@Tsaya: Gefühle kann man nicht behandeln. Sondern nur Menschen.
Wenn ich jemandem sage, daß die Idee, die er mir gegenüber vertritt, dämlich ist - dann sage ich, daß die Idee dämlich ist, nicht er. Es liegt nun an ihm, ob er sich vollständig mit dieser Idee identifiziert. (Was eben gerade Kennzeichen der Ideologen ist.)
Wie anders sollte man sonst falsche Ideen kritisieren können? Jeder hat die Möglichkeit, seine Meinung bezüglich einer Frage zu ändern - das ist der Sinn von Kritik.
Ehrlich gesagt kann ich nicht verstehen, warum soviele Leute ein Problem damit haben, zwischen Kritik an einer Idee und Kritik an Personen (-gruppen) zu unterscheiden? Wenn ich einen Juden-Witz mache, dann mache ich einen Witz über eine Menschengruppe, deren Angehörige nicht einfach mal so aus ihr austreten können. Wenn ich einen Witz über eine Partei, eine Religions- oder eine Kochgruppe mache, dann steht es allen bisherigen Angehörigen dieser Gruppen frei, sich von dieser Gruppe zu distanzieren. Dies ist ja der beabsichtigte Zweck hinter der Kritik: Daß Menschen sich von einer Idee verabschieden, distanzieren. Wenn ich eine Religion verspotte, dann verspotte ich nicht gleichzeitig ihre Anhänger. Die müssen sich dann halt überlegen, inwieweit sie sich getroffen fühlen. Sie können m.M.n. zwei vernünftige, d.h. rationale Positionen gegenüber meinem Spott beziehen:
1. Sie könnten die berechtigte Kritik erkennen, die hinter meinem Spott steht und also sich von der Idee als ganzer oder zumindest von den Teilen der Idee, auf welche sich mein Spott bezieht, distanzieren. Entweder aus Einsicht (was ich natürlich vorziehen würde), oder auch nur, weil es ihnen peinlich ist, diesen Spott auf sich (als Vertreter dieser Idee) beziehen zu müssen.
2. Sie können meinen Spott als unbegründet souverän ignorieren. Wenn ich von einer Idee felsenfest überzeugt bin, dann wirkt für mich Spott über diese Idee wie das Heben eines Hundebeins an einer riesigen Steinsäule: Unerheblich. Wenn mein Spott unbegründet ist, mache ich selbst mich ja lächerlich mit meinem Krakeelen. Man kann meinen Spott mit einer kühl-ironischen Bemerkung quittieren und den Spieß also umdrehen. Nicht umsonst reagieren vor allem unsichere Menschen besonders gekränkt auf Spott: getroffene Hunde heulen. Wer sich nicht getroffen fühlt, der kann seine aristokratische Augenbraue kaum merklich lüpfen und ansonsten mit dem ruhigen Teetrinken fortfahren.
3. Man kann meinen Spott ernst nehmen und durch engagiertes Argumentieren zu belegen versuchen, daß der Spott ungerechtfertigt ist. Diese letzte Alternative hat allerdings selten Erfolg, denn gegen den Eindruck des Komischen kann man nicht anargumentieren. Es ist dann einfacher, die Verspottung einfach auszusitzen, wie dies z.B. Politiker tun, die es in eine Kabarettveranstalung verschlug.
Die Intention des Verspottenden ist freilich immer, daß sich der Vertreter der verspotteten Idee wie in Alternative 1 verhält.
Wenn diese Alternative1 verbaut ist, handelt es sich nicht mehr um den von mir als berechtigt angesehenen Spott, sondern dann ist es eine Beleidigung. Niemand kann z.B. seine Eltern austauschen, seine Hautfarbe, sein Geschlecht, seine körperliche Funktionsfähigkeit. Deswegen ist es eine Beleidigung, einzelne Personen als solche zu verspotten, oder z.B. Hellhäutige, Frauen oder Behinderte jenseits jener Grenze zu verspotten, ab welcher diese nicht mehr mitlachen können. Es gibt Gruppen, denen gehöre ich aus Überzeugung an - solche Gruppen darf man verspotten. Es gibt Gruppen, denen gehöre ich zwangsläufig an - die darf man nicht verspotten.
Als eher dicklicher Mensch muß ich es also verknusen, wenn Fetten-Witze gerissen werden. Wollte ich mich nicht betroffen fühlen, bräuchte ich ja nur meine Ernährungsgewohnheiten umzustellen.
Auch muß ich es selbstverständlich vertragen, daß man über die Partei, welche ich präferiere, Witze macht, oder über bestimmte Konsumangewohnheiten, deren ich fröne, über bestimmte Berufssparten (auch wenn ich einer solchen angehöre) usw. usf. Was gibt es nicht alles für Politikerwitze oder Lehrerwitze!
Von seiner Religion kann man sich trennen, wenn man nicht ihretwegen weiterhin verspottet werden möchte. Da Religionen absurd rigoristische Positionen vertreten, muß man sie entsprechend heftig verspotten dürfen. Wer behauptet, daß sein Gott allmächtig sei, und daß diejenigen, die sich nicht zu ihm bekennen, auf ewig dafür in einer Sadisten-Anstalt gepiesackt werden, der muß es sich gefallen lassen, daß man entsprechend über seine Glaubensinhalte herzieht.
Arroganz bedarf der heftigsten Spott-Formen. Und was ist arroganter, als in den letzten Fragen sich als erwählt zu betrachten? Und wenn man sieht, was im Namen der Religionen für Verbrechen geschehen (wer interessiert ist, schmökere mal ein wenig in Deschners "Kriminalgeschichte des Christentums") sind und tagtäglich geschehen, dann darf es doch keine Grenzen der nicht-gewaltsamen Anklage geben!
Religiöse Lehren sind in aller Regel anmaßend, maßlos und vom Dünkel der Auserwähltheit gekennzeichnet: Immer steht ja die jeweilige Gottheit auf Seiten ihrer Gläubigen gegen den Rest der Welt, und der Alleinseligmachungs-Anspruch charakterisiert ihre Intoleranz gegenüber allen anderen Weltanschauungen. Exemplarisch kann man das für den christlichen Glauben
hier nachlesen.
Auf einen groben Klotz paßt auch mal ein grober Keil, und wer irrationale Erfindungen für die absolute und einzige Wahrheit ausgibt, der muß mit irrationalen Mitteln wie dem Spott konfrontiert werden dürfen.
@Eloair: Ich verstehe Dein Post nicht wirklich und vermag daher nicht zu antworten.