@Sir Darian:
Wie würdest Du es sehen, wenn einer Deine Arbeiten im Internet vervielfältigt, indem er beispielsweise damit seine Homepage schmücken würde?
Dein digitales Gut würde damit ja auch nicht weniger werden. Du hättest keinen Verlust - aber auch keinen Gewinn.
Wenn meine Arbeiten im Internet auf solche Weise vervielfältigt würden, sähe ich's als eine Art von Anerkennung. Ich bin mir bewußt, daß bei einem Bild, das ich uploade, sich jeder, der es im Web sieht, eine Kopie machen kann. Natürlich freue ich mich, wenn Leute mich fragen, ob sie eins meiner Bilder für irgendwas verwenden dürfen - das ist eine nette Geste und drückt die Anerkennung nicht nur für das Bild selbst, sondern auch für mich, den "Hersteller" aus.
Der Gewinn, den ich da habe, ist also ein ideeller, kein finanzieller. Stören würde mich ein Fall, wo jemand eine auf Profit ausgerichtete Website - meinetwegen eine Website, über welche Dinge verkauft werden - ungefragt mit meinen Bildern schmücken würde. Da wäre das Problem aber auch nicht so gravierend. Ich würde, falls ich davon mitkriege, einfach eine Email schicken mit der Bitte, meine Bilder nicht weiter zu verwenden, oder mir alternativ eben eine Nutzungsgebühr zu entrichten. Wenn es sich um die Website eines gaaanz kleinen Unternehmers handeln würde, wäre ich sicherlich auch damit zufrieden, daß einfach ein entsprechender Copyright-Verweis deutlich sichtbar auf seiner Seite fände.
Ich muß hier allerdings sagen, daß meine Art von geistigem Eigentum nur schwer mit dem geistigen Eigentum z.B. von Spieleherstellern oder Filmherstellern vergleichbar ist.
Die klassischen Kunstmaler haben sie ja nie dafür bezahlen lassen, daß die Leute ihre Bilder anguckten. Sondern da gibt es eben Auftraggeber oder Käufer ihrer Originale - die sind es, die zahlen. Und die haben dann auch das Original und können selbst entscheiden, ob sie's anderne Leuten zeigen, oder daheim im Lesezimmer verstecken.
Bei der anderen Art von Bildern, den digitalen Illustrationen, die ich anfertige, ist die Lage doch noch ziemlich vergleichbar mit Illustrationen aus analogen Zeiten. Da wurden die Illustratoren auch nicht von den Leuten bezahlt, die die Illus z.B. in einer Zeitschrift oder auf einem Werbeflyer sahen - sondern eben von den Auftraggebern. In der Regel handelt es sich da ja um Werbeillustrationen. Das unternehmerische Risiko liegt hier beim Auftraggeber. Der ist dann ja sogar daran interessiert, daß möglichst viele Menschen die Werbung sehen - die Werbeabteilungen freuen sich also eher, wenn die Werbung "kostenlos" von Betrachter zu Betrachter weitergereicht wird.
Insofern bin ich also nicht wirklich betroffen.
Das mit dem "geistigen Eigentum" ist so eine Sache. Ich bin da vielleicht ein bißchen naiv, vielleicht ein bißchen idealistisch - jedenfalls mag ich erstmal alle Entwicklungen, die der zunehmenden Durchkommerzialisierung unserer Gesellschaft entgegenlaufen. Ich gucke gern kostenlos Videos oder gute Artworks im Web an - und da ist es dann nur fair, wenn ich meinen kleinen Beitrag leiste und meine Bilder anderen zeige, die daran Freude haben.
( Was ich nicht tue, ist, jemandem kostenlos Bilder auf Bestellung zu malen. Wer also was bestimmtes will, muß zum Auftraggeber werden. Das weißt Du ja selbst am besten.
)
Geistiges Eigentum ist - jedenfalls wenn's auf dem weiten Gebiet des "Künstlerischen" gemeint ist - immer etwas, daß ohne Gesellschaft überhaupt nicht entstehen konnte. Künstler haben immer auf anderen Künstlern aufgebaut, auf Traditionen allgemein, oder indem sie mehr oder minder schamlos Ideen geklaut haben. Bei großen Genies wie Picasso gibt's darüber ganze Bücher, wo sie was wem geklaut haben. Künstlerische Produkte funktionieren nur im kulturellen Zusammenhang - die "Produktionsmittel" liegen somit gewissermaßen eh schon in der Hand der Gesamtgesellschaft. Eine Bildidee zu finden - das ist kein so großartiger Akt, darauf sollte man sich als Künstler nicht so viel einbilden. Die hat's so ähnlich garantiert schon mal gegeben.
Der Akt ist die praktische Realisierung. Also die Arbeitszeit, die man in das Malen steckt. Zu der werde ich als Künstler aber nicht gezwungen. Ich kann's ja auch lassen.
Dort, wo es ein Original gibt, werde ich vom Käufer des Originals für diese Arbeitszeit entlohnt (oder auch nicht, nämlich wenn ich keinen Käufer finde - das ist das unternehmerische Risisko). Bei der digitalen Illustration bekommt der Käufer dann - neben einer Datei in Originalauflösung
- weitgehend die Copyright-Rechte überschrieben, wenn er's denn möchte. Das ist alles per Vertrag regelbar.
Man kann zwar meine Idee klauen - aber die muß dann immer noch umgesetzt werden. Und das "Klauen" der Idee sehe ich ziemlich entspannt. Wenn mir jemand etwas im Gespräch erzählt, einen bestimmte Gedanken entwickelt - dann schenkt er mir diese Idee ja auch, und ich kann sie in einem anderen Zusammenhang weiterentwickeln. So funktioniert Kommunikation nun mal. Wollen wir uns demnächst für jede witzige Bemerkung bezahlen lassen? Bilder und Töne sind in meinen Augen vor allem Kommunikationsarten. Wer den Entschluß faßt, sich durch eine bestimmte Kommunikationsart seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, sollte sich der damit einhergehenden Risiken eben bewußt sein. Es ist kein göttliches Gesetz, daß man in der Film- oder Musikindustrie gutes Geld verdienen können muß.
Wo genau entstehen denn die hier besprochenen Probleme? In der Content-Industrie. Bei der Massenunterhaltung. Dort, wo Kulturgüter von den "Produzenten" nur noch unter dem wirtschaftlichen Aspekt gesehen werden. Dort, wo Kultur ohnehin durch die Vermassung den Menschen eigentlich entfremdet wird. Das mache ich niemandem zum Vorwurf. In der Massengesellschaft ist die Industrialisierung auch der Kultur zwangsläufig.
Aber: Das unternehmerische Risiko sollte bei den Produzenten liegen,
nicht bei der Gesamtgesellschaft. Das Risiko bei Massengütern wie z.B. einem Computerspiel liegt ja, wie wir merken, daran, daß nicht alle, die das Spiel spielen möchten, auch dafür bezahlen wollen. Es ist dann meiner Meinung nach das Recht der Produzenten, durch eingebauten Kopierschutz es den Leuten schwer zu machen, kostenlos an den Spielspaß zu kommen. Die Frage: Wie komme ich an mein Geld? - ist wesentlicher Bestandteil des unternehmerischen Denkens.
Warum aber soll den Unternehmern hier staatliche Hilfe zukommen? Sonst ist man doch gegen alle sozialistischen Bestrebungen - was ist es denn anders als Staatshilfe, wenn polizeilich gegen "Raubkopierer" vorgegangen wird, der Staat also zum Geldeintreiber der Contentindustrie wird?
Das Argument: "Wenn du dir's nicht leisten kannst, mußt du halt auf das Musikstück/das Spiel/den Film verzichten!" können wir alle nachvollziehen.
Warum dreht man das Argument aber nicht um und richtet es an die Contentindustrie? "Wenn ihr es nicht schafft, die Leute dazu zu motivieren, für den Content zu bezahlen - dann müßt ihr halt drauf verzichten, auf diesem Segment Geld zu verdienen!" Wenn die Contentindustrie es also nicht schafft, die Leute davon zu überzeugen, daß ihre Waren es wert sind, bezahlt zu werden, wenn sie keine (auch unter dem Communityaspekt) funktionierenden Kopierschütze entwickeln kann - dann hat sie halt Pech gehabt. Warum soll der Staat hier mit seiner Polizeimacht eingreifen, wo die unternehmerischen Ideen offensichtlich unzureichend sind?
Wollen wir das als Gesamtgesellschaft? Wollen wir kulturelle Monopolisierungen durch Polizeieinsatz unterstützen? Sind uns Massen- bzw. Großprojekte auf kulturellem Gebiet (wie z.B. teure Filmproduktionen oder Spielproduktionen) soo wichtig? Ist uns die Event-Kultur so wichtig, daß wir sie polizeilich schützen und damit große Teile unserer Gesellschaft potentiell kriminalisieren?
Wir müssen uns als Gesellschaft m.M.n. ganz genau überlegen, was wir schützen durch den Einsatz des staatlichen Gewaltmonopols. Ist uns das Privateigentum ein so hehrer Wert, daß wir Jugendliche, Studenten oder Sozialschwächere dafür massenweise verfolgen, wenn sie gegen diesen Wert verstoßen? Wessen
Interessen genau werden mit welcher Verhältnismäßigkeit hier geschützt?
Ich denke, es ist Sache der Produzenten, sich
vorher zu überlegen, wie sie mit einem Produkt Geld verdienen. Wie sie also die potentiellen Kunden dazu bewegen, ihre endlichen Ressourcen ausgerechnet für dieses bestimmte Produkt herzugeben. Es ist nicht Sache der Gesamtgesellschaft, diese Aufgabe zu übernehmen. Wenn der Kopierschutz nicht funktioniert, wenn das Vertriebsmodell nicht funktioniert - that's business! Unternehmerisches Risiko. Niemand wird gezwungen, in der Branche zu arbeiten und diese interessante, spannende und in vielen Fällen eben auch äußerst lukrative Arbeit zu machen.
Denn, mit Verlaub: Die Leute sollen mal nicht so rumjammern. Fragt man rum, so finden alle, daß kreative Arbeit die schönste Arbeit ist. Musik machen, Filme machen, Bilder machen - das ist körperlich nicht besonders anstrengend/gefährlich. Es befriedigt innerlich sehr, macht Spaß, genießt gesellschaftliches Ansehen. Am liebsten würden doch alle so einen Kreativ-Job haben.
Dann soll man auch mit den Kehrseiten der Medaille umgehen können, finde ich. Wenn die Leute nicht für meine Bilder zahlen wollen -dann sind meine Bilder eben nicht gut genug, oder ich muß mir ein anderes Vertriebskonzept überlegen. Die Nachfrage bestimmt den Preis. Eine künstliche Verknappung ist doch nur in den wenigsten Fällen überhaupt machbar. Wenn ich aufhöre, Bilder zu malen, gucken sich die Leute halt andere Bilder an. Ist ja nicht so, daß hier tatsächlich eine Knappheit auf dem Markt herrschen würde. Bilder, Filme, Musik, Spiele - gibt's alles wie Sand am Meer.
Gute Livekonzerte wird es immer geben - egal, ob die Plattenindustrie stark bleibt oder nicht. Es wird vielleicht nicht mehr so einfach sein, mit einer Boygroup Millardenumsätze zu machen - aber ist das eine so schlimme Entwicklung, daß wir dagegen mit der Polizei vorgehen müssen?
Selbiges gilt für die Filmindustrie. Bewegte Bilder gibt es im Überfluss. Wenn man sichergehen will, daß ein Film nicht raubkopiert wird, muß man sich halt was einfallen lassen. Die vermehrt auftretenden 3D-Filme zeigen hier eine Möglichkeit auf. Wer große Schauspielkunst sehen will, muß halt ins Theater gehen. Oder die Gagen werden kleiner. Oder es gibt noch mehr Productplacement in Filmen. Oder, oder oder...
Es braucht nicht den polizeilichen Schutz, Filme, auch sehr gute Filme, werden immer produziert werden. Und sei es durch Liebhaber, die nur den Ruhm und kein Geld verdienen möchten.
Selbiges gilt für die Spielehersteller. Wenn Crysis vor allem als Raubkopie verbreitet wurde - dann war der Kopierschutz offensichtlich nicht gut genug. Was soll man da anderes sagen? Woher hätten denn die Millionen kommen sollen, die den Entwicklern da angeblich entgangen sind? Aus dem blauen Nichts? Man hat hier eben unternehmerische Fehler gemacht. Was manch einer bedauern mag, weil ausgerechnet bei einer Firma, die eine gute Grafikengine hervorbrachte, diese unternehmerischen Fehler begangen wurden. So what?
Aus Fehlern soll man lernen. Und nicht immer gleich nach der Polizei schreien.