@Durin: Mach mal...
@Hexe Lisa: Selbstverständlich muß man Poppers "philosophisches Weltbild" teilen, wenn man sich auf ihn beruft. In der Wissenschaftstheorie tut man dies, soweit mir bekannt, heutzutage aber meistenteils. Und mein Diskussionsgegner versuchte, eine andere Teilnehmerin dadurch lächerlich zu machen, daß er ihr (tatsächlich nicht ganz korrektes) Verständnis von "Beweis" auseinandernahm. Sie behauptete, es gebe wissenschaftliche Aussagen, die beweisbar seien. Beispielsweise, daß Menschen nicht fliegen können, daß die Erde um die Sonne kreist und daß 2+2=4 seien.
Nun berief sich mein Diskussionsgegner auf die moderne Wissenschaftstheorie, die, laut Popper, eben nicht davon ausgeht, daß sich naturwissenschaftliche Aussagen beweisen lassen. Seine Argumentation lief dann so, daß nur, weil noch niemand einen Menschen habe fliegen sehen, dies noch kein Beweis für die prinzipielle Flugunfähigkeit von Menschen ist, und daß, nur weil noch niemals beim Zusammenzählen von 2 und 2 fünf herausgekommen sei,l 2+2=4 beweisbar ergäben.
Und damit vermischte er die Kategorien, denn ein auf einer (wie groß auch immer) Anzahl von Axiomen beruhendes logisches System ermöglicht es sehr wohl, innerhalb dieser Axiomatik Beweise für Aussagen zu finden. Im Rahmen der Mathematik ist also 2+2=4 eine absolut wahre Aussage, die bewiesen werden kann.
Die Absicht meines Diskussionsgegners war also (meiner Meinung nach) entweder, die Diskutantin zu verwirren, oder er hatte Popper (dessen Weltbild er übrigens gerade ablehnt) nicht verstanden.
Dein Beispiel mit dem Buddhisten und dem Katholiken, die über die Seele eines Neugeborenen streiten, ist insofern passend, als wir da in den jeweiligen Glaubens-Systemen allerdings die Möglichkeit haben, Aussagen zu beweisen und zu widerlegen - solange dies Glaubenssysteme auf
einander nicht widersprechenden Axiomen gegründet sind. Wenn dem so wäre, könnte ein Katholik durchaus - innerhalb seines Systems - gültige, d.h. wahre und beweisbare Aussagen über die Seele eines Neugeborenen machen, und der einzige Einwand dagegen bestünde darin, die Axiomatik des Systems abzulehnen mit besseren oder weniger guten Argumenten.
Allerdings hat der Katholik in Form der Theodizee ein weiteres Problem: Seine Axiome widersprechen sich logisch, d.h. sein System ist inkonsistent, sodaß sich in ihm Aussagen weder beweisen, noch widerlegen lassen. Deswegen versuchen Gläubige häufig, sich auf konkrete Erfahrungen mit ihrem Gott zu berufen, suchen also eine Ausflucht in der Arbeitsweise der empirischen Naturwissenschaften. Und da bekommen sie allerdings ein gewaltiges Problem mit Poppers Einsichten.