Ich hatte ja direkten beruflichen Einblick in aerztliche Promotionen, und das war damals tatsaechlich oft genug nur Formsache. Manche Leute hatten "ihre" Arbeit, ueber die sie da ihr Abschlussgespraech fuehren sollten (Pruefung konnte man das nicht nennen), nicht mal gelesen. Die fielen dann nicht etwa durch, sondern wurden nach Hause geschickt, damit sie sich mit dem Thema, ueber das sie angeblich geschrieben hatten, wenigstens oberflaechlich vertraut machen konnten; sie konnten dann in zwei Wochen einen zweiten Anlauf starten. Die haetten nicht mal sagen koennen, ob das irgendwo herauskopiert war; dafuer haetten sie's wenigstens selbst kopieren muessen.
Daneben gab's aber durchaus Arbeiten (ein kleiner Bruchteil), die vollkommen wissenschaftlichen Anspruechen genuegten, sowohl von Inhalt als auch Umfang her. Die mussten durch eine vollkommen andere Pruefungsprozedur und bekamen am Ende denselben Titel, Dr.med. Allerdings konnte man an der Zensur sehen, welcher Abschluss das war; die steht nicht auf der Urkunde, die im Wartezimmer haengt.
Es gab uebrigens damals Versuche, die Titel zu splitten. Es gab Bestrebungen, fuer die "richtigen" Doktorarbeiten den Titel Dr.med.sci. (oder so aehnlich; Dr.rer.med.?) einzufuehren, aber den wollten die aerztlichen Doktoranden selbst nicht, weil sie Akzeptanzschwierigkeiten sahen. Das Modell mit dem M.D. waere hier wohl wirklich die bessere Loesung.