das tatsächlich umzusetzen": Nein, so blauäugig bin ich dann doch nicht.

Das Problem wenn alle Staaten den Schuldendienst einstellen würden ist übrigens, dass dann auch die Gläubiger (darunter wahrscheinlich viele Lebens- und Rentenversicherungen) pleite gehen würden, die dann der Staat retten(..)

Das ist zunächst mal nichts problematisches. Bei den Rentenversicherungen ist ein zurück zur umlagefinanzierten Rente ohnehin nicht dauerhaft vermeidbar, einen Großteil der Gläubiger kann man auch guten Gewissens pleite gehen lassen, da diverse Aktivitäten vieler Casinos Banken realwirtschaftlich gar nicht mehr relevant oder sogar eher schädlich sind.

Das Problem mit dem „Binnenmarkt durch Staatsausgaben ankurbeln“ ist, dass Griechenland genau das (aber leider zu wenig Anderes) jahrelang gemacht hat und erst in Folge dessen überhaupt die Troika am Hals hatte.

Das Problem ist eher das Griechenland seine bisherige Wirtschaftspolitik, dank Euro, nicht mehr finanzieren konnte und daher die Troika am Hals hatte, nicht dass die Politik an sich falsch wäre. Sie hat vor dem Euro wunderbar funktioniert und hätte, mit der schwachen Drachme, auch noch eine ganze Weile so weiter funkitionieren können.

Sowas mag wenn alles nach Lehrbuch läuft funktionieren wenn eine an sich gut aufgestellte Wirtschaft durch eine zeitlich befristete konjunkturelle Delle gehen muss, aber es ist keine Dauerlösung für eine Wirtschaft mit strukturellen Problemen.

Das strukturelle Problem ist im Falle Griechenlands aber der zu schwache Binnenmarkt. Da Griechenland, im Gegensatz zu etwa Deutschland, nicht die Option hat durch massive Exporte seine Binnenmarktprobleme auf andere EU-Länder abzuwälzen, bleibt da nur eine staatliche Stärkung des Binnenmarktes.

Schulden mit noch mehr Schulden bekämpfen zu wollen ist auch nicht schlüssiger als Wachstum durch Sparen bei Staatsausgaben erreichen zu wollen, „Münchhausen-Ökonomie“ sozusagen.

Es geht nicht ums bekämpfen der Schulden, die können meinetwegen sofort gestrichen werden, es geht ums Bekämpfen der Verelendung in Griechenland und das Ende der Vernichtung der griechischen Wirtschaft. Das sind nur eben auch zwingende Voraussetzungen wenn die Schuldner doch noch mal irgendwas von ihrem Geld wiedersehen wollen. Wenn man sich einmal nennenswert Verschuldet hat, kommt man da als Staat ohne drastische Maßnahmen nicht mehr aus dem entstehenden Teufelskreis raus, wenn das also Voraussetzung ist dann wird sich in Griechenland nichts mehr verbessern.

Sprich, eigentlich gibt es im Euro keine Zukunft für Griechenland, sondern nur ein ewiges Leiden für Griechenland UND die Kreditgeber. Zumindest wenn man keinen formalen und von allen akzeptierten automatischen Länderfinanzausgleich einführt.

Finanzausgleich ist Murks. Was wir brauchen ist eine Möglichkeit zur geordneten Insolvenz eines Staates, die mit einer Entschuldung einhergeht und dadurch wieder Handlungsspielraum für die Zukunft schafft. Die hohen Zinsen, die die griechischen Gläubiger eingestrichen haben, sind eben auch Risikoprämie, da ist es nur angemessen Schulden, bei Zahlungsunfähigkeit, auch durch Insolvenz loswerden zu können. Wenn das ginge wäre auch eine Zukunft im Euro machbar; für alle anderen Beteiligten scheint das aber noch viel mehr Teufelszeug zu sein als ein Euro-Austritt.

Wir haben es aber geschafft daraus eine existenzielle Frage für 500 Mio. Menschen zu machen. Nur zur Erinnerung: Griechenland hat keine 11 Mio. Einwohner.

Tja, wenn Griechenland austritt, wie gehts dann mit Zypern, Italien, Spanien, Portugal weiter? Auch alles Krisenländer, die auch noch nicht aus dem gröbsten Raus sind, sondern lediglich gerade nicht im Rampenlicht stehen. Vermutlich hat man mittlerweile erkannt was für ein verrottetes, morsches Kartenhäuschen man sich da gebaut hat - und keiner will dass es einstürzt, weil jeder Glaubt der Zusammenbruch wird dann ihm angelastet, ohwohl er unvermeidlich war. Also wartet man ab, sitzt aus und hofft, dass man länger abwarten kann als zumindest ein anderer. Mit ein bisschen Glück ist Griechenland eine existenzielle Frage für den Euro und der ganze Spuk anschließend endlich vorbei. Naja, man darf ja träumen.

Und diese Sehnsucht führt dann mit etwas Pech direkt in die nächste Blase, ich habe zB neulich erst gelesen, dass die Immobilienpreise in den USA sich schon wieder dem Vorkrisenniveau annähern und wieder fleißig Hypothekendarlehen vergeben werden sollen. Auf ein Neues.

Die Schuld dafür würde ich aber nicht bei den Menschen sehen, die eine sich bietende Gelegenheit zur Erhöhung ihres Lebensstandards nutzen, sondern hauptsächlich beim Staat, der bei der Regulierung von Finanzmärkten und Spekulationsobjekten traditionell und politisch gewollt versagt.
 

Turjan

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Danol schrieb:
Da sehe ich jetzt nicht so das Problem, es gibt dann keine Handhabe mehr Griechenland zur Bedienung der Schuld zu zwingen.
Nicht sofort. Man kann schlicht warten, bis wieder was zu holen ist, da die Schulden ja weiter wachsen. Ohne Entgegenkommen anderer wuerde Griechenland sich dann wahrscheinlich von Bankrott zu Bankrott hangeln, da sie international keinen Fuss mehr auf den Boden bekaemen.

Es ist ja gerade das Dilemma, dass jeder weiss, dass Griechenland ohne Schuldenschnitt nicht mehr aus seinem Loch herauskommt, aber andererseits die Angst besteht, dass dann systemkritische Laender Gleichbehandlung fordern wuerden. Der deutsche Steuerzahler kann zwar Griechenlands 65 Milliarden wegstecken, aber wenn dann Italien und andere Laender kommen, sieht es boese aus.
 

Astaldo

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Das Problem ist eher das Griechenland seine bisherige Wirtschaftspolitik, dank Euro, nicht mehr finanzieren konnte und daher die Troika am Hals hatte, nicht dass die Politik an sich falsch wäre. Sie hat vor dem Euro wunderbar funktioniert und hätte, mit der schwachen Drachme, auch noch eine ganze Weile so weiter funkitionieren können.

Wenn das alles so schön funktioniert hat, warum musste man dann vor dem Beitritt zum Euro sein schon viel zu hohes Staatsdefizit verschleiern?
 

Danol

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@Astaldo: Weil dieses Defizit vorher kein großes Problem war, durch Inflation konnte man die Schuldenlast schließlich immer so drücken dass sie erträglich blieb. Zum Problem wurde das erst mit dem Euro, der diese Politik unmöglich machte, weil Griechenland seine Schulden nun eben nichtmehr mit hoher Inflation bekämpfen kann. Je stärker eine Währung ist, desto eher sind Schulden ein Problem und der Euro ist nunmal signifikant stärker als es die Drachme war.

@Turjahn: Womit sollte man Griechenland denn zur Bedienung der Schulden zwingen, wenn wieder was zu holen ist? Solange Griechenland keine neuen Schulden anstrebt, gibt es da einfach kein geeignetes Druckmittel.
 

Ender

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@Astaldo: Weil dieses Defizit vorher kein großes Problem war, durch Inflation konnte man die Schuldenlast schließlich immer so drücken dass sie erträglich blieb
Nur wenn die Schulden in Drachmen wahren ich vermute aber eher das Internationale Schulden und deren Zinsen/Tilgung eher nicht in der Landeswährung abgewickelt werden ?
Sonst währen einige andere Länder ihre Schulden schon lange auf ne einfache Art loßgeworde ^^
 

Danol

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Nein, auch wenn die Schulden nicht in Drachmen sind geht das, solange die Inflation höher ist als der Wertverlust der Drache relativ zu der Währung in der man die Schulden hat.
Davon ab, zumindest aktuell liegt ein recht großer Teil der griechischen Schulden in Form von Staatsanleihen vor (*), ich weiß nicht wie das vor der Euroeinführung war, da es aber in eigentlich allen europäischen Staaten gängig war sich mithilfe eigener Staatsanleihen zu verschulden denke ich nicht, dass es in Griechenland groß anders war.

(*) Wenn ich mal die Zahlen aus diesem Artikel zusammenrechne, komme ich da auf etwa 120MRD € an griechischen Staatsanleihen, was etwa ein Drittel der Gesamtschuldenlast ist.
 
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