Geistig Behinderte - Liebe, Sex, Kinder?

Slartibartfaß

Nörgelnder Gnom
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@Garren:

Borderline ist (wie Schizophrenie und so viele andere psychische Anomalien auch) im Endeffekt ja nur ein Sammelbegriff für ein weites Feld von Verhaltensmustern. Die Übergänge zwischen den einzelnen Verhaltensweisen sind dabei so gründlich verwischt, daß man keine Grenze ziehen kann, ab wann ein Mensch als "behindert" zu gelten hat oder wann man klar von dieser oder jener Behinderung sprechen kann.

In dem Wohnheim, in dem ich gearbeitet habe, hatten wir *zähl* fünf als Borderline-Patienten diagnostizierte Bewohner.
Drei von ihnen waren SVV'ler (also zwanghafte Selbstverletzer), drei depressiv, einer manisch-depressiv, zwei hatten eine schizophrene Störung etc etc... was ich sagen will: Den Behinderten (in diesem Falle: Borderliner) gibt es ebensowenig wie den Rollenspieler oder den Europäer.

Ich habe diese fünf Menschen durchaus als behindert betrachtet (man ist ja selbst auch nicht frei von Vorurteilen :(), aber es ist eben ein riesiger Unterschied, ob sich die Krankheit dadurch äußert, daß man depressiv und antriebsarm ist oder ob man in mehr oder minder regelmäßigen Abständen Tassen oder Teller in Scherben wirft, um sich mit ebendiesen Bruchstücken die Arme so aufzuschlitzen, daß man zum Notarzt muß.

Im Endeffekt gibt es imho sowieso keinen Menschen, der nicht auf die eine oder andere Art behindert ist. Meinereiner kommt z.B. nicht mit Komplimenten klar und kann sich selbst zeitweise nicht ausstehen - eine klare Behinderung, oder?
Und selbst die Menschen, die alles top finden und sich perfekt in die Gesellschaft einpassen, sind behindert - sie leiden an einer Verkümmerung derjenigen Gehirnregionen, die für das kritische Denken verantwortlich sind.

Ist sehr überspitzt formuliert, schon klar - aber ich denke mal, Du verstehst, was ich sagen will. :)
 

Landstreicher

Monkeyboy
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Ihr habt recht. Das wort WÜRDE war völlig falsch. Das hat nichts mit "würde" zu tun. Weiss auch nich, wie ich dadrauf gekommen bin. Ich bin übrigens nicht, der meinung, dass es eine "Herrenrasse" oder soetwas ähnliches gibt. Aber da ich mich mal wieder falsch ausgedrückt habe,, kam es secheibar(:confused:) so rüber.
Und natürlich gibt es unglaublich viele verschiedene Behinderungen. Daran hab ich in dem Moment garnich gedacht. Das tut mir auch leid. Es gibt Leute, die Millionäre(erbschaft oder so:D) sind, und trotzdem so geidtig behindert, dass sie nicht alleine auf Klo gehen können(wette ich). Die sind natürlich nicht unfähig gefühle zu empfinden. Aber se können es sich(im gegensatz zu anderen) leisten, leute einzustellen, die aufpassen, dass ihr Kind gut heranwächst. Aber wie gesagt, gibt es auch bei "normalen" Leuten solche Fälle, dass sie einfach keine Verantwortung tragen können. Wenn der Partner eines Geistig Behinderten sich allerdings um beide kümmern kann, oder wie oben, der Behinderte viel Geld hat, dann gäbe es da kein Problem.
Ach...ich druckse lang rum...wurde eh schon alles gesagt. Bitte bildet euch keine falsche meinung von mir. Ich bin wirklich keiner, der sagt, man müsse alle die anders sind als ich wegsperrren oder so. Die dürfen machen was sie wollen, aber es ist doch in vielen Fällen so, dass sie damit nicht klarkommen würden.
Ich hab halt einfach oben veralgemeinert und die falschen wörter benutzt:rolleyes:
*hoffentlichauchmallernenwird*...

ps: Tut mir leid, wenn ich mich seltsam ausdrücke...weiss auch nich, woran das liegt...
 

Reuda

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@ Timestop

Was ich sagen wollte, ist nicht, dass ein körperlicher Behinderter nicht über seine Behinderung leidet, so lange es sich um physische Schmerzen handelt. Das sind Leiden mit der er sein Leben arrangieren wird/muss, wie auch jeder Mensch mehr oder weniger mit seiner Unvollkommenheit auskommen muss. Wenn aber zu den leiblichen Leiden auch noch die seelische Leiden dazu kommen, die daraus resultieren, das seine Umwelt ihn nicht als vollwertigen Mensch akkzeptiert und ihn damit diskriminiert, dann glaube ich auch gerne, das ein behinderter Mensch micht mehr den Mut und die Kraft findet, seine physischen Leiden zu ertragen und sein Leben weiter führen zu wollen. Sie (die Leiden) werden ihm dadurch mehr bewußt als denn je. Er wird sich vielleicht auch dadurch so minderwertig fühlen und selber meinen, dass er minderwertig ist, wie andere ihn sehen und behandeln, bis er sich minderwertig verhält und dieser Vorstellung entspricht. Und das veranlaßt "gesunde" Menschen zu glauben, dass es besser wäre, solche Schicksale besser abtreiben zu lassen oder beim Sterben zu helfen. (:grmpf: ) Hier wird Ursache mit Wirkung verwechselt!
Es gibt auch die umgekehrte Wirkung. Wenn die Mitmenschen den Behinderten als gleichwertigen Menschen behandeln, was er ist, und an seinem Leben teilnehmen wie bei jedem anderen Menschen auch, so wird er viel weniger von seinem physischen Leid wahrnehmen. Er wird gar nicht oder kaum noch dran erinnert. Sie sind zwar vorhanden aber sie sind nichtig, nicht mehr relevant geworden; genau so irrelevant, ob man eine Brille trägt oder nicht, oder ähnliches. (Außer eines Tages werden Brillenträger genauso disriminiert wie Behinderte. :rolleyes: )

Um es auf den Punkt zu bringen. Je mehr Anteilnahme es unter den Menschen gibt, desto geringer wird das empfundene Leid des Betroffenen. Wenn ein Mensch keinen Lebensmut mehr empfindet, dann deshalb weil es ihm sinnlos erscheint, aber nicht unbedingt wegen seinen Behinderungen oder seinem empfundenem Leid, sondern vielmehr durch das asoziale Verhalten seiner Mitmenschen, die ihm sein Leben so sinnlos erscheinen lassen. So lange es Menschen gibt, die einem zeigen, wie viel wert und wichtig man als Mensch ist, so lange wird man auch nicht den Lebensmut verlieren, genau so wenig, wie man will, dass der eigene Freind seinen Lebensmut verliert.

Und: Der Wert eines Menschen und damit seine Würde (,und so verstehe ich den ersten Paragraphen unseres Grundgesetzes, worauf alles aufbaut,) ist unabdingbar davon, was er ist, wer er ist, was er kann und was andere in ihm sehen, immer gleichwertig vorhanden und deshaln unantastbar. Es gilt ihm zu entsprechen! Alles andere ist im Kern Diskriminierung durch Rassismus.
 
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Chiburi

Kampfhase
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@ LS

hmm.. Deinem Schreibstil zu urteilen, könnte das daran liegen, daß Du Dich irgendwie unter Zeitdruck gesetzt fühlst. Manchmal, grade bei solchen Themen, schad es nicht, alles nochmal durchzulesen, und zu sehen, ob man auch genau das ausdrückt, was man sagen will...
Bei der Gelegenheit könnte man auch die Rechtschreibung.. ;)
Aber das ist letztendlich dann weniger wichtig.

Allerdings... schön, daß Du nochmal drüber nachgedacht hast, statt Dich beleidigt in eine Ecke zu setzen.. :up: :)
Das mit dem Zivildienst würde ich allerdings auch unterstützen...



zum Thema... ich habe meinen Zivildienst in einer Behindertenwerkstatt abgeleistet, und ehrlich gesagt, bei manchen hier habe ich den Eindruck, daß sie bisher nur Zuckerwatteerfahrung mit Geistig Behinderten gemacht haben. Ich meine.. in unserer Verwandschaft gibt es ein Mädchen mit Down-Syndrom. Dank der guten Förderung durch ihre Eltern ist sie trotzdem sehr fit, und netter und liebenswerter als die meisten Normalos.
Ihr würde ich es, mit Unterstützung ihrer Eltern, ohne weiteres zutrauen, ein Kind großzuziehen.
Nur gibt es halt auch die andere Seite. Bei vielen geistig behinderten Menschen habe ich den Eindruck, daß sich der Egoismus, der ja fast allen Menschen eigen ist, mit kindlichen, konventionslosen Verhaltensmustern mischt, also ungebremst durch ethische oder soziale Erwägungen durchschlägt.
Und wenn man mal gesehen hat, wie jemand eine Motorhaube mit dem Kopf zerbeult, oder eine andere auf eine Fensterscheibe einschlägt, mit einer Kraft, daß man sie mit allen Mitteln davon wegschubst (und wer die Gesetzgebung in der Hinsicht kennt, weiß, daß "mit allen Mitteln" bedeutet, daß man mit einem Fuß bereits im Gefängnis steht), weil man sieht, daß die Scheibe jeden Augenblick brechen kann, und sie sich daran die Arme aufschneiden würde...

Nun... die Erziehung eines Kindes stellt hohe Ansprüche an die Eltern, und meiner Erfahrung nach werden die schon von einigen sogenannt gesunden Menschen nicht, oder nur knapp erfüllt.
Natürlich kann es im Zweifelsfall nur auf eine Einzelprüfung hinauslaufen, aber generell halte ich die Aussage, daß geistig behinderte Menschen ihre Behinderung durch größere Zuwendung wettmachen, für eine Verallgemeinerung, und zwar eine grobe; und sehe die Frage keinesfalls nur als einen unnützen Eingriff in die Privatsphäre.


Wes den Sex angeht... auch das halte ich nicht für so selbstverständlich wie einige hier. Sex mit Kindern ist zurecht verboten, um diese vor Ausnutzung zu schützen. Da Geistig Behinderte vom Körper her Erwachsene sind, und damit auch Bedürfnisse entwickeln, kann man das sicherlich nicht so einfach handhaben. Trotzdem muß eben gewährleistet sein, daß auch sie nicht ausgenutzt werden. Anders als es "Gesunde" eigendlich sein sollten, sind die meisten geistig Behinderten kaum in der Lage, Missbrauch zu erkennen, und sich dagegen zu wehren.


@ Reuda

sorry, wenn ich das so hart ausdrücke, aber "kein Behinderter leidet unter seiner Behinderung" halte ich für praxisfernes Gutmenschengefasel.

Ich kenne da einen Mann mit spastischer Lähmung, die so ausgeprägt ist, daß er kaum verständlich spricht, und nur noch sein Kinn halbwegs koordiniert bewegen kann.
Das alles aber bei vollem Bewusstsein, und einer Intelligenz, die spührbar über der der meisten Betreuer in dieser Werkstatt liegt...
Und glaub mir, er ist nicht glücklich darüber.
In einem sind wir uns einig, richtig schlimm wäre es, wenn er keine Förderung erhielte, und erheblich besser fühlte er sich, wenn die Förderung seinen Fähigkeiten entsprechend wäre (was sie leider nicht ist :( ). Aber selbst die beste Förderung, verständnisvolle Leute in der Umgebung, gute Freunde, das alles nimmt ihm nicht das Leiden und die Einschränkungen seiner Behinderung.

@ Jenny

hat noch keiner? nein?! ..na gut, dann ich ;)

trägst Du eine Brille?
 

Chiburi

Kampfhase
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hmm.. weiter gehts...

nochmal @ Jenny


warum ich frage, ist klar, auch ein Brillenträger sollte aus "darwinistischer Sicht" keine Kinder bekommen, schließlich hätte auch ein Kurz- oder Weitsichtiger (genügend Dioptrin vorausgesetzt) in der Natur kaum eine Chance, zu überleben.
Nur ist das mit der Erfindung der Brille natürlich völlig irrelevant geworden. Wie allerdings fast alle anderen "Behinderungen" auch. Es gibt faktisch fast keinen Evolutionsdruck, keine "Ausscheidungsmerkmale" mehr.
Wo also sollte man die Grenze ziehen? Ökonomisch: Da, wo der Mensch nicht mehr wirtschaftlich ist? Oder Biologisch: wo der Mensch nicht mehr alleine lebensfähig ist? Suchen wir uns vieleicht lieber einen Mindeststandard, unter dem wir uns nicht mehr vorstellen können, daß das Leben noch Spaß macht?

Versteh mich bitte nicht falsch, ich spotte nicht, stehe vor einem Problem, und finde keine Lösung.
Einerseits macht es keinen Sinn, absichtlich Kinder in die Welt zu setzen, die starke körperliche und geistige Behinderungen haben werden, die daran eine kurze Zeit leiden, und dann sterben müssen.
Auf der anderen Seite... wer will das beurteilen? Hat nicht ein Beethoven vieleicht mehr Freude am Leben gehabt, als viele seiner Zeitgenossen, oder ein Hawking der Menschheit mehr gegeben, als Hunderte von 1A Genpool-Talkshowmoderatoren? (Mal ganz zu schweigen von Umgekehrt.. :) )
 

Jenny

Partymäuschen
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@Chiburi: Ja. Und sogar ein angeborener Sehfehler. :eek: Und ich weiß worauf du hinaus willst. ;) Ich könnte negative Erbmerkmale weitergeben. ;)
Das tun wir alle, ich will gar nicht wissen wie groß die Zahl stiller Mutationen ist.
Ich meine bloß, dass man die Anzahl "schlechter Gene" evt. nicht noch mehr erhöhen sollte...wenn feststeht, das die Kinder schwer krank zur Welt kommen werden, sollte man imho keine bekommen.
Insgesamt verschlechtert aber ja schon die Medizin den Genpool, da viel mehr Menschen mit Defekten zur Fortpflanzung gelangen als früher. Nix mehr mit natürlicher Selektion. Also amplifizieren sich diese Effekte. Da ich aber nicth weiß wie sich das zahlenmäßig verhält, ich keine Ahnung habe wie man das ändern könnte und zudem niemandem eigene Kinder verbieten will, stell ich diese Aussage einfach mal so in den Raum.

@2. Post: Ja sicher! Ich geb ja gar keine Wertung ab, sonern stell nur ein paar Fakten fest.
 

Svala

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Es gibt reichlich Fälle, in denen eine körperlich behinderte Frau ein gesundes Kind bekommen hat. Andererseits gibt es auch gesunde Eltern, die ein krankes Kind in die Welt gesetzt haben (meine zum Beispiel ;)).
Was soll man da machen? Viele Gesunde wissen gar nicht, dass sie Überträger einer Erbkrankheit sind. Inzwischen kann man sich darauf testen lassen, aber was ist, wenn sich zwei Menschen unbedingt ein Kind wünschen, aber genau wissen, dass einer von ihnen oder sogar beide Überträger einer Krankheit sein können? Das Kind könnte gesund sein und kein Überträger (wie meine Schwester), es könnte gesund sein, aber Überträger der Krankheit oder es könnte krank sein. Es kann gut gehen oder nicht. Die Frage sollte eigentlich nicht lauten, ob ich dem Kind die Krankheit zumuten kann/will, denn darauf hat man keinen Einfluss. Aber man kann sich mit der Frage auseinandersetzen, ob man bereit ist, das Kind sein Leben lang zu umsorgen, ihm beizustehen, ob man genug Mut und innere Stärke dafür besitzt.
 

Jenny

Partymäuschen
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*zustimm*

Nur wenn eben 100%ig feststeht, das das Kind krank sein wird, bzw. nichtlange zu leben hat (solche Erbkrankheiten gibt es auch) finde ich es wäre besser drauf zu verzichten.
 

Ubertin

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@Svala: Eine sehr egoistische Einstellung! Das Kind muss in erster Linie damit leben, ausgegrenzt zu sein, halt nicht normal.

@all: Haben Eltern das Recht, einen behinderten Menschen in dieser Welt leben zu lassen? Wenn die Behinderung erblich ist und eine starke Einschränkung des Lebens darstellt, darf ich dann einem Menschen dies zumuten, nur weil ich es so will? Oder sollte ich mich dann zurückhalten, meine Gefühle unterdrücken, nur, um meinem Kind so etwas zu ersparen?
Ich bin für das Zweite. Wenn ich VORHER wüsste, dass meine kleine Helena niemals in ihrem Leben richtig froh und frei sein könnte, würde ich sie niemals haben wollen. Ich als Vater bin erst froh, wenn es ihr gut geht. Und das würde es ihr mit einer Behinderung niemals gehen. Das möchte ich keinem Menschen BEWUSST zumuten. Ich wäre nichts anderes als ein Bomberpilot, der Andere einfach so verstümmelt, weil er es als seine Pflicht ansieht.

PS.: Das Grossgeschrieben ist nicht als schreien auszulegen, ich weiss nur nicht, wie ich fett schreib...(schäm)

@LS: Schau Dir mal mit Erwachsenen den Film Rain Man an. Da lernst Du viel über Behinderte...;)
 

Svala

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@Jenny:

Die Medizin entwickelt sich aber auch weiter, also steigen die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung und höhere Lebenserwartung.

Und ich selbst würde trotz der dämlichen Krankheit kein anderes Leben führen wollen und würde meinen Eltern niemals die Schuld für mein verkorkstes Leben (welches ich nicht habe :D) geben.

Edit: @Ubertin:

Ja, ich finde auch, dass meine Eltern sehr egoistisch waren. :rolleyes:
Wer sagt denn, dass nur ein gesundes Kind glücklich werden kann?

Edit #2: Ob ein behindertes Kind ausgegrenzt wird, hängt ja wohl von seiner Umwelt ab. Wenn Du schon so an die Sache herangehst, dass ein behindertes Kind generell ausgegrenzt wird, na dann gute Nacht. Sicherlich rennen genügend Ignoranten draußen herum, die dem Kind das Leben schwer machen könnten, aber dagegen kann man als Eltern sehr wohl was tun.
 
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Chiburi

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hmm...

ich denke schon, daß man in solchen Fällen durch Präimplantationsdiagnostik eine gesunde Schwangerschaft erreichen könnte. Klingt vieleicht hart, aber ich halte eine befruchtete Eizelle noch nicht für menschlich, und ihr Recht, ausgetragen zu werden, ähnlich hoch wie das von was täglich in Kondome eingeknotet runtergespült wird.. (sorry für die hanksche Ausdrucksweise)

Die Frage ist nur, sollte man?
Und vor allem, wann...
Jenny hat schon recht, der Genpool wird durch Jahrtausende immer weiter abnehmender Selektion stark verschlechtert. In manchen Fällen, der Fehlsichtigkeit z.B., spielt das keine größere Rolle, aber wie gesagt... das amplifiziert sich.
Zudem die Lebensqualität (nicht zwangsläufig, aber oft) unter schwereren Beeinträchtigungen leidet.

Auf der anderen Seite steht dann die Frage, wozu.
Muß man das alles in Kauf nehmen, nur um ausgerechnet dieser einen Spermie, dieser bestimmten Eizelle eine Entwicklung zu sichern, oder kann es nicht einfach die nächste sein, oder die übernächste, die sonst vieleicht verhütet würde?
Bzw, muß es ein eigenes Kind sein, oder könnte man in dem Fall nicht eines adoptieren?
 

Aldebaran

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Ich denke mal, die meisten geistig Behinderten Menschen leben nicht völlig allein auf sich gestellt. Ist der Grad der Behinderung gravierend, so leben sie in irgendeiner Form betreut, sie es in der Familie von den Eltern oder in einer Einrichtung, die darauf spezialisiert ist.

Ich denke, zu lieben kann man keinem Menschen verbieten. Das wäre ja, als wolle man ihm verbieten, zu atmen. Wenn jemand Liebe empfindet und dann noch das Glück hat, jemanden zu finden, der diese Liebe erwiedert, obwohl er gehandicapt ist - sollte auch Zärtlichkeiten nichts im Wege stehen dürfen.

Beim Recht auf Kinder denke ich, muss im Einzelfall entschieden werden. Ob die Möglichkeit zur Übernahme von Eigenverantwortung vorhanden ist, kann doch ein Aussenstehender überhaupt nicht beurteilen. In solchen Fällen sind diejenigen Betreuer gefordert mit zu entscheiden, die die Betreffenden über Jahre hinweg begleiten.

Dabei stellt sich mir die Frage, wer entscheidet über das ungeborene Leben, wenn eine geistig behinderte Frau unabsichtlich schwanger wird?
 

Svala

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@Chiburi:

Adoptieren wäre sicherlich eine gute Lösung. Aber schlag das mal einer Frau vor, die unbedingt ein eigenes Kind haben möchte, da wirst Du damit keinen Erfolg haben. Und ich denke, die meisten Frauen wollen lieber ein eigenes Kind haben, selbst wenn es sie das Leben kosten könnte.
 

Ubertin

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Ein paar Kommentare zu meinem Post:
Es ist unglaublich schwer, zu sagen, dass man sein Kind nicht haben will, wenn man weis, dass es behindert ist. Mein 6000 Gramm schwerer Fratz liegt grade neben mir und ich kann nicht mehr ohne ihr!
Aber leider besteht die Realität zum grössten Teil aus Idioten und Ignoranten. Soll meine Kleine aufwachsen, während sie begafft, belächelt und abgelehnt wird? Muss ich ihr das antun? Oder sollte ich von vornherein auf dieses Gefühl verzichten, Vater zu sein? Was man nicht wirklich kennt, vermisst man irgendwann nicht mehr...
Aber damit meine ich ausdrücklich NUR Kinder, bei denen es vor der Zeugung bereits hochwahrscheinlich war, das sie behindert sind. Und ich meine auch keine Abtreibungen, sondern nur, wenn vor der Zeugung bereits mehr oder weniger klar war, dass das Kin behindert sein wird!
 

Svala

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@Ubertin:

Ja, es laufen eine Menge Menschen draußen herum, die mit behinderten Menschen nicht klarkommen, weiß ich ja selber sehr gut. Aber das ist bloß die graue Masse, hab ich festgestellt. Viele sind nur neugierig und verhalten sich ganz anders, wenn man mal offen mit ihnen redet. Soll heißen, die meisten benehmen sich zwar erstmal idiotisch und starren einen an, aber bei denen ist das Verhalten heilbar. ;)

Die Entscheidung, ob man einem behinderten Kind das Leben schenken soll oder lieber darauf verzichtet..... Hmm, was soll ich dazu sagen? Hätten meine Eltern mit dem Wissen auf mich verzichtet? Sie hätten es bereut, da bin ich sicher. Das soll jetzt kein Eigenlob sein (:D), aber sie wollten unbedingt ein zweites Kind. Diesen Wunsch fallen zu lassen ist wohl eine der schwersten Entscheidungen, die ein Mensch treffen muss.
 

Ubertin

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Ich meine keine "alltäglichen" Behinderungen, sondern schwerwiegende. Zum Beispiel Taubstummblinde, ohne oder mit verkrüppelten Gliedmassen Gebohrene, im medizinischen Sinne "Vollidioten" (das ist nicht abwertend, sondern realistisch gemeind), also die wirklich schweren Einschränkungen!
Haben die Eltern dann nicht mal selbst die Fähigkeit, die Verantwortung zu Übernehmen, was soll dann aus den Kindern werden? Haben sie das verdient?

btw: Ich bin selbst aus medizinischen Gründen ausgemustert, zum Glück nichts vererbbares.:)
 

Chiburi

Kampfhase
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@ Svala

hmm..

es gehört nicht viel dazu, ausgegrenzt und geschnitten zu werden. Im Zweifelsfall reichen dazu die falschen Schuhe, die falschen Ansichten, die falsche Hautfarbe...
Und wenn ich später mal Kinder habe, ich würde ihnen sogar wünschen, Ausgrenzungen am eigenen Leib zu erfahren. Nicht, weil ich ein fieser Sadist bin, aber weil es einen prägt, und im besten Falle sogar sehr resistent gegen die schlimmste Form der menschlichen Dummheit macht, den Herdenzwang.

Was das Starren betrifft... ich höre immer wieder, wie sich Leute darüber beklagen. Halt die, deren Aussehen etwas auserhalb der Norm liegt, besonders große oder kleine Leute, Menschen mit seltsamen Hautverfärbungen im Gesicht, Rollifahrer...
Ich denke, das sollte man nicht über Gebür ernstnehmen. Jedes Gehirn schenkt gerade dem besondere Aufmerksamkeit, das "fremd" ist, noch nicht kategorisiert. Natürlich, das brauchten wir Jahrmilionen lang zum Überleben, und schaden tut es auch heute noch in den wenigsten Fällen. Wenn man dahinter jedesmal böse Absicht vermutet, tut man sich selber keinen Gefallen, meist ist es, wenn überhaupt bewußt, bloßes Interesse

@ Ubertin

also davon würde ich es nun wirklich nicht abhängig machen.. von der Reaktion der tumben Masse auf ein Kind. Wie gesagt, wenn meine Kinder später auch nur ein bißchen von mir haben, werden sie ähnliche Reaktionen erfahren, behindert oder nicht..
Die Frage die ich mir stellen würde ist: wollte ich mit der zu erwartenden Behinderung leben?
Wenn aber nicht, dann wäre ich auch nach der Befruchtung noch bereit, entsprechende Maßnamen zu ergreifen, also im schlimmsten Fall auch eine Abtreibung. (bzw, wenn das Risiko von vornerein bekannt ist, halt eine Zeugung via Präimplantationsdiagnostik und In Vitro Befruchtung)
 

Azariel

Shade
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@Jenny & Chiburi
Ihr habt recht wenn ihr sagt dass eine natürliche evolution beim Menschen schon lange nicht mehr gegeben ist. Aber denkt das mal konsequent weiter. Welche "sorte" Menschen sind es denn die am meisten Nachkommen zeugen? Im Moment jedenfalls wird der Genpool (im Westen wenigstens) eher zu "schlechten" Eigenschaften hin getrimmt als dass eine positive selektion stattfindet. Da spielt es statistisch gesehen auch keine rolle ob Menschen mit Genetischen defekten Kinder bekommen oder nicht. Dadurch, das der Mensch ein Bewusstsein erlangt hat, mit dem er in der Lage ist bewusst zu entscheiden ob er Kinder haben möchte oder nicht (und den Lebensbedingungen, dass er Kinder nicht mehr zur Altersvorsorge braucht), wurde die komplette Evolution ausgehebelt.
Seit der Renaissance ist es so, dass gerade die Menschen, die einen geringeren Sozialen Status haben, (also evolutionär eigentlich weniger erfolgreich sind) mehr Kinder bekommen als der Rest. Das hat sich bisher nichtdeutlich geändert.
Höchsten in den drittweltländern findet noch so etwas wie selektion statt, wo die Menschen sich auf geringen Nahrungsverbrauch hin entwickeln. Was vielleicht sehr zynisch ist, aber leider der Realität entspricht.
 

Ubertin

Logiker
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OK, ich präzisiere es noch etwas mehr:
Menschen, die ihr Leben lang pflegebedürftig sind, sich nicht mal allein den Allerwerdesten abwischen können, niemals mit anderen Mitmenschen kommunizieren können, extrem "abartig" sind!
Müssen diese Menschen wirklich leiden, wenn es die Möglichkeit gegeben hat, dass sie nie existierten?
Ich bin selbst ein "Ausgestossener", da ich einen etwas anderen Blick auf diese Welt habe. Ich kann zum Beispiel die Menschheit nicht ausstehen, weil sie zu dumm und intollerant ist. Nur leider mag keiner meine Wahrheit hören, weil sie etwas unbequem und nur durch viel Nachdenken nachvollziehbar (nicht unbedingt verstehbar) ist. Ich sehe das übrigens nicht als Nachteil, sondern es bestärkt mich in der Ansicht, dass ich vielen Mitmenschen geistig überlegen bin!:D
 

Chinasky

Dirty old man
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@Chiburi: Das mit der Präimplantationsdiagnostik, das sehe ich sehr kritisch. Ich kenne die Argumente der Beführworter - aber ich habe immer den Film Gettacca (oder so ähnlich - ein SF mit Urma Thurman in einer Hauptrolle) im Hinterkopf... Wobei ich allerdings auch gegen künstliche Befruchtung bin. Denn ich meine, kein Mensch hat ein "Recht" auf Kinder, wenn ihm die Natur dieses Recht eigentlich abgenommen hat (auf welche Weise auch immer). Adoptionen sind hierzulande nicht so einfach einzufädeln, das weiß ich - aber ich halte die doch immer noch für den besseren Weg für kinderlose Paare als die künstliche "Herstellung" von Kindern. Ich bin überhaupt skeptisch, ob bei Kindern der egoistische Wunsch der Eltern, unbedingt auch noch leiblich Eltern sein zu müssen, selbst wenn da die gewaltigsten medizinischen Verrenkungen stattfinden müssen, schon ein fragwürdiges Licht auf die Eltern wirft. Ein Kind, das so sehr zum Inhalt der Selbstverwirklichung seiner Eltern wird, hat es möglicherweise später nicht leicht, als eigenständiger Mensch in seiner Familie zu gelten...
Ich weiß nicht, ob verständlich ist, was ich meine, aber vielleicht ist es ja erfühlbar... :rolleyes:
 
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