Politik, 4. Staffel

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David

Moderner Nomade
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Ich hab ja nicht gesagt, das ich das Flugzeug-Abschießen per Gesetz haben möchte. Aber in ganz konkreten (vorher nicht präzise in Worte zu fassenden) Einzelfällen könnte es trotzdem nötig werden. Dafür brauchts aber kein Gesetz, denn wir haben jetzt schon den übergesetzlichen Notstand, auf den man sich berufen könnte. Deshalb lehne ich das Gesetz (nicht das Handeln im Notfall) auch ab: Das würde die Entscheidung evtl. zu einfach machen.
Realistisch gesehen dürfte die Vorwarnzeit eh zu kurz sein: Die meisten Flughäfen liegen nahe an Städten, und über bewohnten Gebieten kann man kein Flugzeug vom Himmel holen.

Was das Urheberrecht angeht, ists eine Frage ob es seitens der Industrie schlau ist, auf überholten Geschäftsmodellen zu beharren. Das wird der Markt schon richten (->weniger CD-Verkäufe). Aber daran, daß Raupkopieren illegal ist, ändert das doch nichts.
Wenn das Grundgesetz nicht verhandelbar sein soll, müssen wir uns darüber eigentlich nicht streiten, das Eigentum ist genauso geschützt wie andere Grundrechte.

"dass also nie mehr ein Regime entstehen kann dass das Volk gegen seinen Willen in Freiheit, Sicherheit (vor diktatorischer Willkür) und Demokratie einschränkt?"
Den Beleg dafür, das die aktuelle Regierung irgentwas in der Richtung vorhat, bist du immer noch schuldig geblieben. Das wird nicht dadurch wahrer, daß dus ständig wiederholst. :rolleyes:

@Stilus luminis:
"wichtig ist, dass man bestimmte Instrumente schafft, die zur Kontrolle von Menschen/Bürgern dienen"
Es geht nur darum, die Gesetze durchzusetzen. Ob das nun per Videokamera oder per Straßenkontrolle passiert, ist erstmal nebensächlich. Ich beschränke das ausdrücklich nicht auf Terroristen, wenn man "nebenbei" sämtliche Raubkopierer oder Schwarzfahrer drannkriegt hab ich damit kein Problem. Wenn man Raubkopieren oder Schwarzfahren legalisieren will, soll man die Gesetze ändern, aber nicht dafür sorgen, daß man bestehende Gesetze nicht durchsetzen kann. (Darauf läufts doch hinaus: "OK, das ist verboten, weiß ich auch, aber das ihr jetzt auch noch anfangt, eure Gesetze durchzusetzen find ich blöd".. :rolleyes: )
Und das "in die falsche Hände fallen" ist doch lachhaft, mit dem Argument könnte man die Abschaffung der Polizei fordern. Und glaubst du ernsthaft, eine Diktatur wäre nicht dazu in der Lage, binnen Monaten die perfekte Überwachung aufzubauen, selbst wenn die Polizei vorher nur mechanische Schreibmaschinen benutzt hätte? :rolleyes:
Und die Industrie kommt ganz einfach an Kundendaten, dazu muss sie nicht den Staat unterwandern, sondern nur bunte Kärtchen mit 0,000001% Rabatt auf lila Sofakissen ausgeben. :D
 
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Ice

Technomage
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David:
Aber daran, daß Raupkopieren illegal ist, ändert das doch nichts.
Und die ständige Wiederholung ändert nichts daran, dass das Wort "Raubkopie" eine sinnlose, übertrieben populistische Wortkreation ist.

Den Beleg dafür, das die aktuelle Regierung irgentwas in der Richtung vorhat, bist du immer noch schuldig geblieben. Das wird nicht dadurch wahrer, daß dus ständig wiederholst.
a) Habe ich den Teilsatz "dass also nie mehr ein Regime entstehen kann dass das Volk gegen seinen Willen in Freiheit, Sicherheit (vor diktatorischer Willkür) und Demokratie einschränkt?" im Zusammenhang zum GG formuliert, der soll widerspiegeln was IMO die Gründerväter sich gedacht haben nach Hitlerdeutschland.
b) Ich habe nicht gesagt, dass die Regierung Deutschlands das explizit vorhat, ich habe lediglich gesagt, dass die Summe vieler kleiner Dinge dahin hindeutet. Oder um auf meine Analogie zurückzukommen, Du willst immer noch NUR einen einzigen Puzzlestein von mir, der die Palme zeigt, und Du weigerst Dich, anzuerkennen, dass das zusammengesetzte Bild der 500 Puzzlesteine die Palme oder etwas Ähnliches zeigt. Die Summe der Vorkomnisse/Zitate/Gesetzesvorlagen/Beschlüsse/etc ist der Beleg, nach dem Du verlangst.


Gruss, Ice
 

Stilus luminis

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@ice: Kann dir leider keine Liste im Internet empfehlen, aber da fliegen genug rum. Am besten du guckst mal beim Innenministerium, dem Bundestag oder den einschlägigen Verlagen.

@David

Den von Ice geforderten Beweis für die Einschränkung von Freiheit und Demokratie lieferst du im nächsten Absatz selbst. Dort sprichst du von "Video-Kameras und Straßenkontrollen", wo nebenbei mal Schwarzfahrer etc. erwischt werden, wenn man die "Gesetze" endlich durchdrückt. Außer natürlich, du verstehst unter Freiheit die Freiheit, 20 Mal am Tag kontrolliert zu werden.
Ganz abgesehen davon, die Unverletzlichkeit der Wohnung, da ging es hier ja auch drum, mal so nebenbei bei einem angeblichen Gesetz gegen den Terror heimlich mit Abzuschaffen, ist genau das: Einschränkung von Freiheit. Und genau das war im Schäuble-Entwurf zur Online-Überwachung mit drin.

Ob eine Diktatur effektive Überwachungsinstrumente aufbauen könnte, ist ja nicht die Frage. Klar könnte sie das. Die Frage ist, ob ich dastehe und Beifall klatsche, wenn häppchenweise aus einer Demokratie eben was anderes gemacht wird. Ich tausche meine persönlichen Freiheitsrechte ungern gegen eine Welt ohne Schwarzfahrer und Raubkopierer. Man weiß ja schließlich nie, wer danach "eingesammelt" wird.
 

David

Moderner Nomade
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Der Teil mit dem Einbruch in die Wohnung zwecks Trojaner-Installation wurde ja auch völlig zu Recht vom Verfassungsgericht kassiert. Was übrig geblieben ist, ist ne Art erweiterter Lauschangriff. Btw. ist eine Hausdurchsuchung auch ein massiver Eingriff gegen die Unverletzlichkeit der Wohnung, warum wird nicht auch dagegen demonstriert?
Die ganze Geschichte mit dem Missbrauchspotential passt darauf genausogut wie auf alles Andere.

@Ice:
Du weisst genau, daß der Begriff Raubkopie im allgemeinen Sprachgebrauch üblich ist, obwohl allen klar ist, daß das nix mit einem Raub (d.h. Einsatz von Gewalt) zu tun hat. Das hieß schon so, als ne Raubkopie ne kopierte Diskette war und kein Mensch wusste, was ein Download ist. (Und im Vergleich zu der Polemik deiner Blogs, ist das doch wirklich harmlos..)

Und nein, du hast keinen Beleg dafür gebracht, das Freiheiten eingeschränkt werden. Was genau darf man denn jetzt nicht mehr, was man früher mal durfte? :confused:
 
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Gala

Labyrinth-Leichnam
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Die Informationsfreiheit ist ein wichtiges Gut. Gerade in der heutigen Zeit, in der es immer mehr Menschen gibt, die praktisch überhaupt kein Geld mehr in der Tasche hat.

Wenn diese Leute an Kultur nicht frei drankommen, kommen sie an Kultur gleich überhaupt nicht mehr dran. Und das ist nicht verantwortbar. Kultur ist Allgemeingut. Jeder soll die Möglichkeit haben, sich zu informieren, was los ist; das schließt die Kultur mit ein. Wenn wir die Möglichkeit haben, dank der modernen Technologie jeden mit Kultur zu versorgen, so sollten wir dafür dankbar sein und das nicht so einschränken, das nur eine ganz kleine Geldelite sich theoretisch leisten könnte, auf diese Informationsflut überhaupt zuzugreifen, und nur eine ebenso kleine Elite "öffentlicher Medien" das Privileg ausleben darf, Informationen für die Allgmeinheit auszuwählen und zu präsentieren.

Die Gemeinschaft muß das garantieren, oder sie gefährdet sie in meinen Augen nicht weniger als ihre grundsätzliche Existenzberechtigung. Was sie allerdings in letzter Zeit schon oft genug tut.

Das die Künstler auch bezahlt werden müssen, ist keine Frage. Die Frage ist hier aber die Frage der Verhältnismäßigkeit. Was hat etwa ein Herbert Grönemeyer genau geleistet ? Sicher, er hat ein paar schöne Lieder gedichtet und gesungen, in ein paar Filmen mitgewirkt, etc.

Ist es dann aber wirklich angemessen, das dieser Mensch ein Multimillionär dafür wird ?

Vor allem auch dann, wenn man bedenkt, das die meisten Künstler von ihrem Wirken nur sehr bescheiden oder gleich gar nicht (betreiben Kunst nur als Nebenjob) leben können ?

Ich finde, die Verhältnisse bei der Bezahlung sind hier sehr extrem, und der Herr Grönemeyer verteidigt bei seinem Appell an die Kanzlerin schlicht und einfach bloß seine Privilegien, sonst gar nichts. Das Allgemeininteresse geht ihm am Allerwertesten vorbei, bzw das kann er anscheinend gar nicht erfassen.

Weiter ist festzustellen, wie soll man sich als Bürger eigentlich über Kultur informieren ? Darf nur eine kleine Elite von Fernseh- und Radiosendern Kultur verbreiten, oder soll das theoretisch jeder machen dürfen ?

Wenn das nämlich nicht garantiert wird, dann bedeutet das, das man sich unabhängig nur dann informieren kann, wenn man für Kultur im Vorraus bezahlt, also die Katze im Sack kauft. Zumindest laut offizieller Doktrin.
 

David

Moderner Nomade
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Naja, was für "Kultur" wird denn illegal kopiert?
Doch eher Dieter Bohlen oder Hollywood als hohe Kunst. :D
Und ne illegale Tauschbörse für überteuerte Fachbücher und Tageszeitungen ist mir auch noch nicht untergekommen. :rolleyes:

Nur um unterhalten oder informiert zu werden muss niemand zu illegalen Mittel greifen, TV und Radio bekommt man gratis. (Als Hartz-4-Empfänger muss man nichtmal GEZ zahlen) Und das Internet ist auch billig genug, daß es sich alle leisten können. So einfach und billig wie heute ist man noch nie an Informationen gekommen.
Und dank des Internets kann auch jeder loslegen und selber verbreiten, was er für "Kultur" hält, sprich selber Kommentare (zB Blogs oder Teilnahme in Foren) schreiben oder seine eigene Musik machen und online stellen. Mit etwas Glück schafft mans ja mit nem Youtube-Video sogar bis in die Hauptnachrichten der Privaten. :D

Die Ausrede "Informationsfreiheit" zieht da meiner Meinung nach überhaupt nicht. Denn es werden keine Informationen kopiert sondern Unterhaltung.

Aber eigentlich sollte das illegale Kopieren eh nur als Beispiel für etwas dienen, das immer schon verboten war, aber heute effektiver als früher verfolgt werden kann. Wenn man übers Copyright diskutiert sollte man auch wirklich über die Gesetze diskutieren, und nicht über die Hintertür verhindern wollen, das die Gesetze durchgesetzt werden. Entweder das Copyright gilt und wer es bricht muss mit Strafen rechnen, oder man schränkt es ein. Aber ein "theoretisch gilt es, aber praktisch kümmert es keinen" ist eines Rechtsstaates unwürdig. Das führt nur zur Willkür, seis weil man als einziger aus 10000 Kopieren erwischt wird oder weil die Urheberrechte, die man hat, mit Füßen getreten werden ohne das es jemanden kümmert.
Ich persönlich finde das Copyright im Großen und Ganzen sinnvoll, könnte aber auch mit einer Einschränkung (zB einem schnelleren Verfall des Rechts auf simple Unterhaltung) leben, aber egal was für Regeln am Ende beschlossen werden: Wer die nicht einhält hat eben Pech gehabt, wenn er erwischt und bestraft wird. Mitleid ist da fehl am Platze.
 
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Gala

Labyrinth-Leichnam
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Ausrede ?!?

Das Gegenteil von Informationsfreiheit ist Informationskontrolle. Eine der zentralen Strategien, mit denen Psychosekten das Bewußtsein ihrer Mitglieder beherrschen.

Und nein, Informationsfreiheit ist ein extrem wichtiges Grundrecht. Wenn jemand das Recht hat, deine Informationen zu kontrollieren, kann der dir das Blaue vom Himmel erzählen.

Was unsere tolle Regierung und die öffentlichen Medien doch schon die ganze Zeit versuchen.
 

David

Moderner Nomade
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Für letzteres hätt ich gern Belege. :rolleyes:

Und wo wird bitte die Information kontrolliert, die im Internet steht? :confused:
Jeder kann alles schreiben, ohne irgentwas befürchten zu müssen. Die Zensur-Spezialisten sitzen in China, nicht bei uns. Und die wenigen Grenzen, dies in D geben mag (zB rechtsradikale Propaganda) kann man im Internet leicht umgehen, indem man zB auf nen US-Server ausweicht.

Nur hat das ganze null mit Copyright zu tun (deshalb "Ausrede"), denn das was illegal kopiert wird, hat mit Information schlicht nix zu tun. Da gehts in erster Linie um Software, Musik und Filme. Und das der neuste Hit vom "Superstar" unter Informationsfreiheit fällt, kann mir niemand erzählen. :rolleyes:
 
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Darghand

Einer von vielen
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Es geht nur darum, die Gesetze durchzusetzen. Ob das nun per Videokamera oder per Straßenkontrolle passiert, ist erstmal nebensächlich. Ich beschränke das ausdrücklich nicht auf Terroristen, wenn man "nebenbei" sämtliche Raubkopierer oder Schwarzfahrer drannkriegt hab ich damit kein Problem.

Jetzt ist mir gerade mein Abendessen auf die Tastatur gefallen. :c:

Kameraüberwachung, automatisierte Gesichtserkennung und Datenabgleich zwecks der Aufklärung von Ordnungswidrigkeiten?!? Ich und jede_r soll dem Staat den momentanen Aufenthaltsort und die täglichen Wegstrecken offenbaren, damit Schwarzfahrer erwischt werden??
Glückwunsch, David, du wärst als Innenminister eine noch weitaus größere Fehlbesetzung als Herr Schäuble. Zieh bitte nach England, dort findest du Gleichgesinnte bzw. eine fast schon 1:1 gelungene Umsetzung deiner Vorstellungen.

Kleiner Ausflug in die bürgerlichen Freiheitsrechte:

Freiheitsrechte haben ihren Namen dem Umstand zu verdanken, dass sie vor dem Staat schützen, der sie paradoxerweise garantieren soll. In Abgrenzung zu monarchischen Rechtsstrukturen statten sie alle Bürger_innen mit einer unveräußerlichen Schutzsphäre aus. Unveräußerlich in dem Sinne, dass sie nicht erworben werden muss und dementsprechend auch nicht "abgegeben" werden kann. Das Argument, die Bürger_innen würden auf ihre Freiheit ja schon "freiwillig" durch die ganzen Web-2.0.-Angebote oder Rabattkarten verzichten, ist kein Persilschein für den Staat, um in Sachen Datenerhebung jetzt mal so richtig loszulegen. Freiheitsrechte, und dazu gehört das Informationsrecht, sind unveräußerlich und die Aufgabe des Staates wäre, auf eine gewissenhafteren Umgang mit diesem Recht hinzuwirken (z.B. durch die Wirtschaft) und eben nicht, die Freizügigkeit einiger Menschen als Grund verwenden, um die Rechte dieser Leute sowie einer nicht so freizügigen Minderheit einzuschränken.
Die Bewahrung dieser Sphäre ist oberstes Handlungsgebot jedes Rechtstaates, sie ist sogar der einzige Grund für das Konstrukt des "freiheitlichen Rechtsstaates". Für eine totale Strafverfolgung mit der Maxime, Aufgabe des Rechtsstaates müsse es sein, jedes Verbrechen aufzuklären, brauche ich keinen freiheitlichen Rechtsstaat. Das funktioniert auch in Unrechtsstaaten wie Diktaturen und benötigt keine Grundrechte des Einzelnen in Ermittlungsverfahren.
Eine allgemeine Abwägung von "Freiheit" gegenüber "Sicherheit" kann es schon deshalb nicht geben, weil "Sicherheit" im strengen Sinn überhaupt kein verfassungsrechtliches Gut ist. Wäre Sicherheit das maßgebende Ideal, und nicht etwa das mit einem freiheitlichen Leben einhergehende Risiko, sähe die Verfassung anders aus.
Behauptungen der Sorte "der internationale Terrorismus zwingt uns eine härtere innenpolitische Gangart auf" sind daher völliger Blödsinn. Sinniger ist die Frage, ob ein Anschlag der Sorte der "Kofferbomber" überhaupt dazu geeignet ist, garantierte Freiheiten und gesellschaftliche Strukturen in ihren Grundfesten zu erschüttern. Meiner Meinung nach nicht.
Also nochmal: Es gilt immer nur, die Freiheit zu bewahren. Jede weitere Aufgabe muss sich diesem Gebot insoweit nachordnen, als dass in Abwägung am konkreten Fall in die Freiheitsrechte im geringstmöglichen Umfang eingegriffen wird. Es ist klar, dass der Rechtsstaat gänzlich ohne Eingriffe in die Freiheitsrechte nicht funktionsfähig ist. Dieser Eingriff muss in Abwägung von Schwere des Eingriffs und erzieltem oder nur angestrebten Ziel verhältnismäßig sein, wobei als Eingriff jedes staatliche Handeln definiert wird, das die Wahrnehmung eines Grundrechtes erschwert oder verhindert.

Diese Maßgabe wird seit Jahren in steigendem Umfang verletzt, weil für jedes tendenzielle Risiko als angeblich wirksames Gegenmittel stets nur die größte Keule hervorgeholt wird.
Beispiel Vorratsdatenspeicherung: Argumentation ist, dass man zwecks Aufklärung von online abgesprochenen "schweren Straftaten" Zugriff auf die online ausgetauschten Informationen braucht. Klingt logisch, und der gesunde Menschenverstand würde vermutlich am ehesten zu dieser Lösung tendieren:
Die Polizei stellt ein paar Leute an, die sich mit dem Islam auskennen und nach Möglichkeit türkisch, persisch, farsi oder sonstige einschlägige Sprachen sprechen und sich fortan in als gefährlich eingeschätzen Gebetsvereinen umhören. Sofern irgendjemand anhand konkreter Indizien verdächtig ist, findet die Polizei den Internetprovider heraus und darf ihm auftragen, fortan die Verbindungsdaten aufzuzeichnen, um Näheres herausfinden.
Die von der Innenpolitik bevorzugte Lösung sieht dagegen vor, unabhängig von jedem Verdachts- oder Straftatsmoment die Verbindungsdaten aller netz-begeisterten Internetnutzer_innen zu speichern, sowie deren Telefonverbindungen etc. Damit eine Behörde zur Straftatsaufklärung tätig wird, ist keine Straftat mehr nötig, sie wird als zeitlich in der Zukunft verortet lediglich vermutet. Ob sie überhaupt eintritt, ist völlig unsicher, und die Bezeichnung "Generalverdacht" mehr als begründet. Es wird nicht anhand konkreter Verdachtsmomente ermittelt, sondern per Rasterfahndung werden Verdachtsmomente massenhaft erschaffen - etwa, indem sämtliche sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer Funkzelle befindlichen Menschen als verdächtig gelten.
Der Eingriff ist massiv allein schon durch die Menge an Betroffenen und das genaue Gegenteil von verhältnismäßig. Der Eingriff ist im Hinblick auf das erstrebte Ziel nicht zu rechtfertigten, selbst wenn sich so ein Bombenanschlag verhindern ließe. Dasselbe gilt für die massenhafte, präventive Speicherung von Autokennzeichen auf Autobahnen und erst recht für deine völlig absurde Phantasie der Schwarzfahrer-Verfolgung.

Und das "in die falsche Hände fallen" ist doch lachhaft, mit dem Argument könnte man die Abschaffung der Polizei fordern.

An dieser Stelle ist auch der Rest vom Abendessen hervorgekommen. Was für ein Stuss! Die britische Polizei verliert alle Nase lang und gleich CD-weise sensible Datensätze. BKA und BND beschatten Anwälte und Journalist_innen und sollen zukünftig noch weitreichendere Aufgaben erhalten, etwa das geheime Betreten von Wohnräumen. Die Quote an Hausdurchsuchungen, die vom Staatsanwalt abgenickt wurden, liegt inzwischen höher als die richterlichen Beschlüsse. Zwei Beispiele: es wurde das Haus einer Familie durchsucht, weil sich der Vater im Zuge eines Anti-Ratzinger-Graffito an dessen Geburtshaus abfällig über den Papst geäußert hat. Das Ferienhaus eines deutschen Pärchens mit "orientalischem Aussehen" wurde gestürmt, weil sie die Vorhänge zugezogen hatten. Dass anlässlich der G8-Hausdurchsuchungen nichts Handfestes gefunden wurde, spricht auch nicht gerade für einen gewissenhaften Umgang mit dem Hausdurchsuchungsrecht, sondern für dessen politischen Missbrauch: Einschüchterung nämlich.

Eine Abschaffung der Polizei steht nicht zur Debatte. Aber eine wirksame Ahndung von fortgesetztem Amtsmissbrauch bis hin zu Rausschmiss und Freiheitsstrafen. Ebenso eine wirksame Kontrolle der Polizei durch eine übergeordnete Behörde, eine wirksamere Überwachung der Geheimdienste als derzeit durch den Papiertiger PKG gegeben ist und vor allem eine Abkehr von diesem totalitären Präventivstaat-Denken.
 

David

Moderner Nomade
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Freiheit ist NICHT alles, wenns danach ginge müsste man die Polizei komplett abschaffen. Das ist IMMER eine Abwägung. Jede Befugnis der Polizei bietet Missbrauchsmöglichkeiten und schränkt die Freiheit vor Kontrollen etwas ein. Beispiele hast du mit unverhältnismäßigen Aktionen per vorhandener Gesetze ja schon gebracht. Aber willst du wegen solcher Einzelfälle zB grundsätzlich Hausdurchsuchungen verbieten? :confused:
Wenn man mit "Freiheit ist alles" argumentiert kann man auch gleich wie manche US-Bürger hohe Steuern für sinnlose Sozialsysteme als Eingriff in die Freiheit sehen.. :rolleyes:
(d.h. die Gerechtigkeit muss sich genau wie die Sicherheit der Freiheit unterordnen..)

Und solange zB Urheberrechtsverletzungen strafbar sind, kanns meiner Meinung nach kein Argument gegen ein polizeiliches Instrument sein, daß man damit neben Schwerverbrechen auch Urheberrechtsverletzungen aufklären kann. Das soll nicht heißen, das dieses Instrument (oder auch nur das Urheberrecht) deshalb sinnvoll ist, ich fänd mehr Polizisten allemal sinnvoller für die allgemeine Sicherheit als dieses blinde Vertrauen auf Technik. Aber wenn man nicht will, daß Urheberrechtsverletzungen verfolgt werden, soll man die Gesetze ändern, anstatt dafür zu sorgen, daß sie nicht durchgesetzt werden. Das ist Bananenrepublik-Niveau. ("Jursitisch gesehen sind Sie im Recht, aber wir können Ihnen leider nicht helfen. Schönen Tag noch." :rolleyes: )

Das ganze Gerede vom "Generalverdacht", "totalitären Präventivstaat-Denken" oder "Einschüchterung" ist doch auch nur Polemik: ZB entsteht der Verdacht doch nicht beim Aufzeichnen der Daten, sondern erst beim Zugriff. Die Hardcore-Datenschützer sind mit ihrer Staats-Paranoia auch nicht wirklich besser als Schäuble mit seiner Terror-Paranoia. :rolleyes:
Leider machen diese beiden Extrema jede sachliche Diskussion unmöglich. :down:
Was wäre denn zB so schrecklich daran, die richterliche Kontrolle und die Vorraussetzungen für Hausdurchsuchungen zu verschärfen (um eben so einen Blödsinn wie die Geschichte in Bayern zu verhindern) und dann mit denselben strengen Kriterien auch Zugriff auf die gespeicherten Daten zu ermöglichen?
Die Verhältnismäßigkeit hast du doch selber angesprochen, was ist denn an ein paar (Verbindungs!)Daten, die im Normalfall nie ein Mensch ansehen wird, unverhältnismäßig, wenn man damit eine ganze Palette von Vergehen von der Ordnungswidrigkeit bis zum Mord besser aufklären kann? Vor allem wenn man bedenkt, das man schon wegen Ordnungswiedrigkeiten wie zB zu hoher Geschwindigkeit schnell mal ne halbe Stunde festgehalten werden kann?
Objektive Wahrheiten gibts bei solchen Abwägungen eh nicht, insofern ists wenig hilfreich, die andere Meinung wahlweise als Terror-Helfer oder als Diktatur zu beschimpfen. :rolleyes:

PS.: Die Kameras in England fand ich eigentlich eher beruhigend, vor allem wenn zu etwas späterer Stunde seltsame Gestalten durch die Straßen gezogen sind.. Wobei echte Polizisten vor Ort hilfreicher gewesen wären, als nen paar andere aus unserer Gruppe von Hooligans durch die halbe Stadt gejagt wurden. :rolleyes:
 
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Rudy

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Ohje...

Da wird von einigen die hell lodernde Fackel der Freiheit hoch gehalten, die durch den bösen Überwachungsstaat in Gefahr gebracht wird, ausgelöscht zu werden.

Andererseits rufen die gleichen Leute nach Mindestlöhnen, höhere Steuern für Reiche, Begrenzung der Managergehälter, Verstaatlichung der Schlüsselindustrien und sonstige Eingriffe des Staates, die die persönlichen Freiheitsrechte der Bürger massiv einschränken.

Ihr solltet euch mal entscheiden....:rolleyes:
 

Ice

Technomage
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Rudy:
Wo ist der Widerspruch zwischen Mindestlohn und Unverletzlichkeit der Wohnung? Wo ist die persönliche Einschränkung der Freiheit bei progressiven Steuern, maximal-Einkommen und staatlichen Schlüsselindustrien?


Gruss, Ice
 

Ribalt

Ork-Metzler
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Ich seh den Widerspruch ansich jetzt zwar auch nicht als so dramatisch an (ob ich an der Sache ansich was gutes find, steht wo anders... Hängt stark von der definition der *Schlüsselindustrie*ab).

Nunja, um das ganze durchzuführen musst du Leute kontrollieren, was hier beschossen wird. In welchem Ausmass man kontrollieren müsste? Das steht wohl zur Debatte.
 
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Darghand

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Ich wiederhole es gerne noch einmal: „Sicherheit“ ist kein verfassungsrechtliches Gut. Sämtliche Grundrechte sowie die notwendigen Eingriffe in selbige finden einzig zum Zweck der Wahrung der Freiheitsrechte statt. Die Abwägung, die dabei stattfindet, ist stets eine zwischen verfassungsrechtlich garantierten Gütern.
Im Klartext: in Art. 2 I GG steht folgendes: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit“, wonach gemäß gängiger Rechtsprechung jedes menschliche Verhalten zusammengefasst wird. Da zu diesem Verhalten z.B. aber auch Gewalt gegen Menschen und Diebstahl gehören, gibt es zum einen den Art. 2 II GG, der das „Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ garantiert sowie Art. 14 GG: „Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet.“ Dass Schläger und Einbrecher verhaftet und verurteilt werden, hat nichts mit einem Grundrecht auf Sicherheit zu tun – jedenfalls nicht in dem Sinn, wie es in der derzeitigen Debatte verwendet wird. Die logischerweise vorhandenen Eingriffe in die Grundrechte der Schläger und Einbrecher geschehen einzig in Abwägung zu den Freiheitsrechten Dritter, die ebenfalls gewährleistet werden müssen. Eine Abwägung hat stets so auszusehen, dass keines der Grundrechte in seinem „Wesenskern“, wie die Jurist_innen das formulieren, berührt wird.
Daher ist die „Lösung“ dieses arg vereinfachten Problems eben die Einführung der Polizei zwecks Ahndung von Verbrechen. Und eben nicht das bloße Zuschauen bei Gewalttaten, oder, das wäre das andere Extrem, die Überwachung sämtlicher Menschen mit dem Zweck zu deren Disziplinierung. Diese Abwägung ist die primäre Aufgabe eines Rechtsstaates, eine der großen bürgerlichen Errungenschaften, auf die heutzutage niemand mehr Stolz genug zu sein scheint um sie zu verteidigen.
Also: es gibt kein Grundrecht auf ein „sicheres Leben“, oder darauf, nicht durch eine Explosion, einen Banküberfall oder eine verirrte Kugel aus einer Polizeipistole ums Leben zu kommen. Eine Gewährung von Freiheitsrechten ist ohne Risiko nicht zu haben und es ist völlig absurd zu glauben, dieses Risiko müsste um jeden Preis verkleinert werden. Im Gegenteil, unsere Lebensweise ist ohne Risiko überhaupt nicht denkbar.
Wäre „Sicherheit“ das überragende Verfassungsideal bräuchten wir keine freiheitliche Grundordnung. Es gäbe keine Berufsfreiheit und keine Freizügigkeit, weil wir sicher gehen wollen würden, lebenslang per Job abgesichert zu sein, und der allmächtige Staat würde uns diese Sicherheit per Zuweisung einer Arbeitsstelle garantieren.

Freiheitsrechte schützen vor Eingriffen durch Dritte, und dieser Dritte kann auch der Staat sein, wobei das Eingreifen nicht gezielt oder beabsichtigt sein muss. Eingriffe können gerechtfertigt sein – in Jura prüft man normalerweise auf Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme.
Geeignetheit: die Maßnahme muss zum Erreichen des postulierten Zwecks geeignet sein.
Erforderlichkeit: es darf kein milderes Mittel geben, dass in geringerem Umfang in die Grundrechte eingreift und ebenso gut zum Erreichen des (legitimen) Ziels geeignet ist.
Verhältnismäßigkeit: die Maßnahme muss verhältnismäßig in dem Sinne sein, dass, sofern zwei Grundrechte miteinander kollidieren, beide im größmöglichen Umfang gewahrt werden. Oder die staatliche Maßnahme muss im Vergleich zum angestrebten Ziel verhältnismäßig sein. Deshalb darf die Luftwaffe nicht Berlin-Neukölln bombardieren, weil dort soviele Verbrecher leben und der BND darf keine Menschen foltern, um herauszubekommen, wo in München denn gleich der Sprengsatz hochgeht.

Diese Logik gilt für jedes der in der Verfassung garantierten Rechte. Stehen alle vorne drin, Art. 1 GG ff. Zu den sekundären Grundrechten, die das Bundesverfassungsgericht aus den Grundrechten hergeleitet hat, gibt es zig Urteile zum Nachlesen.

So, und nun nochmal zum konkreten Fall der Vorratsdatenspeicherung:

Es ist völlig egal, ob die gesammelten Daten jemals angeschaut oder für irgendetwas verwendet werden. Was ist denn das für eine Logik? Ich nehme an, nichtmal die Stasi hat sämtliche Berichte ihrer Zuträger_innen gelesen oder verwendet. Der Eingriff ist das Aufzeichnen der Verbindungsdaten, und nicht erst die Verwendung dieser Daten. Es besteht schlichtweg ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Deshalb darf ich auch böse Briefe an Katalogfirmen senden und sie dazu zwingen, mich nicht mehr ihren Papierspam zu schicken, selbst wenn ich irgendwann so doof war, eine Gewinnspielkarte ausgefüllt zurückzuschicken. Grundrechte sind unveräußerlich! Deshalb kann ich auch nicht zum BND gehen, mich als Folteropfer anbieten, damit die Jungs und Mädels endlich mal rausfinden können, was alles so geht. Sie würden sich trotzdem Verstößen gegen Art. 1 & 2 GG schuldig machen, auch wenn ich irgendeinen entsprechenden Wisch unterschrieben hätte.
Genau dasselbe gilt für die Vorratsdatenspeicherung: dass eine steigende Anzahl meiner Mitbürger_innen aus welchen Gründen auch immer ihre Privatsphäre ins öffentlich einsehbare Internet tragen führt weder dazu, dass sie ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verlieren noch kann das eine Legitimationsbasis für Eingriffe in die Grundrechte von Menschen sein, die nicht derart exhibitionistisch veranlagt sind. Die Argumentation, die Menschen würden ja gar keinen Wert auf ihre Rechte legen, geht völlig fehl. Es käme auch niemand auf die Idee, dass angesichts zunehmender Politikverdrossenheit die Menschen kein Interesse an der Wahrnehmung ihrer grundrechtlich verbrieften Mitbestimmungsrechte hätten und man deshalb einfach so etwas wie eine wohlwollende Verwaltung einrichten könnte. Ach, doch, die politisch Untergebildeten von der ZEIT kommen auf solche Ideen, wenn auch auf EU-Ebene. :rolleyes:

Daraus ergibt sich auch, dass es völlig egal ist, ob der Eingriff subjektiv wahrgenommen wird. Es mag sein, dass die Mehrheit der Menschen trotz Vorratsdatenspeicherung ebenso zwanglos miteinander telefoniert wie sonst auch, das ändert nichts am Eingriffscharakter der Maßnahme. Und spätestens bei der Frage, ob das Menschen mit sensiblen Berufen wie Mediziner, Rechtsanwalt, Pfarrer oder Journalist ebenso geht, sollten Zweifel entstehen.
Im Journalismus gibt es die sogenannten „Whistle Blower“, Menschen im Staatsdienst, die entgegen jeder Dienstvorschrift sensible Beschlüsse an die Öffentlichkeit bzw. an Journalist_innen ihres Vertrauens weiterleiten. Auf diese Weise werden für gewöhnlich Skandale aufgedeckt, und das funktioniert auch nur deshalb, weil Journalist_innen vor Gericht über das schöne Recht der Auskunftsverweigerung verfügen. Sie können nicht in Beugehaft genommen werden, um so den Namen des Whistle Blowers herauszupressen, der ja ohne Zweifel mit dem Verrat von Staatsgeheimnissen (edit: es muss "Dienstgeheimnisse" heißen) illegal und damit kriminell gehandelt hat (oder?). Der oder die Informant_in ist also sicher.
Dank Vorratsdatenspeicherung ist das nicht mehr der Fall, da die Anonymität des Kontakts wegfällt. Eine Beugehaft ist nicht nötig und das Auskunftsverweigerungsrecht für den Orkus.

Das Problem mit all diesen Überwachungsfantasien ist, dass sie der meiner Meinung nach völlig falschen Idee aufsitzen, Illegales sei illegitim. Es geht um die Durchsetzung der freiheitlich demokratischen Grundordnung auf Gedeih und Verderb. Man stelle sich anhand der folgenden Beispiele einfach mal selbst die Frage, ob diese „Illegales ist illegitim“-Denkweise zu einem wünschenswerten Resultat führt:

  • In der Innenstadt kleben zuviele Plakate zu allem Möglichen, und zur Eindämmung des strafbaren Wildplakatierens werden Kameras installiert. Außerdem sollen so die Graffiti-Sprayer gleich mit erwischt werden. Was ist wichtiger? Das „Recht“ auf eine ordentliche, gepflegt aussehende Innenstadt oder das Recht, seine Meinung jederzeit in Wort, Schrift und Bild kundzutun, und stellt Plakatieren nicht gerade für Menschen ohne jede Macht- und Einflussposition das Mittel der Wahl dar, um auf ihren Standpunkt aufmerksam zu machen?
  • Auf politischen Demonstrationen kam es in der Vergangenheit zu häufig zu Gewalt zwischen Demonstrationsteilnehmer_innen und der Polizei. Deshalb werden von nun an vor jeder Demo sämtliche Zufahrtswege gesperrt und alle Teilnehmer_innen müssen eine Personenkontrolle über sich ergehen lassen, wobei unklar ist, ob die erfassten Daten nach der Demo gelöscht werden oder nicht. Dies soll der einfacheren Identifikation potentieller Randalierer dienen. Was ist wichtiger? Die konsequente Ahndung der Täter_innen nach Gewalttaten oder das Recht, frei, anonym und unkontrolliert jederzeit das Grundrecht der Versammlungsfreiheit wahrnehmen zu können, ohne hinterher beim BKA nur wegen der Anwesenheit bei drei eskalierten Demos als „politischer Extremist oder Gefährder“ vermerkt zu sein?
  • In der Nacht-U-Bahn wurde eine Frau vergewaltigt. Der Täter wurde zwar von der Kamera gefilmt, konnte aber flüchten und ist, da er schwedischer Tourist ist, nicht identifizierbar. Um mehr Sicherheit zu schaffen, montiert die U-Bahn-Betreibergesellschaft neue Kameras mit Gesichtserkennung. Fahrkarten können nur noch per EC-Karte an Automaten gekauft werden. Eine versteckte Kamera im Automaten speichert Gesicht und auf der Karte gespeicherte Informationen in einer umfangreichen Kundendatenbank, die bei Bedarf der Polizei zur Verfügung gestellt werden soll. Per direktem Vergleich der stadtweiten Gesichtserkennung wird nun auch geprüft, ob die Fahrgäste das richtige Ticket benutzt haben oder ob sie unberechtigterweise in eine weitere Zone hineingefahren sind. Was ist wichtiger? Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Anonymität im Alltag, oder das Recht des Unternehmens auf ein paar Euro Gewinn mehr?

Und, zuguterletzt, nimmt man vom juristisch-formellen Eingriffsbegriff etwas Abstand und besieht sich einfach mal die möglichen realen Konsequenzen von flächendeckender Überwachung, Identifizierung und präventiver Speicherung, muss man geradezu zu dem Schluss kommen, dass derartige Maßnahmen gar nicht ohne tiefgreifende Wirkung sein können. Es genügt die Vorstellung, jemand liefe den ganzen Tag mit einem Camcorder hinter einem her und bliebe allenfalls bei den Toilettengängen und eventuell in Teilen des Wohnraums draußen. Wie würde man sich wohl verhalten? Normal sicher nicht. Oder konkreter: kann man sich noch bei allgegenwärtigen Kameras und Mikrofonen über „Scheißbullen“ aufregen, über das „korrupte Politikerpack“? Sich über das Drogenproblem von Freund X unterhalten, ohne die Angst im Nacken, unfreiwillig zum Denunzianten zu werden?
Genau das ist auch mit Präventiv-Staat gemeint: es geht nicht mehr nur um Aufklärung und Ahndung von Straftaten, sondern um deren vorsorgliche Verhinderung. Es wird überwacht und ausgespäht, was zum Risiko werden könnte, ohne Indizien oder gar Beweise dafür zu benötigen und unter eine beständigen Ausweitung von dem, was als „Risiko“ definiert ist. Man sehe sich einfach mal die Liste an, was in England so alles für „Anti-social behaviour“ gehalten wird und was man mit CCTV verhindern möchte.
Deshalb ist das Wort „Generalverdacht“ auch keine Polemik, wie hier reflexartig unterstellt wird. Zu jeder Überwachung, zu jeder Datenerhebung, die zur Aufklärung eines Verbrechens dienen soll, verlangte das Rechtsstaatsprinzip zumindestens einen Verdacht auf einen begangene oder hinreichende Hinweise auf eine zukünftige Strafttat. Ermittlungen ohne jeden Verdacht verstoßen gegen dieses Rechtsstaatsprinzip, und es greifen, welch Überraschung, die grundlegenden Freiheitsrechte, die als Abwehrrechte vor dem Staat schützen.
Es ergibt sich von selbst, dass eine vorsorgliche Speicherung aller Verbindungsdaten genau dagegen verstößt. Zur Rechtfertigung muss ein Generalverdacht gegen alle Telekommunikations-Nutzer_innen gegeben sein: es wird stillschweigend nach der Prämisse gehandelt, jeder und jede sei ein potentielle_r Straftäter_in. Und selbst wenn die Wahrscheinlichkeit einer zukünftigen Straftat noch so gering ist, soll es sinnvoll und nötig sein, sensible Daten jetzt schon zu erheben. Man scrolle an dieser Stelle ein wenig nach oben, lese sich die Anforderungen betreffs Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit durch und urteile dann selbst, ob auch nur ein Punkt auf Maßnahmen wie die Vorratsdatenspeicherung zutrifft.
 
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Maus

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@Darghand: netter Beitrag, einge schöne Formulierungen. Nur das Beispiel mit dem Geheimnisverrat geht daneben, weil afaik genau das einer der wenigen Sachverhalte ist, bei denen sich Journalisten strafbar machen und juristisch belangt werden können. Wobei du vllt auch nur schlampig formuliert hast und ein Dienstgeheimnis gemeint hast und nicht ein Staatsgeheimnis...
 

Ice

Technomage
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Darghand:
Sehr guter Beitrag! :up:

Bei zwei Themen möchte ich anknüpfen:
- Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Anonymität im Alltag, oder das Recht des Unternehmens auf ein paar Euro Gewinn weniger? Ich denke, die Formulierung sollte heissen "ein paar Euro mehr", aber das nur am Rande.
Es ist - leider - verbreitete Denke, lediglich und nur einseitige das "Recht" einer Firma auf Gewinn anzuschauen und darob das Recht des Einzelnen auf Privatsphähre und nicht generell verdächtig zu werden komplett zu vergessen. Dabei nehme ich das Thema P2P und filesharer einmal mehr als Beispiel auf: Mittlerweile ist jeder des Verstosses gegen das Urheberrecht verdächtig, der mehr Internet-Traffic generiert als für ein paar Mails nötig sind, und spätestens wenn jemand P2P-Software wie Bittorrent verwendet, sieht sich jener als "Raubkopierer" gebrandmarkt. Schuldig bei Verdacht. Das wäre etwa so, wie wenn ich sagen würde, dass jeder Autofahrer ja ein Mörder ist weil er mit diesem Mordinstrument eh ja nur Kinder überfährt, dass jeder mit Rollerblades ein Dieb ist weil er diese ja eh nur dazu benutzt alten Omas die Handtasche zu klauen und dann schnell abzuhauen, dass jeder der ein Kaputzen-Pulli oder eine Kaputzenjacke trägt ja eh nur ein böser gewalttätiger Hip-Hopper ist der den ganzen Tag kleine Jungs verprügelt.
Das sind drei Beispiele dafür, welche Denke die Industrie mit ihren Kampagnen in den Köpfen festgesetzt hat. Davids Antwort ([...]daß der Begriff Raubkopie im allgemeinen Sprachgebrauch üblich ist, obwohl allen klar ist, daß das nix mit einem Raub (d.h. Einsatz von Gewalt) zu tun hat.[...]) ist ein typisches Beispiel dafür, dass mit der Absicht manipulativ und suggestiv zu sein künstlich kreierte Begriffe meist unreflektiert verwendet werden. (Apropos Verdacht: Weil ich angeblich hier "Raubkopierer" "verteidige" wurde ich verdächtigt, einer zu sein.)
Wieso wird nicht mal hinterfragt, wieso es plötzlich quasi oberstes Ziel unserer Legislative, Judikative und Exekutive ist, diversen Firmen ihren Gewinn zu garantieren? Dabei meine ich nicht nur filesharer, sondern auch der ungeheure Aufwand der Betrieben wird, um beispielsweise importierte Dinge mit dem falschen Logo drauf an der Grenze via Zoll abzufangen. Der einschlägige manipulativ-suggestive Begriff dazu ist "Produktpiraterie". Wenn man bedenkt, dass das hier unterstellte Vergehen nichts mit [url="http://de.wikipedia.org/wiki/Piraterie]Piraterie[/url] zu tun hat, dann soll man solche Begriffe schlicht nicht verwenden. Andererseits wird man ja auch gleich angefahren, wenn man bei dem extremen Vorgehen der Industrie von "Faschismus" und ob der Willigkeit von Legislative und Executive Letztere als "Büttel des Kapitals" tituliert. Ja, wenn schon das Recht auf manipulative Begriffe besteht, dann nicht nur für die Industrie sondern auch für den normalen aufgeklärten Bürger.
Der Gegensatz von Recht des Bürgers auf sein Eigentum vs Recht der Industrie auf sogenannt "geistiges Eigentum" kommt ganz krass zum Vorschein, wenn private Computer konfisziert werden aufgrund von Anschuldigungen betreffend Verstoss gegen das Urheberrecht.
- Auf der einen Seite stehen geschätzte "Schäden" in Form von entgangenen Gewinnen. Gewinnen die vielleicht eingefahren worden wären, vielleicht auch nicht.
- Auf der anderen Seite stehen reale Werte, reale Computer-Hardware die gekauft werden musste. Von den privaten Daten die auf den Festplatten dieser Maschinen (Steuerdaten, private Fotos, vertrauliche Mails, ev. ein elektronisches Tagebuch oder gar Geschäftsgeheimnisse, patentierbare Ideen. Auch gekaufte DRM-geschützte und somit nicht auf andere Medien/Computer übertragbare Musik/Filme) will ich gar nicht anfangen. (Btw eine weitere Kurzsichtigkeit, zu denken, dass Computer nur jeweils für einen einzigen Zweck verwendet werden würden!)
-> da jegliche Abwägung der Verhältnismässigkeit (welche per Gesetz zu berücksichtigen ist!) abzulehnen ist schlicht falsch und es ist schlich zu billig, denkfaul und polemisch dann à la "der ist ja selber schuld, hätte er nicht..." zu argumentieren.

- Das Problem mit all diesen Überwachungsfantasien ist, dass sie der meiner Meinung nach völlig falschen Idee aufsitzen, Illegales sei illegitim. Genau diese Denke à la "es ist verboten also ist es auch verwerflich/nicht legitim/unmoralisch/etc" ist gefährlich und IMO falsch. Ich höre schon das polemische Gegen-"Argument" à la "Da könnte ja jeder machen wie er will, kein Gesetz würde mehr gelten und die Welt würde in Anarchie versinken". Leute die so argumentieren, denen unterstelle ich Kadavergehorsam. (gestatten - die Wortkreation ist nicht von mir, wohl aber die Anwendung in diesem Zusammenhang) Nicht jedes Gesetz ist rechtens, nicht jede Regel gerecht und nicht jeder Paragraph legitim.
Man kann nun argumentieren, dass der Bürger dem ein Gesetz nicht passt dieses ja auf demokratischem Wege ändern kann und halt hinnehmen muss, wenn erst seine Nachkommen in den Genuss des geänderten Gesetzes kommen weil die politischen Mühlen derart langsam mahlen. (Das ist ja schon mal geschehen hier bei der Diskussion im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung)
Die Idee "illegal != illegitim" oder dass Illegales dennoch legitim sein kann soll nun selbstverständlich kein Freipass dafür sein, tun und lassen zu können was man gerade will.
Nun, man erlaube mir dazu ein Beispiel eines alten Gesetzes zu nennen, welches zum Glück in Europa nicht mehr angewendet wird: "Prime noctes", das Recht des Landesherren auf die erste Nacht mit den neu verheirateten Frauen seiner Untergebenen. Dazumal war das auch ein Gesetz, ein Recht das Gültigkeit hatte im jeweiligen Land zur jeweiligen Zeit. Daran gab es nichts zu rütteln. Aber - war diese Regelung auch legitim? Würden wir heute nicht sagen, dass jeder Mann das Recht hatte, seiner Frau dieses menschenunwürdige Gesetz zu ersparen? Hätte man damals auch argumentieren sollen à la "Ja musst halt zum Lehnsherr/Gericht/König/wer auch immer gehen und eine Änderung verlangen"??
Ein gutes Beispiel für Gesetz != Recht und gegen Totschlagargumente à la "wenn's Dir nicht passt, gründe eine Partei!"
Gesetz ist also nicht immer automatisch auch recht und wenn sich jemand an bestimmte Gesetze nicht hält, dass ist das auch nicht immer gleich verwerflich und kriminell.


Gruss, Ice
 

Tim

Streichel-Mod
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@Ice:
Nachdem ich deinen Beitrag zur Hälfte durch hatte dachte ich: "Arbeitet der bei der Bild?"

Ganz ehrlich.. das was du da schreibst ist bestes Bildniveau und schürt Angst und Hass auf bestimmte Dinge, die du sehr polarisierend rüberbringst.

1. Filesharingprogramme:
Es gibt keinen Generalverdacht, wenn du ein Filesharingprogramm installiert hast. Erst wenn die Justiz an eine Auswertung von Daten eines Servers herangekommen ist und deine IP dort im Zusammenhang mit Copyrightgeschützten Dateien sieht... und erst DANN wird die Justiz anfangen gegen dich etwas zu unternehmen.

2. "Raubkopiererei":
Gut. Es mag kein Raub sein... es ist und bleibt aber Diebstahl einer Ware. Man nimmt eine Ware und bezahlt nicht dafür und das muss verfolgt werden. Digitaler Diebstahl ist nur zu abstrakt für die meisten Köpfe, sodass das Unrechtsbewusstsein einfach nicht greift. Frei nach dem Motto: "Warum soll ich Geld ausgeben, wenn es das auch umsonst gibt". Es gibt das Zeug aber nicht umsonst. Man geht ja auch nicht in einen Buchladen mit einem Kopierer unter dem Arm und kopiert sich erstmal ein Buch. "Ich hätte das ja sowieso nicht gekauft, aber wenn ich dran komme kann ichs ja mal lesen". So ist doch die Einstellung der meisten Leute...

3. Das Recht der Firmen sich gegen "Produktpiraterie" zu wehren.
Sag mal... willst du wirklich, dass eine Maschinenfabrik, die hier in Deutschland super Qualität herstellt keine Möglichkeit hat sich gegen die Plagiate aus Fernost zu wehren? Es kann doch nicht sein, dass durch Werkspionage erzeugte Ware der Firma, die Milliarden in die Entwicklung gehauen hat den Hahn abdreht.

Und nein, ich bin kein Jasager zum Überwachungsstaat und ich bin auch ein Verfechter der privaten Bürgerrechte. Aber man sollte schon bei der Realität bleiben und sich nicht von dubiosen Verschwörungstheorien blenden lassen.
 
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Darghand

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@ Maus

Auf eine Unterscheidung von "Staatsgeheimnis" und "Dienstgeheimnis" hab ich tatsächlich nicht geachtet, da mir diese Differenzierung bisher nicht bekannt war. Bin ja kein Jurist. Gemeint war im Augenblick des Formulierens eine Tatsache, an deren Geheimhaltung der Staat ein Interesse hat.
Hab ich korrigiert.

@ Ice

Es muss natürlich "mehr" heißen. ;)


Ich fände es auch ehrlich gesagt sehr schön, wenn sich die Bürgerrechtsdebatte nicht nur auf den Filesharing-Aspekt beschränkte. Es gibt noch genügend andere wichtige Punkte. ;)
 

David

Moderner Nomade
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@Darghand:
Nur kurz was hierzu: "„Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit“. Ob nun die Speicherung von der Verbindungsdaten die Freiheit stärker einschränkt als die Möglichkeit, Opfer eines vermeidbaren Verbrechens zu werden ist doch grad die Frage. Da hast du deine Meinung zu, aber es gibt eben nur Meinungen, keine objektiven Tatsachen.
Ob man das Ganze nun "Abwägung von Freiheiten" oder "Sicherheit als Grundrecht" nennt, ist mir ehrlich gesagt schnuppe, ich bin kein Jurist. Fakt ist, daß das Recht auf Leben, Gesundheit und Eigentum nur mit einem vernünftigem Maß an Sicherheit (im Sinne von Durchsetzung eben der Gesetze, die die Grundrechte schützen sollen) möglich ist.
Kleiner Seitenhieb am Rande: Die Sache mit dem Grundrecht auf Eigentum sollten sich manche hier auch mal durchlesen..

Und wenn man formal per Grundgesetz diskutieren will, brauchen wir uns doch nur die Urteile des Bundesverfassungsgerichts anzuschauen. Dann können wir uns einen Großteil der Dikussion sparen, zB den ganzen Urheberrechtszirkus, der in Politik und Justiz überhaupt nicht zur Debatte steht.
Und da siehts ja nunmal nicht so aus, daß alle Sicherheitsgesetze grundweg abgelehnt würden. Weiß also das Bundesverfassungsgericht nicht, was im Grundgesetz steht? :confused:

Auf den Teil mit dem bösen Überwachungsstaat, der der bösen Industrie, die im krassen Gegensatz zu den Menschen steht, dabei hilft ihre faschistoiden Machtphantasien durchzusetzen, hab ich ehrlich gesagt keine Lust mehr. :rolleyes:
Wenn ihr unbedingt die Opfer spielen wollt, nur zu..
 
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Darghand

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Langsam reicht's.

Zunächst einmal: Das ist keine juristische Wortklauberei. Die genaue Bezeichung "Abwägung von Freiheiten" ist immens wichtig, da unsere Rechtsordnung auf einer recht präzisen rechtsphilosophischen Grundlage aufbaut. Ohne Wissen um das primäre Ziel dieser Rechtsordnung, die inzwischen mehrmals erwähnte Wahrung von Freiheitsrechten, kann eben solcher vereinfachender Unfug wie die aktuelle Sicherheitsdebatte verbreitet werden.

Ob nun die Speicherung von der Verbindungsdaten die Freiheit stärker einschränkt als die Möglichkeit, Opfer eines vermeidbaren Verbrechens zu werden ist doch grad die Frage. Da hast du deine Meinung zu, aber es gibt eben nur Meinungen, keine objektiven Tatsachen.

Wer die unbedingte Aufklärung oder Verhinderung von Verbrechen in der Prioritätenliste ganz nach oben setzt; noch dazu wie du ohne jede Differenzierung, sägt an eben jener freiheitlichen Rechtsgrundlage bzw. deutet sie in Richtung eines Präventivstaates um.
"Opfer eines vermeidbaren Verbrechens", my ass. Jedes Verbrechen ist vermeidbar, trotzdem verzichten wir aus gutem Grund auf die entsprechenden Maßnahmen zur Verhinderung. Warum wohl?
Außerdem, welche Verbrechen denn? Raub, Mord, Folter? Zerstümmelung junger Mütter durch schwarzafrikanische Freischärler in Berlin-Mitte?
Es wird davon ausgegangen, dass die unter 1% mehr an durch die Vorratsdatenspeicherung aufklärbaren Verbrechen zum größten Teil Internetbetrügereien sind. Ich befürchte, mit ein wenig mehr Aufklärung und Information wäre den Betroffenen mehr geholfen als mit der Vorratsdatenspeicherung.

Und wenn man formal per Grundgesetz diskutieren will

Anhand was denn sonst? Ist hier noch eine andere Verfassung gültig, von der ich noch nichts gehört habe?


Und da siehts ja nunmal nicht so aus, daß alle Sicherheitsgesetze grundweg abgelehnt würden. Weiß also das Bundesverfassungsgericht nicht, was im Grundgesetz steht?

Wie oben bereits erwähnt, es heißt "Abwägung von Freiheitsrechten". Es ist mir unbegreiflich, wie man in einen derart differenzierten Akt wie eben jener Abwägung ein solches Schwarz-Weiß-Denken hineinprojizieren kann. :confused: Natürlich entscheidet das Verfassungsgericht nicht gegen alle "Sicherheits"gesetze - es setzt ihnen Schranken, es prüft auf deren Sinnhaftigkeit, den legitimen Zweck, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit - aber immer unter Wahrung grundlegender Freiheitsrechte.
Heraus kommen entweder vernünftige Beschlüsse wie jüngst zu den diversen Datenspeicherungen, oder eher zweifelhafte Anweisungen wie etwa zur Handhabe des Großen Lauschangriffs.


Wenn ihr unbedingt die Opfer spielen wollt, nur zu..

Wenn dir die haltbaren Argumente ausgehen, darfst du das ruhig zugeben. Wir lachen hier niemanden aus.
 
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