Chinasky
Dirty old man
- Registriert
- 01.10.1999
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Aufhören!!!!
Es ist mir irgendwie peinlich, daß hier nun die x-te Version der "was ist Christentum und wer liest die Bibel richtig und stimmt da die Grammatik überhaupt?"-Diskussion zustande kommt, nur, weil ich mal kurz angerissen hatte, daß eine bestimme Art, Ethik zu begründen, aus einer "christlichen Denktradition" stamme. Das artet immer so offtopic-mäßig aus. Es ist so billig, den Christen (oder denen, denen man vorwirft, sich nur solche zu nennen, es aber gar nicht zu sein) irgendwelche Inkonsequenzen in ihrem Glauben und ihrem Handeln oder in beidem vorzuhalten. Vor allem dann, wenn dies gar nicht der Tagesordnungspunkt ist.
Ich scheine übrigens in meiner Verwendung des Begriffes "christliche Denktradition" auch immer noch nicht verstanden worden zu sein. Es geht hier darum, einen bestimmten Ideen-Komplex mit einem einzigen Wort einzukreisen, den man allemein als "christlich" versteht. Wenn man mal in Ruhe über ethische Fragen sprechen möchte, dann muß man sich frei machen von den jeweiligen persönlichen Aversionen und Allergien. Man darf nicht sofort Schreikrämpfe kriegen, wenn jemand sozialistischen oder darwinistischen oder christlichen oder buddhistischen oder rationalistischen oder sonstigen Ideenkomplexen auch positive Aspekte zuerkennt. Die Idee, daß ein Gott sich für die Menschen opfert und töten läßt, ist mir sonst aus keiner anderen Kultur bekannt. Ob es sich nun um eine historische Wahrheit handelt, daß tatsächlich dieser Jesus ein Gottessohn war und sich aus den angeführten Gründen opferte usw. - alles vollkommen egal in diesem Zusammenhang. Es ging gar nicht um historical correctness. Es ging um die Idee! Ein eindringlicheres Bild für ein aus Mitleid motiviertes moralisches Handeln findet sich nirgends.
Um mal wieder zum Ausgangspunkt zurückzukommen: Elanor kennzeichnete diese Welt als "krank" - und Ocard überlegte, daß, wenn man diese Welt als krank bezeichne, man sie ja wohl verachten müsse. Das ist eine mögliche Schlussfolgerung: Solidarität nur mit dem Starken, Gesunden, Guten, Erfeulichen, denn da will man dazugehören. Eine andere Schlussfolgerung wäre diejenige, mit dieser kranken Welt Mitleid zu empfinden und dementsprechend moralisch zu handeln. Für diese ethische Überlegung findet sich als klarstes und am weitesten gehendes Bild dasjenige des Gottessohnes, der zur Erlösung/Genesung/Rettung/Verbesserung der Welt sich selbst opfert. Egal, was sonst noch in der Bibel steht! Sogar egal, ob es so überhaupt in der Bibel steht. Und egal, wieviele Christen sich diesem Bild/Ideal entsprechend verhalten. Alles egal, egal, egal! *grummel*
Es geht darum, zu überprüfen, woher unsere Einstellungen und Gedanken über diese Welt herkommen. Denn aus der geistigen Leere zündet nicht die Erleuchtung in uns, sondern es gibt da geistige "Ideenräume", in denen wir aufwachsen, und deren Klima uns in unserem Denken beeinflußt.
Daß eine Solidarität mit den Schwachen wichtig sei, war ja nicht zu allen Zeiten und überall die vorherrschende Meinung. Ich denke da z.B. an die Kultur der Spartaner, ich denke an die Unkultur der Nazis, ich denke aber auch an die römische oder die ägyptische Kultur. Auch die Nazis hatten ja ihre eigene Art von Ethik. Über welche wir heute nur noch verständnislos den Kopf schütteln können. Aber sie hatten eine Begründung für ihr (un-) moralisches Handeln, ihre Blut- und Boden-Ideologie.
Eine andere Begründung für moralisches Handeln kann z.B. der Patriotismus sein. Right or wrong - my country - das ist eine mögliche Handelsmaxime.
Wieder eine andere Handelsmaxime ist diejenige, die in dem von Mumme zitierten Text mitschwingt: Nichts ist wichtig im Leben, als das richtige Verständnis und der richtige Umgang mit dem Tod. Mache Dich von allem frei, weil alles irrelevant ist ausser dem Nicht-Sein.
Ich muß übrigens Elanor zustimmen, daß zumindest dieser Text mir sehr dumm erscheint, ein schwurmelndes Schwafeln, grammatikalisch und orthographisch eine einzige Katastrophe - was mich immer sehr mißtrauisch macht. Leute, die sich unverständlich ausdrücken, haben meist auch ungeordnete Gedanken. Allerdings gibt es freilich eine Denk-Tradition, deren Umfeld Würfelpech schon mit seiner "nihilistischer Buddhismus"-Einordnung andeutet. Nämlich jene auf "Erleuchtung" angelegten Philosophien, die daran kranken, daß sie keine nachvollziehbar-verständlichen metaphysischen Systeme errichten, sondern ganz auf das nicht durch Worte vermittelbare mystische Erleuchtetwerden abzielen. Ob da die Hinduisten vom Nirwana schwärmen, oder Derwische einer mystizistischen Form des Islam nachtanzen, ob Zen-Buddhisten über das Geräusch der einzelnen Hand beim Klatschen nachsinnen oder mittelalterlich-jungfräuliche "Bräute Jesu" sich beim Singen ekstatischer Liebeslieder nass machen - jedesmal geht es darum, die Grenzen des vernünftigen Denkens zu überwinden, häufig auch mit ganz konkreten körperlichen Übungen (Tanz, Gesang, Yoga, kontrolliertes Atmen oder Liegen auf dem Nagelbrett oder Bogenschießen). Sehr häufig spielt dabei das Nicht-Sein (vulgo: der Tod) eine zentrale Rolle, weil es nun mal die Antithese zu allem ist, was wir sonst so kennen. Wenn über solche Dinge geredet wird, bleiben paradoxe Formulierungen nicht aus, denn eigentlich kann man über das Unsagbare ja nichts sagen, außer Widersprüchlichem.
Leider ist nicht jedes Paradoxon gleichzeitig von kaum auslotbarer philosophischer Tiefe, und nicht jeder, der sich mit Yogaübungen die Rückenbeschwerden lindert, hat dadurch auch gleich Einblicke in das Wesen des Lebens an sich gewonnen...
Mir persönlich ist der hier zitierte Text von Jiddu Krishnamurti allzu chaotisch und unverständlich, er macht mich vor allem kein bißchen neugierig, noch mehr zu hören von diesem Kerl.
edit: Die Erläuterungen, die Mumme jetzt nachträglich zu dem von ihm zitierten Text bringt, sind wesentlich interessanter als der Text selbst! Von diesem Kerl (Mumme) höre ich mir gern mehr an.
Nachtrag @Sylvana: All die Vorwürfe, die in Deinem letzten Post an das Christentum gemacht werden, sind natürlich begründet. Allerdings kann man jeder "großen Idee" ähnliche Vorwürfe machen, ich denke da jetzt z.B. an die kommunistischen/sozialistischen Ideen. Wie weit eine Lehre pervertiert wird durch ihre Anhänger, wird wohl leider vor allem dadurch definiert, wie mächtig und durchsetzungsstark diese Anhänger sind. Ich glaube, dies ist die einzige Konstante in der Menschheitsgeschichte: Daß die Mächtigen und Starken sich nach Kräften bemühten, den Schwächeren und Ohnmächtigen das Leben zur Hölle zu machen. Ganz egal, welcher Religion oder sonstigen Ideologie sie gerade anhingen.
Weswegen sich die interessantesten Fragestellungen der Ethik zu einem Gutteil darauf konzentrieren, wie Machtmißbrauch zu verhindern sei.
Es ist mir irgendwie peinlich, daß hier nun die x-te Version der "was ist Christentum und wer liest die Bibel richtig und stimmt da die Grammatik überhaupt?"-Diskussion zustande kommt, nur, weil ich mal kurz angerissen hatte, daß eine bestimme Art, Ethik zu begründen, aus einer "christlichen Denktradition" stamme. Das artet immer so offtopic-mäßig aus. Es ist so billig, den Christen (oder denen, denen man vorwirft, sich nur solche zu nennen, es aber gar nicht zu sein) irgendwelche Inkonsequenzen in ihrem Glauben und ihrem Handeln oder in beidem vorzuhalten. Vor allem dann, wenn dies gar nicht der Tagesordnungspunkt ist.
Ich scheine übrigens in meiner Verwendung des Begriffes "christliche Denktradition" auch immer noch nicht verstanden worden zu sein. Es geht hier darum, einen bestimmten Ideen-Komplex mit einem einzigen Wort einzukreisen, den man allemein als "christlich" versteht. Wenn man mal in Ruhe über ethische Fragen sprechen möchte, dann muß man sich frei machen von den jeweiligen persönlichen Aversionen und Allergien. Man darf nicht sofort Schreikrämpfe kriegen, wenn jemand sozialistischen oder darwinistischen oder christlichen oder buddhistischen oder rationalistischen oder sonstigen Ideenkomplexen auch positive Aspekte zuerkennt. Die Idee, daß ein Gott sich für die Menschen opfert und töten läßt, ist mir sonst aus keiner anderen Kultur bekannt. Ob es sich nun um eine historische Wahrheit handelt, daß tatsächlich dieser Jesus ein Gottessohn war und sich aus den angeführten Gründen opferte usw. - alles vollkommen egal in diesem Zusammenhang. Es ging gar nicht um historical correctness. Es ging um die Idee! Ein eindringlicheres Bild für ein aus Mitleid motiviertes moralisches Handeln findet sich nirgends.
Um mal wieder zum Ausgangspunkt zurückzukommen: Elanor kennzeichnete diese Welt als "krank" - und Ocard überlegte, daß, wenn man diese Welt als krank bezeichne, man sie ja wohl verachten müsse. Das ist eine mögliche Schlussfolgerung: Solidarität nur mit dem Starken, Gesunden, Guten, Erfeulichen, denn da will man dazugehören. Eine andere Schlussfolgerung wäre diejenige, mit dieser kranken Welt Mitleid zu empfinden und dementsprechend moralisch zu handeln. Für diese ethische Überlegung findet sich als klarstes und am weitesten gehendes Bild dasjenige des Gottessohnes, der zur Erlösung/Genesung/Rettung/Verbesserung der Welt sich selbst opfert. Egal, was sonst noch in der Bibel steht! Sogar egal, ob es so überhaupt in der Bibel steht. Und egal, wieviele Christen sich diesem Bild/Ideal entsprechend verhalten. Alles egal, egal, egal! *grummel*
Es geht darum, zu überprüfen, woher unsere Einstellungen und Gedanken über diese Welt herkommen. Denn aus der geistigen Leere zündet nicht die Erleuchtung in uns, sondern es gibt da geistige "Ideenräume", in denen wir aufwachsen, und deren Klima uns in unserem Denken beeinflußt.
Daß eine Solidarität mit den Schwachen wichtig sei, war ja nicht zu allen Zeiten und überall die vorherrschende Meinung. Ich denke da z.B. an die Kultur der Spartaner, ich denke an die Unkultur der Nazis, ich denke aber auch an die römische oder die ägyptische Kultur. Auch die Nazis hatten ja ihre eigene Art von Ethik. Über welche wir heute nur noch verständnislos den Kopf schütteln können. Aber sie hatten eine Begründung für ihr (un-) moralisches Handeln, ihre Blut- und Boden-Ideologie.
Eine andere Begründung für moralisches Handeln kann z.B. der Patriotismus sein. Right or wrong - my country - das ist eine mögliche Handelsmaxime.
Wieder eine andere Handelsmaxime ist diejenige, die in dem von Mumme zitierten Text mitschwingt: Nichts ist wichtig im Leben, als das richtige Verständnis und der richtige Umgang mit dem Tod. Mache Dich von allem frei, weil alles irrelevant ist ausser dem Nicht-Sein.
Ich muß übrigens Elanor zustimmen, daß zumindest dieser Text mir sehr dumm erscheint, ein schwurmelndes Schwafeln, grammatikalisch und orthographisch eine einzige Katastrophe - was mich immer sehr mißtrauisch macht. Leute, die sich unverständlich ausdrücken, haben meist auch ungeordnete Gedanken. Allerdings gibt es freilich eine Denk-Tradition, deren Umfeld Würfelpech schon mit seiner "nihilistischer Buddhismus"-Einordnung andeutet. Nämlich jene auf "Erleuchtung" angelegten Philosophien, die daran kranken, daß sie keine nachvollziehbar-verständlichen metaphysischen Systeme errichten, sondern ganz auf das nicht durch Worte vermittelbare mystische Erleuchtetwerden abzielen. Ob da die Hinduisten vom Nirwana schwärmen, oder Derwische einer mystizistischen Form des Islam nachtanzen, ob Zen-Buddhisten über das Geräusch der einzelnen Hand beim Klatschen nachsinnen oder mittelalterlich-jungfräuliche "Bräute Jesu" sich beim Singen ekstatischer Liebeslieder nass machen - jedesmal geht es darum, die Grenzen des vernünftigen Denkens zu überwinden, häufig auch mit ganz konkreten körperlichen Übungen (Tanz, Gesang, Yoga, kontrolliertes Atmen oder Liegen auf dem Nagelbrett oder Bogenschießen). Sehr häufig spielt dabei das Nicht-Sein (vulgo: der Tod) eine zentrale Rolle, weil es nun mal die Antithese zu allem ist, was wir sonst so kennen. Wenn über solche Dinge geredet wird, bleiben paradoxe Formulierungen nicht aus, denn eigentlich kann man über das Unsagbare ja nichts sagen, außer Widersprüchlichem.
Leider ist nicht jedes Paradoxon gleichzeitig von kaum auslotbarer philosophischer Tiefe, und nicht jeder, der sich mit Yogaübungen die Rückenbeschwerden lindert, hat dadurch auch gleich Einblicke in das Wesen des Lebens an sich gewonnen...
Mir persönlich ist der hier zitierte Text von Jiddu Krishnamurti allzu chaotisch und unverständlich, er macht mich vor allem kein bißchen neugierig, noch mehr zu hören von diesem Kerl.
edit: Die Erläuterungen, die Mumme jetzt nachträglich zu dem von ihm zitierten Text bringt, sind wesentlich interessanter als der Text selbst! Von diesem Kerl (Mumme) höre ich mir gern mehr an.
Nachtrag @Sylvana: All die Vorwürfe, die in Deinem letzten Post an das Christentum gemacht werden, sind natürlich begründet. Allerdings kann man jeder "großen Idee" ähnliche Vorwürfe machen, ich denke da jetzt z.B. an die kommunistischen/sozialistischen Ideen. Wie weit eine Lehre pervertiert wird durch ihre Anhänger, wird wohl leider vor allem dadurch definiert, wie mächtig und durchsetzungsstark diese Anhänger sind. Ich glaube, dies ist die einzige Konstante in der Menschheitsgeschichte: Daß die Mächtigen und Starken sich nach Kräften bemühten, den Schwächeren und Ohnmächtigen das Leben zur Hölle zu machen. Ganz egal, welcher Religion oder sonstigen Ideologie sie gerade anhingen.
Weswegen sich die interessantesten Fragestellungen der Ethik zu einem Gutteil darauf konzentrieren, wie Machtmißbrauch zu verhindern sei.
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