[Limbo - Runde I] Armanz / Mantis

Wer hat die bessere Geschichte geschrieben?

  • Armanz

    Stimmen: 3 20,0%
  • Mantis

    Stimmen: 12 80,0%

  • Umfrageteilnehmer
    15
  • Umfrage geschlossen .

Enigma

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Hier die zweite Begegnung dieser Runde. Für mehr bin ich nun allerdings zu müde... ;)

Freudiges Lesen und Abstimmen! :)

 
 

Enigma

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Armanz

„Nur ein Zielobjekt? Ihr heuert uns an wegen einer verdammten Person? Seid ihr toll?“
Matte Gesichter mit bösartig funkelnden Augen musterten ihn. Er behielt kühl seine Position im Schatten des Gefängnisses, welches bedrohlich auf ihn herabäugte.
„Die Bezahlung stimmt. Das ist alles was ich zu sagen habe.“
Sein Tonfall erschien äußerst waghalsig angesichts der drei Gestalten, welche ihn umkreisend ihre Stellung bezogen. Als würden sie ihn fressen wollen.
„Es ist also euer Ernst.“, stellte eine von ihnen fest.
„Unterschätzt ihn nicht, sein Aussehen trügt. Bringt mir seinen Kopf und ich werde euch entlohnen. Ihr findet mich hier. Geht.“

***

Er kannte ihre Reaktionen mittlerweile auswendig, diese jedoch verwirrte ihn. Es ließ sich keine Ablehnung in ihren Gesichtern finden. Der Linke lächelte trocken, während der Rechte einen verhältnismäßig freundlichen Eindruck machte.
„Selbstverständlich dürft ihr passieren. Jeder ist hier willkommen, euresgleichen nicht ausgeschlossen. Nur muss ich euch bitten euch des Nachts nicht allzu oft auf den Straßen aufzuhalten.“ Er zwinkerte, während der andere keine Wimper verzog.
Shynzar schritt erleichtert durch das Stadttor hindurch und beobachtete sogleich das rege Treiben.

Die Straßen waren nun wirklich nicht die saubersten, aber er befand sich nicht in der Situation, sich darüber beklagen zu dürfen. Er war froh, hier zu sein. Weniger froh war Shynzar über die Tatsache, dass er beinahe halbnackt durch diese Gassen gehen musste.
Kein sonderlich rühmlicher Anblick, aber was solls. „Hey Drow, reichen fünfzehn Goldmünzen?“, hörte er plötzlich eine tiefe, raue Stimme rufen und drehte sich sogleich in die Richtung, aus der er sie wahrgenommen hatte. Ein Duergar. Daheim hätten sie ihm das Maul gestopft.
Ruhig bleiben. Er sucht nur Streit.
„Nach welchen homoerotischen Abenteuern gelüstet es ihnen denn, mein Fürst?“, erwiderte Shynzar grinsend. Er konnte es sich nicht verkneifen.
Zu seiner Verwunderung schaute der Zwerg nur mürrisch und trottete von dannen.
Liegt wohl an den Wachen.

Nachdem er ein wenig die Straßen dieses Örtchens studiert und ein wenig mehr herumgeirrt war, fand Shynzar letztendlich, was er suchte:
Eine Taverne, so heruntergekommen, wie seine Bekleidung.
Entschlossen betrat er das von Bierduft und Erbrochenem umnebelte Gebäude, aus dem eine laute Stimme ihren Weg nach draußen fand.
„Nun hatte ich also seine monströsen Schuppen abgeschält, um mir daraus einen feinen Harnisch anfertigen zu lassen und machte mich gerade wieder auf den Weg, um Elena zu suchen. Und sie werden nicht glauben was geschah!“
Der Redner vollbrachte ein paar seltsame Armbewegungen und erzählte dann weiter auf den sehr gebannt zuhörenden Wirt ein:
„Ich hörte eine Stimme hinter mir. Ich konnte die Worte nicht begreifen, aber dazu blieb mir sowieso keine Zeit, denn der tote Feuerdrache richtete sich wieder auf!“
Ein Sprung vom Hocker unterstützte seine Worte.
„Irgendjemand hatte das Monster wiederbelebt und es machte sich gerade daran, mich mit seiner untoten Pranke zu zerschmettern, als auf einmal...“
„HALTET ENDLICH EUER MAUL, IHR GEISTESKRANKER HARLEKIN!“, brüllte ein frustrierend aussehender Geselle orkischer Abstammung, welcher mit einem riesigen Hammer und einem zweiköpfigen Flegel ausgerüstet war.

Mit dem hätte ich lieber keinen Streit...
Die durch den Schrei eingeleitete Stille hielt an, während Shynzar den eingeschüchterten Helden musterte. Sein Aussehen war noch auffallender als seine Geschichte. Er war ganz in rot gekleidet und seine Figur lies nicht gerade auf einen erfolgreichen Krieger schließen, welcher Drachen oder sonstige Wesen, die in irgendeiner Form eine Bedrohung darstellten, erlegen könnte. Die Person drehte sich um und schaute Shynzar sichtlich überrascht an.

„Seid ihr Drizzt Do'Urden?“, fragte der Mann und konnte seinen Mund nicht mehr schließen.
Shynzar musste über diese Frage lachen.
„Ich heiße Shynzar und wie ist euer Name?“
„Namen sind Schall und Rauch, mein Freund.“ Er blickte auf des Dunkelelfen Kleidung und fragte:
„Darf man nach dem Grund eures nicht allzu rühmlich aussehenden Aussehens fragen, Shynzar?“
Dieser lächelte bitter und antwortete:
„Sagen wir mal so; gewisse Faktoren haben mich dazu bewegt aus dem Unterreich zu verschwinden und ich vergaß für einen kurzen Moment, was die Sonne mit unsereins Ausrüstung anzustellen vermag.“
„Ah, die Liebe. Ein unergründliches Ding, nicht?“
Das Lächeln verschwand aus Shynzars Gesicht.
„Ein berühmter Dichter sagte einmal:
Sie ist der Grund für deine Tränen,
Die nachts auf dein Kissen rinnen,
Und Wunden tiefer Trauer,
In deine Brust reißen.


„Wie heißt dieser Dichter?“
„Ich glaube mich zu erinnern, dass er den Namen Ja'far trägt.“
„Ich werde ihn mir merken. Aber woher wusstet ihr...?“
„Was bewegt einen Drow dazu, aus der Unterwelt zu fliehen? Wirt, ein Bier für diesen Mann. Ich bezahle.“
Shynzar setzte sich neben den eigenartigen Kerl.
„Nun, ihr habt Recht.“ Ein weiteres bitteres Lächeln.
„Die Liebe ist ein hässliches Ding, vor allem für uns.“

„Und was habt ihr jetzt vor?“, fragte der Feuerdrachenbezwinger.
„Ich sollte mir Arbeit suchen. Und etwas vernünftiges zum anziehen. Eine Unterkunft wäre auch nicht verkehrt.“ Shynzar bemerkte die Wunde am linken Arm des Helden.
„Woher habt ihr die Verletzung?“
Dieser antwortete trocken: „Berufsrisiko.“
„Und als was seid ihr tätig, wenn man fragen darf?“
„Ich bin Dichter, Denker und starker Arm dieser Stadt. Ein Jäger bin ich, doch meine Talente umfassen weitaus mehr als nur dieses winzig kleine Berufszweigchen!“
Voller stolz stand er von seinem Hocker auf und legte die Hand auf seine Brust.
„Eines Tages werden sie meine Taten gebührlich zu rühmen wissen und mein Name wird bis an den entlegensten Winkel des Eiswindtales dringen. Die hübschesten Prinzessinnen werden ihn voller Sehnsucht und Verlangen hauchen. Oh, Ja'far, wärest du doch hier, werden sie sagen.“
Ein kurzes Knurren des Orks schüchterte Ja'far jedoch ein und er setzte sich still hin.

„Ihr seid also dieser berühmte Dichter von dem ich soeben gehört habe.“, stellte Shynzar fest.
„In der Tat. Ich könnte eine vorzügliche Ballade über eure tragische Liebesgeschichte schreiben.“
Shynzar nahm einen großen Schluck Bier. „Ein andermal vielleicht.“
„Wollt ihr sie mir denn wenigstens erzählen? Wollte der König eure Geliebte für sich? Ist sie aus Kummer verstorben? Oder von einem Bösewicht entführt worden? Müsst ihr einen Drachen besiegen, um sie zu retten? Dabei könnte ich euch helfen.“ Ja'far verlor sich in abenteuerliche Vorstellungen von Ruhm, Ehre und unglücklicher Liebe, bis es Shynzar zuviel wurde und er schlicht antwortete:
„Sie weiß nicht, dass ich sie liebe.“
Ja'far war sichtlich enttäuscht von dieser unspektakulären Version einer Liebesgeschichte, die er seiner Meinung nach viel besser hätte erleben können.
„Und deshalb seid ihr geflohen?“, fragte er ungläubig.
„Ich bin ein einfacher Soldat. Liebe wird mir nicht gestattet.“ Shynzars Stimme war kalt und leer.
Er will nur die Frau, die er begehrt,
Doch durch sein' Status bleibt sie ihm verwehrt,
Welch Tragik, Schicksal peinigt ihn,
Und zwang ihn von hier fort zu fliehn'
...
Vermaledeit, ein unsauberer Reim. Wartet einen Moment.“

Ja'far vertiefte sich in sein inneres Studium und seine Auseinandersetzung mit sich selbst, während ein verhüllter Mann die Taverne betrat. Er trug einen viel zu großen, dennoch eleganten schwarzen Umhang, unter dem ein prunkvoller Harnisch glänzte. Der Mann verbarg sein langes, schwarzes Haar und seine ebenso schwarze Haut unter einer weiten Kapuze. Sein Gang war leicht und graziös. Er ging schnurstracks auf Shynzar zu und setzte sich stumm neben ihn.
„Den besten Wein, den es in diesem heruntergekommenen Loch gibt.“, sagte er kalt und bestimmt.
Als Shynzar die Stimme vernahm, erstarrte er.

„Guten Abend, Shynzar. Welch angenehmer Zufall, euch hier anzutreffen – lebend.“
Der Mann zog seine Kapuze herunter und lächelte.
In Shynzar machte sich eine enorme Anspannung breit.
„Was...macht ihr hier?“
„Ich bin Händler, schon vergessen? Die Frage sollte wohl eher sein, was ihr hier macht. Wartet, sagt nichts. Lasst mich nachdenken. Habt ihr etwa euren Posten verlassen, wie eine feige Schabe die ihr seid? Ist es das?“
„Bitte...“ Shynzar verlor seine Stimme.
„Ich hielt euren Tod für eine angenehme Nachricht. Dass ihr lebt, finde ich allerdings umso amüsanter. Die Königin wird erfreut sein.“

„Welche Königin?“, fragte Ja'far, der immernoch keinen sauberen Reim gefunden hatte.
„Na los doch, erzähl ihm die Geschichte deines kümmerlichen Daseins. Ich habe Zeit.“, sagte der Dunkelelf und lächelte dabei bösartig.
„Ich...habe nichts mehr mit euch zu schaffen. Und ihr nicht mit mir. Geht bitte.“
Shynzars Ton war bestimmt.
Der Mann stand langsam auf und nahm das Glas Wein in die Hand, dass es soeben erhalten hatte.
Ein kurzer Schluck und das Glas landete auf dem Boden.
„Wenn ein Hund einen Löwen anbellt, zermalmt der Löwe den Köter.“ Er trat auf den Glassplittern herum und legte eine Hand an den Griff seiner pechschwarzen Klinge.
„Ich gehe jetzt, Shynzar. Ihr seid mich jedoch längst nicht los. Die Königin wird es gern hören, dass es einen Überlebenden gibt. Einen befehlsverweigernden Überlebenden, der so töricht ist, zu glauben er würde ungeschoren davonkommen. Er wird es nicht, oh nein, das wird er sicher nicht.“
Ein kurzes, befriedigtes Lächeln und der Dunkelelf ging zur Türe hinaus.

„Wovon sprach dieser dunkle Mann soeben?“
Sorge und Neugier mischten gleichermaßen in Ja'fars Stimme mit, er musste sich jedoch gedulden. Fand Schrecken in Shynzars Augen vor und Schrecken machte sich auch in seinem Herzen breit. Nach einer Weile antwortete dieser leise:
„Sie ist der Grund für meine Flucht. Die Königin und – Arvyna.“ Er schwieg für einen Moment und begann zu erzählen:
„Ich hatte mich noch nie mit dieser sinnlosen Gewalt verstehen können. Irgendwann begannen sie, jene Gewalt an mir auszuüben, weil ich nicht bereit war, irgendwelche Sklaven zu peitschen.
Eines Tages traf ich auf Arvyna. Ich dachte sie wäre anders, aber das werde ich wohl niemals herausfinden dürfen.
Meine Trauer blieb leider nicht unentdeckt. Meine Gefühle wurden durch körperlichen Schmerz ersetzt und durch seelischen verstärkt.
Von all den Drow hat Arvyna mir unbewusst die meisten Schmerzen zugefügt. Und sie wird es auch nie wissen.“
Shynzar schaute bedrückt zu Boden.
„Dieser Mann ist ein Händler, welcher sehr viel Freude daran hatte, mich zu quälen.
Jedenfalls wähnten mich die Leute aus meiner Stadt tot. Bis jetzt. Ich fürchte, nein ich weiß, dass er mich verraten wird. Ich sollte schleunigst von hier fort.“

„Ihr solltet eine Nacht lang hier rasten, Shynzar. Eure Gedanken sammeln und vielleicht etwas vernünftiges zum anziehen finden. Ein schönes Wams oder etwas in der Richtung. Ihr seht nicht sonderlich vital aus.“
„Vielleicht habt ihr recht, doch ich verfüge nicht über die nötigen Geldmittel.“
„In meiner unendlichen Güte bin ich bereit, euch eine Nacht in meinem gemieteten Gemach schlafen zu lassen.“, bot Ja'far großzügig an und Shynzar sah sich in keiner anderen Lage, als anzunehmen.
Der heldenhafte Wohltäter bezahlte die Biere und machte sich daran, Shynzar sein königliches Zimmerchen zu zeigen.

***

„Hier ist es. Hier muss es sein.“ Er schnüffelte kurz und fletschte die Zähne. Sie glänzten im milchigen Mondlicht, welches das Haus vor dem er stand, in unheimliche Farbtöne tauchte.
„Vergiss nicht, was er gesagt hat. Der Schein trügt. Wir sollten achtsam sein.“
Der Mann flüsterte nicht, doch seine Stimme war so leise wie ein Windzug. Er drückte langsam die |Klinke der Tür. Abgeschlossen. Ein kurzer, verstohlener Blick und er hatte sein Umfeld abgesucht.
Sie waren allein.
Er riss mit einem kaum merklichen Ruck die Türklinge heraus und öffnete sich und seinen beiden Begleitern.
Ihre Augen schimmerten tückisch in der Dunkelheit, als sie von einer Tür zur anderen schlichen, bis sie vor der letzten stehenblieben.
„Lasst ihn gar nicht erst aufwachen, dann läuft die Sache ohne Verletzte ab.“
Der Mann lächelte auf einer widerwärtigen Weise und trat die Tür ein.

***

Shynzar wachte von dem lauten Geräusch brechenden Holzes auf und rüttelte in Windeseile Ja'far wach.
„Ein Drow? Was macht der denn hier? Erivius sagte, nur eine Person!“, zischte einer der Eindringlinge, während alle ihre Kapuzen abstreiften.
„Vampire!“, rief Shynzar schockiert und erstarrte, während Ja'far versuchte, in der Dunkelheit irgendetwas auszumachen. Es gelang ihm nicht, alles was er spürte war der teuflische Blick dreier Vampire, welcher sich an ihn heftete, wie eine Zecke, bevor sie ihre tödliche Krankheit auf einen loslässt. Und einen widerwärtigen Gestank, als hätte man gerade ein halbes Dorf abgeschlachtet.
Bevor Ja'far sich auch nur regen konnte, war einer der Vampire zu ihm gesprungen und schlug ihm gegen die Brust. Dieser flog quer durch den Raum und landete auf den morschen Brettern, welche heuchelnderweise vorgaben, ein Boden zu sein.

Shynzar löste sich gerade von seiner Betäubung, als auch er einen deftigen Schlag erhielt, der ihn sofort zu Boden warf. Im Gegensatz zu Ja'far war dieser allerdings einiges an Schmerzen gewohnt und konnte sich aufraffen, bevor einer der Vampire in seine Richtung sprang. Shynzar schnellte zu Ja'fars Bett und griff nach dessen Schwert, wurde aber von einem weiteren Vampir erwischt. Er taumelte zurück und stürzte nach hinten, während der dritte Untote bereits im Begriff war, ihm die Kehle zu durchtrennen. Der Vampir fletschte die Zähne und trat wütend gegen das Bett, welches sofort einkrachte. Ein Geräusch, als würden Knochen brechen. Er warf sich auf Shynzar, welcher das Kurzschwert abwehrend festhielt und dem Vampir zwischen die Rippen bohrte.

Ein markerschütternder Schrei hallte durch die gesamte Taverne und die beiden anderen Vampire schauten Shynzar schockiert an.
„Knoblauch?“, fragte der bisherige Sprecher völlig ungläubig.
„Erivius hatte Recht...“
Der Vampir war unschlüssig darüber, was er tun sollte, bis er die Runen des Schwertes aufleuchten sah und die Flucht ergriff. Sein Begleiter folgte ihm in die pechschwarze Nacht hinaus, während das scheußliche Dasein des Verletzten sein bitteres Ende fand.

Eine Weile geschah nichts.
Irgendwann stand Ja'far mühsam auf und schleppte sich zu Shynzar.
„Dein...Schwert. Es hat uns das Leben gerettet.“, flüsterte dieser.
Er hatte kaum realisiert, dass er gerade eines der fürchterlichsten Wesen, von dessen Existenz er wusste, niedergestreckt hatte. Shynzar betrachtete die knoblauchförmige Runen des Schwerts. Sie leuchteten in ungesundem Grün.
„Ich hätte nie gedacht, dass...“ Ja'far unterbrach ihn.
„Ich aber. Und wieder rette ich den Tag, äh, die Nacht. Auf mich könnt ihr immer zählen!“
Fassungslos über Ja'fars schnelle Erholung des Schocks, stand der Dunkelelf langsam auf und raunte dem Kriegsbarden zu:
„Ich glaube, wir sollten von hier verschwinden, bevor die Blutsauger es sich anders überlegen. Die Geschichte hätte ganz anders ausgehen können...“


Das weiße Licht des Mondes strahlte reinigend auf den Pfad herab, dem Shynzar und Ja'far übermüdet folgten.
„In der Stadt wird man Sagen und Märchen über uns beide spinnen.“, bemerkte der Vampirjäger.
Shynzar lächelte erschöpft.
„Meinem treuen Kurzschwert und mir. Ich glaube, ich nenne es: Knoblauch. Was haltet ihr von diesem Namen? Wird er dem heldenhaften Wesen dieses Stücks Wunderstahl und seinem noch heldenhafteren Besitzer gerecht?“
„Könnt ihr nicht einfach glücklich über den Umstand sein, dass ihr noch lebt? Ohne mich wärt ihr trotz des Schwertes verendet, Ja'far. Merkt euch das.“ In seinen Worten steckte mehr Stolz als beabsichtigt.
„Der Vampir hat euch wohl ziemlich hart am Kopf getroffen. Erinnert ihr euch nicht mehr daran, dass ich euch das Schwert zuwarf, nachdem ich den vierten Vampir von euch abhielt? Er wollte gerade eure Brust aufbrechen und euer von Liebespain gequältes Herz verspeisen.“
„Es gab keinen vierten Vampir.“, sagte Shynzar, der Ja'far längst an den Hals gesprungen wäre, wenn sein Schwert den beiden nicht das Leben gerettet hätte.

Das Leben...Moment mal!
„Wer zum Teufel waren diese Vampire überhaupt???“
„Sie haben den Namen Erivius erwähnt, wenn ich mich nicht täusche.“
„In der Tat, doch was sagt mir das jetzt?“
Ja'far zog 'Knoblauch' aus der Scheide, wedelte ein wenig damit herum und begann zu erzählen:
„Ihm bin ich vor einigen Tagen nur knapp entkommen. Er hat mich mitsamt seiner gesamten Söldnerlegion gefangen genommen. Er drohte damit, eine Unschuldige abzuschlachten, also ging ich freiwillig mit., allerdings gelang mir wie gesagt, schon bald die Flucht.“
„Also hat er diese Vampire angeheuert, um euch zu erledigen? Wie kann man soviel Aufwand in Kauf nehmen um jemand wie euch zur Strecke zu bringen?“
„Falls ihr es nicht bemerkt habt, es ist den Vampiren nicht gelungen!“ Ja'far streckte seine Zunge aus.

„Was wollte Erivius von euch, Ja'far?“
„Es begann alles damit, dass ich die werte Elena aus den Fängen eines uralten Magiers retten musste, der es auf mich abgesehen hatte!“
Das Knacken eines Astes ließ Shynzar aufhorchen, während Ja'far unbekümmert weiterging.
„Shynzar?“, erklang eine tiefe Frauenstimme.

„Arvyna? Seid ihr es wirklich?“ Der Dunkelelf spähte ungläubig umher. Sein Herz raste.
„Ja, hier drüben.“ Er bemerkte eine Handbewegung und ein paar Schritte später stand er neben ihr.
„Ich habe vor nur einigen Stunden erfahren, dass ihr noch lebt.“
Shynzar bemerkte einen Glanz in ihren Augen.
„Ja...ich...ähm, ich lebe noch. Wie ihr seht. Und ihr scheinbar auch.“ Er lächelte nervös.
Mittlerweile hatte Ja'far ihre Anwesenheit ebenfalls bemerkt und sich zu den beiden gesellt.
„Mir wurde berichtet, dass ihr geflohen wärt, Shynzar.“
Der Drow schaute zu Boden.
„Dir wurde richtig berichtet.“
„Was bewegt einen stolzen Krieger wie euch, zu fliehen? Das muss wahrlich etwas Großes sein.“
Arvynas Lippen formten den Ansatz eines Lächelns.
Er will nur die Frau, die er begehrt...“, begann Ja'far mit theatralischer Stimme seine Ballade.
„Nicht jetzt!“, zischte Shynzar.
„Was soll das bedeuten?“, fragte Arvyna, deren Gesicht eine Spur von Verwirrung enthielt.
Shynzar trat einen Schritt näher an sie heran.

„Ich...“
„Du?“
„Ich weiß nicht, ob ich dir das mitteilen sollte.“, murmelte Shynzar verlegen, während er an seinem Rüstungsverbleibsel fummelte.
Doch durch sein' Status...“ Shynzar verpasste Ja'far einen Klaps auf den Hinterkopf.
Er nahm tief Luft und sagte:
„Ich liebe euch, Arvyna.“

Stille.
Unangenehme Stille.
Wieder dieses Glänzen in ihren Augen.
Dann ging sie einen Schritt auf ihn zu und sagte zu Shynzar:
„Ich liebe euch auch.“
Die beiden umarmten sich innig, während Ja'far auf einer imaginären Harfe plänkelte und leise seine, eigens für Shynzar angefertigte Ballade, vor sich hin trällerte.

Plötzlich wurde die Umarmung durch eine kurze, hastige Bewegung und ein leises Wimmern unterbrochen.
Shynzar glitt leblos zu Boden; ein Messer steckte in seiner Brust.

Ja'far starrte fassungslos auf den Dunkelelfen, den der letzte Atemzug soeben verließ und stammelte:
„Wie...wieso?“

Arvynas mattes Gesicht drehte sich zu Ja'far und ihre Augen funkelten bösartig.
„Wieso nicht?“

Das milchige Mondlicht tauchte Shynzars Leiche in unheimliche Farbtöne.
 

Enigma

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Mantis

Leicht verdientes Geld

––––––*––––––​

Er starrte stumpf vor sich, auf den Tresen aus dunklem Holz, auf seinen halbleeren Krug aus eingedelltem Metall, auf die angetrockneten Substanzen verschiedenster Art und Herkunft. Wartete darauf, dass der Alkohol seine Wirkung tat.
Er hasste es zu warten ohne wirklich etwas zu tun zu haben, und er war davon überzeugt, viel zu viel Stil zu haben um sein Getränk einfach hinunterzustürzen. Für das, was er vorhatte, musste er genau das richtige Level erreichen. Nicht zu viel trinken, aber sicher auch nicht zu wenig. Er wartete auf die Euphorie, auf die Ausgelassenheit die sich mit diesem zweiten Krug des dunklen Gebräus sicher bald einstellen würde. Diese Ausgelassenheit, die willkommene Sorglosigkeit galt es abzupassen, bevor der Alkohol ihm die Sinne zu sehr vernebelte, ihn für den Abend außer Gefecht setzte.
Ja’far lehnte sich zurück. Er war stolz darauf, sich selbst einen erfahrenen Trinker nennen zu können, der genau wusste, wo seine Grenzen lagen, weil er sie bei zahllosen Gelegenheiten stets aufs Neue ausgetestet hatte.
Und heute Abend hatte er seine Selbstkenntnis nötiger denn je.


An einem Tisch ganz in der Nähe grölte eine Gruppe Matrosen, vielleicht sangen sie, vielleicht stritten sie auch – so genau konnte man das bei denen nie wissen.
Er schloss die Augen, versuchte seine Umgebung auszublenden, zu vergessen... zu vergessen, warum er hier war und sich Mut antrinken musste, doch es gelang ihm nicht. Die anderen Schänkengäste belästigten seine feinen Elfensinne weiterhin mit ihrem Lärm und ihren Ausdünstungen, und der Auftrag lauerte noch immer raubtiergleich in seinen Gedanken, verhöhnte ihn.
Was hatte er sich dabei gedacht, diese Arbeit anzunehmen? Er war sich durchaus bewusst gewesen, dass sie seine Fähigkeiten überstieg, aber wie schon so oft war seine Zunge schneller gewesen als seine Vernunft.
Doch die Bezahlung war gut, und sein Ruf war ihm zu diesem Zeitpunkt wichtiger als sein körperliches Wohlergehen. Er konnte sich keinen Rückzieher erlauben – ein furchtsamer Monsterjäger, wo in den Reichen gab es so etwas?
Ja’far grinste freudlos. Er, der Bezwinger der großen Kreischlingsplage von Beregost von 1349, würde sicher nicht als der Erste Feige Exterminator von Faerûn in die Geschichte eingehen, nein, er nicht!
Nein, es musste getan werden: Heute Nacht würde er in den Keller des vermaledeiten Lagerhauses hinabsteigen und die Ungezieferplage aus der Welt schaffen, ob es ihm gefiel oder nicht.


Die plötzliche Stille in der Taverne unterbrach seinen Gedankengang wirksamer als die akustische Hintergrundkulisse zuvor es zu tun vermocht hatte. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können – stattdessen hörte man ein Glas auf dem schmutzigen Flur zerschellen.
Ja’far war sich seiner eigenen Atmung unangenehm bewusst, sie klang für ihn unnatürlich laut und schwergängig, jetzt, da all der Lärm verschwunden war.
Seine Augen taten es denen der anderen Schänkengäste gleich und wandten sich zur Tür.

Dort stand ein Drow. Er stand einfach nur da, abwartend seine Umgebung betrachtend. Ja’far wusste, dass der Dunkelelf ein paar Sekunden benötigen würde, um sich an den Fackelschein in der Taverne zu gewöhnen, und ihm war klar, dass jetzt der perfekte Moment für einen Defensivangriff war.
Doch er rührte sich nicht, und hatte – im Gegensatz zu einigen Menschen – auch nicht seine Hand auf den Griff seiner Waffe gelegt.
Ihm war klar, was es zu bedeuten hatte, wenn ein einzelner Drow eine Taverne in einer Menschenstadt betrat, ohne dabei seine Waffen zu ziehen oder einen Zauber zu wirken. Auch er hatte die Geschichten von Drizzt do’Urden gehört, auch wenn er den berühmten Dunkelelfen noch nie persönlich getroffen hatte. Die Rechtschaffenheit und Moral des Drow im Exil waren mindestens ebenso legendär wie seine Kampfkraft.
Das schien auch den verschreckten Humanoiden in der Taverne langsam wieder einzufallen. Sie drehten sich wieder um, auch wenn keiner es wagte dem Drow den Rücken zuzuwenden, und nahmen ihre jeweiligen Gespräche wieder auf.
Innerhalb weniger Sekunden war es, als wäre nichts geschehen, und der Klangteppich hüllte die Schänke wieder ein.

Der Drow ging zum Tresen, langsam, darauf bedacht, keine ruckartigen Bewegungen zu machen. Er bewegte sich auf dem zögerlichen Vertrauen der Menschen wie auf dünnem Eis, und schien erleichtert zu sein, als er schließlich am Tresen angekommen war und sich setzte.
Ja’far konnte sehen, dass sich unter der verschlissenen Rüstung und der zerrissenen Kleidung des Dunkelelfen ein trainierter Körper befand. Seine Bewegungen waren präzise, mühelos, der Gang der eines Akrobaten oder geschickten Kämpfers. Er zweifelte keine Sekunde daran, dass der Neuankömmling mit den Waffen an seinem Gürtel umzugehen wusste.
Durch den leichten Alkoholdunst dämmerte Ja’far, dass sich soeben eine einmalige Chance neben ihn gesetzt hatte.

Und eine solche Chance sollte man nicht einfach so verstreichen lassen.
Ja’far gab dem Wirt ein Zeichen, und nickte dem Dunkelelfen freundlich zu, als dieser sein Freigetränk auf Ja’fars Kosten entgegennahm.
Bel’la dos, abbil. Ich danke Euch.“, sagte der Drow und neigte leicht den Kopf in Ja’fars Richtung, ein leichtes Lächeln auf den Lippen.
„Oh, das ist nicht der Rede wert.“, erwiderte Ja’far. Das ging ja leichter als gedacht.

Alles weitere ging beinahe wie von selbst.
Ja’far war selbst überrascht, wie leicht es ihm fiel, den anderen von seiner Sache zu überzeugen.
Er stellte sich dem Drow nach allen Regeln der Höflichkeit vor, und machte sich selbst nur ein klitzekleines bisschen berühmter als er tatsächlich war. Er war wirklich in den wichtigen Kreisen vieler Städte der Schwertküste bekannt, doch eher durch die Kontakte seiner Freunde als wegen eigener Verdienste.
Dennoch – er war sich sicher, dass seine Vorstellung den Dunkelelfen beeindruckt hatte. Und als er ihm schließlich sein Anliegen vortrug, war es eine reine Formalität nach seiner Zustimmung zu fragen. Der Drow konnte dieses Angebot unmöglich ausschlagen, nicht bei diesen Aussichten, nicht in seiner Position.
Mehrere hundert Goldmünzen für das Beseitigen übergroßen Ungeziefers aus dem Keller eines Lagerhauses, eine großzügige Belohnung für einen so einfachen Auftrag, die sie natürlich zu gleichen Teilen unter sich aufteilen würden.
Auch vom Auftraggeber erzählte er; der Besitzer des Lagerhauses war ein reicher Händler mit vielen Verbindungen, der sicher noch mehr Aufträge für sie haben würde, wenn sie diesen einen erst einmal zu seiner Zufriedenheit ausgeführt hatten. Dieses Mal übertrieb er nicht einmal: Macht und Reichtum des Herren von Silbertal waren in der umliegenden Region unerreicht – auch deshalb musste dieser Auftrag so schnell wie möglich ausgeführt werden.
Mehr musste sein neuer Verbündeter nicht wissen.
Ja’far erwähnte die genaue Summe nicht. Er war sich sicher, dass der Dunkelelf – der sich ihm als Shynzar Veldriss vorgestellt hatte und sich unsicher durch die Gemeinsprache manövrierte – die Verhandlungen mit seinem Auftraggeber nicht verstehen würde. So konnte er den größten Teil des Goldes für sich behalten, ohne dass der stets lächelnde Dunkelelf etwas davon bemerken würde.
Was er nicht weiß...

Moralisch verwerflich fand Ja’far das nicht – schließlich hatte er den Auftrag besorgt, obwohl nach seinem Plan Shynzar den größten Teil der Arbeit erledigen würde. Aber ohne ihn, Ja’far, hätte der Drow nicht einmal gewusst, dass es einen Auftrag gab. Also konnte man das, was er vor hatte, bei Weitem nicht Betrug nennen – im Gegenteil, er tat dem heruntergekommenen Drowkrieger einen großen Gefallen.

Ja’far lächelte zufrieden. Manchmal hatte er wirklich mehr Glück als Verstand.

„Wenn Ihr ausgetrunken habt, folgt mir. Es ist nicht weit.“


––––––*––––––​


Ja’far fühlte, wie die Euphorie mit jedem Schritt weiter hinter ihm zurück blieb, und die blanke Angst zurückkehrte, die er bis jetzt so sorgfältig in einem unbesuchten Winkel seiner Gedanken gehalten hatte. Jetzt ärgerte er sich darüber, dass er voraus gegangen war.
Zwar konnte er – wie alle seiner Art – relativ gut im Dunkeln sehen, doch er bevorzugte das Sonnenlicht gegenüber dem Zwielicht, das in dem Keller unter dem Lagerhaus herrschte. Die schlechten Sichtverhältnisse bedeuteten auch, dass er sich mehr auf seine Ohren verlassen musste, und schon jetzt hatte er den Eindruck, dass es überall um ihn her raschelte, klackerte, zischte. Sein Vorstellungsvermögen war eine unheilige Allianz mit seiner Angst und seinen überspannten Nerven eingegangen, und ließ ihn Dinge hören, wo nichts war. Oder doch?

Er sah sich um, wollte sich vergewissern, dass der Drow ihm noch folgte. Shynzars Augen blitzten spöttisch in der Dunkelheit. „Nindyn vel’uss kyorl nind ratha thalra elyhinn dal lil alust, mein vorsichtiger Verbündeter. Sorgt Euch nicht um Euren Rücken, ich bin direkt hinter Euch.“
Vielleicht ist das auch das Problem, dachte Ja’far, der sich auf einmal gar nicht mehr so sicher war, wieso er dem Drow eigentlich vertraute.
Doch er hatte keine Wahl, und jetzt waren sie schon beinahe am Ziel. Denk’ einfach an Drizzt, du Dummkopf. So anders kann der Einzelgänger hier doch auch nicht sein. Und selbst wenn er wollte – wer von denen würde es denn wagen, den neuen Ruf der Drow an der Oberfläche durch den Dreck zu ziehen? Denk’ nicht an ihn. Denk’ an deinen Ruf, denk’ an das Geld.

Das Geld... und was er damit bewerkstelligen würde. Ja’far hatte keinen Zweifel daran, dass sein lächelnder Partner seinen Anteil in neue Waffen oder eine bessere Rüstung investieren würde. Egoistische, materielle Dinge. Anders als er selbst, der er jede einzelne Kupfermünze daran setzen würde, seine geliebte Elena zu finden. Ihren Namen aus dem Mund eines alten Feindes zu hören, hatte ihm schwerer zugesetzt als er sich eingestehen wollte. Er machte sich Sorgen. Seit seiner missglückten Entführung vor einem Zehntag war es ihm nicht gelungen, mit der Elfin Kontakt aufzunehmen, geschweige denn dass er Nachricht von ihr erhalten hätte.
Er verfügte nicht über die nötigen Fähigkeiten um verschwundene Personen aufzuspüren, doch er hatte von einer Sukkubus gehört, die auf diesem Gebiet wahre Wunderwerke vollbringen konnte – vorausgesetzt, man stellte ihr ausreichend Gold zur Verfügung. Nun, dieses unbedeutende finanzielle Hindernis würde er mit Hilfe dieses Auftrags schon bald überwunden haben, und dann konnte es nicht mehr lange dauern, bis er wieder mit seiner Liebsten vereint war.
Bald...


Kyone!
Die hastig geflüsterte Warnung des Drow riss ihn aus seinen Gedanken. Auch wenn er die Sprache der Dunkelelfen nicht verstand, Ja’far konnte sich gut vorstellen, was der andere von ihm wollte. Er hielt inne, spähte in die Dunkelheit, konzentrierte sich auf alle Geräusche um ihn her.
Jetzt fiel es ihm auch auf. Ein leichtes Klicken auf dem Steinboden, das sich ihnen näherte. Und nicht nur aus einer Richtung.

Vorsichtig, darauf bedacht kein Geräusch zu machen, hob Ja’far seine rechte Hand zu seinem Köcher, fand einen Pfeil, und legte ihn an die Sehne. Langsam hob er den Bogen und spannte die Sehne, die Pfeilspitze auf das geduckte Geschöpf gerichtet, das ganz in seiner Nähe durch die Dunkelheit in seine Richtung krabbelte. Und hielt inne, als er – gerade noch rechtzeitig – bemerkte, dass der Pfeil im vordersten Drittel abgeknickt war, zerbrochen, unbrauchbar.
„Verflucht!“
Er ließ den Pfeil fallen, griff wieder in den Köcher, fand einen zweiten Pfeil – oder das, was davon übrig geblieben war: kaum mehr als das befiederte Endstück.
Ihm kam der Gedanke, dass es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war, den Köcher als Knüppel zu benutzen.

Doch zum Bereuen blieb ihm keine Zeit: schon war die erste Spinne bei ihm, ihre beiden vordersten Beine nach ihm ausgestreckt als wollte sie ihn lediglich berühren, streicheln. Ja’far schrie auf und schlug mit dem Bogen nach ihr, doch die Kreatur wich ihm mit Leichtigkeit aus.
Spinnen. Er hasste diese elenden, giftigen Biester, egal, in welcher Größe und Ausführung sie ihm über den Weg liefen. Nein, nicht egal – je größer sie wurden, desto schlimmer die Begegnung.
Das war auch der Grund gewesen, warum er diese Queste so lange wie möglich herausgezögert hatte – auch wenn die Giftigkeit der Kreaturen und die unterirdische Lage des Kellerraums sicher auch einiges dazu beigetragen hatte. Wer wusste schließlich, was in solchen subterranen Gewölben noch so alles lauern konnte?

Ja’far zog sein Schwert, und brachte mehr Distanz zwischen sich und die Spinne, deren Mandibeln mit grünlich glänzendem Geifer bedeckt waren. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken.

Aus den Augenwinkeln sah er Shynzar, der unbeweglich auf der Treppe stehen geblieben war, die Augen weit aufgerissen. Ja’far konnte seine Gesichtszüge in der Dunkelheit und auf die Schnelle nicht ausmachen, doch seine Augen sprachen von Erstaunen – und... Schrecken?
Arachnophobie?

„Was tut Ihr da? Helft mir!“

Doch der Drow rührte sich nicht. Zwar lagen seine Schwerter in seinen Händen, aber ihre Spitzen zeigten zu Boden, weder zur Verteidigung noch zum Angriff erhoben.
Was sich erhob, war seine Stimme. Gerade laut genug, um Ja’far zu erreichen, auch wenn dieser nicht sicher war, ob der Drow die Worte an ihn richtete, oder eher an sich selbst.

„Sakrileg! Was Ihr tut, was Ihr von mir verlangt, ist ein Sakrileg! Og’elendar! Spinnen sind heilig, sie stehen hoch in Lolths Gunst! Sie zu töten, zu verletzen, auch nur zu stören würde bedeuten, den ewigen Zorn der Gottheit und ihrer Priesterinnen auf sich zu ziehen!“
Drow. Unterreich. Spinnen. Wie hatte er das vergessen können?
„Was kann Euch das scheren? Ihr seid an der Oberfläche... oder zumindest direkt unter der Oberfläche!“, schrie Ja’far, und schaffte es tatsächlich, die Spinne am Kopf zu verwunden, wobei er die Augen nur knapp verfehlte.
Er nahm wahr, wie hinter ihm Shynzar zusammenzuckte, als habe der Schlag ihn selbst getroffen und nicht die widerwärtige Kreatur.
„Bei allen Göttern! Du hast Dich doch von den Wegen der Drow losgesagt! Worauf wartest Du noch? Du bist frei! Besiegle Deine Freiheit!“
„Frei...“, wiederholte Shynzar, langsam, als fühle das Wort sich fremd an auf seiner Zunge.
„Ich bin frei...“

Mit einem Satz sprang er von der Treppe und durchbohrte mit seinem Langschwert den Schädel der Kreatur die Ja’far bereits verwundet hatte, während sein Kurzschwert zwei Beine einer anderen Spinne abtrennte, die sich dem Elfen von hinten genähert hatte.
Ja’far musste sich zwingen, dem Dunkelelf nicht mit den Augen zu folgen als dieser tiefer in das Kellergewölbe vordrang, die Spinnen vor sich her treibend, so fasziniert war er von der tödlichen Eleganz, mit der Shynzar sich bewegte.
Doch auch sein eigener Kampf war noch nicht vorbei, und er würde seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit von ihm verlangen. Und obwohl er sich auf die Spinnen vor ihm konzentrierte und versuchte, alle anderen Sinneseindrücke auszublenden die nicht mit seinem eigenen Überleben zu tun hatten, war es ihm, als höre er durch die Kampfgeräusche hindurch den Dunkelelfen lachen. Ein wahnsinniges, ungehemmtes Lachen, das ihn vielleicht beunruhigt hätte, wäre der Drow nicht auf seiner Seite gewesen, und hätte er selbst nicht genug mit seinen eigenen Gegnern zu tun gehabt.


Ja’far wich weiter zurück, tiefer in die Dunkelheit des Kellers hinein. Drei Spinnen, die der wütenden Attacke Shynzars entkommen waren, umzingelten ihn, trieben ihn weiter. Wie sehr er sich seinen Bogen und ein paar Pfeile zurückwünschte! Es war schwierig, mit seinem kurzen Schwert einen Treffer gegen die (zum Glück!) gerade mal hüfthohen Kreaturen zu landen, denn sobald er zum Angriff gegen eine der drei ansetzte, gab er den beiden anderen die Chance zum Gegenangriff.
Also weiter zurückweichen, und hoffen, dass die Spinnen ihrerseits einen unachtsamen Angriff unternahmen – oder dass Shynzar rechtzeitig mit seinem Anteil der Spinnenplage fertig wurde.

Doch dann geschah es. Ein Schritt zur Seite wurde ihm zum Verhängnis; er blieb an einem großen, weichen Gegenstand hängen der auf dem Boden lag, und fiel der Länge nach hin.
Sofort war eine Spinne über ihm, und biss ihn in den linken Arm, den er reflexartig zum Schutz vor sein Gesicht gehoben hatte.
Schmerz durchfuhr ihn, doch hier war die Chance, auf die er gewartet hatte. Mit all seiner Kraft und aller Wut die er in sich fand, rammte er das Kurzschwert tief in den Körper der Kreatur, drehte die Klinge in ihren Eingeweiden, und ruckte das Schwert ein gutes Stück in seine Richtung.
Eine weniger, dachte er mit grimmiger Zufriedenheit, denn er war sehr sicher, dass das, was nun seine einstmals dunkelrote Lederrüstung bedeckte, lebenswichtig für die Spinne gewesen war.
Doch ihm blieb keine Zeit, sich länger über einen besiegten Gegner zu freuen – zwei weitere trachteten nach seinem Leben.
Ja’far absolvierte eine Rückwärtsrolle und nutzte den Schwung aus um wieder auf die Füße zu kommen. Sofort fühlte er etwas klebriges an seinem Rücken, seinen Haaren und seiner linken Hand. Er probierte, einen Schritt nach vorne zu gehen, doch es war, als hielte ihn jemand fest. Auch seine Hand war unbrauchbar geworden, hing wie festgeklebt an einer weißen Substanz die beinahe den gesamten Flur hinter ihm überspannte.
Netze. Natürlich. Er hätte sich erinnern müssen, dass es noch einige weitere gute Gründe gab, warum er diese Biester so verabscheute.
Wenigstens sein Schwertarm war noch frei, und so gelang es ihm, die Angriffe der beiden anderen Spinnen zu parieren, während er gegen die Panik und eine plötzliche Übelkeit kämpfte.
Konnte es sein, dass er so schnelle Rollen einfach nicht mehr vertrug? Es war schon eine Weile her gewesen, dass er seine rudimentären Akrobatikfähigkeiten hatte anwenden müssen, vielleicht war er aus der Form gekommen... Oder aber... Gift.
Eine neue Welle der Übelkeit drohte ihn zusammen mit dieser Erkenntnis zu überwältigen, doch er kämpfte dagegen an.

Nicht aufgeben, Ja’far. Halte durch, bleib wach, verteidige dich!
Er zwang sich, das Schwert wieder und wieder zur Parade zu heben, doch er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er einen Fehler machte, oder, schlimmer noch, bis sein Arm ermüdete.
Die Welt begann vor seinen Augen zu verschwimmen, und er musste all seine Willenskraft mobilisieren, um seine Konzentration aufrechtzuerhalten, um den Arm nicht sinken zu lassen, der mit jeder Sekunde schwerer wurde.


Es dauerte eine Weile, bis ihm auffiel, dass er ins Leere schlug, dass schon längst keine Spinnenbeine und Mandibeln mehr nach ihm schlugen und schnappten.
Es war vorbei. Er war gerettet.
Ja’far dachte schon gar nicht mehr an die Belohnung, auch nicht mehr an Elena.
Er wollte einfach nur noch aus diesem finsteren Kellerloch raus, sich hinlegen und schlafen, lange, vielleicht ein paar Tage. Dann würde er weitersehen.
Aber erst einmal musste er hier raus, zu einem Heiler.
Es war das Gift, das ihn so schläfrig machte, das wusste er.
„Schhinsssar... Bis’ Du das? Hilf mir hier mal, ich komm’ hier nich’ mehr raus..“, murmelte er zu der Gestalt, die vor ihm zwischen den Kadavern der Riesenspinnen aufragte.
Er spürte den Blick des Dunkelelfen auf sich, als dieser ihn lange Zeit musterte, viel länger als ihm angenehm war.
Er spürte den leichten Luftzug, als Shynzar sich in Bewegung setzte, und er hörte die Schritte des Elfen, leise, aber hörbar, die sich von ihm weg bewegten.
In Richtung der Treppe.
Die Treppe hinauf.
Er hörte, wie die Schritte innehielten.
Die dunkle Stimme des anderen, ein einziges Wort.
Aluve’.
Und die schwere Kellertür, die hinter dem Dunkelelfen ins Schloss fiel.


––––––*––––––​
 

Tigerle

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Ich fand es recht schwierig, Armanz' Geschichte zu folgen. Erst spät lichtete sich, was der erste Absatz und dieser Einschub mitten drin bedeuteten. Auch habe ich die Vorstellung der Hauptfiguren nicht durchblicken können. In dieser Geschichte haben die Personen zwar alle irgendwie agiert, aber leider gab es keinen roten Faden, der einen geholfen hätte, der Geschichte zu folgen.

Ganz anders die Geschichte von Mantis. Ja'far bekommt hier sofort eine Rolle und eine Aufgabe, deren Existenz schon hilft, der Geschichte zu folgen. Er selber ist schon zu Beginn in einer widersprüchlichen Situation gefangen, aus der Shynzar, dieser Drow ihn zu befreien scheint. In seiner Position selber glaubt er, diesen Drow benutzen zu können.
Auf der anderen Seite bleibt Shynzar, der Drow, der nun unter Menschen leben muss. Mantis versteht es meisterhaft einen Drow so zu beschreiben, dass er sich sowohl zum einen unter Menschen aufhalten kann ohne dass unsinnig erscheint, aber auf der anderen Seite immernoch die Wesenszüge eines Drows behält!
Das Ergebnis ist eine faszinierende Geschichte mit überraschenden Wendungen! Und ein Punkt von mir! :up:
 

Timestop

Running out of Time
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Armanz Geschichte plätschert eigentlich fröhlich vor sich hin, etwas wirr vielleicht, aber unterhaltsam, bis das Ende dann den roten Faden entgültig zukleistert. Das "weil ich es halt kann" Totschlagende wirkt dann auch weniger überraschend als nur belanglos.

Mantis hat Ja'far ernster angelegt, die Grundstimmung ist entsprechend auch düsterer, die Story schlängelt sich klar zum Ende mit Punktsieg für ihren Charakter. Nur warum sich Shynzar auf einmal seiner neuen Freiheit des Spinnentötens so plötzlich durch ein Wort bewußt wird, ist mir nicht ganz klar geworden.
Punkt für den Drow.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Huch, wie seltsam. Meine Probleme sind genau invers zu den anderen Postern.

Also ich habe bei Armanz überhaupt gar keine Verständnisprobleme mit dem Schluß. Der aus der Unterwelt entkommene Drow wird natürlich erst einmal gejagt, und zwar nach allen Mitteln der für die Drow typischen Hinterhältigkeit, einschließlich der Ausnutzung, das man weiß, das er in eine bestimmte Frau verliebt war.

Bei Mantis stört mich wie schon bei skulls Charaktervorstellung Abschnitte in einer fremden Sprache, die ich nicht verstehe und ohne deren Kenntnis man Teile der Geschichte nicht versteht. Und den Schluß kapier ich überhaupt nicht. Warum genau läßt Shynzar Ja'far einfach zum Sterben zurück ? Hat er etwa gerochen, das er nur einen Bruchteil der gesammten Belohnung bekommen sollte ? Will er die gesammte Belohnung kassieren ? Interessiert ihn die Belohnung überhaupt nicht ? Begreift er etwa nicht, das der Elf Hilfe braucht ?!? Was um aller Welt ist da los ?!?!?
 

Zelon Engelherz

Wachritter des Helm
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Punkt für Mantis.

Der rote Faden ist durchgehend, beide Figuren werden angemessen charakterisiert und das Ende passt auch.

Warum? Nun, Shynzar lebt jetzt zwar an der Oberfläche, aber es wurde nie an irgendeiner Stelle erwähnt dass er deswegen mal Jahre der Erziehung Marke "Nur der Stärkste überlebt" abstreift und jetzt zu einen Kuscheldrow wie Drizzt wird.

Mantis spielt außerdem auch schön mit dem vorherrschenden Bild der Drow an der Oberfläche. Auf der einen Seite kämpft Ja'far mit seinen Vorurteilen (Drow=böse), lässt sichaber auch von einem Vorurteil vereinnahmen (Drow an der Oberfläche= Netter, naiver Blümchenpflücker) und wähnt sich dem Fremden gegenüber auch überlegen (kulturell versteht sich).

Und am Ende ist er es, der verblutet und der Drow lässt ihn zurück, so wie man es erwarten hätte können, vielleicht sogar sollen.

Die einzige Stelle die man kritisieren könnte und da muss ich Timestop recht geben, ist die Sache mit den Spinnen.

Erst sträubt sich Shynzar dagegen, aber nach einer kurzen Erinnerung Ja'fars vergisst er mal eben doch grundlegende Teile seiner Erziehung, die man ihn wohl auch von Kindheit an anerzogen hat?

Nee, das ist dann doch etwas zu sehr darauf ausgelegt Shynzar besser oder "cooler" (da, jetzt frei und unabhängig) dastehen zu lassen, denn nur weil er jetzt nicht mehr die Fesseln des Matriarchats spürt, heißt das ja noch lange nicht, dass er seine Göttin auch los ist, würde ich sagen. Schreiend nach draußen zu rennen, angesichts der Anwesenheit der heiligen Tiere seiner Göttin oder zu beten oder Ja'far angesichts des von ihm erwähnten Sakrileg zurückzulassen, hätte da schon eher gepasst.

Diesen Punkt kann man jetzt als Widerspruch sehen oder als Teil seiner Umwandlung, was dann wohl bedeuten würde, dass er nun keine willenlose Drohne mehr ist, sondern sich nach und nach zu einem ausgerissenen Kettenhund entwickelt, der freudig die Zähne bleckt und im Hühnerstall das Angebot betrachtet ( zumindest kommt es mir so vor, aber wir haben ja noch mindestens zwei Geschichten. Und der Vergleich sei mir bitte verziehen, wenn er als unpassend empfunden wird ;) ).

Edit: Man kann sich auch weniger geschwollen ausdrücken (siehe oben im eingespoilerten Bereich) und einfach schreiben, dass das Ende entweder ein Widerspruch ist oder einfach den letzten Schritt für Shynzars endgültige Emanzipation darstellt:rolleyes:.

Zu Armanz Geschichte wurde ja auch schon einiges geschrieben, ich möchte aber bemerken, dass ich den Charakter Ja'far mag. Es hat einfach was, wie die Figur sich dreist selbst zitiert und mal eben anfängt Balladen zu singen, während sein Begleiter mit sich selbst kämpft oder sich mit seiner Liebsten vereint.

Mir bereitet er auf jeden Fall Vergnügen und freue mich auf weitere Episoden mit dem Mann mit dem blutroten Wams^^.
 
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Kraven

Lernender
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Ich hab meinen Punkt auch Mantis gegeben. Die Geschichte ist stilistisch dicht geschrieben und glaubwürdig rübergebracht. Und, wie Zelon schon sagte, wirkt die Figur von Shynzar gleichermaßen schlüssig wie aber auch mysteriös. Denn klar, Shynzar ist eine ganze Ecke netter als der durchschnittliche Drow. Aber es gibt auch Serienmörder, auf die das zutrifft, und ich hege irgendwo meine Zweifel, dass wir hier einen zweiten Drizzt do'Urden vor uns haben. Ganz im Gegenteil scheint Shynzar eher gefährlicher zu werden, nachdem er jetzt festgestellt hat, dass Loths Gerichtbarkeit an der Oberfläche scheinbar an ihre Grenzen stößt.
Dementsprechend also: Sehr gute Geschichte und eine Figur, von der ich auf jeden Fall mehr erfahren möchte.

Armanz macht seine Sache auch alles andere als schlecht, mit eben einer gut angelegten Figur und einem Ende, das mir persönlich sehr gut gefallen hat. Das war böse, ich mag das :D
Was mir hier aber nicht ganz so gut gefiel, war die Darstellung von Shynzar. Der Drow war mir persönlich einfach eine ganze Ecke zu redselig, ich hätte einen von Natur aus misstrauischen und paranoiden Drow, der sich unter keinen Umständen Schwäche anmerken lassen darf, nicht als jemanden eingestuft, der einem Fremden ohne weiteres sein Herz ausschüttet.
Das von Timestop erwähnte Dahinplätschern... gnah. Ja. Ein bisschen Straffung hätte der Geschichte vermutlich wirklich ganz gut getan. Dennoch liest sie sich entspannt und unterhaltsam.
Ist letzten Endes einfach Geschmackssache. Mir gefällt aber, wie sehr sich Armanz seit dem letzten Jahr weiterentwickelt hat. Du bist meiner Meinung nach spürbar besser geworden. Weiter so :)
 

Rote Zora

Pfefferklinge
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Schön. Beide wirklich gelungene Fantasyepisoden, und auch rund und originell, das habe ich alles wirklich gern gelesen. Interessant ist, dass beide die Perspektive des Fremdcharakters wählen. Das bringt bei mir immer Sympathien, weil es verrät, dass sich die Schreibenden wirklich auf ihren Opponenten eingelassen, sich in ihn hineinversetzt haben. Deshalb hätten auch beide einen Punkt verdient, aber hier muss man ja einen vergeben und ach! das Bessere ist der Feind des Guten! Also Mantis.

Armanz kann ich gar nicht so viel am Zeug flicken. Natürlich kann man fragen: Mussten es denn ausgerechnet Vampire sein, die hier als Auftragsmörder auftauchen? OK, seit Bodhi wissen wir, dass diese Untoten auch regelrechte Strukturen organisierter Kriminalität aufbauen können, aber hier in der Story kommen sie doch recht unvermittelt ins Spiel und wirken ein bisschen wie ein leicht wahlloser Griff ins Monsterkompendium.

So kommt mir auch die Kampfszene nicht so prägnant rüber wie bei Mantis. Eigentlich sind alle schon tot, dann kommt diese Klinge mit den - äh - Knoblauch-Runen??? als Deus ex machina, und dreht den Kampf auf den Kopf. Da kommt dieser Spinnenfight bei Mantis glaubwürdiger rüber. Auch wenn der Sinneswandel des Drow sehr schlagartig beschrieben wird, finde ich ihn schlüssig: Er sieht die Chance einer weiteren, noch endgültigeren Emanzipation von seinem Drow-Erbe und ergreift sie mit beiden Händen.

Auch dass er Jaf'ar am Ende zurücklässt ist schlüssig. Drow sind nicht doof. Wenn Jaf'ar um den heißen Brei des Preises herumredet, kann ihm das durchaus auffallen, und wenn er dann nicht nachfragt, bedeutet es, dass er sich seine Gedanken macht und eigene Pläne schmiedet. Jaf'ar spürt es ja schon vorher, dass der Drow in seinem Rücken auch eine Gefahr sein könnte. Hätten die Spinnen es nicht erledigt, wäre Jaf'ar womöglich trotzdem nicht mehr ans Tageslicht gekommen...

Also: Schlüssig und schön, wirklich schön und spannend erzählt. Der Seitenverweis auf die Vorjahressiegerin Vicky kommt auch locker, und solche Sätze will ich öfter lesen:
denn er war sehr sicher, dass das, was nun seine einstmals dunkelrote Lederrüstung bedeckte, lebenswichtig für die Spinne gewesen war.

Schön aber vor allem, das keiner ausscheidet :D

ZORA
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Da ich dank Rote Zora jetzt auch den Schluß von Mantis Geschichte begriffen habe, geht mein Punkt an sie. Vorher war ich sehr unschlüssig, denn Armanz Geschichte hat, wie ja schon gesagt wurde, auch ihre Stärken.
 

Christa

Universaldilettantin
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Punkt für Mantis, weil mir die Geschichte besser gefällt, obwohl auch Armanz' Geschichte gut ist.
 

Armanz

Zeitloser Dichter
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@Tigerle
Ich habe den Gebietswechsel mit Sternchen markiert, damit er verständlich ist.
Wie hätte ich das deiner Meinung nach machen sollen?

Der rote Faden ist übrigens Shynzars Versuch, den Drowhierarchien zu entkommen, welche aber an den zwei entscheidenden Bösewichten scheitern.
Den Vampiren und seiner Geliebten. (Beide markiert durch Anaphoren :D)
Die Verbindung vom anscheinend lose rüberkommendem "random encounter" mit Monstern frei nach Wahl soll eigentlich der Schritt Shynzars zum Abgrund sein, weil er durch die direkte Bedrohung seines Lebens weniger aufpasst was er tut und sagt.
Das führt unweigerlich zu seinem Tod.
Ja'far ist hier nur funktionär, dafür hab ich ihn auch erschaffen^^

@Kraven

Ja, die Darstellung Shynzars fand ich alles andere als einfach.
Dass er so häufig redet liegt einfach daran dass ich Gespräche mag und das aus der Einleitung Shynzars nicht hervorgeht, dass er redearm ist (er hat nämlich auch keine Gesprächsmöglichkeiten!)
Sein Misstrauen hat gegenüber Ja'far vermutlich zusehr gefehlt, aber wie gesagt: Ich habe da meine Probleme mit der Umsetzung eines Drow.

@Rote Zora

Lies dir den Spoiler für Tigerle durch, vielleicht hilft es ja:)

@all

Gibt es noch irgendwelche Verbesserungsvorschläge? Würde mir viel bedeuten.
 
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