Mythen und Legenden der Medizin

Tim

Streichel-Mod
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Moin zusammen,

ihr kennt das sicherlich, man duscht nach dem Aufstehen, schaut auf die Uhr und denkt: "Verdammt, in 10 Minuten muss ich in der Schule sein!" Man hüpft aus der Dusche, "vergisst" das Haaretrocknen und rennt bei -5°C aus dem Haus, während deine Mutter hinter dir herruft: "Haareföhnen, sonst holst du dir den Tot!"

Meine Frage jetzt: Was ist an diesem Sachverhalt dran? Was kann passieren wenn man mit nassen Haaren bei kalter Witterung ohne Kopfbedekung draussen rumläuft? Und was ist, wenn man das immer so macht?

Vielen Dank für die Antworten :D
 

Lord de Nis

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Eigentlich sollte gar nichts passieren. :)
Hab nen Kumpel der recht lange Haare hat und auch morgens immer zu faul zum föhnen ist. Er hat dann zwar teilweise Eiszapfen in den Haaren wenn er an der Uni ankommt, aber ich hab bisher noch nicht mitbekommen, dass es irgenwelche negativen gesundheitlichen Folgen für ihn gehabt hätte.

Ich nehme an, dass da immernoch die falsche Vorstellung mit rein spielt, dass Erkältungen von Kälte verursacht werden. :D
 

Antracis der Rote

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So genau wird die Frage aktuell keiner beantworten können. Das Wort Erkältung deutet ja an, wo zumindest aus Sicht der Sprache der Feind vermutet wird. :D
Indes ist in der Tat der kausale Zusammenhang zwischen Kälte und Erkältung nicht klar. Sicher weiß man mittlerweile nur, dass es fast immer durch Viren hervorgerufene Infekte sind und dass eindeutig in der kalten Jahreszeit die Rate der Neuinfizierten deutlich ansteigt. Früher war es nun so, dass man hierfür meist ein durch den Kälteeinfluss geschwächtes Immunsystem verantwortlich gemacht hat, dann waren es wieder die großen Menschenansammlungen (Virenkonzentration) in engen geschlossenen Räumen und die trockene Heizungsluft (angreifbare Schleimhäute) und dann ist es wieder eine Mischung aus allem, aber die eindeutige Datenlage bleiben alle schönen Vorschläge schuldig. Auch die Theorie, dass Abhärtung (also Saunagänge, kaltes Duschen ect.) zu weniger Infekten führt, ist im großen und Ganzen den letzten wissenschaftlichen Nachweis schuldig geblieben.

Andererseits ? Wer von uns würde schon gerne jetzt immer draußen so angezogen rumlaufen, dass er permanent friert ? Vermutlich keiner, weil es einerseits unangenehm ist, andererseits hat man wohl meist tatsächlich Angst, sich zu erkälten...wie auch immer. :D

Nasse Haare auf dem Kopf entziehen dem Körper sehr effektiv Wärme, das merkt man auch gut im Sommer, wenn man sich bewußt kühlen will. Mir ist das zumindest im Winter unangenehm, insofern föhne ich und setze ne Mütze auf. Vielleicht auch ein Reflex, weil ich sonst krank werden würde ?
Wem nasse Haare nicht unangenehm sind, der veträgt Sie vielleicht auch ganz gut. ;) Manch einer rennt bei 10 Grad noch im T-Shirt rum - wenns ihn nicht stört, wirds wohl nicht schlimm sein. Wer friert, sollte sich eher wärmer anziehen. In der Regel gibt uns ja der Körper recht deutliche Signale, was gut und was schlecht ist - man muß nur drauf hören.

Gruß
Anti
 
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Tim

Streichel-Mod
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@Lord de Nis:
Genau so einer bin ich auch ;-) Trage eine Mähne und bin meist zu faul zum Föhnen :D Bisher habe ich nicht beobachtet, dass das meiner Gesundheit schadet...

@Anti:
Echt? Ich hätte gar nicht gedacht, dass dieses "Phänomen" so umstritten ist ;-) Ich habe immer geglaubt man wüsste genau woher eine Erkältung kommt und welche Auslöser sie haben kann.

Noch ein paar Sachen am Rande. Mir fielen eben noch zwei Sprüche von Müttern ein, die in dem Zusammenhang geäußert wurden:

- Kind, du gehst mir nicht mit nassen Haaren bei der Kälte aus dem Haus, da fallen dir doch deine Haare aus..

- Tim, föhn dir bitte die Haare, du weißt doch, dass man sonst Kopfhautgrippe bekommen kann.

:D Auch diese beiden Sätze kann ich nicht bestätigen bisher. Und was sagen die Mediziner? Gibt es etwa eine Sagenumwobene Kopfhautgrippe? Fragen über Fragen ;)
 

Alamar

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Also die letzten beiden Sprüche kenn ich nicht, daher vermute ich mal, dass es sich nur um einen regional bedingten Mythos handelt ;)
 

Ubertin

Logiker
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Viele Viren sind sehr wärmeempfindlich. Fieber ist eine natürliche Reaktion auf Viren und hat den Zweck, durch die erhöhte Temperatur eben diese Viren abzutöten. Denn bereits bei erhöhter Körpertemperatur von 38°C sterben viele von ihnen ab.
Nasse Haare wiederum kühlen den Körper aus. Und das sehr effektiv. Gerade eine lange Mähne wirkt wie ein riesiger Kühlkörper, mit sehr viel Kühloberfläche. Man kann das mit einem luftgekühltem Mopedmotor vergleichen, flächenmässig.
Damit sinkt natürlich die Körpertemperatur, da der Kopf sehr gut durchblutet ist, und dadurch wiederum haben Viren einfacheres Spiel beim einnisten.

MfG Ubertin
 

Lord de Nis

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@Alamar
Regional kann nicht sein, da ich die Sprüche auch nicht kenne und aus dem selben Kaff komme. Ich tippe eher auf Familieninternen Mythos. ;)
 

Fiona

Tentakelbraut
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@Tim:
Die uminöse Kopfgrippe kenne ich auch, davor hat mich meine Oma immer gewarnt. :D
Ansonsten weiß man halt sehr genau, woher die Erkältung kommt, nämlich meist von den Viren. Nur, warum sich die halt bevorzugt im Winter bei uns einnisten, ist noch nicht streng wissenschaftlich nachgewiesen. Ubertins schöne Ausführungen klingen zwar durchaus logisch, indes brachten entsprechende Studien leider nicht den gewünschten eindeutigen Nachweis.

Gruß
Anti

[edit]Argh, habe aus Fionas Profil gepostet und das gar nicht gemerkt *rolleyes*, kommt davon, wenn man das gleiche Desktopbild hat. :D

Gruß
Anti
 

Aldarion

Kammerjäger
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Was mich ja immer mal interessieren würde: Gibt es eigentlich wirklich handfeste, wissenschaftliche, empirische Nachweise für die Wirkung der ganzen homöpathischen Medikamente? Oder ist das eigentlich doch nur moderner Wunderglaube und Abzocke?
 

Miriamel

Irrlicht
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*g* Anti, Du hast eh schon genügend Posts. :p

Zum Thema:
Ich bilde mir ein, daß ich häufiger Kopfweh habe, wenn ich mit nassen Haaren länger draußen rumlaufe. Ist da medizinisch was dran oder ist das einfach ein Zufall?
 

Fluffi

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@Aldarion:
Klares Nein. Ob man das nun aber Abzocke bezeichnen kann sei dahingestellt.
Wenn man da in der Richtung weiter diskutieren würde bräuchte man aber glaube ich ein eigenes Topic. :)
 

Lazarus

Lumpenbarde
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@Aldarion & Fluffi: Ui. Ein klares Nein zu lesen, überrascht mich jetzt.
Nach dem, was ich gehört/ gelesen habe, wirkt Homöopathie nämlich sehr wohl. Das ist auch empirisch belegt.

Nur niemand weiß genau warum! Und wer behauptet, er weiß es, der lügt. :p

Fluffis letztem Satz gebe ich allerdings uneingeschränkt Recht: Über die Homöopathie lässt sich ewig diskutieren.
 

Veldryn

Strauchdiebin
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Zur Homöopatie: Tja, empirisch belegen lässt sich der Placebo-Effekt auch, die Frage ist dabei nur, ob Homöopathie mehr als Placebo-Effekt beinhaltet. Studien gibts, die sagen "ja!", andere sagen "nein!"... was nun wirklich dran ist, ist bis heute nicht belegt.
Es bleibt somit bisher reine Geschmackssache - manche schwören auf Homöopathie, andere wie ich jedoch z.B. hab bei Selbstversuchen nicht feststellen können, dass es irgendwas bringt, und vertrauen weiter auf Medikamente, von denen ich weiß, dass und wie sie funktionieren (über den Placebo-Effekt hinaus), ganz gleich ob pflanzlicher oder synthetischer Herkunft. Aber es gibt auch genug Apotheker, die Homöopathie favorisieren. ;)

Es muss letzten Endes jeder für sich selber entscheiden. Wichtig ist dabei nur, dass man bei ernsthaften Erkrankungen und schweren Symptomen (z.B. Fieber über 39°C, Krämpfe o.ä.) nicht zugunsten von Eigentherapie auf den Arztbesuch verzichtet.
 

Antracis der Rote

Forumsbakterium
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Also eine seriöse Metastudie - also eine, welche mehrere Studien hinsichtlich Ihrer Aussage und ihrer Verlässlichkeit vergleichend wertet, gibt es meinem Wissensstand nach bis zum heutigen Tage zu dem Thema nicht. Insofern ist der Goldstandard eines Wirkungsnachweises bisher nicht erfüllt.
Beschäftigt man sich mit der Historie der Homöopathie, so wirkt das ganze auch sehr bizarr. Samuel Hahnemann als Ihr Begründer war sicherlich ein nach damaligem Wissensstand fleißiger Wissenschaftler, leider waren aber schon die fundamentalen Experimente seiner Entdeckungen nie reproduzierbar, was das Ganze noch fraglicher macht.

Ob Abzocke ? Naja, da gibs auch so manches "schulmedizinische" Arzneimittel. :D Nachdem man aber glaube ich vor einigen Jahren die Trinkwassernorm als Kriterium für homöopathische Präparate festgelegt hat, dürfte es immerhin weitgehend ungefährlich sein. Gefährlich wirds dann wie schon Veldan schreibt, wenn man eine gefährliche Erkrankung nicht adäquat behandelt.

Ansonsten findet man sicher auch (meist militante :D) Verfechter des Prinzips und auf medizinischen Kongressen ist es wohl sogar mal handgreiflich geworden zwischen den Schul- und den Alternativmedizinern.
Deshalb erlerne ich ja auch jetzt eine Kampfkunst. :shine: :D

Gruß
Anti
 
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Tingil

Lord of the Links
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Daß der Körper am Kopf die meiste Wärme verliert, liegt einfach daran, daß man dort keine isolierende Fettschicht hat. Durch Wasser wird diese Auskühlung natürlich noch beschleunigt, da die Wassermoleküle zum Verdunsten Energie benötigen und die nehmen sie in Form von Wärme auf, Wärme von Deiner Kopfhaut. Ergo wird es auf dem Kopf kälter.


@Ubertin: Da muß ich widersprechen. Der Sinn von Fieber ist es, die Reaktionsgeschwindigkeit des Immunsystems herauf zu setzen. Im Grunde basiert es ja auf chemischen Reaktionen. Nach einer Faustregel verdoppelt bis vervierfacht sich die Reaktionsgeschwindigkeit bei einer Temperaturerhöhung um 10°C.
Außerdem sind Viren meines Wissens auch nicht wärmeempfindlicher als alle anderen Eiweiße auch (wie die im menschlichen Körper). So denaturieren sie ungefähr bei der gleichen Temparatur.
Bakterien sind da übrigens noch um einiges härter im Nehmen. Einige von ihnen haben nämlich die Fähigkeit sich einzukapseln, wodurch sie Temperaturen von -200°C bis 95°C überstehen können.


@Miriamel: Bei Kälte ziehen sich die feinen Adern zusammen, weil der Körper einen Wärmeverlust vermeiden will und wodurch die Durchblutung verschlechtert wird. Eine schlechte Durchblutung des Gehirns ist die häufigste Ursache für Kopfschmerzen. Da setzt ja auch der Wirkstoff von Aspirin an, da er das Blut verdünnt (weshalb man vor Operationen auch kein Aspirin nehmen darf). Alkohol hat ebenfalls eine blutverdünnende Wirkung, weshalb man auch, wenn man hinaus in die Kälte gehen muß, keinen trinken sollte, da der Körper dadurch schneller auskühlt.
 
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Fluffi

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Hm, jetzt kommen aber zwei Unstimmigkeiten bei mir auf...

Aspirin soll schmerzhemmend wirken, indem es das Blut verdünnt?
Reine Nebenwirkung, der Effekt der Analgesie wird nicht dadurch erreicht.

Alkohol verdünnt das Blut?
Nicht mehr als Wasser, oder?

Dass Proteine nicht immer gleich temperaturempfindlich sind zeigen übrigens Prionen; einmal falsch gewickelt und - zack - enorme Hitzebeständigkeit.
 

Sir Darian

Ritter des Helm
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Hmmm... *grübel*

Zur Klärung:

Blutverdünnung ist ein ungünstiges Wort. Das Blut wird nicht dünner im Sinne von "verdünnt", "verwässert", sondern die Blutgerinnung wird verzögert. Das Blut gerinnt einfach später.

Das ist aber nicht der Haupt- Wirkansatz bei Aspirin, nur eine Nebenwirkung.

Es ist richtig, die Blutgerinnung wird durch eine Hemmung der Thrombozytenaggregation herabgesetzt, das bedeutet, daß die Blutplättchen schlechter verklumpen und man länger aus einer Wunde blutet.
Diese Nebenwirkung macht man sich z.B. bei Gefäßerkrankungen zunutze.

Der analgetische (schmerzbekämpfende) Hauptwirkung von Aspirin läuft aber auf der Schiene der nichtsteroidalen Antirheumatika.
Aspririn hemmt die Prostaglandin- Synthese im Körper, das sind Stoffe, die bei z.B Verletzungen im Körper freigesetzt werden und das Gehirn dann weiß, es tut etwas weh.
Wenn diese Stoffe in ihrer Bildung gehemmt werden, bekommt das Gehrin quasi keine Information, daß irgendwo im Körper eine Ursache für Schmerz vorliegt.
 
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MK

Palading
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Zur Herkunft des Begriffes "Erkältung" ist das vielleicht noch interessant:

In vielen Sprachen weltweit wird, wie in der deutschen Bezeichnung für diese Erkrankung, ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Klimafaktor Kälte und der Erkältung angenommen indem im Begriff das entsprechende Wort für Kälte oder kalt auftaucht. Dies ist in vielen indogermanischen und allen romanischen Sprachen (auch Latein) der Fall. Eine begriffliche Unterscheidung von Erkältung einerseits und der Krankheitsform Grippe andererseits ist bei den Römern nicht nachweisbar, in den sich später entwickelnden Romanischen Sprachen jedoch klar vorhanden. Möglicherweise entstammt die Bezeichnung Erkältung auch der „Qualität“ kalt, die Galen in seiner Viersäftelehre den Säften schwarze Galle und Schleim zugeschrieben hat.

Quelle: wikipedia
 

Ubertin

Logiker
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@Tingil: Habe mich vielleicht etwas ungünstig ausgedrückt: Temperaturempfindlich meint nicht, dass die Viren absterben, sondern dass ihre Aktivität eingeschränkt wird. Sie würden die Temperatur sicherlich problemlos überleben, aber ihre Vermehrung ist eingeschränkt. Dies gilt übrigens auch für den menschlichen Körper, man fühlt sich ja bei Fieber reichlich schlapp. Allerdings sind bestimmte Abwehrzellen nicht so temperaturempfindlich und können so einfacher arbeiten.

@Homöopathie: es gibt keine Studie, die beweist, dass es wirklioch wirksam ist, aber es gibt auch keine Studie, die das Gegenteil beweist. Ausserdem sollte man folgendes beachten: Medikamente werden für die Zulassung nicht darauf getestet, ob sie wirksam sind, sondern nur darauf, ob sie schädlich sind. Deshalb kämpft die Pharmaindustrie auch derart verbissen gegen die seit Jahren geplante Einführung eines Wirkungsnachweises, bevor Medikamente von der Kasse übernommen werden. Da würden nämlich einige Renner aus den Kassenabrechnungen rausfliegen.
Und insgesamt: Ein Medikament ist dann das Richtige, wenn es heilt.

MfG Ubertin
 
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