Zum Elfmeter: Dazu gibt es eben den Strafraum, dass, wer es da rein schafft, eben als Angreifer in besonderer Weise geschützt ist. Das ist der ganze Sinn dieses Kreidestrichs (und die Erlaubnis an den Torwart, dort seine Hände einzusetzen). Wer als Verteidiger einem Angreifer, der diese Linie überschritten hat, am Trikot zieht, riskiert klar einen Elfmeter. Wenn der Stürmer fällt, und der Schiedsrichter annehmen muss, dass das Ziehen dazu einen maßgeblichen Beitrag geleistet hat, muss er pfeifen. Ob Super Mario sich nicht hätte "sportlicher" verhalten können, und sich mit seiner Kraft hätte losreißen und um den Ball fighten können, ist eine andere Frage. Es liegt tatsächlich im Ermessen des Stürmers, ob er das Angebot eines möglichen Elfmeters annimmt oder nicht. Da Götze keine 100%ige Chance auf dem Fuß hatte, der Trikotgriff aber klar genug war, hat er das gemacht, was seiner Mannschaft in diesem Falle am dienlichsten sein dürfte: Umfallen. Pfiff, Elfer, gelbe Karte für den Verteidiger: alles regelkonform.
Portugal damit bereits doppelt in der Defensive, denn sie waren danach nicht nur im Rückstand, sondern auch bereits früh mit Pereira mit einem verwarnten Verteidiger belastet. Ein verwarnter Stürmer ist nicht so schlimm, weil der selten in die Lage kommt, Foul spielen zu
müssen. Für den Verteidiger ist das aber oft eine Pflichtaufgabe, wenn ein Angriff anders nicht zu unterbinden ist, dann droht aber (gerade, wenn der Schiri das als "taktisches" Foul erkennt) die Gelbrote Karte. Ein Verteidiger, der mit angezogener Handbremse spielt, ist aber ein echtes Risiko, und man muss überlegen ihn auszuwechseln, wenn er so früh schon Gelb sieht. Will man so früh aber nicht, weil es das taktische und notwendige Wechselkontingent (Verletzung...) reduziert. Insofern: es war eine Riesendummheit von Pereira, Götze an/in das Trikot zu greifen, ihn laufen zu lassen wäre wohl das geringere Risiko gewesen. Nochmal: sympathisch finde ich eigentlich auch die Stürmer, die sich von zwei klammernden Armen und drei zupfenden Händen losreißen, über vier gestellte Beine springen und unbedingt das Tor selber machen wollen. Aber hier sind eben Profis am Werk und keine Amateure, die Partie war jung, und es gab die Chance gleich ganz früh einen entscheidenden Vorteil geschenkt zu bekommen - und das bei der mörderischen Hitze. Wäre edel, aber nicht clever gewesen, das auszuschlagen.
Zu Pepe braucht man deshalb im Prinzip gar nichts mehr zu sagen. Natürlich nahm er Götze das aus seiner Sicht "unsportliche" Verhalten übel, und Müller womöglich auch sein Tor, Hummels sowieso, hat Wedge ja schon treffend bemerkt. Ein guter Verteidiger, so könnte man meinen, muss es auch persönlich nehmen, wenn seine Mühen so wenig bringen, dass seine Mannschaft 0:2 hinten liegt. Trotzdem: Im Zweikampf (auch um den Ball) bleibt die Hand unten. Da oben, wo er Müller getroffen hat, hat die Hand absolut nichts zu suchen, und selbst wenn er ihne versehentlich getroffen haben sollte (was man nur bei gutem Willen annehmen kann), ist es klar Foul und auch ziemlich klar Gelb (bei Absicht zwingend Rot).
Natürlich war Müllers Schmerz-Geste auch genau dafür gedacht: Portugals zweiten, durchaus rüden Verteidiger auf die Gelbliste zu setzen. Ds schont die Knochen ungemein. In dieser Situation so zu tun, als hätte Pepe gar nicht getroffen, und sei eigentlich gar nichts passiert wäre zwar irgendwie "sportlich" aber spieltaktisch eine Dummheit gewesen. Der Schiedsrichter ist Profi genug, zu wissen, dass der Stürmer hier die Gelbe Karte nonverbal einfordert, und muss selber entscheiden, ob Pepe wirklich die Hand oben oder Müller den Kopf unten hatte (klare Sache) und ob er ihn wirklich getroffen oder nur gestreift hat (auch klare Sache).
Genau das weiß Pepe, weiß dass Pereira schon Gelb hat, Portugal zwei Tore hinten liegt, und dann zwei verwarnte Verteidiger nach 30 Minuten eine zusätzliche Hypothek darstellen, die gerade bei dem durch den Rückstand notwendigen Angriffsspiel mit damit verbundener Konteranfälligkeit große Risiken birgt. Daher ist die Schmerzgeste von Müller wirklich gefährlich und entweder er dreht wirklich jetzt schon durch, weil er einfach frustriert und wütend ist, wie momentan alles gegen ihn und sein Team läuft, oder er versucht tatsächlich Müller zu provozieren, um den zwei gelben Karten der Verteidiger eine rote für den besten Stürmer der Gegenmannschaft etwas gleichwertiges entgegenzusetzen.
Wie auch immer, beim Kopfstoß ist nicht die Wucht entscheidend, ob sie den anderen mit Schädel-Hirntrauma blutend und bewusstlos auf dem Rasen zurücklässt, oder ob es nur ein Stupser ist. Es ist eindeutig eine Tätlichkeit bei ruhendem Ball, und dafür gibt es nur die rote Karte - und das völlig unabhängig davon, dass er die gelbe ja theoretisch schon gebucht hatte, und eine zweite Verwarnung auch zum Platzverweis geführt hätte. Tatsache ist: So sehr die deutsche Mannschaft nach diesem 4:0 über den grünen Klee gelobt wird - es waren grobe Dummheiten der portugiesischen Verteidiger, die das Spiel entschieden haben.
Weder der Schiedsrichter - noch, muss man wohl leider einräumen, Jogis brillante Taktik und das überragende Können der Spieler. Wenn bei der Bruthitze eine Mannschaft (selbstverschuldet nach zwei Standards) nullzwei hinten liegt, der eine Verteidiger gelbbelastet ist, der zweite rot vom Platz fliegt und der dritte verletzt herausgetragen wird, sorry, dann ist 4:0 nicht wirklich sensationell, sondern die logische Folge.
ZORA
EDIT: Nach einem desaströsen gestrigen Tag liege ich seit dem BRAMEX Nullnull auf der Poleposition. Mal sehen wie es weiter geht...