Turjan
Senior Member
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- 21.09.2000
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- 7.037
@Eowil: Das mit den aufgeloesten Sozialstrukturen ist schon richtig, und dies in Kombination mit mangelhaften staatlichen Angeboten. Arizona hat ein Gesetz, das zwingend vorschreibt, dass Kinder bis zu 12 Jahren nie ohne Betreuer sein duerfen. Eine meiner chinesischen Kolleginnen war alleinerziehende Mutter, und der einzige bezahlbare Betreuungplatz fuer ihre kleine Tochter war bei den Southern Baptists. Zwei Jahre lang hatte sie sich gegen den Verein gewehrt, als nach einem halben Jahr die Bekehrungsversuche forciert wurden, und sie war richtig empoert ueber die Taktiken der Bekehrer. Sie fand aber nichts anderes fuer die Tochter, und diese war irgendwann vollkonvertiert und fing an, ihrer Mutter ein schlechtes Gewissen einzureden, einschliesslich Androhung des bereits erwaehnten Hoellenfeuers. Eines Tages fing meine Kollegin an, Gottes Wille in jeden zweiten Satz einzubauen (sie war mittlerweile Expertin darin, was er gerade will; das geht anscheinend ganz fix). Konversationen mit ihr wurden schwierig.
@Darghand: Dass das Herausloesen aus verfestigten Strukturen schwer ist, ist schon richtig. Allerdings sind die Amerikaner im allgemeinen sehr gut darin, unvereinbar scheinende Widersprueche zu leben. Der Mormone, der jahrelang links von mir sass, bezog all seine Nachrichten von Deseret News, und wenn irgendein Gespraech in verbotene Zonen abglitt (Politik, moralisch fragwuerdige Aktivitaeten ) konnte man sehen, wie seine Augen glasig wurden und er innerlich zumachte. Mormonen werden trainiert darin, alles zu ignorieren, was ihren Glauben gefaehrdet. Ihr Erfolg beruht unter anderem darauf, dass ihnen alle Argumente gegen ihren Glauben schon in der Erziehung genannt werden, natuerlich als fiese Luegen der Verfuehrer, die sie, als Auswerwaehlte, um ihren Platz im Himmelreich bringen wollen. Man kann sie also nicht ueberraschen, da man ihnen nichts Neues erzaehlt. Mein Kollege hat also keinerlei Probleme damit, tagsueber ein ziemlich guter Molekularbiologe zu sein und abends Gebetsversammlungen zu leiten. Ich erfuhr dann von einem taiwanesischen Kollegen, dass besagter Mormone ihn immer wieder zu den Versammlungen mitschleppte, aber da fuehlte ich mich dann doch genoetigt, mal ein wenig was ueber den verurteilten Betrueger Joseph Smith und seine merkwuerdigen Uebersetzungen aegyptischer Papyri fallen zu lassen.
Das Herausloesen aus verfestigten Strukturen braucht manchmal einen Schubs. Meine Kollegin, die jetzt gerade links von mir sitzt, ist Ex-Mormonin. Sie wurde nach einer ungenehmigten Party mit Jungs erst von BYU und dann aus der LDS-Kirche geworfen. Sie sagt, das sei das Beste, was ihr je passiert sei. Sie bedauert nur, dass ihre Familie und ihre Freunde nicht mehr mit ihr reden. Obengenannter Mormonen-Kollege setzte sich auch nicht mehr mit uns an einen Fruehstueckstisch, nachdem er davon gehoert hatte. Der Druck ist gross.
Edit: Das klingt jetzt aber alles furchtbar negativ. Man muss doch auch die schoenen Seiten sehen. Ich ueberlege gerade, ob ich dieses Jahr nicht mal wieder zur traditionellen Weihnachtsfeier in der First Assembly of God in Phoenix gehe (hier klicken und kurzes Video schauen) .
@Darghand: Dass das Herausloesen aus verfestigten Strukturen schwer ist, ist schon richtig. Allerdings sind die Amerikaner im allgemeinen sehr gut darin, unvereinbar scheinende Widersprueche zu leben. Der Mormone, der jahrelang links von mir sass, bezog all seine Nachrichten von Deseret News, und wenn irgendein Gespraech in verbotene Zonen abglitt (Politik, moralisch fragwuerdige Aktivitaeten ) konnte man sehen, wie seine Augen glasig wurden und er innerlich zumachte. Mormonen werden trainiert darin, alles zu ignorieren, was ihren Glauben gefaehrdet. Ihr Erfolg beruht unter anderem darauf, dass ihnen alle Argumente gegen ihren Glauben schon in der Erziehung genannt werden, natuerlich als fiese Luegen der Verfuehrer, die sie, als Auswerwaehlte, um ihren Platz im Himmelreich bringen wollen. Man kann sie also nicht ueberraschen, da man ihnen nichts Neues erzaehlt. Mein Kollege hat also keinerlei Probleme damit, tagsueber ein ziemlich guter Molekularbiologe zu sein und abends Gebetsversammlungen zu leiten. Ich erfuhr dann von einem taiwanesischen Kollegen, dass besagter Mormone ihn immer wieder zu den Versammlungen mitschleppte, aber da fuehlte ich mich dann doch genoetigt, mal ein wenig was ueber den verurteilten Betrueger Joseph Smith und seine merkwuerdigen Uebersetzungen aegyptischer Papyri fallen zu lassen.
Das Herausloesen aus verfestigten Strukturen braucht manchmal einen Schubs. Meine Kollegin, die jetzt gerade links von mir sitzt, ist Ex-Mormonin. Sie wurde nach einer ungenehmigten Party mit Jungs erst von BYU und dann aus der LDS-Kirche geworfen. Sie sagt, das sei das Beste, was ihr je passiert sei. Sie bedauert nur, dass ihre Familie und ihre Freunde nicht mehr mit ihr reden. Obengenannter Mormonen-Kollege setzte sich auch nicht mehr mit uns an einen Fruehstueckstisch, nachdem er davon gehoert hatte. Der Druck ist gross.
Edit: Das klingt jetzt aber alles furchtbar negativ. Man muss doch auch die schoenen Seiten sehen. Ich ueberlege gerade, ob ich dieses Jahr nicht mal wieder zur traditionellen Weihnachtsfeier in der First Assembly of God in Phoenix gehe (hier klicken und kurzes Video schauen) .
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