Karn hat das Hauptargument in einem Nebensatz gebracht: "... wo sie doch so viel Wichtigeres zu tun hätten."
Bild behandelt oder berichtet nicht über Themen, Bild macht sie. Ich sag nur: Florida-Rolf. Wirklich wichtige Themen kommen in der Bild nicht vor, beziehungsweise in einer derartig infantilisierenden Form, daß sich der ressentimentbefrachtete "Kleine Mann" bestätigt fühlt, statt angestoßen, seine eigenen beschränkten Meinungen mal unter etwas anderem Blickwinkel zu betrachten.
Bild sorgt dafür, daß sich die Dummen und Voreingenommenen in ihrem So-Sein bestätig fühlen. Und damit sorgt sie mit dafür, daß sich an den Zuständen nichts zum Positiven ändert.
Wir sollten hier der Bild nicht zum Vorwurf machen, sie berichte nicht objektiv, denn damit würden wir ja suggerieren, es gebe soetwas wie objektive Berichterstattung. Das aber ist falsch. Allein schon durch die Auswahl der Themen wird eine Bewertung vorgenommen. Wenn ich über die Kosten für das neue Kanzleramt unterrichtet werde, über einen Soldaten-Mord in Tschetschenien aber nicht - dann wird mir der Bauskandal in Berlin wichtiger als das Menschenleben im Osten. Objektiv berichtet also auch die Tagesschau nicht, der Spiegel tut es nicht, die SZ oder die FAZ - objektive Berichterstattung ist unmöglich.
Insofern werfe ich deren Mangel der Bildzeitung nicht vor.
Ich werfe der Bildzeitung ihr unterstes Niveau vor, mit dem sie seit Jahrzehnten den "Kleinen Mann" unter Dauerbeschuss nimmt und damit peu a peu das gesamtgesellschaftliche intellektuelle Niveau senkt.
Aber ich will nochmal ein Wort zur Genese dieses Threads sagen: Ich hatte in dem Thread über die Fußfesseln bei Schülern auf die Verlinkung eines Artikels von Bildonline reagiert, indem ich schrieb, daß das "Lügenblatt des beschränkten weißen Mannes" hier im Forum nicht als Quelle anerkannt werde. Dahinter hatte ich einen Smiley gesetzt, und zwar diesen:
Ich findes es nun interessant, Ciramon, wie Du darauf reagierst, denn es ist eine einerseits prinzipiell sehr ehrenwerte, andererseits aber im konkreten Fall kontraproduktive Reaktion. Dein Vater scheint regelmäßiger Bildzeitungsleser zu sein, und so empfandest Du meine Formulierung als Beleidigung. Natürlich hält man solidarisch zu seiner Familie und insofern ist Deine Reaktion durchaus ehrenwert. Wer meine Eltern beleidigen würde, der hätte auch erstmal mit meinem Unwillen zu rechnen.
Aber: Ich habe nicht Deinen Vater beleidigt, weil ich von seinen Lesegewohnheiten überhaupt keine Kenntnis hatte! Ebensogut hätte es sein können, daß Dein Vater die Bildzeitung strikt ablehnen würde, wie beispielsweise Karn Westcliff. In diesem Falle hättest Du wohl zustimmend zu meiner spitzen Formulierung genickt.
Wir sollten aufpassen, daß unsere persönlichen Beziehungen nicht unser Urteilsvermögen über Sachthemen trüben!
Deine Solidarität gilt ja eigentlich Deinem Vater und nicht der Bildzeitung. Aber wäre es nicht für alle Beteiligten am besten, wenn Du, statt das Bildzeitungslesen Deines Vaters zu verteidigen und zu rechtfertigen, diesen dazu bringen könntest, sein Leseverhalten zu ändern? Daß Du die Energie zu solchen Aktionen hast, beweist Du ja in diesem Thread. Ob es Dir möglich sein sollte, Deinen Vater zu "missionieren", ist freilich fraglich (denn der eigentliche Grund, die Bildzeitung zu lesen, ist Bequemlichkeit; und gegen die anzukämpfen ein sehr kräftezehrender Fight), aber es wäre ja mal eine Probe wert, oder nicht?
Ich persönlich liebe meine Eltern trotz ihrer Schwächen, nicht wegen ebendieser...