50 ways to kill - Literarische Fingerübungen

Rote Zora

Pfefferklinge
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Hallo, dieser Thread geistert schon länger in meinem Hirn herum. Mir kam der Gedanke beim Geschichtenwettstreit und den zum Teil genialen Schilderungen von Kämpfen und anderen Aktionen.

Dabei fiel mir auf, dass es gar nicht so einfach ist, einen Char umzubringen. :fies::shine::rolleyes:

Hier fange ich mal an, Todesszenen zu basteln, und Beteiligung anderer ist erlaubt, erwünscht und wenn wir bei 50 sind, können wir ja auch 50 ways to love oder so anfangen. ;):D

Fröhliche Grüße
ZORA
 

Rote Zora

Pfefferklinge
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no.1

...
N. war ein Profi. Er hasste das Getue, dass man in den Romanen und Filmen immer machte, wenn es um den Tod von irgendwelchen Typen ging, denen sowieso keiner nachtrauerte. Billige und faule Nutten, betrügerische Dealer, lauter kleine lausige Wanzen, die man zerdrücken musste, wenn sie anfingen zu nerven. Jeder kannte die Regeln: wer den Boss bescheißt, ist tot. Ist doch eigentlich nicht so schwer zu kapieren. Also waren diese mickrigen Existenzen nicht nur faul, erfolglos, verlogen und unprofitabel - sie waren auch noch dumm. Zu dumm um in einer Welt zu überleben, in denen es wenigstens darauf ankam, diese eine Regel zu befolgen. Er hatte das immer getan, und deshalb vertraute ihm der Boss. Er machte es immer gleich. Er ging zu seinen Opfern, riss seine 9mm Glock aus dem Hosenbund und ballerte ihnen zwei Mal in den Kopf und zwei Mal in die Brust. Das war zwar Verschwendung, aber doppelt hält besser. Nichts ist dümmer, als ein Killer, dessen Kundschaft durch irgendwelche Wunder überleben. Bei ihm hatte das noch keiner geschafft. Er hatte nie ein Wort mit seinen gesprochen. Warum sollte er ihnen erklären, was sie falsch gemacht hatten? Sie würden keine Zukunft haben, in der sie es würden besser machen können, also sparte er sich das Gelaber. Das war etwas für Rechthaber oder Leute mit Skrupeln. Recht hatte der Boss, und ein Killer mit Skrupeln ist einfach nur lächerlich. Übrigens fand er auch nicht, dass Leute, die gerade starben, besonders erstaunt oder vorwurfsvoll blickten. Er sah ihnen immer in die Augen und alles, was er bislang erkannte war grenzenlose Dummheit. Sterbende sehen einfach blöde aus. Sie glotzen völlig beschränkt auf die Waffe, und sind tot, bevor sie kapieren, was eigentlich geschieht. So bleibt dieser bekloppte Ausdruck auf ihren Gesichtern, selbst wenn der Blick leer geworden ist.
Heute war Smiley dran, ein kleiner Dealer und Halunke mit einem Grinsen, das ihm schon auf die Nerven ging, bevor herauskam, dass der Kerl immer ein paar dreckige Dollars unterschlug. Nun hat es sich bald ausgegrinst. Er ging zielsicher durch das Treppenhaus eines heruntergekommenen Wohnblocks und klingelte. Die Tür auftreten, das machen nur Bullen. Dealer öffnen wenn du klingelst, schließlich machen sie so Geschäfte.
Die Tür öffnete sich, allerdings hinter ihm. Das Klicken des Abzugs, der Knall des Schusses und das Eindringen des Projektils in seinen Hinterkopf nahm er quasi gleichzeitig wahr, dann war er auch schon tot, denn anstelle seines Stammhirns war nur noch blutiger Brei, der zu einem Großteil an Smileys Tür klebte.
Killer muss man gelegentlich auswechseln, sonst hinterlässt man zuviel Spuren. Diese Regel gibt es auch, und die kannte er nicht. Zu dumm auch.
 

Darghand

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#2

Zunächst dachte Freja, eines der Felle sei verrutscht, und der Nachtwind wehe nun kalt und klamm in die sich bietende Öffnung. In jedem Fall verspürte sie eine unangenehme Kälte am Hals, und das hatte sie aus dem Schlaf geholt. Müde griff sie an die Stelle zwischen Hals und Schulter. Sie fühlte einen kalten, harten Dorn, eine scharfe Kante, die wie eine Drohung oder ein Versprechen über ihrem weichen Fleisch hing. Ihre Bewegung erstarrte. Freja zählte bis drei und überwand sich, die Augen zu öffnen. Über ihr, im fahlen, nebligen Mondlicht, stand eine nackte, leichenblasse Gestalt, die sie aus toten weißen Augen anstarrte. In ihrer rechten Hand hielt sie ein kurzes Schwert mit schmaler Klinge. Die Kälte, die von der Waffe ausging, brannte schon fast auf der Haut.
„Shhhh.“ machte die Gestalt und legte einen Finger an den Mund. Sie legte ruckartig den Kopf schief, als warte sie auf eine Antwort.
„Shhhh. Nichts sagen, ja, ja? Ganz ganz leise sein, jaja?“ zischte sie. Freja nickte. Die Angst machte sie stumm und unbeweglich.
In einer flüssigen Bewegung kniete die Gestalt neben ihr nieder, ohne die Position der Klinge auch nur um eine Nuance zu verändern. Sie beugte sich tief über Frejas Gesicht. Jetzt erkannte sie Onolf ohne jeden Zweifel wieder. Die eingefallenen Wangen. Die sich scharf unter einer dünnen Haut sich abzeichnenden Knochen. Der leere Blick. Doch seine Augen wirkten nicht mehr tot, auf ihnen lag ein ganz und gar entsetzlicher Glanz, als wäre Milch mit Silber vermischt worden.
„Leise sein, leise sein.“ wiederholte Onolf flüsternd. „Ja, ja? Nichts wecken, ja? Ich kann dich sehen, das weißt du, ja, ja? Fast wie... fast wie vorher! Nur im Dunkeln, ja, ja?“
Freja wusste nichts anderes zu tun als fast unmerklich den Kopf hin und her zu bewegen. Die Spitze des Schwertes ruhte auf ihrem Hals ohne die Haut auch nur anzuritzen, doch die Kälte tröpfelte in sie hinein und fraß sich immer weiter vor. Sie spürte ihre Schulter kaum noch.
„Ooh, sie haben mich sehen lassen, ja, ja? Ihr Geschenk sagen sie, Geschenke bringen sie, ja, ja? Was weggenommen haben sie mir, jaja, aber angenommen hab ich's, ja, ja?“
„Lass mich, Onolf. Bitte. Nimm nur...“ flüsterte Freja, doch Onolf unterbrach sie. Er schnellte nach oben, wiederum ohne das Schwert zu bewegen.
„Nein, nein, nichts bitten, nein! Shhhh! Nichts herrufen, ja, ja? Ich... ich erlaube es ihnen, jaaaa. Kein Geschenk ist umsonst, sagen sie, ja, ja? Sehen kann ich, weißt du? Da, den Busch, und da, die Gräser und dahinten den Wurm! Alles, alles, ALLES!“
Freja sammelte ihren Mut.
„Ja, ist gut“ brachte sie hervor. Die Kälte war fast unerträglich. „Lass, lass uns zu Ulbrun gehen, er kann...“
„Mir helfen?“ Onolf flüsterte nicht mehr, seine Stimme klang mit einem Mal metallisch, höhnisch, bösartig. „Zwecklos. Lachhaft. Nichts kann er.“
„Freja?“ Thorreid rührte sich in seinem Lager.
„Vorbei.“ dröhnte Onolf. „Wisse, Weib, es wird eine Beilzeit kommen, eine Zeit der Wolfsstürme, eine Zeit, in der die Blumen nach Aas riechen und die Hunde nach Wind schnappen.“
Er stach zu. Die Klinge glitt in sie hinein, widerstandslos. Es tat fast gar nicht weh. Mit gebrochenem Blick sah sie das Schwert über sich funkeln. Sie hörte den Schrei, sah eine massige Figur heranstürzen, ihren Namen brüllend. Das Schwert hob sich, eine Faust umschloss es und Blut quoll zwischen den Fingern hindurch. Es knackte und knirschte, als die zweite Faust das Gesicht traf. Zähne splitterten, Blut broch hervor, Augen platzten. Schmerzgeheul. Ein wütendes Morden, ohne Maß, mit bloßen Händen.
Freja spürte wie etwas über ihre Wangen strich.
'Es ist ganz warm' dachte sie. Dann war da nichts mehr.



Freja war einer meiner Charaktere aus Kingdoms. Storybedingt musste sie kürzlich nach einer Romanze mit Thorreid ins Reich ihrer Ahnen geschickt werden...
 
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Slartibartfaß

Nörgelnder Gnom
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[flüster]Tolle Idee, Zora. :)[/flüster]

Es war lausig kalt in der kleinen Feste, die den Alrikspaß beherrschte. Mehr als mannshoch lag der Schnee hier in den Höhen des Finsterkamms - und das bereits seit Wochen. Und es schneite fast jeden Tag erneut. Die Räumtrupps, die jeden Morgen und jeden Nachmittag ausrückten, um den unmittelbaren Vorplatz der Burg vom Schnee zu säubern, kämpften einen schier aussichtslosen Kampf. Eine halbe Wache später sah es es meist so aus, als wären sie heute noch gar nicht draußen gewesen.
Die Abenddämmerung brach gerade herein und es versprach eine sternenklare Nacht zu werden.
Der Wachposten auf dem Torturm, ein junger Mann namens Sighelm, fror schon nach wenigen Augenblicken des Herumstehens erbärmlich und schlang den alten Kapuzenmantel, den er über dem Lederpanzer trug, enger um sich - der aussichtslose Versuch eines Unerfahrenen, sich warm zu halten.
`Wieso hab ich eigentlich immer die Turmwache? Hergerd und Ulfried waren seit Monaten nicht hier oben. Was habe ich Phex getan, daß ich immer beim Losen verliere?`
In solcherlei Gedanken versunken, hätte er das Getrappel der Hufe beinahe überhört, mit dem sich die Rückkehr der Kundschafter ankündigte, die die nahe Umgebung nach Spuren der Orks abgesucht hatten. Er blickte zum Waldrand hin und stellte überrascht fest, daß sich die kleine Schar trotz des ungünstigen Geländes nicht so vorsichtig, sondern so schnell wie möglich bewegte. Und während ihm noch die Frage durch den Kopf ging, was das wohl zu bedeuten habe, hörte er bereits den hohen Ton des Signalhorns, dessen verschiedene Tonfolgen (und deren Bedeutungen) er inzwischen im Schlaf aufsagen konnte. Er lauschte kurz. `2 lange Töne. Gefahr!`Das hieß nach der Feldordnung Pervals, die hier draußen noch immer Gültigkeit besaß, daß nicht die Zugbrücke herabgelassen, sondern die Mannpforte geöffnet werden sollte, die sich viel schneller und leichter wieder schließen ließe und die zudem leichter zu verteidigen wäre - der einzige Zugang zu ihr war ein nicht einmal anderthalb Schritt breiter Grat, der zu beiden Seiten fast 30 Schritt lotrecht in die Tiefe abfiel.
Sighelm beugte sich über die Brüstung des Turms in den Hof hinein und rief in Richtung Torhaus: "Mannpforte öffnen!"
Seltsam, die beiden Torwächter reagierten gar nicht. Er versuchte es nocheinmal, diesmal brüllte er mit aller Kraft: "Mannpforte öffnen!"


Ulfried war sauer. Nicht nur, daß im Torhaus wiedermal nicht geheizt war (die Holzvorräte gingen langsam zur Neige, doch mit den Orks so nahe vor den Toren wagte der Kommandant es nicht, Holz schlagen zu lassen), auch Phex hatte sich scheinbar heute von ihm ab- und Hergerd zugewandt. Das war jetzt bestimmt schon der zehnte Heller, den er verlor! Das konnte doch nicht mit rechten Dingen zugehen!
Ulfried stand ruckartig auf. "Du betrügst doch! Soviel Glück kann man doch gar nicht haben!"
Auch Hergerd sprang auf die Beine. "Spinnst Du? Das nimmst Du zurück!"
"Gar nichts nehm ich zurück! Du gewinnst doch nur noch! Das kann nicht mit rechten Dingen zugehen!"

Die beiden wären vielleicht sogar handgreiflich geworden, wenn Ulfried nicht in diesem Moment etwas gehört hätte. Er hob den rechten Zeigefinger an die Lippen und lauschte. Hergerd wollte gerade etwas sagen, da hörten sie es beide. Vom Turm schrie Sighelm aus voller Brust: "Mannpforte öffnen!"

Die beiden Torwächter stürzten zur Tür des Torhauses und eilten zur Pforte. Wenige hundertfach geübte Handgriffe genügten, dann war der Riegel zur Seite geschlagen und Hergerd stieß mit Mühe das kleine Tor auf, das ihm unerwartet starken Widerstand entgegensetzte. Fast schien es dem altgedienten Soldaten, als ob sich auf dem Grat ein Hindernis befände, das die Tür blockierte. Doch noch bevor er sich darüber Gedanken machen konnte, war der Widerstand bereits verschwunden und das kleine Tor schwang auf.

Kurz darauf waren die Kundschafter heran. Die Torwächter beeilten sich, die Pforte hinter ihnen wieder zu schließen, während der Anführer der Reiterschar bereits zur Kommandantur eilte, um Bericht zu erstatten.



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Den Fremden mit der herausgeschnittenen Zunge und der fehlenden rechten Hand, der in der Schlucht vor der Mannpforte lag, entdeckte man erst im Phex nach der Schneeschmelze.
 
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