Und was antwortet das Leben?

Chinasky

Dirty old man
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@Sylvana: Wenn's darum geht, den Christen eins auf die Mütze zu geben, und dann am besten noch in Form von Bibelzitaten, dann bin ich normalerweise gern vorneweg dabei. Allerdings ging es mir mit meiner Verwendung des Begriffes "christlich" nicht darum, inwiefern die Bibel in sich selbst konsistent sei, ob es da Widersprüche usw. gebe.
Wennn z.B. Cas oder ein beliebiger anderer Christ hier im Forum sich die Mühe macht, so wird er sicherlich Dutzende von Bibelstellen finden, in welchen Liebe, Mitleid, Nächstenliebe usf. eine gewichtige Rolle spielen. So kommt man dann schlecht weiter. Die Bibel ist viel zu umfangreich, als daß nicht jeder, der nur lange genug suchte, genau diejenige Passage fände, die gerade seinen Standpunkt belegt.
Ich sprach allerdings von "christlich", nicht von "biblisch". Und ich meinte damit eine gewisse Denkrichtung in der philosophischen Ethik. Wir alle haben doch, wenn wir nicht - wie Elanor - den Begriff "christlich" als ein negatives, beleidigendes Attribut verstehen, schon ein gewisses Bild von "dem Christlichen" vor Augen. Meist wird die Kirche von ihren Gegnern an diesem (Ideal-) Bild gemessen und für zu leicht befunden. Selbst "Ungläubige", Atheisten usw. meinen i.d.R. zu wissen, was denn ein wahrer Christ sei, oder nicht? So, wie wir ja auch alle ungefähr wissen, was wir uns unter einem "Aufschneider" vorzustellen haben, und einen solchen selbst dann enttarnen, wenn er schon seit Wochen nichts mehr aufgeschnitten hat und generell eine Abscheu gegenüber Schneideinstrumenten hegt... ;)

Hier im Thread geht es um die Antworten auf die "großen Lebensfragen", welche die Forumler sich selbst so geben. Da versuche ich nun, anhand ihrer Äußerungen herauszufinden, aus welcher Denktradition, aus welcher Richtung/Ecke/Schublade sie zu ihren ganz persönlichen ethischen Grundsätzen gelangt sind. Hier gibt es dann für mich so ganz grobe Einordnungsschablonen. So würde ich z.B. die Schablone "Gerechtigkeit" der sozialistischen Denkschule zuordnen, die Schablone "Freiheit" der liberal-humanistischen Denkschule, die Schablone "Funktionstüchtigkeit" der utilitaristischen Denkschule und die Schablone "Mitleid" der christlichen Denkschule...
Rücksichtslosigkeit, Verachtung, Rassismus, und was Du sonst noch in der von Dir angeführten Bibelpassage an Ansätzen gefunden zu haben meinst - sie alle sind nicht gerade genuin christlich. Im Zentrum der christlichen Lehre steht ein an der Unvollkommenheit der Welt leidender Gottessohn, der sich aus Mitleid mit der Menschheit selbst opfert. Und zwar opfert er sich, weil eben diese Welt so unvollkommen und sündhaft ist, was man auch mit Elanors Formulierung "krank" umschreiben könnte. Die Lösung, die Gott (Jesus) für dieses Problem der Schwäche und Krankheit der Welt hat, ist nicht, wie im alten Testament bei Sodom und Gomorrha oder der Sündflut, diese Welt zu vernichten, sie also von aussen zu betrachten und als "Ausschussware" zu klassifizieren. Sondern Gott/Jesus leidet selbst an dieser Unvollkommenheit. Er leidet mit! Und er versucht, diese Krankheit der Welt durch sein eigenes Opfer zu heilen.
Hier haben wir also ein starkes Engagement angesichts eines als schlimm empfundenen Zustandes. Darin liegt der Kern des christlichen Denkens, und nur um diesen Kern ging es mir.
Dieser geistige Kern nun steht einer vollkommen anderen Herangehensweise gegenüber, wie sie Ocard andeutete. Nämlich derjenigen, zu sagen: Eine kranke, schlechte, miese Welt versuche ich nicht zu retten, denn sie verdient es nicht, gerettet zu werden. Wenn sie tatsächlich so krank wäre, dann sollte man sie lieber gleich entsorgen (vor dieser Konsequenz drückt man sich dann, indem man einfach behauptet, diese Welt sei gar nicht krank und schlecht, sondern eigentlich ganz nett und erfreulich...).
 
Zuletzt bearbeitet:

Sylvana

Dark Princess
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@Hank: Ich weiss wohl was du sagen willst, ich weiss durchaus auch
welche Attribute man gemeinhin dem Christentum zuschreibt - nur stelle
ich genau diese für mich in Frage!

Und ich frage mich, wie willst du "christlich" von "biblisch" trennen, gerade
wenn du dich auf den Ursprung des Christentums beziehst? Das
ursprünglichste und wesentlichste worauf der christliche Glaube basiert ist
doch gerade die Bibel!
Natürlich kann man in ihr auch Stellen finden, in denen Mitleid und
Nächstenliebe eine Rolle spielen - diese Stellen sind jedoch nicht so breit
gestreut wie man gerne glauben möchte! Deshalb muss ich dir
widersprechen, das von dir genannte Bild des leidenden Gottessohnes, der
sich aus Mitleid für die Menschheit opfert ist sicher nicht genuin christlich!
Wir sehen das z. B. daran, dass Jesus in seiner Lehre dieses Bild niemals
wirklich verwendet hat. Gottes Sohn, der die Mission hat sich für die
Sünden der Welt zu opfern? Wenn das der zentrale Kernpunkt seines
Wirkens war, warum hat Jesus dann nicht explizit davon gesprochen?

Es war Paulus, der dieses Bild geprägt hat und wenn wir uns auf Paulus
berufen, dann müssen wir auch andere Dinge berücksichtigen die er
gesagt hat. Dinge von denen man gemeinhin wieder sagen würde sie
seien nicht "genuin christlich". Dinge die sich bei genauerer Betrachtung
jedoch wie ein roter Faden durch die Bibel ziehen und vom Christentum
auch sehr konsequent aufgenommen und umgesetzt worden sind - weit
bis in unsere Zeit hinein...

...ich sehe sehr wohl warum du dieses Bild verwendet hast, Hank. Da die
Kirchen in den Jahrhunderten hart daran gearbeitet haben, hat man heute
allgemein tatsächlich das Bild das Christentum sei eine Religion der
Nächstenliebe - stellt sich nur die Frage ob sie das wirklich ist...
 

Azariel

Shade
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@Sylvana
:up: Da kann ich dir aus ganzem Herzen zustimmen. Die selektive Wahrnehmung was die "christlichen Traditionen" angeht ist manchmal wirklich erstaunlich (da wird das ganze Christemtum sehr gern mal auf die Bergpredigt reduziert). Aber das Religion und Ratio unvereinbar sind ist ja altbekannt. :fies:

@Hank
Pfui, Sozialdarwinismus ist kein schönes Wort. :p Das was gemeinhin als Sozialdarwinismus bezeichnet wird ist eher faschistoide Art von Anarachie, als auf Menschen angewandter Darwinismus, und mit Sicherheit nichts was durch Darwins Namen geehrt werden sollte. Eine "jeder ist sich selbst der nächste" Attitüde, wie sie heute leider als ideal propagiert wird, ist keineswegs natürlich. Menschen sind soziale Tiere, die gerade deswegen so erfolgreich sind.
Bei deinen Fallbeispielen zur moralischen Motivation hast du noch wichtige Fälle vergessen. Zum ein ein handeln aus dem Glauben an den Kategorischen Imperativ. Wenn sich ein ganze Gruppe Menschen auf eine anwendung desselben einigt, ist es ein Vorteil für alle Mitglieder. Wenn du so willst, Mitgefühl rational begründet. (Was man tunlichst nicht mit der rationellen Begründung für die "Abfallbeseitigung" der "Sozialdarwinisten" verwechseln darf.)
Zum anderen die Motivation aus einer Religion heraus die besagt
III. Du sollest alten Damen über die Wege helfen, oder auf ewiglich im Höllenfeuer schmoren, das dir der Saft aus den Ohren etc. pp.<hier lange blumige Beschreibung einführen>


Die Einstellung, alles Kranke einfach sich selbst zu überlassen (um den Weg zum Thema zurückzuschleichen ;)) ist eine deutliche Abweichung von dem was eigentlich das menschliche Wesen ausmacht, und hat offensichtlich in den letzten paar Jahrtausenden auch nicht zum Erfolg der Anwender geführt.
Nach meiner Sicht der Dinge ist das auch der einzige "Sinn" den wir dem menschlichen Leben zuweisen können. Überlebt, und lebt in euren Kindern weiter. Da unsere Nachkommen das einzige sind was in so etwa hundert Jahren von uns übrig ist, möchten wir die Welt verbessern. Was natürlich auch für uns selbst ganz angenehm ist. ;)
Aber ein Leben nach der Devise alles so zu nehmen wie es gerade kommt, wenn die Welt unperfekt ist scheiss drauf, einfach mal das hedonistische Ideal anstreben, ist auf lange sicht ein bedeutungsloses Leben.
 

Malik ibn Harun

Sohn der Wüste
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Ähmm, hallo? Es ist reichlich egal, ob die Bibel den Christen nun Nächstenliebe vorschreibt, oder ob die Christen das alles nur missinterpretiert haben. :rolleyes: Wichtig ist nur, dass sie sich dieses Ziel auf die Fahnen schreiben und auch (überwiegend zumindest, das dunkle Mittelalter dürft ihr dem Christentum ruhig vorwerfen; den Grundsätzen des Christentums entspricht es jedoch nicht) danach handeln.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Das Christentum ist aber wirklich die Bergpredigt. Soviel was anderes hat Jesus den Rest der Evangelien auch nicht mehr gesagt. Was seine Jünger und erst recht die Institution Kirche später daraus gemacht hat, ist freilich eine ganz andere Geschichte.

Tut mir leid, ich finde Diskusionen über das Thema ziemlich ermüdend, weil sie selten konstruktiv sind. Meistens kriegt man nur irgendwelche Halbwahrheiten und krasse Fehlintepretationen an den Kopf geknallt. Die Bibel ist numal ein dickes Buch aus vieler Leute Feder (oder Griffel, Hammer/Meißel und noch früher Wort). Da findet man sich z.B. plötzlich in der lustigen Situation, das die Leute von einem erwarten, Dinge zu verteidigen, die man überhaupt nicht glaubt. Danach versuchen sie dann, einen zum Atheismus zu bekehren, oder sie machen sich drüber lustig, usf. Am krassesten wirds dann, wenn sie einem dann noch die Kreuzzüge vorwerfen.

Ist echt total sinnlos.
 

Mumme

Verhüllter Enthüller
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@ Topic:

Jiddu Krishnamurti: (Ich habe mir erlaubt den Text zu kürzen.)

Die meisten von uns wollen nicht sterben, denn wir sind zufrieden damit, zu leben. Und unser Leben ist sehr hässlich; es ist gemein, neidisch, von ständiger Zwietracht erfüllt. Unser Leben ist ein Elend, mit hier und da einem Aufflackern von Freude, die schon bald nur noch Erinnerung ist, und unser Tod ist auch ein Elend. Doch der wirkliche Tod ist, psychisch allem zu sterben, was wir kennen ? und das bedeutet, fähig zu sein, dem Morgen entgegenzusehen, ohne zu wissen, was morgen sein wird.

Wir alle wissen, dass wir früher oder später sterben werden, dass die Zeit verstreicht und dass der Tod uns einholen wird; und weil wir Angst haben, erfinden wir Theorien, wir fabrizieren Ideen über den Tod, wir rationalisieren ihn. Doch das ist nicht das Verstehen des Todes. Um herauszufinden, was Tod ist, müssen Sie es verstehen, psychisch zu sterben.
Um etwas Neues zu entdecken, müssen Sie sich ihm mit einem unschuldigen Geist nähern, einem Geist, der frisch, jung und unverdorben von der Gesellschaft ist.

Ich weiß nicht, ob Sie es jemals versucht haben, ob Sie jemals damit experimentiert haben: Mühelos allem zu sterben, das Sie kennen, nicht oberflächlich, sondern konkret, ohne zu fragen, was morgen passieren wird. Wenn Sie das tun können, werden Sie ein außerordentliches Gefühl der Einsamkeit erfahren, einen Zustand des Nichts, der kein Morgen kennt ? und diesen Zustand durchzumachen, ist keine trostlose Verzweiflung. Im Gegenteil!

Schließlich sind die meisten von uns schrecklich einsam. Sie mögen eine interessante Beschäftigung haben, Sie mögen eine Familie und viel Geld haben, Sie mögen das breite Wissen eines gelehrten Geistes haben; doch wenn Sie das alles zur Seite schieben, wenn Sie allein sind, dann werden Sie dieses außerordentliche Gefühl der Einsamkeit kennen.

Doch sehen Sie, in solch einem Moment bekommen wir große Angst. Wir stellen uns nie dieser Einsamkeit: Wir gehen niemals durch diese Leere, um herauszufinden, was sie ist. Wir schalten das Radio ein, lesen ein Buch, schwatzen mit Freunden, gehen zur Kirche, gehen ins Kino, wir trinken ? das liegt alles auf dem gleichen Niveau, denn es sind alles Fluchtmöglichkeiten. Gott ist ein fröhlicher Fluchtweg genauso wie das Trinken. Wenn der Geist auf der Flucht ist, dann besteht kein großer Unterschied zwischen Gott und dem Trinken. Im Urteil der Gesellschaft ist das Trinken vielleicht nicht so gut, doch die Flucht zu Gott hat auch ihre Nachteile.

Um den Tod zu verstehen, nicht verbal oder theoretisch, sondern um ihn tatsächlich zu erfahren, muss man dem Gestern sterben, allen Erinnerungen, seine psychischen Wunden, den Schmeicheleien und Beleidigungen, der Kleinlichkeit, dem Neid ? all dem muss man sterben, das heißt, man muss seinem Selbst sterben. Denn das alles sind Sie selbst. Und wenn Sie so weit gegangen sind, dann werden Sie feststellen, dass es ein Alleinsein gibt, das nicht Einsamkeit ist. Einsamkeit und Alleinsein sind zwei verschiedene Dinge. Doch Sie können nicht zu dem Alleinsein gelangen, ohne diesen Zustand der Einsamkeit zu durchlaufen und zu verstehen, diesen Zustand, in dem Beziehung nichts mehr bedeutet. Ihre Beziehung zu Ihrer Frau, Ihrem Mann, Ihrem Sohn, Ihrer Tochter, Ihren Freunden, Ihrem Beruf ? keine dieser Beziehungen hat noch eine Bedeutung, wenn Sie vollkommen allein sind. Ich bin sicher, dass einige von Ihnen diesen Zustand erlebt haben. Und wenn Sie ihn durchgemacht haben und darüber hinausgelangt sind, wenn Sie keine Angst mehr vor dem Wort »einsam« haben, wenn Sie allen Dinge, die Sie gekannt haben, gestorben sind, und die Gesellschaft Sie nicht mehr beeinflusst, dann werden Sie das Andere kennen. [...] durch diese Einsamkeit gehen ohne zu fliehen, ohne Worte machen, das heißt, ganz und gar in ihr aufgehen, das erfordert viel Energie. Sie brauchen Energie, um mit etwas Hässlichem zu leben, ohne davon verdorben zu werden, ebenso wie Sie Energie brauchen, um mit etwas Schönem zu leben und sich nicht daran zu gewöhnen. Diese unverdorbene Energie ist das Alleinsein, zu dem Sie finden müssen.

Aus dieser Negation, aus dieser totalen Leere, entsteht Schöpfung.

Alle Schöpfung vollzieht sich in der Leere, nicht wenn Ihr Geist voll ist. Der Tod hat nur einen Sinn, wenn Sie all Ihren Eitelkeiten, Ihren Oberflächlichkeiten, all Ihre unzähligen Erinnerungen sterben. Dann ist da etwas jenseits der Zeit, etwas, zu dem Sie nicht kommen können, wenn Sie Angst haben, wenn Sie sich an Glaubensvorstellungen klammern, wenn Sie im Leid gefangen sind."
 

Elanor

Elbenlady
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@Sylvana: Ich muss jetzt wirklich Gala zustimmen. So vieles ist verstümmelt, verfälscht und missinterpretiert, dass es absolut zwecklos ist über die Details der Bibel zu diskutieren. Außerdem passt das nicht ins Topic.

@Mumme: Ich bin mir noch nicht sicher ob dieser Text extrem weise oder extrem dumm ist. Aber manchmal ist das ohnehin fast das Selbe. ;)
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Gerade noch ein älteres Posting entdeckt:

@Tolwin: Extreme Armut und extreme Krankheit wurden im Artikel explizit ausgeschlossen. Habe ich bloss vergessen zu erwähnen. Ist halt schon wieder ne ganze Weile her, das ich den gelesen habe.
 
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Azariel

Shade
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@Malik
Hehe, genau das meine ich. Ist dir der terminus "No true Scotsman" bekannt? ;)
Ich werde dann in Zukunft diese auf nächstenliebe basierende Art des christentums Malik ibn Harun Christentum(tm) nennen. Und das Gala Christentum(tm) hat alles ausser der Bergpredigt gestrichen. Nicht zu verwechseln natürlich mit Katholizismus, Lutheranischem Protestantismus oder Baptisten Mormonen und Quakern.
Diese ganze "auf die Nächstenliebe kommt es an" Argumentation ignoriert doch volkommen das "Christentum" nun einmal ein Label ist das für Menschen verwendet wird die an die Bibel glauben. Und da gibt es genug Sachen die der Nächstenliebe gravierend widersprechen, dazu muss man nicht einmal die Kreuzzüge bemühen, die sind schon lange vorbei. Da gibt es genug aktuelle Beispiele, von Hass auf Homosexuelle der in Amerika von der Kanzel gepredigt wird, bis zu Zwangsmissionierungen in Afrika (Jawohl, das gibt es immer noch). Wer meint das Christentum sei rein auf nächstenliebe basierend, ignoriert all diese Gegenbeispiele, oder definiert sie um in bester "Das sind keine wahren Christen" Manier. Sind es aber nunmal doch, denn sie erfüllen alle Voraussetzungen um Christ zu sein. Und wer sich Christ nennt, muss nun einmal damit leben das er nicht nur mit der freien Christengemeinschaft assoziiert wird, sondern auch mit den unangenehmeren christlichen Zeitgenossen. Man kann keinem Verein beitreten und behaupten man habe mit den anderen Mitgliedern nichts zu tun, und die seien eigentlich gar keine "wahren Christen" (tm) da sie nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen.

@Sylvana
Hm, so nebenbei, Lukas 12:51-53 ist auch eine recht deutliche Passage die widerlegt das Jesus auf nächstenliebe und Bergpredigt zu reduzieren ist.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Jaja, die kenne ich. Besagte Bibelstelle ist sehr beliebt bei Nichtchristen, um Jesus als Kriegstreiber zu profilieren.

Genau wie man von einigen Christen immer eine andere Stelle vorgesagt bekommt, wenn sie beweisen wollen, das das Christentum die einzige Religion ist. (Es kommt niemand zu Gott, es sei denn durch mich).

Das ist so stereotyp.

De facto sagt er da aber bloss, das seine Religion nicht den Frieden auf Erden bringt. Wenn man sie annimmt, wird man bekämft werden. Gerade in den ersten drei Jahrhunderten nach der Religionsgründung war das auch mit Sicherheit der Fall.
 

Würfelpech

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@ Azariel

naja, wenn man Lukas 12:51-53 aus dem Zusammenhang reisst, dann klingt Jesus da wahrlich nicht sehr nach Bergpredigt.;)
Er will aber meiner Interpretation nach damit aussagen, dass sein Weg die Entzweiung der "Familie" im Sinne der jüdischen Gesellschaft (und wohl letzendlich auch der Menschheit) zwangsläufig mit sich bringt - und auf Widerstand stoßen wird. Seine Lehren und der Anspruch auf den Status des Messias sind ja klare Affronts gegen die bestehende politisch-religiöse Ordnung. Man sollte also schon das ganze Kapitel 12 lesen, dann wird es klarer.:p;)
Jesus hat sicher radikale Positionen bezogen, seine entscheidende Weiterführung (Umformung?) des jüdischen Glaubens bestehen aber in einem Abwenden vom "Aug' um Auge, Zahn um Zahn" Grundsatz, der ja im Alten Testament noch deutlich zu spüren ist.
Das unter dem Deckmantel von "Glaube, Hoffnung, Liebe" grässliche Verbrechen begangen wurden - und christliche Religionen auch heute noch dafür herhalten (müssen), will ich gar nicht abstreiten.

@ Elanor c/o Mumme

Wurde Krishnamurti nicht von den Theosophen als Reinkarnation Christi "entdeckt"? IMHO hat sich im Streit darüber (sowie der starken Ausrichtung auf den Buddhismus) damals R. Steiner mit seiner Anthroposophie von den Theosophen losgesagt.
Der von Mumme angeführte Text klingt für mich jeden falls stark nach "nihilistischem Buddhismus", wenn mir diese Wortprägung mal erlaubt ist.
 
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Azariel

Shade
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@Würfelpech
Och wenn wir denn wirklich anfangen darüber zu diskutieren was Jesus aussage war, fällt es nicht sonderlich schwer viel mehr zu finden. ;)
Nehmen wir doch nur einmal die Storry wo Jesus (der Held :rolleyes: ) einen Baum verdorren liess weil der es wagte ausserhalb der Erntezeit keine Früchte zu tragen. :eek: (muss grade mal auf die suche nach der Stelle gehen)
Noch viel interessanter wird es im alten Testament, was sich so an aussagen von God himself(tm) finden lässt. Aber ich vermute mal das wird auch alles einfach wegdefiniert, da es nicht bequem ist und daher nicht zu einem wahren christen passt. :p Oder man interpretiert es einfach ein bisschen in die bequeme Richtung...
Das ganze wirkt so wie wenn man die NPD as Umweltschutzopartei verkaufen will. Der ganze Rest zählt nicht, ist fehlinterpretiert, verfälscht etc, aber die Passagen über Umweltschutz besagen doch ganz klar das die NPD darauf beruht.
Sag mal ganz ehrlich, würdest du irgendeinem Buch ausser der Bibel beachtung schenken, wenn man neunzig Prozent auf verschiedene Art und weise weglassen muss um brauchbare zehn Prozent zu erhalten? ;)
Ich will nicht sagen das jeder Christ Anteil an den Sachen hat die von Christen begangen wurden (Erbsünde ist ein christlichen Konzept :p) aber das Christentum hat anteil daran, und man kann zwar sagen das man selbst Christ ist und nur an den auf Nächstenliebe basierenden Teil glaubt, aber zu behaupten das sei die Basis des Christentums ist einfach falsch.
 

Sol

Mönch/Assassine
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Wir alle wissen, dass wir früher oder später sterben werden, dass die Zeit verstreicht und dass der Tod uns einholen wird; und weil wir Angst haben, erfinden wir Theorien, wir fabrizieren Ideen über den Tod, wir rationalisieren ihn. Doch das ist nicht das Verstehen des Todes. Um herauszufinden, was Tod ist, müssen Sie es verstehen, psychisch zu sterben.
Um etwas Neues zu entdecken, müssen Sie sich ihm mit einem unschuldigen Geist nähern, einem Geist, der frisch, jung und unverdorben von der Gesellschaft ist.

Mal zu dieser Stelle einige Anmerkungen:

Schneidet sich bei dieser Stelle der Autor nicht in sein eigenes Fleisch?

Ist da nicht ein riesengroßer Unterschied zwischen Einsamkeit und Tod?

Ganz naiv ausgedrückt:
Wenn ich heute in Hütte gehe und einfach nur einsam herum sitze fühle ich und spüre ich etwas.
Wenn ich Tod bin, bin ich nicht einsam, sondern einfach nicht mehr exsistent.
Ich kann weder eine Einsamkeit noch ein Alleinsein spüren, man kann nichts mehr fühlen, es ist einfach nicht möglich. (Vorausgesetzt man ist so ein Atheist wie ich ;) )
Und dann stellt sich mir die Frage: Wie kann die Einsamkeit mich dann auf den Tod vorbereiten? Überhaupt nicht?

Der Autor des Textes kritisiert hier irgendwelche Theorien über das Verstehen des Tod, aber macht dieser Autor nicht genau dies selbst?

Gehört außerdem die Konfrontation mit der Gesellschaft nicht zum Erwachsen werden dazu? Und müsste man sich dann nicht eigentlich von Geburt an sofort in eine Holzhütte einsperren lassen, dann damit man auch bloß nicht von der Gesellschaft verdorben wird.
Wohin das führen kann, zeigt ein Experiment von Friedrich II :rolleyes:

Klar man könnte sich (nachträglich) sicher Jahre lang irgendwo einsperren; dann wäre der Tod sicherlich eine sehr gute Alternative, die würde ich *dann* sogar vorziehen :rolleyes:

Ich finde Leben um des Lebens willen und nicht im Hinblick auf dem Tod, hier eine wesentlich bessere Alternative...
 

Ice

Technomage
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Mumme: Irgendwie kommt der Text des Autors, Zitat...

<i>Schließlich sind die meisten von uns schrecklich einsam. Sie mögen eine interessante Beschäftigung haben, Sie mögen eine Familie und viel Geld haben, Sie mögen das breite Wissen eines gelehrten Geistes haben; doch wenn Sie das alles zur Seite schieben, wenn Sie allein sind, dann werden Sie dieses außerordentliche Gefühl der Einsamkeit kennen.</i>

...so rüber: "Knipse alle Existenz um Dich herum aus - dann bist Du einsam. QED."
Leben minus Job minus Familie minus Geld minus Wissen/Erfahrungen = 0?
Ausser für Zen-Künstler kommt das natürlich hin, vollkommen einsichtig. Sorry (kein Einwand an Dich), aber das riecht verdächtig nach banaler Schnaps-Logik. :rolleyes: Es liest sich wie ein Verkünden letzter Weisheit. Oder wie eine Klage.
Gegenfrage: Was wird denn vom Autor erwartet? Dass Gott himself dann herabsteigt, ihn in den Arm nimmt und tröstet? Und nu motzt er dass dem nicht so ist?

@Bibel-Subtopic: Genau diese Überlegungen (die von Azariel angedeutet werden), dass man die Bibel macherorts wörtlich nimmt und wann und wo doch wieder nicht etc. - die waren bei mir vor Jahrzehnten Grund zum Nicht-Glauben. Dazu kommt: Warum soll ich etwas für bare Münze nehmen, das Leute vor zweitausend Jahren geschrieben haben? Das darüberhinaus ohne den gelsellschaftlichen, politischen und alltäglichen Kontext eh fast nichts aussagt? Und dazu noch hundertfach kopiert, übersetzt, interpretiert und "verfeinert" wurde?
Aber ich wiederhole mich und will keine vierte (fünfte?) Auflage der Religionsdiskussion anzetteln...


Gruss, Ice
 

Caswallon

Chronist
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Dann ein bißchen ausführlicher:

Erstens: Die Bibel ist ein historischer Text. Sie wurde von Menschen zu einer bestimmten Zeit, mit einem bestimmten kulturellen Hintergrund und für ein bestimmtes Publikum geschrieben.

Zweitens: Die Bibel bietet keine Definitionen, sondern ist eine Sammlung menschlicher Aussagen über die Welt (Gott und das menschliche Miteinander natürlich eingeschlossen). Als solche ermöglicht sie zahlreiche Auslegungen.
Ihre Texte gehören zudem bestimmten literarischen "Genres" an.

Drittens: Das Christentum hat 2000 Jahre (Geistes-)Geschichte hinter sich, mit einem weiteren Jahrtausend jüdischer Geschichte als Fundament, und eine ganze Reihe Berührungspunkte mit anderen Religionen. Das Christentum hat zahlreiche verschiedene Ausprägungen, und es ist nie unabhängig von der sonstigen Kultur der Zeit und Region.

Viertens: Das Christentum ist erst einmal eine Religion, kein ethisches System. Als solche macht sie erst einmal Aussagen über das Verhältnis von Gott und Mensch; ethische Grundsätze kann man daraus ableiten, sind aber sozusagen erst Folge. Das im Prinzip von allen großen Konfessionen akzeptierte Glaubensbekenntnis hat daher auch keine einzige ethische Aussage. (Es definiert allerdings sehr wohl, daß Jesus "für uns Menschen und zu unserem Heil" erschienen ist.)

Daher:
Aus 1.) Alttestamentliche Texte ohne ihren Hintergrund im vorchristlichen Vorderen Orient zu lesen, wird ihnen nicht gerecht. Das bezieht sich auf literarische Konventionen und Genregesetze, gesellschaftliche Vorstellungen (über die Rolle der Frau, über das Völkerrecht, ...), religiöse Vorstellungen (über die Kraft von Namen, über die Reinheit, über die Macht des Blutes, ...), auf das Weltbild (über die geographische Form der Erde, ...), u.v.a.m.
Analoges gilt für das Neue Testament und auch Jesus. Insbesondere (für die von Sylvana angeführte Stelle bei Matthäus) sollte man die jüdische Herkunft Jesu beachten, und die damit verbundenen Traditionen. Desselbigengleichen bei Paulus.

Aus 2.) Es gibt keinen Christen, der sämtliche in der Bibel vorgestellten Variationen gleichermaßen berücksichtigt, weil die zu vielfältig sind. Jeder wird, je nach seinen konkreten Lebensumständen, Erfahrungen, geistigem Hintergrund und Umfeld den einen Aspekt mehr betonen, den anderen weniger. Ich mache hier nichts anderes. :)

Aus 3.) Das Christentum ist nicht mehr das Urchristentum zu Jesu Zeiten, und wird es nie wieder sein. Die christliche Religion ist wie alle anderen Religionen auch eng mit den jeweiligen gesellschaftlichen Umständen verknüpft, und historische Situationen lassen sich nicht wiederholen. In diesem Sinne ist es nicht nur Nebeneffekt, sondern Aufgabe der Kirche (als Gesamtheit der Christen), den Glauben im Sinne Jesu den jeweiligen Zeitläuften anzupassen. Das mag hier schneller, dort langsamer gehen, manchmal zu weit, manchmal nicht weit genug, und manche Leute mögen andere Dinge als grundlegend ansehen als andere Leute - das ist zwingende Folge aus 2.
Christliche Religion ist daher auch ein lebendiger Prozeß, kein einmal festgeschriebenes System.

Aus 4.) Es ist also nötig, anhand der im Voraus getroffenen Entscheidungen über das Wesen Gottes, das Verhältnis zwischen Mensch und Gott, das Wesen des Menschen, die Rolle Jesu usw. moralisch begründete Entscheidungen zu treffen. Im Laufe der Kirchengeschichte war es nie ernsthaft umstritten, daß der Schutz der Schwachen, die Hilfe für Benachteiligte und das Mitleid zentrale Grundsätze einer christlichen Ethik sind. Wie die Umsetzung dieser Maximen ausgesehen hat, ist wieder je nach Zeitumständen unterschiedlich, genauso wie die Gewichtung anderer Grundsätze, die häufig, aber nicht immer dazugehörten (das Eintreten für Unterdrückte z.B., oder der Gehorsam gegenüber der staatlichen Ordnung).
Ich versteige mich mal zu der Behauptung, daß die Jesusgeschichten in ihrer Gesamtheit eine solche Ethik des Mitleids eher stützen als eine der Stärke oder des Zwangs. Grundsätzlich jedoch bedarf es der vorherigen Entscheidung über das Wesen Gottes und der Welt, und durch diese Brille werden dann aus der Bibel ethische Handlungsanweisungen abgeleitet. Anders geht es imho gar nicht.

Daher, Sylvana: Natürlich ist das "Bild" des leidenden Gottessohns, der sich für die Menschen opfert, christlich. Zumindest sieht das wohl ein großer Teil der Christen so. Ob das von Jesus selbst als Wort überliefert ist, oder die Evangelisten es so gedeutet haben, oder Paulus, spielt dabei erst einmal eine untergeordnete Rolle.
Stellenschmeißen kann ich aber auch:
Joh. 3, 16-17: (Jesus redet.) "Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben. Denn Gott hat seinen Sohn nicht gesandt in die Welt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn gerettet werde."
Mir klingt das sehr nach dem, was du vermißt hast.
Bevor jetzt jemand kommt und meint, das Johannesevangelium sei für authentische Jesusworte keine gute Quelle - mag ja sein. Dann sind wir wieder beim Problem, daß anscheinend einige Aussagen gewichtiger sind als andere, nur diesmal von der anderen Seite.
Für besonders lohnend halte ich die Debatte darum aber nicht (Achtung, Untertreibung.)

Zu Matthäus 15:
Der Kernkonflikt in der Matthäusstelle hat eigentlich nichts mit Helfen oder Nicht-Helfen zu tun. Geschrieben wurde der Text vor dem Hintergrund der jüdischen Überzeugung, das auserwählte Volk Gottes zu sein, und in diesen Zusammenhang gehört das auch. Kern der Stelle in meinen Augen ist nicht, daß Jesus hier seine Mission von der Nationalität der Frau abhängig mache, sondern eher andersherum:
Für einen Juden wie Jesus und seine Jünger war die Trennung zwischen Juden und Nichtjuden elementarer Bestandteil des religiösen Weltbildes - Nichtjuden waren unrein und zählten bei Gott unter "ferner liefen". Für Jesus aber wird diese Trennung durch die Bitten und den Glauben der Frau aufgehoben. (Er reagiert übrigens nicht auf das Drängen seiner Jünger, sondern auf das wiederholte Bitten der Frau.)
Ansonsten war Jesus Jude und verstand sich als zu den Juden gesandt. Das ist mW nichts Neues.

Daraus eine allgemeine ethische Aufforderung à la "helft nur den Juden" oder "es kommt auf die Nationalität des/r Gläubigen an" zu machen, ist grober Unsinn. Über diese Frage sagt die Geschichte gar nichts; nicht jede Erzählung über Jesus enthält eine Handlungsanweisung. (Obwohl man natürlich in jede eine hineinlesen kann...)

Und um das nochnmal zu betonen: Ich schließe mich da Gala an.
Gerade die Frage "Und was ist mit Paulus, stimmst du mit Paulus im wesentlichen auch überein?" ist ein wunderhübsches Beispiel. Den rest kann ich auch elber ergänzen:
"Im wesentlichen (= wenn es um das Wesentliche geht, sprich: um Gott und Jesus) ja."
"Paulus hat aber auch gesagt, daß..."
":rolleyes:"
Das ist ermüdend, und im wesentlichen sinnfrei.

Öh... kann sein, daß irgendwo ein Glied der Argumentation fehlt.
Ich habe ein bißchen die Lust verloren...

Cas
 

Xanathar

Bardenpaladin
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*Nase reinsteckt*

Was erwarte ich vom Leben:
Eigentlich das Leben selbst, sprich so viel wie möglich zu "erleben". Man könnte auch sagen, ich möchte so viele Erfahrungen sammeln wie nur möglich um diese dann auch weiterzugeben.
Ich möchte Fragen stellen und Antworten suchen.
Glück ist eine Illusion, welcher ich nicht verfallen möchte.
Gesundheit ein Gut, welches erstrebenswert ist.
Reichtum ein kümmerlicher Ersatz für Wissen.

Den Sinn des Lebens darin zu sehen, rein biologisch, seine Art zu erhalten, macht angesichts der Überbevölkerung nur wenig Sinn.
Jedoch der Wunsch in seinen Nachkommen einen teil von sich selbst weiterleben zu lassen, macht für mich zumindest durchaus einen Sinn.

Anders gesagt, wenn wir vor lauter Jammern und schlechter Zukunftsprognosen keine Kinder mehr in die Welt setzen, wer soll es dann einmal besser machen als wir es getan haben?

Die Kinder als Sinn des Lebens....eine These mit welcher ich mich anfreunden könnte.

@Gott und die Welt

Ich habe nur Teile der Bibel und Religionsdikussions gelesen, daher nur kurz.

Es bedarf keiner Religionszugehörigkeit um sich wie ein Christ zu verhalten.
Christliches Verhalten und gesunder Menschenverstand sind meines Erachtens identisch*du brauchst Hilfe, also helfe ich dir, weil ich es kann*

Barmherzigkeit gab es schon vor der Bibel und es wäre nicht das erste mal, das eine Religion oder ein glaube, sich die positiven Eigenschaften des Menschen auf die Fahnen schreibt. Warum auch nicht, es ist nicht schlimmes daran.

Oder um es auf die Spitze zu treiben:

Derjenige, der nach einer Ohrfeige die andere Wange hinhält, darf sich wahrlich als Christ im Sinne der Bibel bezeichnen.

Derjenige, der zum Gegenschlag ausholt, darf sich gerne auf das Alte Testament berufen.

Und derjenige der sich vor der Ohrfeige duckt, der hat eventuell die Bibel nicht gelesen, aber im Leben schon einige nützliche Erfahrungen gemacht.
 

Würfelpech

Wannabe-Beastmaster
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@ Xanathar

(zur Ohrfeige)

:up::D

@ Cas

Danke - du hast das besser drauf als ich.;)


@ Azariel


In der Bibel kann jeder das finden, was er zu glauben wünscht.:rolleyes:

Das AT ist im wesentlichen der jüdische 'Tannach' und hat mit Jesu' Lebensgeschichte nix zu tun - diese befindet sich ausschließlich im NT.
Der Gottesbegriff des frühen AT (die fünf Bücher Mose) ist noch "ganzheitlich", die dualistische Teilung in Gott <-> Teufel fand erst später (Einfluss des persischen Zarathustrismus) statt.
 
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Sylvana

Dark Princess
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@Gala: kann es sein dass du da etwas voreilig bist? Es mag ja sein dass
Diskussionen zu diesem Thema unproduktiv sein können - das heisst doch
allerdings nicht dass unsere das ebenso sein muss, oder?!;)

(auch @Elanor)

Und "sinnlos" würde ich sie schon gar nicht nennen, es lässt sich nicht
ignorieren: gerade wenn wir über den "Sinn des Lebens" sprechen ist das
Christentum für uns, die wir mit den Werten und Bildern dieser Religion -
bewusst oder unbewusst - gross geworden sind, ein wesentlicher
Baustein für eine solche Diskussion, basieren doch - wie Hank bereits
angedeutet hat - weite Teile unserer Glaubenssätze darauf.

Gala, die Behauptung: "Das Christentum ist die Bergpredigt" ist so
sicherlich grob unsachlich. Wie Azariel schon angeführt hat: wo bleibt da
der Rest? Die Bergpredigt umfasst gerade mal ein par Seiten in einem mehr
als tausendseitigen Buch. Die Predigten von Pfarrern handeln von weit
mehr als nur von der Bergpredigt (und dabei ignorieren sie noch
wesentliche Teile, die, wären sie Inhalt einer Predigt die Leute
scharenweise aus den Kirchen treiben würden!). Die Bergpredigt wäre so
für sich auch kaum in den vom Christentum gewählten Kontext zu bringen:
Der leidende Sohn Gottes, der durch sein Leid die Welt errettet, das ist wie
gesagt eine Botschaft die erst Paulus konsequent in den christlichen
Glauben eingebracht hat. Die "Legitimation" Jesu, die Wurzeln aus denen
man herleitet, dass er der Messias sei liegen im alten Testament. Man
KANN also nicht einfach so Dinge aus dem Zusammenhang reissen und
ignorieren, dass es den Rest der Bibel gibt.

Das einzige was ich sehen kann ist, dass man einzelne Passagen der Bibel
für sich als wertvoll erachtet - was sie tatsächlich auch sein können. Das
hat jedoch dann mit "Christ sein" und "an die Bibel glauben" wenig zu tun!

@Malik: auf die Fahnen geschrieben haben sie es sich - doch bitte sage
mir: wo - ausser in Einzelfällen - wurde von der Christenheit je konsequent
danach gehandelt?

Malik, wir haben in der Bibel ein Volk, dass mordend und brandschatzend
durch die Welt zog und im Auftrage eines zornigen Gottes alles
auszurotten gedachte, was sich ihm in den Weg gestellt hat!

-> Gott befiehlt die Ausrottung anderer Völker:

5. Mose, 7

1Wenn dich der HERR, dein Gott, ins Land bringt, in das du kommen wirst,
es aeinzunehmen, und er ausrottet viele Völker vor dir her, die Hetiter,
Girgaschiter, Amoriter, Kanaaniter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter, sieben
Völker, die größer und stärker sind als du, 2und wenn sie der HERR, dein
Gott, vor dir dahingibt, daß du sie schlägst, so sollst du an ihnen den Bann
vollstrecken. Du sollst keinen Bund mit ihnen schließen und keine Gnade
gegen sie üben.

-> Gott macht klar was geschieht wenn man sich widersetzt:

3. Mose, 26

13Denn ich bin der HERR, euer Gott...
...14Werdet ihr mir aber nicht gehorchen und nicht alle diese Gebote tun...
...16so will auch ich euch dieses tun: Ich will euch heimsuchen mit
Schrecken, mit Auszehrung und Fieber, daß euch die Augen erlöschen und
das Leben hinschwindet...
...18Wenn ihr mir aber auch dann noch nicht gehorcht, so will ich euch noch
weiter strafen, siebenfältig, um eurer Sünden willen,...
...22Und ich will wilde Tiere unter euch senden, die sollen eure Kinder
fressen und euer Vieh zerreißen und euch vermindern, und eure Straßen
sollen verlassen sein....
...29daß ihr sollt eurer Söhne und Töchter Fleisch essen....
...und will eure Leichname auf die Leichname eurer Götzen werfen und
werde an euch Ekel haben.

(Ich hab das alles mal stark gekürzt - eine endlose Kette von barbarischen
Drohungen eines offenbar blutrünstigen Gottes!)

-> Und das Volk Israel gehorcht:

5. Mose, 2

34Da nahmen wir zu der Zeit alle seine Städte ein und vollstreckten den
Bann an allen Städten, an Männern, Frauen und Kindern, und ließen
niemand übrigbleiben. 35Nur das Vieh raubten wir für uns und die Beute
aus den Städten, die wir eingenommen hatten.

-> Und auch Mose ist nicht wirklich nett:

4. Mose, 31

14Und Mose wurde zornig über die Hauptleute des Heeres, die Hauptleute
über tausend und über hundert, die aus dem Feldzug kamen, 15und
sprach zu ihnen: Warum habt ihr alle Frauen leben lassen?...
...17So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle
Frauen, die nicht mehr Jungfrauen sind; 18aber alle Mädchen, die
unberührt sind, die laßt für euch leben.

(Und dieser Mensch - Mose - wird von nahezu allen Christen noch als Held
Vorbild dargestellt!)

(@Gala: Ich sehe hier bei alledem wenig Spielraum für eine
Fehlinterpretation!)

Der Punkt ist, Malik, es waren eben nicht nur die Kreuzzüge - wenn es
doch wirklich nur die Kreuzzüge gewesen wären! Das Christentum hat sich
IMMERSCHON an das gehalten, was o. g. Bibelzitate besagen:

Bereits in den ersten Jahrhunderten, nachdem Konstantin das Christentum
zur Staatsreligion machte, sind im römischen Reich ein vielfaches mehr
an "Heiden" ihres Glaubens willen getötet worden als je Christen verfolgt
wurden!

Wir haben die "Christianisierung" der Völker Europas - und wenn manch
ein Geschichtsbuch schreibt "Karl der Grosse brachte ihnen das
Christentum", so ist diese Verniedlichung blanker Hohn! Wer sich nicht
bekehren liess wurde verfolgt und getötet - so einfach war das!

Wir haben natürlich die Kreuzzüge!

Wir haben die Christianisierung Afrikas - die nicht wirklich freundlicher war,
als die Europas!

Wir haben die Ausrottung indianischer Stämme - Berichte von christlichen
(!!!) Beobachtern sprechen z. T. davon dass die Zahl der Bewohner manch
einer Karibikinsel innerhalb von nur wenigen Jahren auf zehn Prozent
reduziert wurde!

Wir haben den ersten Weltkrieg, wo sich christliche Institutionen und
Menschen vehement für einen Krieg aussprachen!

Wir haben den zweiten Weltkrieg, wo noch 1942 ein Kardinal Faulhaber
Hitler zu seinen Erfolgen gratuliert und weiterhin Gottes Segen wünscht.

Und glaubst du denn wirklich die Judenverflogung war Hitlers Idee?

Was wäre, wenn ich dich um Rat Fragen würde, ob ich einen Glauben
annehmen sollte mit dessen Rechtfertigungen und Argumenten mehr Juden
ermordet und diskriminiert wurden, mehr Pogrome veranstaltet wurden,
als Hitler es je tun konnte? Was wenn ich dich fragen würde ob es sinnig ist
einer Institution beizutreten deren Begründer und Würdenträger so brutal
gegen Juden gehetzt haben, dass sich sogar ein Julius Streicher im NS-
Verbrecher-Prozess in Nürnberg kaltlächelnd darauf berufen konnte?

Adolf Hitler:

"Ich tue nur, was die Kirche seit fünfzehnhundert Jahren tut, allerdings
gründlicher." (Aus "Mein Kampf" )

Martin Luther in "Von den Juden und ihren Lügen", 1543:

"Ich will meinen treuen Rat geben: Erstlich, dass man ihre Synagogen und
Schulen mit Feuer anstecke, und, was nicht verbrennen will, mit Erde
überhäufe und beschütte, daß kein Mensch einen Stein oder Schlacke
davon sehe ewiglich. Und solches soll man tun unserem Herrn und der
Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien..."

Die Katholiken waren nicht besser:

"Juden müssen an ihrer Kleidung ein Unterscheidungszeichen tragen..."
(4. Laterankonzil 1215) (das war also auch keine Idee von Hitler!)

"Juden dürfen nur noch in Judenvierteln wohnen." (Synode zu Breslau, 1267)

"Auch darin begeht die Kirche kein Unrecht, dass sie, da die Juden Sklaven
der Kirche sind, über deren Güter verfügen kann." (Thomas von Aquin, Summa theologiae)

Es ist strenge Gewissenspflicht eines jeden Christen, das entartete
Judentum zu bekämpfen. (Bischof Gföllner von Linz, 20. Jh.)

"Ich wünsche dem Führer nichts sehnlicher als einen Sieg."
(Papst Pius XII.)

"Wir verkennen manches Gute der neuen Weltanschauung (der Nazis)
nicht. Wir finden aber beim näheren Zusehen, dass es in ihrem Besten
Kopie des Christentums ist." (Der Erzbischof von Freiburg Konrad Gröber
an den Papst, 1944)

Würdest du mir wirklich empfehlen dieser Religion zu folgen? Würde es
etwas ändern, wenn sich diese Religion nun als geläutert erklärt und sagt:
das war alles nur ein Missverständnis? Würdest du es tun, wenn sie nach
wie vor auf ein Buch verweist, das zu solchen Greueltaten aufruft?

Seit das Christentum über Macht verfügt, hat es sich konform dem
gegenüber verhalten was in der Bibel vorherrscht - und das ist nun einmal
nicht die Bergpredigt!

DAS ist es im übrigen was ich meine, wenn ich sage, das Christentum hat
sich getreu der Bibel verhalten! Worin unterscheiden sich obige Bibelstellen
von dem, was das Christentum daraus gemacht hat?!
Es mag Menschen geben, die sich tatsächlich an der Bergpredigt
orientieren - doch diese sind bei weitem in der Minderheit! mit dem
Christentum hat das deshalb wenig gemein!

Die Bergrpedigt und andere Stellen sind lediglich das was man gerne
herzeigt - gehandelt wird nach dem alten Testament, nach Paulus, e.t.c.

Und wir haben es jetzt wieder hoch aktuell: Im Namen des Gottes der
Liebe (der sich selbst ja nie so bezeichnet hat!), mit der Bibel in der Hand
und auf sie gestützt führt ein Mann Krieg - gegen den Terror wie er sagt,
doch mit Mitteln dem Terror gleichkommen!

DAS ist in meinen Augen die Gefahr, wenn man leichthin sagt: die
Christentum ist nur die Bergpredigt - die Bergpredigt ist nur der Schafspelz,
in dem sich der Wolf verbirgt!

Ich könnte jetzt noch weitere Dinge anführen...

...die Diskriminierung von Frauen und Andersdenkenden, die auf Paulus
zurückführt

...die jahrundertelange Blockade von Forschung und Wissenschaft, deren
Rechtfertigung wir ebenfalls in der Bibel finden

...das Leid, das hervorgerufen wird durch irrationale Glaubenssätze des
Christentums

...aber ich denke ich hab erstmal genug geschrieben:)

@CAS: Super! Ich les grad noch, ich finde es gut wie du argumentierst - Antwort kommt später...
 
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Mumme

Verhüllter Enthüller
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Also es scheint, ich muss mich doch nochmal äußern, obwohl ich das eigentlich nicht wollte. Was wollte ich mit dem Text? 1. Von der albernen Christentum-Diskussion wegführen um vielleicht doch nochmal auf den Kern der ursprünglichen Frage zurückzukommen und vielleicht auch ein bisschen mehr Tiefe hereinzubringen (obwohl ich nicht glaube, dass es Ocard um Tiefe ging). Das ist mir nicht gelungen. 2. Einen anderen Standpunkt, weg von dem "Es gibt keinen Sinn des Lebens, sondern nur einen Sinn im Leben und diesen muss man dem Leben selber geben."-Konsenz, aufzeigen. Das ist mir scheinbar ebenfalls nicht gelungen.

Die Kernaussage des Textes liegt für mich im letzten Satz, und dort hat er seine Verknüpfung mit dem Topic. Eigentlich wollte ich spontan einen anderen Text von Krishnamurti hier herein stellen: Die Frage "Gibt es etwas Heiliges? Etwas das unabhängig vom einzelnen Menschen, von seiner gesellschaftlichen und religiösen Konditionierung, heilig ist?" Nur die Frage bzw. die Aufforderung diese Frage zu stellen und für sich zu beantworten. Das ist zumindest für mich sehr eng verknüpft mit dem Sinn des Lebens. Leider hab ich den Text nicht im Netz gefunden und bin zu faul ihn abzutippen.
Der obige Text ist also in gewisser Weise ein Notbehelf und weder bin ich Krishnamurti-Jünger noch esoterisch durchgeknallt (hoffe ich zumindest) noch will ich behaupten den Text überhaupt vollständig verstanden zu haben.
Trotzdem war meine Intention, den hier vorgebrachten, zumeist rationalen und irgendwie so abgeklärt abgestanden Argumenten und Meinungen etwas anderes vor den Latz zu knallen. Getroffen habe ich nicht.

Nun noch die Antworten:

@Sol
Es ging um den psychischen Tod. Und dieser war (alles folgende nur so, wie ich es verstehe) als eine Metapher für das loslassen alles Gewesenen gemeint. Krishnamurti spricht von Konditionierungen, die uns durch die Gesellschaft unser bisheriges Leben, selbst unsere Gene usw. auferlegt sind. Die Frage ist, kann man all dies loslassen? Kann man wenigstens einen Moment, frei von allen Konditionierungen sein, all das Wollen und Wünschen, all die Verletzungen und Bewertung weglassen? Es geht nicht um Kaspar Hauser, es geht um das bewusste (rein psychische) hinter sich lassen aller Konditionierung. Und wenn das gehen sollte, was bleibt dann?
Nicht das ich eine Antwort wüsste. Es geht darum, die Fragen zu stellen.

Wenn ich sagen würde "Man soll im Augenblick leben und nicht im Gestern oder Morgen.", würden hier alle ergeben nicken. Nur was heisst das genau? Und ist es wirklich möglich, absolut, kompromißlos?

@Ice
Ich glaube, Du hast es erfasst, genau das ist die Frage:
Leben minus Job minus Familie minus Geld minus Wissen/Erfahrungen = 0?

Edit:
Oh, ich sehe, ich hab mal wieder zu lange getippt und mein Text hat sich erübrigt. :rolleyes:
 
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Sol

Mönch/Assassine
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Die Frage ist, kann man all dies loslassen? Kann man wenigstens einen Moment, frei von allen Konditionierungen sein, all das Wollen und Wünschen, all die Verletzungen und Bewertung weglassen? Es geht nicht um Kaspar Hauser, es geht um das bewusste (rein psychische) hinter sich lassen aller Konditionierung. Und wenn das gehen sollte, was bleibt dann?

Das würde aber bedeuten Mumme sich aber auch vor allen Herausforderungen und Erfahrungen des Lebens zu drücken und *das* ist für mich das Negative daran.
Er scheint mir ein Mann zu sein der zuviel Angst vor dem Schicksal hat. Man muss Freud und Leid akzeptieren sie gehören zum Leben dazu.

Derjenige, der glaubt zu 100 % frei zu sein ist ein träumerischer Idealist es wird keine *absolute* Freiheit geben. Allein schon durch das Alter, die Naturgesetze und die Physik wird man in gewissen Maße eingeschränkt. Und ob Anarchie zum Beispiel auch erstrebenswert wäre, glaube ich eher nicht, obwohl man auch in einer kurzzeitigen Anarchie *nicht wirklich* frei wäre !
 
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