[Schreibwettbewerb - Runde I] Kraven / Maus / Sheera Li

Wer hat die beste Geschichte / besseren Geschichten geschrieben?

  • Kraven

    Stimmen: 15 75,0%
  • Maus

    Stimmen: 6 30,0%
  • Sheera Li

    Stimmen: 9 45,0%

  • Umfrageteilnehmer
    20
  • Umfrage geschlossen .

Enigma

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Wir kommen zur Dreierbegegnung für diese Runde.

Viel Spass bei der Lektüre! Und denkt daran: Hier könnt ihr mehr als eine Stimme abgeben, wenn ihr wollt. :)

 
 

Enigma

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Kraven

Gerächt ist nicht gerecht

Mit einem leisen Zischen schnitt das Messer durch die Luft, wirbelnd sich um die eigene Achse drehend.
Mit einem dumpfen Schlag prallte der Knauf gegen die Wand, und die Klinge bohrte sich in den Boden.
Tork seufzte.
„Naja, zumindest hätte ich seinen großen Zeh am Boden festgenagelt.“
Der Spruch entlockte ihm ein kleines Grinsen. Dann fiel ihm ein, dass er vor nicht ganz zwei Stunden genau so etwas bereits getan hatte, und das Grinsen erlosch.
Es war ein seltsames Gefühl. Er konnte sich selbst dabei zusehen, wie er langsam wieder ruhig wurde, wie das Adrenalin sich abbaute und es dem Gehirn wieder erlaubte, weiter zu denken als nur bis zur nächsten Gasse, dem nächsten Versteck. Tork spürte seine entspannten Muskeln, den ruhigen Puls. Sein Atem ging gleichmäßig. Sein Geist war klar und seine Gedanken wohl artikuliert.
Und er steckte bis zu den Mundwinkeln in der Scheiße.
Vielleicht auch schon eine ganze Ecke tiefer, das kam natürlich drauf an, wie schnell Salina ihre Leute zusammentrommeln konnte, und ob Ruzdar immer noch so gute Kontakte zu den Verhüllten Magiern unterhielt. Was er wahrscheinlich tat.
In solchen Situationen bestand der alte Trick darin, sich mit etwas anderem abzulenken, um die Ruhe zu bewahren. Das Problem war, dass es in diesem Keller nicht viel gab, was dem dienlich gewesen wäre, nur ein paar verstaubte Holzkisten und eine junge Frau, der er am liebsten den Kopf abgerissen hätte.
Er tat es nicht, natürlich.
Er wusste genau, dass sie ihn in Stücke reißen würde, wenn er es versuchte.

„Seit Ihr inzwischen zu einem Entschluss gekommen?“ fragte besagte junge Frau, die es sich mit verschränkten Beinen auf dem Kellerboden bequem gemacht hatte.
Der Moment der Ruhe verschwand endgültig, und Tork spürte, wie sein Pulsschlag sich wieder beschleunigte. Aber er ballte die Fäuste, atmete tief aus und versuchte, seine Stimme bedeckt zu halten. Es hätte keinen Sinn, Mjinn anzuschreien. Es würde seine Probleme nicht lösen, und es bestand die Gefahr, dass sie auf der Straße gehört werden würden.
Scheiße, wenn er wirklich so laut schreien würde, wie er es müsste, um sich besser zu fühlen, würden noch die ganze nächste Woche tote Wale und Delphine an den Strand gespült werden.
Statt also das Stadtviertel mit reiner Schallkraft dem Erdboden gleichzumachen, was vermutlich ein nicht geringes Maß an Aufmerksamkeit auf sie ziehen würde, rutschte er von der schweren Holzkiste herunter, auf der er die letzte Stunde in einer zwar unbequemen, dafür bestimmt sehr lässig wirkenden Haltung verbracht hatte, ging rüber zu der drei Schritte entfernten Wand, hob sein Messer auf und zählte langsam im Geiste bis dreiundzwanzig.
Und dann noch ein bisschen weiter.
Als er bei vierundsechzig angekommen war, ging er zu seiner Gitarre, zu schauen, ob sich vielleicht ein Schneidezahn oder etwas derartiges in den Saiten verfangen hatte. Das hatte es nicht, aber ein paar Blutspritzer waren zu sehen, von dem Typen, dem er mit dem Blatt die Nase gebrochen hatte.
Er seufzte. Okay. Dann würde er das Gespräch eben nicht so ruhig und besonnen führen, wie er es gerne gehabt hätte.

„Ich bin mir nicht ganz sicher“, begann er. „Das Problem ist, der Entschluss, den wir jetzt eigentlich bräuchten, das wäre so ein Entschluss wie, ich weiß nicht, wie 'Ich geh jetzt einfach mal da raus und bring alle Mitglieder der Diebesgilde um, einschließlich ihres psychotischen Geschwisterpärchens, das die Anführer darstellen.'“
Mjinn nickte ernst.
„Zumindest sind diese beiden bereits verletzt“, sagte sie.
Ihr Gesicht blieb starr, als sie das sagte. Sie blinzelte nicht einmal.
Tork schluckte.
„Ja“, murmelte er. „Zumindest sind diese beiden schon verletzt.“
Für ein paar Sekunden wanderten seine Gedanken zurück in die Kneipe, zu den Schreien und dem Geräusch von brechenden Knochen.
Er schüttelte den Kopf. Nicht jetzt.
„Und nachdem ich dann also die komplette Diebesgilde plattgemacht habe – was ein Kinderspiel sein wird, denn ihre beiden Anführer sind schließlich verletzt...“ Er schüttelte den Kopf erneut, heftiger diesmal.
„Du glaubst wirklich, die wären zu bedürftig für nen Heiler, kann das sein?“
„Warum sonst müssten sie stehlen?“
Tork brachte sein Gesicht ganz nahe an das der Frau heran.
Kein Zucken um die Mundwinkel. Kein spöttisches Funkeln in den Augen.
Mit einer bewussten Anstrengung atmete er tief ein. Er stellte sich vor, all der Frust, den diese Kleine ihm bescherte, würde beim Ausatmen aus seinem Körper entweichen, in einer giftgrünen Wolke, die vermutlich jedes Lebewesen auslöschen würde, dass in ihren Radius gelangte, und alles, was in ihm bliebe, wäre klarer, reiner Friede.
Das funktionierte nicht.
Er griff in seinen Tabakbeutel und begann, sich eine Pfeife zu stopfen.
„In Ordnung, und nachdem ich also diese Bande aus halb verhungerten, halb verkrüppelten, mittellosen und völlig hilflosen Strauchdieben mit meinem gerechtem Zorn und meiner Gitarre mit scharfen Rändern von ihrem Elend befreit habe, ist die Sache eigentlich relativ leicht. Ich meine, wer sind schon die Verhüllten, richtig?“
Während er den Tabak mit dem Daumen festdrückte, wartete er vergeblich auf eine Reaktion.
„Die Verhüllten Magier“, versuchte er es noch einmal.
Mjinn schaute nur verständnislos.
Tork holte Luft.
„In welchem versteckten, verlassenen, von den Göttern abgeschotteten-“ Er brach ab. Ruhig bleiben.
„Hast du mal Feuer?“
Mjinn nickte, kramte in ihrer Umhängetasche und holte einen Feuerstein, getrockneten Zunderpilz und einen Schlagstahl hervor, den sie wortlos an Tork weitergab.
„Danke. Nochmal: In welchem versteckten Kellerloch hast du dein Leben eigentlich verbracht?“
„In einem Kloster.“

Oh.
Tork zog eine Augenbraue hoch. Das erklärte einiges.
„Kein Scheiß?“
Mjinn schüttelte den Kopf.
„Hm.“ Er riss ein Stück Zunder ab und legte es auf den Stein. Geistesabwesend schlug er mit dem Stahl Funken.
Ein Kloster. Klar. Ergab einen gewissen Sinn.
„Daher auch dieser Verschwinden-hinten-auftauchen-und-voll-in-die-Fresse-Trick, ja?“
Mjinn nickte. „Meine Lehrer nennen es 'Die jagende Kobra'.“
„Passender Name.“ Obwohl er sich nicht sicher war, ob Kobras ihren Opfern die Zähne ausschlugen. Trotzdem, es hatte einen gewissen Klang.
Einer der Funken hatte sich im Zunder verfangen. Tork pustete vorsichtig, damit die Glut sich ausbreiten konnte, und legte den Zunder anschließend auf den Tabak.
„Und wie genau landet ne Adeptin im Trollkopf? War das so eine von diesen 'Du hast all meine Schüler besiegt, nun gehe hinaus in die Welt und leg mich mit der mächtigsten und gefährlichsten Gilde an, die du finden kannst' – Nummern? Ich hab solche Geschichten schonmal gehört. Also, jetzt nicht genau in diesem Wortlaut, und es hieß da auch nie 'Krall dir die Diebesgilde von Athkatla, oder die Verhüllten Magier, oder beide', weil das ne ziemlich kurze Geschichte geworden wäre, ohne die Möglichkeit auf ne Fortsetzung, aber... war es irgendwas in der Richtung?“
Für eine Sekunde stahl sich ein Lächeln auf Mjinns Gesicht. Dann nickte sie.
„In einem sehr weiten Sinne etwas in der Richtung. Ich sollte hinausgehen und die Welt kennen lernen.“
„Die Welt kennen lernen.“
Mjinn nickte.
Tork zog an der Pfeife, um die Glut des Zunders auf den Tabak zu übertragen.
„Und um die Welt kennen zu lernen, bist du nach Athkatla gelaufen, und von da aus direkt in das übelste Viertel dieser Stadt, und weil dir das noch nicht Welt genug war, bist du auch noch in die übelste Kneipe in diesem übelsten Viertel marschiert, seh ich das so richtig?“
„Ich habe am Stadttor nach einer geeigneten Unterkunft gefragt, und mir wurde diese Adresse genannt.“
Tork hielt kurz inne, um diese neue Information zu verarbeiten. Gedankenverloren schnippte er mit seinem Messer das glühende Zunderstückchen aus der Pfeife, trat es aus, und zog weiter an der Pfeife. Dunkler Rauch stieg langsam wabernd zur Decke.
„Lass mich raten, in deinem Kloster hat dir keiner gesteckt, dass man den Aussagen von zwielichtigen Gestalten, die sich hinter dunklen Kapuzen verbergen, nicht trauen sollte.“
„Ich habe die Wegbeschreibung von einem der Stadtwächter bekommen.“
Für eine Sekunde stockte Torks Atmung.
Autsch.
Nicht gut.
Die Panik drohte zurückzukommen, und Tork zog erneut an der Pfeife, behielt den Rauch kurz im Mund, und atmete dann tief ein.
Seine Lungen zogen sich zusammen, und ihm wurde einen Augenblick lang schwarz vor Augen. Er musste sich beherrschen, nicht auf den Boden zu kotzen, aber die Überdosierung an Nikotin half, ihn zu beruhigen. Ein leises Pochen fand Einzug in seine Schläfen, und seine Gedanken wurden wieder klar.

Die Stadtwache. Klasse. So viel zu der Idee, vor dem Gesetz zu Kreuze zu kriechen und um Schutzhaft zu betteln.
Schade. Hätte klappen können.
Die Kleine war also in die große fremde Stadt gekommen, an den Falschen geraten und direkt zur Diebesgilde geschickt worden, die sie vermutlich auf dem Sklavenmarkt verkauft hätte. Die alte Geschichte, die so oder so ähnlich regelmäßig stattfand.
Warum um alles in der Welt hatte er sich da bloß einmischen müssen?
Tork seufzte. „In Ordnung, also die Situation sieht so aus: Als du dem Typen, der da zudringlich wurde, eine geknallt hast, saßt du bereits ziemlich tief in der Scheiße. Als du dann angefangen hast, mit seinen Kumpels den Boden aufzuwischen, stieg der Pegel langsam.“
Er machte eine kurze Kunstpause.
„Aber den Bock endgültig abgeschossen hast du in dem Moment, in dem du Salina den Kiefer gebrochen hast.“
Mjinn schaute auf. „Ich habe mich verteidigt. Sie hatte ein Schwert.“
„Und wen interessiert das?“ Tork erwiderte ihren Blick. „Du scheinst davon auszugehen, dass es hier um Fairness geht, kann das sein?“ Er schüttelte den Kopf. „Es geht hier um Rache. Du hast die Anführerin der Diesbesgilde gedemütigt, und das wird sie nicht so stehen lassen können.“
Mjinn dachte einen Augenblick nach. „Ist das der Grund, aus dem sie mir diese... Verhüllten nachschickt?“
Tork winkte ab.
„Nein, keine Bange.“ Er schnaubte. „Das ist ne ziemlich exklusive Clique. Jemand wie Salina macht da keinen Stich. Dafür brauchst du ne gewisse Etikette, so ein gewisses Maß an Stil. Du hast die Frau erlebt, die hat das nicht.“
Er nahm einen weiteren Zug von seiner Pfeife.
„Ruzdar, ihr Bruder, der hat das.“
Mjin legte den Kopf schief.
„Ist Ruzdar der Mann, dem Ihr...“
„Ja“, unterbrach Tork sie. „Genau der ist das.“
Wieder kam das Bild zurück, und diesmal war er nicht in der Lage, es zurückzudrängen.

Mjinn, die von einem Trupp aus Schlägern umringt war und sie einen nach dem anderen auseinander nahm. Er selbst, wie er auf dem Boden lag, direkt neben dem Kerl mit der Armbrust, den er auf die Bretter geschickt, als dieser Anstalten gemacht hatte, mit dem Ding auf Mjinn zu zielen. Und über ihm Ruzdar, der ihm seinen Stiefel ins Genick drückte und ihn anlächelte.
„Ich hätte nicht gedacht, dass in dir ein derartiger Kavalier steckt“, hatte Ruzdar gesagt, und dabei den Totschläger zurück auf die Theke geworfen.
Und er hatte ihm noch mehr gesagt.
Dass er ihm wegen diesem Ausrutscher nicht böse war. Dass sowas auch den Besten von ihnen mal passieren könne.
Dass Tork jetzt einfach nur die Füße stillhalten müsse, während er sich um diese ärgerliche Problem hier kümmern würde, und dass sie sich danach in Frieden trennen könnten.
Und Tork hatte gewusst, dass Ruzdar ihn nicht anlog.
Sie hätten ihn gehen lassen. Sie hätten ihm vielleicht den Geldbeutel abgenommen, als Lektion. Vermutlich hätte die arme Sau, die da mit blutigem Gesicht neben ihm lag, ihm zum Abschied noch einmal mit Anlauf in die Eier treten dürfen. Vielleicht, wenn Ruzdar einen wirklich lustigen Tag gehabt hätte, hätten sie ihm die Hosen geklaut und ihn so durch's Rotlichtviertel getrieben.
Aber sie hätten ihn am Leben gelassen.
Also hatte Tork genickt, sich entspannt und zugesehen, wie Ruzdar mit ruhigen Bewegungen eine kleine Handarmbrust spannte, einen vergifteten Bolzen auflegte und sorgsam zielte.
Und dann hatte er ihm sein Messer durch den Stiefel gerammt.

Tork schüttelte den Kopf. Ihr Götter! Er hätte Ruzdar die Kehle aufschlitzen sollen, dann hätte er jetzt ein elementares Problem weniger.
Oder noch besser: Er hätte einfach tun sollen, was Ruzdar ihm geraten hatte, um danach ein glückliches, erfülltes Leben zu führen.
Statt dessen hockte er jetzt in einem Keller, versteckte sich vor der gesamten Welt und musste einer weltfremden Adeptin Nachhilfe geben. Ganz toll.
Mjinn fragte ihn etwas, und ihre Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.
„Tschuldigung, was war das?“
„Die Verhüllten“, sagte Mjinn. „Wer sind sie?“
Tork seufzte.
„Ach, die. Die Magiergilde von Athkatla“, antwortete er. „Da Magie in der Stadt verboten ist, treten sie nicht allzu oft in der Öffentlichkeit auf. Aber sie sind mächtig, Monopol auf Magie und so. Und sie haben einen ganzen Berg an Assassinen, die sie durch die Gegend hetzen, wenn ein Feuerball zu auffällig wäre.“
Er spie auf den Boden, und strich sich mit einer fahrigen Bewegung durch die Haare.
„Wir können eigentlich nur hoffen, dass die grade alle ausgebucht sind.“

~~oOo~~

Das Büro des obersten Sekretärs war hell und freundlich eingerichtet, die leichten Seidenvorhänge wehten leise in der kühlen Abendbrise, die den Geruch des Meeres mit sich trug. Die Wände des Zimmers waren an drei Seiten mit Bücherregalen vollgestellt, die kostbare Folianten und Quartbanden hüteten, die vierte bestand zum größten Teil aus eine filigran gearbeiteten Aussichtsfenster, das den von der untergehenden Sonne rot beschienenen Himmel zeigte.
Ino hielt sich gerne in diesem Raum auf. Er war nie sehr lange hier – der Sekretär war ein vielbeschäftigter Mann – aber er liebte die Ruhe, das Gefühl der Ordnung, die das Zimmer ausstrahlte.
„Ino.“
Die Stimme des Sekretärs klang alt und rauchig, ausgewaschen von dem langen Gebrauch, den er von ihr gemacht hatte. Der alte Mann saß in einem gepolsterten Sessel hinter dem reich verzierten Schreibtisch aus gemasertem Walnussholz und deutete Ino mit einer Handbewegung, sich zu setzen.
„Kann ich dir etwas zu trinken bringen lassen, mein Junge? Calimianischen Kaffee? Tee?“
„Eine Tasse Tee wäre sehr freundlich“, antwortete Ino.
„Natürlich.“ Der Sekretär fuhr in einer komplizierten Bewegung über einen grünen Stein, der in das Holz des Schreibtisches eingelassen war, und sah Ino an.
„Kamst du bereits dazu, die Kompositarmbrust zu testen, die wir dir zur Verfügung gestellt haben?“
„Dazu kam ich in der Tat.“
Die Tür hinter ihm ging auf, und eine junge Bedienstete betrat den Raum, ein silbernes Tablett in den Händen, auf dem aus feinstem Porzellan gearbeitetes Teegeschirr Platz fand. Ino bedankte sich höflich, war aber verwirrt.
Das war schnell gegangen.
Der Sekretär lächelte.
„Du verlangst nie nach Kaffee.“
Ino erwiderte das Lächeln und nickte. „Er bringt meine Hände zum Zittern.“
Der Sekretär hob anerkennend eine Braue und wartete, bis die Bedienstete das Büro wieder verlassen hatte.
„Nun?“
„Die Kompositarmbrust?“ Ino wägte seine Worte kurz ab.
„Sie ist kleiner als die Arbalest, dadurch leichter zu verbergen, und hat eine geringfügig höhere Feuerrate.“
„Aber?“ Das Lächeln des Sekretärs blieb unverändert.
„Durch die verringerte Zugkraft ist die Reichweite geringer, und der Bolzen hat eine geringere Wirkung“, sagte Ino. „Ein gut gepanzerter Gegner würde einen Beschuss wohl überleben.“
„So wie etwa Graf D'arlard?“
Ino biss sich auf die Zunge, was den Sekretär dazu veranlasste, beruhigend die Hand zu heben.
„Mach dir keine Gedanken deswegen. Oberste Priorität war es, ihn zu töten. Dein Schuss hat genug von seinem Gesicht übrig gelassen, um ihn identifizieren zu können. Das war gute Arbeit.“
Ein andächtiges Nicken. „Es stimmt wohl, dass einige unserer Mitbrüder das anders sehen, aber um die werde ich mich schon kümmern. Nur keine Sorge.“
Er schob eine Schublade auf, griff hinein und holte zwei Pergamentzeichnungen hervor.
„Diese beiden hier“, begann er, „haben einem guten Freund eine starke Demütigung zugefügt. Er fordert Satisfaktion, und hat mich gebeten, ihn bei diesem Unterfangen zu unterstützen.“
Ino betrachtete die Zeichnungen. Ein Halbork, und eine junge Frau, die Haare kurz geschnitten, ohne auffällige Merkmale.
„Wo kann ich die beiden finden?“
„Eine genaue Adresse konnte mein Freund mir nicht geben. Hätte er sie, bedürfte er wohl nicht unserer Hilfe.“ Ein Lächeln. „Ich möchte dir dies hier geben.“
Der Sekretär legte eine kreisrunde, polierte Achatscheibe auf den Tisch. „Dies sollte dir dabei helfen, die beiden zu finden. Nimm dir noch Zeit, deinen Tee zu trinken, aber danach möchte ich dich bitten, dich umgehend dieser Angelegenheit anzunehmen.“
Das Lächeln verschwand von seinen Zügen. „Und bitte, keine Komplikationen diesmal. Ich fände es schrecklich, dem Drängen meiner Brüder stattgeben zu müssen, die dich als eine Bedrohung für uns ansehen.“

~~oOo~~

Es war Nacht geworden, und der Nebel drängte vom Meer heran. Sanft bedeckte er das Hafenviertel mit seinem dünnen Schleier, der die Sicht nur schwach behinderte, aber die Geräusche der Welt leiser klingen ließ. Hin und wieder sah man warmes Feuer durch die Fensterscheiben dringen, aus den Kneipen, oder aus den Behausungen derer, die sich eine Bleibe in den besseren Teilen der Stadt nicht leisten konnten, aber noch nicht derart verarmt waren, dass sie in den Slums Zuflucht finden mussten.
Mehrheitlich jedoch blieben die Fenster schwarz; sie gehörten zu den Lagerhäusern, Werften und Reedereien, die nachts geschlossen hatten und nun darauf warteten, dass am Morgen wieder Leben in sie kehren würde.
Die Bohlen des alten Lagerhauses knarrten empört, als Ino schnellen Schrittes über sie eilte, die Treppe hinauf und zu dem Fenster, das von Wasser weg Richtung Stadt zeigte. Flink, aber ohne Hast entrollte er er das Bündel, dass er in einem Seesack auf seinem Rücken verstaut hatte, und entnahm ihm seine Armbrust.
Es war nicht die Kompositarmbrust, auch nicht die von ihm bevorzugte Arbalest. Die hohe Reichweite beider Waffen nutzte ihm infolge des Nebels nicht viel, und sie schossen zu langsam.
Vorsichtig wich Ino in gehockter Haltung vom Fenster zurück, so, dass er immer noch einen Gutteil der Straße überwachen konnte, gleichzeitig er aber vor Blicken nervöser Zuschauer geschützt war. Dann kontrollierte er seine Waffe.
Es war eine Repetierarmbrust, eine Waffe, auf die Ino unter anderen Umständen mit Verachtung herab geblickt hätte. Sie hatte eine geringe Reichweite, war unpräzise, und die Pfeile bekamen nicht genug Energie auf den Weg, um eine schwere Panzerung zuverlässig durchschlagen zu können, womit nach Inos Meinung alles über sie gesagt war, was es zu sagen gab.
Der große Pluspunkt – und, seiner Meinung nach, ihre einzige Existenzberechtigung – war die hohe Schussrate, die es einem Schützen erlaubte, in fünfzehn Sekunden bis zu zehn Pfeile abzuschießen.
Man brauchte keine Präzision.
Man füllte die Luft einfach solange mit Geschossen, bis alles tot war, was man tot sehen wollte.
Eine Waffe für Amateure also, oder aber, und das war der Grund, aus dem er diesen Haufen aus Holz, Metall und Tiersehnen mit sich herumtrug, wenn ein einzeln agierender Scharfschütze zwei Ziele auf einmal ausschalten wollte.
So sehr er seine Arbalest auch schätzte, bedeutete ihre verzahnte Spannvorrichtung auch, dass ein geübter Schütze höchstens zwei Bolzen pro Minute auf die Reise schicken konnte – zu viel Zeit also für das zweite Ziel, in Deckung zu springen. Statt dessen also dieses minderwertige...
Er unterbrach den Gedankengang.
Schluss damit.
Es war seine Waffe, sie war der Situation angemessen, und mit ihr würde er seinen Auftrag beenden.
Über die mangelnde Kunstfertigkeit des Vorgangs konnte er sich später noch beschweren.
Mit einer geübten Bewegung setzte er das Magazin ein, kontrollierte mit einem raschen Blick das Visier. Dann hockte er sich in eine etwas bequemere Position, und dann tat er das, was schon immer Teil dieses Berufs gewesen war.
Ino wartete.

Zwei Gestalten schälten sich aus dem Nebel, eine von ihnen hochgewachsen und breitschultrig, eine schwere Axt auf dem Rücken tragend, die Hauer im Mondlicht glänzend. Zur Rechten dieser Gestalt ging eine schmale Frau, klein von Wuchs, ohne eine einzige sichtbare Waffe am Körper.
Schon komisch, dachte Tork. Keiner würde ihm glauben, dass diese Kleine allen Ernstes die größere Gefahr darstellte. Glückspilz, der er war, würden er darum vermutlich auch alle Schläge abkriegen, sollte man sie angreifen.
Oder nein, eigentlich stimmte das nicht. Die Diebesgilde wusste um Mjinns Gefährlichkeit. Scheinbar hatte er also doch Glück. Sie würden erst sie töten und ihn anschließend gefangen nehmen und langsam zu Tode foltern...
Vielleicht hätte er sich doch einfach von Ruzdar in Stücke hacken sollen, als er die Chance dazu hatte.
„Und Ihr seid sicher, dass euer Freund auf uns warten wird?“, fragte Mjinn leise, während sie die Umgebung im Augen behielt. Laut Tork hatte die Diebesgilde nicht genug Leute, um die komplette Stadt abzusuchen, aber sie konnten nicht wissen, ob sie nicht vielleicht von Spähern gesichtet worden waren, die nun weitere Kämpfer anforderten.
Tork zuckte die Schultern, bevor er ihre Frage beantwortete. „Ich weiß ja nicht mal, ob die Taube es zu ihm geschafft hat. Falls ja, wird er auf uns warten. Solan ist nicht so blöd, einen offenen Krieg mit der Diebesgilde zu riskieren, aber ein paar Minuten auf einen alten Kumpel zu warten, das kriegt er schon hin.“
„Und wenn er das nicht tut?“
„Werden wir sterben.“ Tork versuchte, gleichmütig zu klingen, was ihm nicht ganz gelang. Verdammt, war er nicht eigentlich zu alt, um sich solche Gedanken zu machen?

Zwei Gestalten schälten sich aus dem Nebel, eine von ihnen hochgewachsen und breitschultrig, eine schwere Axt auf dem Rücken tragend, die Hauer im Mondlicht glänzend. Zur rechten dieser Gestalt ging eine schmale Frau, klein von Wuchs, ohne eine einzige sichtbare Waffe am Körper.
Mit einer leichten Anstrengung zog Ino den Spannhebel nach hinten. Der kleine Haken fasste die Sehne und zog sie mit sich, betätigte dabei das Magazin, und ein kompakter Pfeil fiel auf die Schiene.

Tork fiel auf, dass Mjinn leise vor sich hinsummte, und nach ein paar Sekunden erkannte er auch die Melodie.
„Summst du da grade das Lied, dass ich vorhin gespielt hab, um die Tauben anzulocken?“
Mjinn nickte. „Es ist sehr schön. Ein Liebeslied?“
Tork grinste breit. „Für Tauben schon. Es geht um Brot.“
Mjinn blickte ihn für eine Sekunde an, dann gingen ihre Mundwinkel in die Höhe.
„Um Brot“, wiederholte sie.
Tork zuckte mit den Schultern. „Hey, ich sing von ewiger Liebe, wenn ich schöne Frauen rumkriegen will. Bei Tauben...“
„Singt Ihr von Brot.“ Mjinns Hand wanderte zu ihrem Mund, um das Prusten zu unterdrücken.
„Ist ja nicht irgendein Brot“, verteidigte Tork sich, den kopf in gespielten Stolz in den Nacken werfend. „Tauben sind bestechliche Bastarde. Um sicherzustellen, dass sie die Nachricht überbringt, musste ich sie davon überzeugen, dass auf diesem einen Schiff im Hafen ein Elf sitzt, der das beste Brot von ganz Athkatla hat. Ich musste die Zartheit des Teigs loben, das dunkle Aroma der Kruste... Scheiße, ich hab dem blöden Vieh die Herkunft des verwendeten Weizens bis in die dritte Generation aufgezählt.“

Mit einer sanften Bewegung aus dem Handgelenk fixierte Ino den Spannhebel und hob die Armbrust. Der Schaft aus Eibenholz schmiegte sich gegen seine Wange, als er Kimme und Korn in eine Linie brachte und sein Ziel anvisierte. Für einen Augenblick überlegte er, wen er zuerst ausschalten sollte – der Halbork erschien ihm gefährlicher, also blieb das Visier auf ihm.

„Was hattest du eigentlich vor, zu machen, wenn du nicht spontan einen Krieg mit der Gilde angefangen hättest?“
„Das weiß ich nicht. Wir gehen hinaus und suchen unser Schicksal. Meistens findet es uns.“
„Du glaubst nicht wirklich, dass diese Katastrophe hier für dich das Beste ist?“
„Nicht das Beste. Aber man kann sich sein Schicksal nicht aussuchen.“
„Und deines ist das einer großen Heldin, hm?“
Mjinn zuckte nur mit den Achseln, und Tork sprach nicht weiter. Aber letzten Endes sah es ganz so aus. Das Mädel war flink, sie war aufrichtig, und sie konnte erfahrene Straßenkämpfer in wimmernde, sich vor Schmerz krümmende Bündel verwandeln, wenn ihr danach war.
Vermutlich würde sie von dieser Fähigkeit heute Nacht auch noch reichlich Gebrauch machen müssen, aber alles in allem... er kannte diese Geschichten. Er hatte sie oft genug selbst erzählt.
Die aufrichtige Heldin, die gegen alle Chancen durchkam... es musste einfach so laufen.
Sie war ohne Schuld in diesen Schlamassel geraten, und sie hatte es einfach nicht verdient, jetzt zu sterben.
Sie würde es schaffen.
Alles andere wäre einfach nicht gerecht.

Ino lockerte den Finger und berührte ganz sacht den Abzug. Er atmete aus, fixierte sein Ziel.
Dann drückte er ab.
 

Enigma

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Maus

Die Oberen des Ordens hatten recht gehabt, die Dame stellte wirklich zu viele Fragen. Und das war der Grund, warum sie sterben musste. Ino war zuerst etwas skeptisch gewesen, als ihm der Auftrag mitgeteilt worden war. Ein weiblicher Mönch von außerhalb, jung, unerfahren und wohl einfach etwas neugierig. Er hatte Zweifel, ob es wirklich nötig war, das Mädchen zu töten.
Nun war er allerdings schon fast zwei Tage in ihrer Nähe, um ihre Gewohnheiten herauszufinden. Das Schema war klar: sie ging in eine Kneipe und versuchte mit allen möglichen Leuten ins Gespräch zu kommen. Wobei sie nicht gerade geschickt vorging. Um als Frau von Männern Informationen zu bekommen, war es eher unüblich, züchtig gekleidet mit strengem Blick Fragen an sie zu richten. Nach Inos Informationen war frau meist erfolgreicher, wenn sie offenherzig gekleidet mit einem Lächeln ein unverfängliches Gespräch begann. Die meisten Männern erzählten einer hübschen Frau alles ungefragt, gerne auch zum wiederholten Male. Und hässlich war das Mädchen nicht.

Ihre Beharrlichkeit beeindruckte Ino durchaus. Sie war angepöbelt worden, hatte wohl etliche ablehnende und abfällige Äußerungen zu hören bekommen und zweimal war es fast zu Handgreiflichkeiten gekommen, denen sie allerdings geschickt ausgewichen war. Sie war durchaus gefährlich durch diese Beharrlichkeit und es wäre unklug zu hoffen, dass sie aufgeben würde oder man sie durch ein paar unangenehme Zwischenfälle entmutigen könnte. Daher war die Maßnahme durchaus angebracht. Das Problem war lediglich, dass sie sich meist in der Gesellschaft anderer aufhielt und Ino es bevorzugte, keine Zeugen zu haben. Und auf einen Nahkampf würde er sich mit dieser Frau sicherlich nicht einlassen wollen. Also war Geduld gefragt.

Und die wurde auf eine harte Probe gestellt. In ihrer Not schreckte das Mädchen auch vor den übelsten Etablissements nicht zurück. Gerade ging sie in eine Taverne, deren Besucher zum einem großen Teil aus Orks bestand. Ino hatte gehört, dass dort zur Zeit ein alter Ork auftrat, der einen recht eigenwilligen und gewöhnungsbedürftigen Musikstil pflegte, der allerdings bei seinen Rassengenossen einen gewissen Anklang fand. Nun ja, falls die Orks seinen Auftrag erledigten, würde er ihnen nicht böse sein. Ino hatte auch kein Interesse, die Taverne von innen zu sehen, vor allem, da selbst er in einer solchen Umgebung auffallen konnte. Nachdem das Mädchen die Taverne betreten hatte, schlich sich Ino auf die Rückseite des Hauses. Es war eigentlich eher ein zusammengezimmerter Bretterverschlag. Im Hof stank es nach Exkrementen und Erbrochenem; und es war niemand zu sehen. Geschmeidig kletterte Ino an den Balken nach oben aufs Dach. Vorsichtig schlich er über die hölzernen Schindeln. Über mögliche Geräusche musste er sich bei dem Lärmpegel in der Kneipe keine Sorgen machen, aber er traute der Tragfähigkeit dieser Konstruktion nur bedingt. Als er den First erreicht hatte, war zwar niemand in der Straße unten zu sehen, aber sicherheitshalber legte sich Ino aufs Dach und glitt Richtung Dachkante. Kurz vor der Kante richtete er sich gemütlich ein und wartete.

Mjinn war nahe daran zu verzweifeln. Allein ihr Pflichtbewusstsein trieb sie an weiterzumachen. Als sie die Tür der Taverne öffnete und ihr der beißende Gestank entgegenwehte, unterdrückte sie den Brechreiz und die Verwunderung, dass der Geruch in den Gassen noch zu übertreffen war. Im Vergleich zu der sich der Nacht entgegenreckenden Dämmerung war es in der Kneipe noch gut beleuchtet, so dass sie auch den Grund für den Gestank erkennen konnte: Orks. Fast die Hälfte der Gäste waren Orks oder hatten zumindest einen guten Anteil orkischen Blutes abbekommen.
Mühsam schob sie sich durch die Gäste zu der Bar. Sie hatte in den letzten Tagen durchaus gelernt, dass man in diesen Absteigen nicht nach Tischen suchen musste und schon gar nicht an einem solchen bedient wurde. Ihr Meister hatte durchaus Recht gehabt, als er gemeint hatte, dass diese Aufgabe und die Reise für sie lehrreich werden würde.
Zwischen zwei fetten Ärschen war noch ein freier Hocker an der Bar und Mjinn zwängte sich auf ihn. Als der Barkeeper sich dem neuen Gesicht zuwandte, bestellte sie ein Bier; ein anderes Getränk würde er sowieso nicht haben und sie war die Diskussionen über qualitativ hochwertige Getränke inzwischen leid. Barkeeper waren rationalen Argumenten über meist nicht zugänglich und die meisten Gäste verhöhnten sie anschließend nur, was es nicht einfacher machte, ein sachliches Gespräch mit ihnen zu beginnen.
Mjinn wusste, dass sie erst das Bier in der Hand benötigen würde, um mit einem der Gäste anstoßen zu können und damit dann ein Gespräch zu beginnen. Sie schaute sich um und bemerkte, dass es in der Kneipe heute wohl auch Musik gab. Auf der improvisierten Bühne stand ein alter grauer Ork mit einer Gitarre. Einer Gitarre. Trommeln oder irgendwas Primitives zum Blasen hätte Mjinn jetzt erwartet. Aber nicht ein filigranes Instrument wie eine Gitarre in den Händen eines Orks. Gut, sie war etwas grob gefertigt und sah nicht allzu kunstfertig aus, aber immerhin. Sie musste wohl einige ihrer Vorurteile gegenüber Orks revidieren.
Der alte Ork schien hier schon bekannt sein und einen gewissen Ruf zu genießen. Ein großer Teil der Gäste skandierte seinen Namen, es klang nach "Tork". Der Ork wollte wohl die Stimmung noch ein wenig einheizen. Mit der ans Ohr gelegten Pranke schien er den Gästen zu signalisieren, dass ihre Lautäußerung noch nicht ausreichend war. Und diese ließen sich nicht bitten und schrien nach lauter. Das stellte ihn wohl zufrieden und er machte sich bereit zu spielen. Auch Mjinn war gespannt. Sie bekam ihr Bier, nahm einen Schluck und beschloss, die Gespräche zu verschieben und erstmal entspannt der Musik des Gitarrenspielers zu lauschen.

Sie verschluckte sich, musste husten. Als sie sich mit beiden Händen die Ohren zuhielt, ließ sie das Bierglas fallen. Das Glas zerschellte auf dem Boden, das spritzende Bier brachte ihr empörte Blicke der Umstehenden ein, die sie aber gar nicht mehr bemerkte. Die Geräusche, die enstanden als der Ork in die Saiten griff und dazu losbrüllte, waren zuviel für ihre Ohren gewesen. Sie hatte mit einem sanft perlenden Gitarrenspiel gerechnet, aber nicht damit. Und er hörte nicht auf. Selbst die gedämpften Töne, die durch ihre Hände noch ihr Ohr erreichten, waren eine Qual. Sie hatte schon viel ertragen in den letzten Tagen, vielleicht schon zuviel, aber so etwas war die reine Folter. Sie konnte nicht anders als von ihrem Hocker herunter in die Bierpfütze zu springen und lauf zu rufen: "Aufhören, sofort aufhören". Ihre Stimme, die an und für sich recht angenehm war, überschlug sich und es kam ein lautes hysterischen Kreischen von ihren Lippen.

Es wurde plötzlich sehr still in der Taverne, auch der Ork hatte aufgehört, das Instrument zu malträtieren. Mjinn war dankbar und erleichtert, dass die Qual aufgehört hatte. Bis sie die Gesichter der anderen Gäste wahr nahm. Verwirrung, Ablehnung, Wut und Empörung konnte sie darin lesen. Es wäre wohl besser gewesen, einfach die Taverne zu verlassen, aber sie hatte die Kontrolle verloren. Nun war die Frage, wie sie mit möglichst wenig Blessuren zur Tür gelangen würde.
Dann fiel ihr Blick auf den Ork mit der Gitarre. Er hatte die Bühne verlassen und kam durch die Menge, die ihm den Weg frei machte, direkt auf sie zu. Sein Gesichtsausdruck zeigte nichts als nackte Wut. Als er sich vor ihr aufbaute, war sie in ihrer momentanen Verfassung durchaus eingeschüchtert.

Er öffnete seinen Mund und sie konnte die Speichelfäden erkennen, den Biergestank riechen.
"Ey du" und bei dem 'du' stieß er ihr den Zeigefinger so heftig vor die Brust, dass sie in ihrer Verwirrung sogar nach hinten fiel. Er baute sich weiter vor ihr auf, als sie am Boden lag. "Was glaubst du eigentlich wo du hier bist, du Pisser? Wenn dir meine Musik nich passt, dann kannst du dich ja verpissen, Pisser! Ich hab ja nix gegen kreischende Groupies, zuminnest wennse gutaussehend sinn. Aber du gehörst wohl nich dazu." Er holte tief Luft und steigerte dann die Lautstärke seiner Stimme nochmals: "Und nu verzieh dich!"

Eingeschüchtert und nicht mehr Herr ihrer Gedanken und Handlungen, kroch Mjinn rückwärts vor diesem Monster davon, das ihr nun folgte und sie unter dem Applaus und der Anfeuerung der anderen Gäste mit Beleidigungen und Flüchen in Richtung Türe drängte. Endlich spürte sie die Tür in ihrem Rücken und tastete mir ihrer Hand nach der Klinke und zog sich daran hoch, drückte die Klinke dabei herunter und wäre fast noch gestolpert. Sie öffnete die Tür und drängte sich rücklings durch den Spalt. Ein lautes Gelächter und Gegröle begleitete ihren unrühmlichen Abgang. Dann zog sie die Tür hinter sich zu.

Tork war in Hochstimmung. Er fühlte sich in dieser Kneipe als Künstler so richtig geschätzt. Und als diese Zicke sich wie eine Furie aufgeführt hatte und ihn von der Bühne runterschreien wollte, da hatte er es ihr aber so richtig gegegeben. Die doofe Schlampe hatte er aber sowas von fertig gemacht, die würde nie mehr was gegen seine Musik sagen. Und die anderen Gäste waren seiner Meinung gewesen und hatten ihn angefeuert. Oh ja, jetzt war richtig Stimmung in dem Laden, sowas hatte er schon lange nicht mehr erlebt. Das war sein Abend, er würde auf der Bühne alles machen können und die Leute würden ihm zujubeln und ihn vergöttern, oh ja. War es nicht das, was dieses Leben als Rock'n Roller ausmachte? Die Anerkennung des Publikums? Tork hatte sich schon lange nicht mehr so gut gefühlt. Er fühlte sich zehn, ach was, zwanzig Jahre jünger. Adrenalin peitschte durch seinen Körper.

Doch woher kam dieser schale Geschmack im Mund, das Ziehen in der Brust. Der Rausch drohte zu verfliegen. Als er wieder klarer im Kopf wurde, wusste er es. Es war nicht richtig gewesen, das Mädchen so fertig zu machen. Ok, Rock'n Roller machen sowas, das gehört zum Geschäft. Aber irgendwie konnte er nicht auf die Bühne zurückgehen. Scheiß Gewissen, es versaute einem die schönsten Momente. Noch zögerte er, aber er wusste, dass er sich bei ihr entschuldigen musste, irgendwie. Sie hatte seine Musik nicht ertragen und "Aufhören" gerufen, es gab nichts Schlimmeres für einen Musiker, sie hatte ihre Abreibung verdient. Allerdings war seine Art der Musik schon ein wenig speziell und er wusste das. Aber er hatte ihr nichts getan und sie nur wenig angebrüllt, das musste sie schon aushalten. Und sie zu Boden gestoßen und vor sich her durch die halbe Taverne bis zur Tür getrieben...
Der tiefe Seufzer durchlief seinen massigen Körper: "Ach Kacke." Unter den irritierenden Blicken der Gäste wandte sich Tork zu der Tür, durch die zuvor das kleine Mädchen geflohen war.

Mjinn unterdrückte den Drang kopflos durch die Gassen davon zu rennen. Sie fokussierte ihren Geist und atmete tief ein. Es war ja nichts passiert. Sie hatte sich in einer Spelunke blamiert und war entwürdigt worden. Aber sie würde keinen der Gäste wiedersehen und niemand von ihren Freunden würde je davon erfahren, auch ihr Meister nicht. Alles kein Problem. Ihre Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit und sie konnte die Schemen der Umgebung erkennen. Mit festem Schritt machte sie sich auf den Weg. Sie würde nun ihr Quartier aufsuchen und lange schlafen und sich morgen wieder ausgeruht ihrer Aufgabe widmen.
Nach ein paar Schritten hörte sie, dass die Türe der Kneipe erneut geöffnet wurde. Sofort schnellte ihr Puls wieder in die Höhe. Sie bezwang die Panikreaktion und anstatt loszurennen, drehte sie sich langsam um.

Als nach dem Tumult die Türe geöffnet worden war, war Ino aufmerksam geworden. Er hörte das heftige Atmen und als wenig später die Frau in sein Blickfeld trat, musste er innerlich grinsen. Der Tumult hatte wohl ihr gegolten. Sie hatte wohl im falschen Moment zuviele Fragen gestellt. Immerhin war sie lebend und auf den ersten Blick unversehrt aus der Sache herausgekommen. Die Gasse vor der Kneipe war jetzt menschenleer und die Gegend hatte einen schlechten Ruf. Das war vielleicht seine Chance. Er visierte sie mit der Armbrust an. Er hörte, dass die Tür erneut geöffnet wurde und sie blieb stehen. Er konnte sein Glück nicht fassen, als sie sich auch noch zu ihm umdrehte. Das war die Chance auf die er die letzten Tage gewartet hatte. Sie war keine 30 Fuß von ihm entfernt und er konnte deutlich die Grube an ihrem Hals erkennen. Sie hatte trotzig den Kopf in den Nacken gelegt. Sein Finger fand den Abzug wie von selbst. Langsam und bedacht erhöhte er den Druck und löste den Bolzen, der mit einem kurzen Ruck beschleunigte. Er beobachtete wie der Bolzen auf sein Ziel zuflog und der Aufprall sie einen kleinen Schritt nach hinten machen ließ.

Tork öffnete die Tür und sah, wie das im Gehen begriffene Mädchen sich nach ihm umdrehte. Er bemühte sich, ein freundliches Gesicht aufzusetzen und überlegte, wie er sie am besten ansprechen sollte. Da sank sie plötzlich zu Boden. Das mit dem freundlichen Gesicht hatte wohl nicht geklappt. Mit einem Seufzen ging er auf sie zu, um ihr aufzuhelfen.

Als Mjinn sich umdrehte, konnte sie den Umriss des Orks mit der Gitarre in der Tür erkennen. Dann spürte sie einen heftigen Schlag auf ihre Kehle und ihr Atem stockte. Sie versuchte, Luft zu holen, aber es ging nicht. Sie drehte den Kopf leicht und konnte den Bolzen erkennen, der ihre Kehle zertrümmert hatte. Die Erkenntnis löste einen Schock aus und ihre Beine gaben nach. Während sie zu Boden ging, schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf: wie hatte er das angestellt? Dann kam ihr die Erkenntnis. Die Gitarre. Er hatte wohl die Saiten benutzt, um den Bolzen auf sie abzufeuern, und einen Glückstreffer gelandet. Wahrscheinlich hatte er sie in den Rücken schießen wollen, um sie dann fertig zu machen. Es war wohl nicht ausreichend gewesen, sie in der Kneipe anzuschreien und herabzuwürdigen. Ob sie nun irgendein Ehrgefühl des Orks verletzt hatte, was nur mit ihrem Tode gesühnt werden konnte, oder ob er nur ein rachsüchtiger Mörder war, war einerlei. Er kam auf sie zu, um sie zu töten. Das war zwar unnötig, da sie sowieso in den nächsten Minuten ersticken würde, aber so würde sie noch ihre Chance bekommen.
Es war bitter. Sie hatte schon gegen einige Gegner gekämpft und nicht alle waren ihre Trainingspartner gewesen. Sie war eine überdurchschnittliche Kämpferin und hätte es mit dem Ork locker aufgenommen. Und nun lag sie hier in einer stinkenden Gasse vor einer heruntergekommenen Kneipe und verreckte, weil ein vollkommen untalentierter Musiker ihre Ablehnung seiner Musik nicht verkraftet hatte.
Sie spürte die Enge in ihrer Brust und spürte, wie ihr die Sinne schwanden. Ihre Hand fand den Dolch unter ihrem Kleid und sie umklammerte ihn mit festem Griff.
Er war jetzt bei ihr, aber sie konnte ihn nur noch schemenhaft wahrnehmen. Als er sich zu ihr herabbeugte, konzentrierte sie sich und fokussierte ihre verbliebenen Kräfte. Sie ließ ihre Hand vorschnellen und spürte den Widerstand als ihr Dolch ihn traf. Dann verließen sie ihre Kräfte und der Dolch entglitt ihren Fingern und fiel zu Boden.

Immerhin lag sie still am Boden und kreischte nicht. Er musste ja einen ziemlichen Eindruck auf solche Frauen machen, wenn sie bei seinem Anblick in Ohnmacht fielen. Als Tork vor ihr stand, sah er das Problem. Ein Bolzen ragt aus ihrem Hals. Soviel zu seinem Charisma. Sie sah gar nicht gut aus. Er kniete sich hin und beugte sich über sie, um den Bolzen herauszuziehen. Der Schütze war bestimmt schon über alle Berge. So lief das hier in den Gassen. Als er nach dem Bolzen griff, zuckte er zurück. Das Biest hatte ihn gekratzt. Mitten über die Wange. Holla, sie hatte ihre Bewusstlosigkeit wohl nur vorgetäuscht, um ihn anzulocken und ihm dann hinterhältig das Gesicht zu zerkratzen. Gut, da war nicht viel Schaden anzurichten. Der Bolzen war wahrscheinlich auch nicht echt. Tork richtete sich wieder auf und sah mit Verachtung auf die Frau herab. Plötzlich wurde ihm leicht schwindlig und sein Blick fiel auf den Dolch neben der Frau. Es waren wohl doch nicht ihre Fingernägel gewesen. Der dunkle Schimmer auf der Klinge, das Brennen der Wunde und der einsetzende Schwindel ließen wenig Rückschlüsse zu. Tork verfluchte sie. Sie hatte die läppische Szene in der Kneipe zum Anlass genommen, ihn zu töten. Wegen so einer Lappalie musste er den Löffel abgeben. In einer Gasse dahingemeuchelt anstatt an einem Herzinfarkt auf der Bühne zu sterben, oder am übermäßigen Genuss von Alkohol und anderen Drogen, wie es sich für einen Rocker seines Formats gehörte.
Sein Herz hörte auf zu schlagen und er sank neben der Frau zu Boden.

Ino war verblüfft. Zuerst war er leicht verärgert, als ein Zeuge aus der Kneipe trat und auf die Frau zu ging. Es war normalerweise nicht die Art der Besucher der Taverne, sich um die zu kümmern, die in der Gosse lagen. Dieser Ork machte da wohl eine Ausnahme. Ein Zeuge war ein kleiner Makel bei diesem Auftrag, der bisher so perfekt gelaufen war. Doch die Frau hatte wohl noch eine Rechnung offen und den Ork mit ihrem Dolch verletzt. Nachdem der Ork neben ihr zusammengebrochen war, war offensichtlich, dass Gift im Spiel war. Ino hätte fast laut gelacht. Die zwei hatten in der Kneipe Streit gehabt und es dann auf der Gasse ausgetragen und waren dabei dummerweise beide ums Leben gekommen. Kein Hinweis auf irgendwelche Einwirkung Dritter. Perfekt.
 

Enigma

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Sheera Li

Der Ork hustete und spuckte einen hässlichen Schleimbatzen direkt auf Mjinns Füße.
„Da hast du meine Antwort.“
Die Mönchin starrte dem grünen Ungetüm weiter fest in die Augen. Nur kurz hatte sie ihren Fuß etwas bewegt, damit der Schleim ihn nicht traf.
„Ich möchte Euch noch einmal höflichst bitten mir zu helfen. Es ist offensichtlich, dass Ihr das Herz des Fischers verunsichert habt. Sein Geist war getrübt von Eurem Lied und seine Seele gefangen in einem Wunschtraum.“
Tork lachte höhnisch.
„Hat der Kerl sich in mich verknallt oder was? Der soll sich bloß verpissen, ich steh nich´ auf Schwuchteln!“ Und mit einem Seitenblick auf Mjinn fügte er hinzu: „Und auf Mannsweiber steh ich auch nich´. Lass dir mal nen ordentlichen Busen wachsen, dann reden wir weiter!“
„Eure Beleidigungen prallen an mir ab wie Wasser am Gefieder der Wildgänse. Wenn Ihr mir nicht helfen wollt, werde ich Euch dazu zwingen müssen.“
Schallendes Gelächter quittierte ihre Aussage. Die Gäste, welche die Diskussion im Schankraum schon seit ein paar Minuten mit Spannung verfolgten, hielten sich vor Lachen die Bäuche. Da stand diese kleine Menschenfrau, barfuß und in ärmlichen Kleidern vor ihrem Lokalhelden, dem berühm-berüchtigten Orkbarden Tork. Seine imposante Statur überragte Mjinn um wenigstens 3 Köpfe und sein wildes Aussehen hätte erfahrenen Männern das Fürchten gelehrt.
Und dennoch forderte diese kleine Frau ihn heraus.
Tork stellte seinen Bierhumpen ab und beugte sich zu Mjinn hinunter. Ihre Gesichter trennten jetzt nur noch Zentimeter. Die Gäste lehnten sich in den Stühlen weit zurück und hielten den Atem an.
„Und wie genau willst du das anstellen, Menschlein?“ Seine kratzige Stimme hatte einen provokanten Unterton.
Mjinn blinzelte nicht. Sie lächelte auch nicht.
Mit einem kurzen, heftigen Tritt traf sie Tork zwischen die Beine. Er krümmte sich nach vorn. Die männlichen Gäste ließen ein gemeinschaftliches Zischen erklingen. Mjinn packte Tork an seinen schwarzen Haaren und ließ auch sein Gesicht Bekanntschaft mit ihrem Knie schließen. Ein leises Knacken ertönte und ein Schwall Blut schoss aus Torks großer Nase. Dann sackte er keuchend neben Mjinn zusammen.
Der Schankraum war totenstill. Niemand rührte sich vom Fleck.
Mjinn ließ sich im Schneidersitz neben Tork nieder. Seine Hände hatte er in die Körpermitte gepresst und er rang nach Atem. Geschrieen hatte er nicht. Mjinn streckte die Hand nach seinem Gesicht aus. Wiederum erklang ein kurzes Knacken, eine weitere Blutfontäne ergoss sich über ihre Hand.
„Dein Körper wird heilen, doch wenn du auch deiner Seele Frieden schenken möchtest, sag mir bitte, welche Geschichte du dem Fischer erzählt hast. Es ist wichtig. Seine Frau grämt sich vor Schmerz und du bist mitschuldig daran. Darum lasse ich dich an den Schmerzen teilhaben.“
Tork blinzelte aus seinen zusammengekniffenen Augen hervor.
„Verreck doch!“ zischte er aus dem Mundwinkel.
Im Schankraum kam Bewegung auf. Ein junger Mann schob sich zum Kampfschauplatz und sah mitleidig auf Tork hinunter.
„Lasst unseren Barden heil, gute Frau. Wir bekommen hier nur wenig Unterhaltung.“
Mjinn sah auf in ein blasses und undurchdringliches Gesicht. Es war ein Mann mittleren Alters, der gesprochen hatte. Mjinn fiel bis auf eine Armbrust, die auf seinen Rücken geschnürt war, keine Besonderheiten an ihm auf.
„Der Fischer, von dem Ihr da sprecht, ist vermutlich der junge Kaj? Er kommt selten in unsere Schänke. Sein Haus liegt ja ein wenig abseits. Was ist mit ihm geschehen?“
Mjinn ließ Tork nicht aus den Augen.
„Seine Frau weint sich die Augen aus. Er sitzt tagein tagaus am See und wartet auf eine Art Göttin, die aus den Fluten zu ihm hinaufsteigen soll. Er erzählt nur von der wunderbaren Frau auf die er wartet und hat seine Frau völlig vergessen. Sie erzählte mir, dass Kaj sich verändert hat, seit er das letzte Mal diese Schänke besuchte. Ein Barde habe ihm von einer Legende um den See erzählt.“
Tork grunzte.
„Das war ´ne Legende, man! Eine Geschichte, ´n Märchen! Hat der Trottel das echt geglaubt?“
„Seid bitte still Tork. Seid ihr nicht schon übel zugerichtet genug?“ Der Mann wandte sich zu Mjinn. „Mein Name ist Ino. Wie es der Zufall will, habe ich einige Erfahrungen mit Zaubereien dieser Art. Kaj könnte unter einer Art Bann stehen. Vielleicht sogar etwas, wofür der arme Tork hier nichts kann? Ich werde Euch begleiten und mir die Sache einmal ansehen, wenn Ihr unseren Barden nur nicht weiter zurichtet.“
Mjinn sprang auf die Beine und verbeugte sich vor Ino.
„Ich danke Euch. Euer Edelmut ist lobenswert.“
Ino verriet mit keiner Regung seines Gesichtes, was er dachte. Er überprüfte nur noch einmal den Sitz seiner Armbrust, dann marschierte er, ein wenig hölzern, an Mjinn vorbei, aus der Taverne hinaus.
Mjinn wollte ihm grade nachgehen, als sie am Bein gepackt wurde.
Tork sah zu ihr auf.
„Was is mit mir? Willste mich hier liegenlassen?“
„Tork, du kannst dich kaum bewegen…“
„Dank dir du Kröte!“
„Es musste doch echt aussehen oder? Komm uns nach, wenn du wieder laufen kannst.“
Mjinn legte ihm rasch eine Hand auf die Stirn und man hörte ein erleichtertes Aufatmen von Tork.
„Irgendwann krieg ich doch noch mal dafür!“
„Möge die Weisheit auch dich erleuchten, mein Freund.“
Tork grunzte und rollte sich über den Boden. Mjinn lief schnellen Schrittes aus der Taverne und holte wenige Augenblicke später Ino ein.
„So habt Ihr also Erfahrung im Umgang mit diesen Bannzaubern?“
„Ein wenig. Kaj sagtet ihr, war der Name des Mannes?“
„Ja, er und seine Frau wohnen…“
„Am See in einem Haus. Ich weiß.“ Er machte eine unbestimmte Geste mit der Hand.
Mjinn runzelte die Stirn.
Das Gesicht dieses Mannes war schwer zu lesen, noch schwerer aber war es, sein Herz zu lesen. Er musste unendliche innere Ruhe haben. Ihr Meister hatte einmal davon gesprochen. Ein Schlag, mit der Faust ausgeführt, ist unabwendbar, solange das Herz dabei in innerer Ruhe verweilt. Ein Pfeil wird nie sein Ziel verfehlen, ist derjenige, der ihn schießt, frei von Emotionen. Mjinn hatte die Lehren der Meister in sich aufgesogen. Das Herz beruhigen und ohne Angst, Hass oder Zweifel eine Bewegung ausführen. War dieser Mann gar ein Meister?
Hatte sie überhaupt eine Chance ihn zu stellen, wenn er ihr so sehr überlegen war?
Mjinn schüttelte unmerklich den Kopf. Keine Zweifel. Nicht jetzt. Seit Wochen nun verfolgten sie einen Mann, der einem Schatten gleich jeder Hand entwischte, die ihn zu greifen versuchte.
Es hatte eine Unmenge an Arbeit und Gold verschlungen, ihn ausfindig zu machen. Durch harte Arbeit und stete Ermittlungen, war es ihr gelungen eine Fährte zu setzen, Tork im Heimatdorf Inos zu platzieren und somit stetig Informationen zu erhalten. Ino plante wieder einen Mord. Er wollte Kaj. Sie wusste nicht, warum Ino das wollte. Sie kannte weder seine Auftraggeber, noch seine Motive. Wichtig war nur, dass er ihr gegenüber seine wahren Absichten zeigte. (Sie brauchte Beweise). Dringender noch als ein Motiv brauchte sie Beweise. Sonst waren ihr die Hände gebunden.
Wut kochte in Mjinn hoch. Mit zusammengebissenen Zähnen sog sie scharf die Luft durch die Nase. Tief atmete sie ein und aus um sich zu beruhigen.
Keine Emotionen! Sie würden sie verwundbar machen. Kein Hass. Hass bedeutete Schwäche.
Atmen.
„Nun, es ist ganz so wie Ihr beschrieben habt.“
Mjinn schreckte aus ihren Gedanken. Sie war unaufmerksam gewesen. Innerlich schalt sie sich dafür.
Ino und Mjinn erreichten das Haus des Fischers. Auf einer kleinen Klippe, unter der an einem Strand ein Boot festgemacht war, saß Kaj und starrte auf die Wellen. Irena war nicht zu sehen. Mjinn schluckte. Sie musste jetzt jeden Moment gefasst sein. Kajs „geistige Verwirrung“ war zwar nicht geplant gewesen, aber sie kamen den Ermittlungen sehr zu Gute. Unter dem Vorwand ihm zu helfen, hatte Mjinn Ino hierher geführt. Hier könnte sie ihn auf frischer Tat ertappen.
Mjinn bemerkte eine Bewegung neben sich und wollte schon zum Sprung ansetzen. Doch Ino kratzte sich nur am Rücken und ging interessiert auf Kaj zu. Mjinn folgte ihm dicht auf.
Er schnippte ein paar Mal vor Kajs Nase herum. Dieser machte nicht einmal die Anstalt ihn zu verscheuchen. Kaj saß nur stumpfsinnig da und starrte in Leere. Sein Gesicht war abgemagert und unter seinen Augen sah man dunkle Ringe.
Ino kratzte sich wieder am Rücken.
Dann geschahen mehrere Dinge gleichzeitig. Mjinn hörte, wie die Tür zum Haus geöffnet wurde. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Ino in einer fließenden Bewegung herumfuhr. Er stieß Kaj von der Klippe in den See und feuerte gleichzeitig eine winzige Armbrust ab, die er plötzlich in der rechten Hand hielt. Der Hand, mit der er sich vorhin den Rücken gekratzt hatte.
Mjinn konnte nicht mehr sehen, wohin der Bolzen flog. Sie war zu Kaj gestürzt und hatte ihn grade noch an der Hand erwischt. Schwer atmend hing sie über der Klippe. Mit der linken krallte sie sich in ein Gasbüschel. Die Knöchel tragen weiß hervor und trotzdem rutschte sie noch ein Stück weiter. Kaj machte keine Anstalten zu helfen.
„Verfluchter Bastard!“ zischte Mjinn zwischen ihren Zähnen hervor. „Du neunmal verfluchter Bastard!“
Inos ausdrucksloses Gesicht schob sich halb in Mjinns Blickfeld.
„Wusstet Ihr, dass Kaj der neunte Ehemann von Irena war? Und er wäre sicherlich nicht der Letzte gewesen. Ich musste ihrem Treiben ein Ende setzen. Ihre verfluchte Gabe zieht zuviel Aufmerksamkeit auf sich.“
Mjinn traten vor Anstrengung die Adern an der Schläfe hervor. Nein!, dachte sie. Nein verdammt!
„Es tut mir leid. Ihr werdet noch ein wenig den guten Kaj halten müssen. Rettet ihn nur, er hat sich keines magischen Verbrechens schuldig gemacht.“
„Bleib hier!“ presste Mjinn hervor.
„Bleib hier, stell dich…deiner Strafe, du Mörder!“ Kaj drohte ihr aus den Fingern zu rutschen. Es kostete sie alle Anstrengung ihn zu halten. Nicht loslassen!
„Lebt wohl. Wir werden uns nicht wieder sehen.“ Mjinn hörte das Blut in ihren Ohren rauschen. Das Rauschen und die sich entfernenden Schritte von Ino machten sie unglaublich wütend. Mit der rechten hielt sie Kaj, mit der Linken sich selbst und Kaj. Die Wut suchte sich ihren Weg. Heiße Tränen liefen ihr über das Gesicht. Das Gefühl, versagt zu haben. Jede Träne war ein sichtbares Zeichen für ihre Schande.

Tork kaute lustlos auf einem Stück Trockenfleisch herum.
„Warum müssen wir schon weiterziehn´? War doch n netter Ort, so mit geregelten Mahlzeiten und so.“
Mjinn saß im Schneidersitz auf einem Stein. Ihr Atem ging ruhig und war so flach, dass man meinte, sie müsse tot sein.
„Heey, zieh´nich wieder so ne Show ab! Das is meine Aufgabe! Verdammt noch mal.“
Mjinn schlug die Augen auf und sah Tork an.
„Glaubst du ich habe die Lehren der alten Meister nicht verstanden? Bin ich vielleicht nicht in Harmonie mit mir selbst und habe deshalb versagt?“
Tork grunzte.
„Keine Ahnung wovon du redest, Kleine, aber der Tag is‘ noch jung. Lass uns schnell wieder nen Ort finden. Du kannst ja dann noch mal von vorn anfangen. Ich begleite dich noch ne Weile. Wie siehts aus?“
Mjinn sah mit ihren grauen Augen zu Tork.
„Meinst du, die Weisheit wird auch mich eines Tages erleuchten?“
„Klar, die wird dich sowas von den Füßen hauen, sag ich dir. Und im gleichen Atemzug kriegst du nen richtigen Busen!“
 

Timestop

Running out of Time
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So, in aufkeimender Verwirrung über das Abstimmsystem hab ich mich am spontan dafür entschieden 2 Stimmen zu vergeben, eine für Kraven und eine für Maus. In der knallharten Welt der Sieger und besiegten im Nachhinein etwas unbefriedigend, kann man auch allen 3 eine Stimme geben? Das wäre ja eigentlich das gleiche wie Nichtvoten bei Zweierbegegnungen.:hae:


Nun, zur Kritik.

Kravens Werk ist an sich toll. Er nutzt die spärlichen Informationen über Sheeras Charakter um daraus den sympathischen Charakter des naiven Prügelmönches zu machen, wie aus einem Eastern mit Jackie Chan, nur weiblich und besser. Er muss dabei gar keine Kampfszenen zeigen, nur kurze Erinnerungsfetzen reichen um alles klarzustellen. Besser.:D
Die Story die darum gespinnt ist, mit Einbeziehung des Themas, ist fantastisch modelliert, Maus glatten Scharfschützen finde ich super getroffen und eingearbeitet. Aber ach, da passiert ihm das gleiche wie Dargh, sein Roman kommt nicht zur Vollendung (wenn auch nicht so schlimm wie bei Dargh, der eine noch voluminösere Umwelt entworfen hatte).

Da stösst dann Maus in die Lücke. Gegen Ende wird sein Werk hervorragend und alle Fäden laufen zusammen, bis er sie abbeisst. Sein Tork ist zwar weniger Philosoph als bei Kraven und Sheeras Mönch ist auch anders ausgelegt (schwächer, menschlicher), aber das Ende (wenn auch vorrausschaubar bzw. so hätt ichs auch gemacht:D) passt. Er macht seinen Ino zum klaren Punktsieger über beide durch Geschick und weil er zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist.

Sheera macht dann aus Tork einen Komplizen, aus ihrer Mjinn eine Konfuzianerin mit gutem Herz. Und Ino wird ein Assassin für die gerechte Sache. Oder? Die Offenheit die hier einigen Fragen gelassen wird empfinde ich als gute Würze.
Auch wenn das Ende irgendwie Maus zum Sieger und die beiden anderen zum Duo geprügelter Hund und moralisch bzw. emotional (An)Geschlagene macht, hier tuts mir im nachhinein am meisten Leid nicht noch einen Punkt für Sheera spendiert zu haben.

Interessant fand ich noch das sowohl Maus als auch Sheera Tork viel offenherziger gestaltet haben, während er sich bei Kraven zurückhält und selbst in seinen Gedankengängen irgendwelche sexuellen Andeutungen verkneift.
 

Micha

Kutte
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Bauchentscheidung für Kraven. Bei seiner Geschichte hab ich spontan gedacht "das ist die beste Geschichte dieses Wettbewerbs bisher" - und auch, wenn mir beide anderen Geschichten ebenfalls sehr gut gefallen haben, ist der Eindruck geblieben.
 

Irotor

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Dann wollen wir uns mal die Geschichten vornehmen, vorweg, ich werde nur einen Punkt vergeben.

Da wäre zuerst Kraven, bei ihm fällt auf Anhieb der meiner Meinung nach sehr gute Stil auf, kurze Sätze, die den inhalt in winzige Sinnabschnitte einteilen und doch direkt Lust machen, hinter den nächsten Punkt zu schauen. Genauso kann man die Dialoge bewerten, die gut zu den Charakteren passen, die Gegensätzlichkeit der beiden Charaktere gut herüberbringen und schlicht und einfach unterhalten, vor allem verwoben mit dem Rest des Textes. Dies ist wohl eine der Geschichten, die mich an den meißten Stellen zum Schmunzeln gebracht haben, wobei die Geschichte nie abschweift, sondern immer an der Sache bleibt. Die Rückblende und die Informationsstückchen, die sich erst nach und nach zusammenfügen, erzeugen ebenso Spannung wie die beiden Stränge, die sich zum Ende immer weiter verdichten (Inos und Torks Perspektive). Ebenso haben mir die Parts von Ino gut gefallen, die auch zeigen, dass er selbst nicht alles unter Kontrolle hat (der Abschnitt mit dem Sekretär). Es endet natürlich an der spannendsten Stelle, die aber doch die richtige dafür ist. Eine rundum gute Geschichte, an der ich nicht wirklich einen Kritikpunkt finden kann, außer das offene Ende, welches aber Geschmackssache ist.

Dann wäre da Maus' Geschichte, an der am Stil ebenfalls nicht wirklich viel zu bemängeln ist, auch wenn er an Kravens nicht herankommt. Sonst kann ich hier nicht viel zu schreiben, treffende und glaubhafte Schilderung der beiden Charaktere (am Ende stirbt Mjinn schließlich, da bleibt man nicht völlig emotionslos) und ein Ende, welches sehr schön das Thema miteinbezieht und einen mit einen ironischen Lächeln hinterlässt (welches vielleicht aufgrund der beiden Charaktertode etwas wehmütig ist).

Und dann wäre da noch Sheera Lis Geschichte, wo man am Stil auch nicht wirklich etwas aussetzen kann, die allerdings mit einer gut platzierten Wendung der Ereignisse (im Prinzip zwei, doch die am Ende ist kleiner), die doch die Frage offen lässt, wer wohl wie moralisch gehandelt hat und ob das wirklich der schlechteste Verlauf der Ereignisse war, womti man auch gleich das Thema mit erwischt hat. Auch die Idee, den Jäger zum Gejagten zu machen (und gleichzeitig Jäger sein zu lassen) ist gut gelöst, vor allem, weil die Geschichte sich dadurch nochmal von den anderen Geschichten unterscheidet, die den sich anbietenden Pfad gewählt haben, die Handlung zu beschreiben (Ino jagt die anderen).

Nun, am Ende muss ich ja noch eine Entscheidung fällen: Da wäre die Ironie von Maus, der ungewöhnliche Verlauf von Sheera Li und das offene Ende von Kraven. Offene Enden sind Geschmackssache, aber ich mag sie und damit geht der Punkt an Kraven.
Meinen Glückwunsch, muss mich Micha anschließen, meiner Meinung nach die beste Geschichte im Wettbewerb bisher, etwas vor Zoras und Michas! Wobei ich die von Scot und Lisra noch nicht gelesen habe.
 
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skull

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Puh. Keine leichte Entscheidung, auch nach einer-Nacht-drüber-schlafen nicht.
Ich hatte schon bei Scots und Lisras Geschichten Entscheidungsprobleme, hier ist es nochmal fieser.

Ich bin mir auch nicht im Klaren, wie ich hier am besten Punkte vergeben soll. 2 von 3 finde ich eigentlich fies, da damit der 3. Schreiber ja irgendwie nochmal abgewertet wird. Es wird also nicht mehr die beste Geschichte belohnt, sondern die schlechteste bestraft.:hae: Nur einen Punkt zu vergeben, bringt aber einen Nachteil für den potentiellen 2. Rezipienten mit sich, oh je.:hae:

Tork ist zusammen mit Scots Armand einer der Charaktere, die ich mir am meisten als Gegner gewünscht hätte. Armand, weil ich ihm in seiner selbstgefälligen Allmacht gerne eins ausgewischt hätte; Tork, weil ich ihn für einen der coolsten Charaktere hier im Rennen halte und mir gleich mehrere Dialoge und Szenarien für diesen Char vorschwebten.
Von Kravens Geschichte hier bin ich allerdings leider ein wenig enttäuscht, vielleicht auch einfach, weil meine Erwartungshaltung zu hoch war.

Am Stil der Geschichte an sich ist so nicht viel auszusetzen, Irotor hat das schon gut zusammengefasst. Also hier Daumen hoch :up:.
Für meinen Geschmack ein bisschen viel Expo-Dialog versetzt mit bedeutungsschweren Andeutungen, aber das ist subjektiv. Der Handlungsablauf hätte hier und da etwas klarer sein können, aber ich bin auch ein bisschen doof und faul beim Lesen, und darauf muss man keine Rücksicht nehmen.:D

Problematischer ist, dass sich mir Mjinns Charakter hier nicht wirklich erschließt, Torks Sorge um die kleine zum Ende hin erscheint mir daher etwas unmotiviert.
Maus' Assassine ist von Haus aus farblos und bleibt es auch hier. Die Büro-Szene ist nett und erinnert an diverse Filmvorlagen (inklusive der unter Bösewichten weit verbreiteten schlechten! Managementstrategie den eigenen Auftragskillern zu drohen), erfüllt aber eigentlich keine besondere Funktion und teilt uns nicht viel über Ino mit. (Gleiches gilt für die ausgedehnte Reflektion über die passende Armbrust).
Tork selber ist wie gesagt der coolste Charakter, aber hier ist ihm leider handlungstechnisch die Rolle des Flüchtenden zugeschrieben, innerhalb welcher es schwierig ist, orkbardisches Potential und Lebenserfahrung voll auszuspielen.

Plottechnisch hat sich mir nicht ganz erschlossen, wieso die beiden politisch ja völlig unwichtigen Charaktere Tork und Mjinn nach einer Schlägerei gleich komplette Killerkommandos mit Unterstützung der verhüllten Magier auf den Fersen haben, aber das mag der Notwendigkeit geschuldet sein, 3 Charaktere in einer Geschichte unterzubringen. Respekt dafür übrigens.

Zu Maus. Der armbrustbewehrte Killer kam in der Hintergrundgeschichte wie gesagt ein wenig farblos rüber, und da ändert sich hier nicht viel. Ino reflektiert nicht und hat weder irgendwelche Konflikte noch Rückblenden auf eine schwierige Kindheit zu bieten.
Die Funktion des Charakters besteht darin, auf interessantere Personen zu warten und sie umzubringen.
Das macht natürlich nichts, man kann ja auch eine unterhaltsame Geschichte schreiben, die den Fokus auf die Opfer legt, wie Maus das ja hier auch macht.
Wo Ino zu wenig reflektiert, tun es Mijnn und Tork aber zu viel und an der falschen Stelle. Die beiden sind im Todeskampf erstaunlich rational, viel Dramatik kommt dabei aber nicht auf.
Darunter leidet die Spannung, und die Situation löst sich in meinen Augen viel zu glatt für Ino. Die Schlusspointe kann mich nicht überzeugen. (Ein Bolzen im Hals ist ein deutliches Zeichen für eine Einwirkung Dritter.)

Stilistisch ist das ganze sauber und flüssig geschrieben, mit einem kleinen Stolpersteinchen hier und da. (Die fetten Ärsche.:D)

Shee hatte mich mit ihrer Geschichte mit der Szene im Gasthaus eigentlich überzeugt. Den Dialog zwischen verlebtem Orkbarden und naiv-idealistischer Mönchin hat sie finde ich super hinbekommen.

Für mich passen aber leider auf Handlungsebene zu viele Dinge nicht zusammen. Der Plan, den Auftragsmörder mithilfe eines strategisch plazierten Barden zu überführen indem man dem Killer eine Gelegenheit geben will zuzuschlagen (?), die Tatsache, dass Ino ein identifizierbares Heimatdorf hat, in dem auch das vermeintliche Opfer lebt, bei einer Frau, die unbehelligt schon 8 Männer umgebracht hat usw...

Ich muss noch weiter nachdenken, wer den Punkt oder die Punkte bekommt.
 

Lisra

Schmusekater
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Hmm.. Schwierig.

Kravens Story ist mir von den dreien am deutlichsten im Kopf geblieben, weil sie das Dilemma der Figuren deultich macht, interessant erzählt wie es dazu kam und ein ganz drastisches Ende hat - es steckt dort am meisten für mich drin.

Maus liefert von den dreien den geschliffensten Stil, aber es sprach mich kein Stück an. Es ging gerade von A nach B und am Ende sind fast alle tot, der Killer hat sein Werk getan und geht sich vermutlich einen Kaffee holen. Stilistisch einwandfrei, aber spricht mich nicht an.

Sheera hat den besten Plot, aber hadert finde ich noch ein wenig mit sich und ihrer Figur, sodass das Ergebnis nicht so schön ist wie erwartet. Trotzdem ist die Handlung interessant und am Ende präsentiert sich das Thema sehr schön: Welche der Handlungen war jetzt gerecht?

Punkt für Kraven und Sheera.

Auf mehr. :)
 

Timestop

Running out of Time
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Ich möchte dem knochigen Mitgeschworenem in einigen Punkten zustimmen und anderen nicht, die ich vergass zu erwähnen.

Dass Ruzdar nachdem er und Schwesterchen schwer gedümitigt wurden, seine Beziehungen bei den Verhüllten spielen lässt, um da eine Schuld einzulösen weil er dort sonstwem einen ge.. Gefallen getan hat wird doch klar gemacht. Jetzt kann man darüber diskutieren ob die Diebesgilde sich nicht selbst so jemanden leisten könnte und warum die Verhüllten dafür hinzugezogen werden müssen, aber vielleicht will er Geld sparen. Und Tork hat in seiner Angst mit ganzen Killerkommandos halt übertrieben, ist ja am Ende scheinbar doch "nur" ein hochgelevelter Scharfschütze geworden (obwohl, fehlt ja noch die Fortsetzung).
Und Tork ist halt einer dieser Anti-Helden die am Ende doch zurückkommen um den Kumpel vor den Tie-Fightern zu retten, daher seine nichtrationalen Einmischungen.

Den Todeskampf der zwei bei Maus, bei dem beide wirklich noch ganz schön viele Gedanken fassen, fand ich auch komisch. Andererseits hatte ich noch keine Nahtoderfahrung um bestätigen oder widerlegen zu können ob man dabei noch ein Schachrätsel lösen kann.
Das die Wache den Bolzen als "och, da wird jemand die Armbrust geklaut haben oder so" abtut, da es ja keine CSI-Detectives sind und Pelle gerade andersweitig beschäftigt, scheint mir dagegen durchaus nachvollziehbar.


Was ich tatsächlich total verdrängt habe: Ich kriege jetzt nach nochmaligen durchgucken die Story bei Sheera auch nicht zusammen.:wunder:

Es muss also so gewesen sein, Holmes:
Ino arbeitet als Magiertöter, das implizieren Sätze wie "Ich musste ihrem Treiben ein Ende setzen. Ihre verfluchte Gabe zieht zuviel Aufmerksamkeit auf sich." und "Rettet ihn nur, er hat sich keines magischen Verbrechens schuldig gemacht."
Irena ist eine Lebensausaugende Hexe, die sich der Verfolgung bewusst ist und die Reste des A-Teams (Mjinn und Tork) um Hilfe fragt und Ino als Serienkiller darstellt, der ihren Mann Kaj töten wolle. Sie schlägt vor die Geschichte von "der Göttin aus der See" zu verbreiten von der sie weiss, dass sie Ino auf ihre Fährte bringen würde. Bei seiner Ankunft würde sie selbst oder Mjinn und Tork ihn dann töten können.
Ich liebe es wenn ein Plan nicht funktioniert.
Aber wieso glauben die beiden dann, dass Ino durch die Geschichte auf Kaj aufmerksam würde und mit ihnen dahin gehen? Holmes, helfen sie mir.
 

Darghand

Einer von vielen
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Uff.

Aus Geiz vergebe ich nur einen Punkt.

Kravens Text entspricht von allem was ich bisher so gelesen hab am allermeisten dem einer Kurzgeschichte. Ist alles drin: Spannungsbogen, zig Rückblenden um den Leser zum Weiterlesen zu treiben, zwei sympathische Helden und Ino als Antagonist. Der Stil ist klasse und wird ohne Brüche durchgezogen. Auch sehr schön sind die Bilder, die erzeugt werden: Ino, der Unnahbare, schlürft bei feiner Adresse Tee, während sich die Helden die meiste Zeit über in einem finsteren nassen Keller verstecken und mit ihrem Schicksal hadern.
Minuspunkte gibt's allenfalls dafür (und das ist nur persönlicher Geschmack, keine Kritik am handwerklichen Können), dass das Ganze am Ende unbedingt in den Sin-City-Hartigan-mäßigen Twist "Ein alter Mann stirbt. Ein junges Mädchen lebt. Fairer Tausch" umschlägt. Das Ende empfinde ich nicht als offen, in meinen Augen ist ziemlich klar, wo der Bolzen landet.

Sheeras Storyidee fand ich gut, das Ende kam überraschender als bei Kraven. Was der Geschichte nicht geschadet hätte wäre etwas mehr Ausführlichkeit (das sagt der Richtige :rolleyes: ). Um den Twist am Ende zu kapieren musste ich mehrmals nachlesen. Super hingegen: die Geschichte bleibt nicht in der Luft hängen, sondern das Team aus Ork&Mönch ist am Ende wieder vereint: Plan ist schief gegangen, machtnixSchwammdrüber, was liegt als nächstes an?

Den Punkt kriegt am Ende Maus. Erstens weil der auf mich sehr kühl wirkende Erzählstil gut zum Hitman Ino passt, zweitens weil die Fäden schön zusammenlaufen und drittens vor allem weil er sich traut, die eigentlich sympathischeren Charaktere, von denen man auch mehr erfährt, absolut konsequent Inos Können zu opfern. Wie gesagt, die Story passt zu dem Schützen: einmal in Bewegung gesetzt führt eines gnadenlos zum anderen - bis zum bitteren Ende.

Das nächste Mal möchte ich aber bitte mehr von Ino erfahren. Ich weiß nun, dass er funktioniert - aber nicht warum und wozu.
 

Sheera Li

Kaleidoskop
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Zunächst einmal möchte ich mich hier bei meinen Mitschreibern entschuldigen. Mein Char war weder besonders ausführlich, noch hatte er Hintergrund oder Tiefe. Die Geschichte kam ebenso zäh aus meinem Hirn wie ich den Char gesucht habe. Liebe Mitschreiber, ihr verdient echt großes Lob, was ihr aus diesem Häufchen gemacht habt.

Ich gelobe jedoch Besserung. Mein Kampfgeist will erst noch geweckt werden, was unter Zeitdruck und persönlichen Problemen immer ein wenig langsamer von Statten geht.
Ich werde mich mit diesem, meinem Char anfreunden und verspreche, die nächsten Geschichten werden mit mehr Herz, Zeit und Kampfeswillen geschrieben.

In diesem Sinne: *geht weiter lesen*
 

Armanz

Zeitloser Dichter
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Ich mag offene Enden nicht und das von Kraven ist besonders schlimm, trotzdem geht mein Punkt an ihn.
Seine Geschichte war wirklich sehr gut geschrieben und die Charaktaere gut gemeistert.
Ausserdem ein Punkt fuer Maus, weil die Story immer interessanter wird.
Ueber Sheera wurde alles schon gesagt, allerdings werde ich nicht sonderlich schlau draus.
 

Rote Zora

Pfefferklinge
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Vorweg das Unwichtigste: Punkt für Kraven.

Grund: Ich bin ein Fan von seinem Erzählstil. Dabei kommen beide anderen erstaunlich nah an ihn ran.

Maus habe ich mit viel Spaß gelesen. Richtig cool kommt Ino rüber, Darg hat völlig recht: zu einem eiskalten Killer passt auch ein dröger, technischer Stil. Was mich ein wenig irritiert hat, ist der permanente Wechsel der Erzählperspektive, der relativ abrupt passiert. Mal sehen wir das Geschehen aus den Augen Inos, mal aus denen von Mijnn, dann aus der von Tork. Klar, irgendwie muss er das machen, um alle drei Handlungsstränge schicksalhaft zu verflechten - aber mei, bei drei guten Geschichten muss man an Kleinkram rumnörgeln. Die Szene in der Taverne war mir persönlich nicht wirklich plausibel.

Sheera hat mal wieder Punkte gesammelt für ihren Einfallsreichtum. Wie sie die Charaktere zusammenbringt, und das ohne großartige Weitschweifigkeit und dennoch plausibel und originell - da sieht man, was sie kann. Ebenfalls ist es schlicht atemberaubend, wie sie ihren Loser-Charakteren so viel Herz geben kann, dass ich mich zumindest immer spontan in sie verliebe. Aber Sheera weiß selber, wo es noch hakt, insgesamt merkt man den Zeitdruck, das ist alles noch recht roh zusammengezimmert, und hätte hier und da noch etwas Liebe zum Detail gebraucht.

Ganz großes Kino dagegen bei Kraven. Das. ist. cool. Er legt gleich im ersten Post seinen Charakter um. Und man spürt sich selber zu Tymora und allen andern Göttern Faerûns beten, dass noch irgend etwas schief geht. Ladehemmung, Tork stolpert, Mijnn fängt in einem mönchischen Superreflex den Bolzen in der Luft - aber Darg hat recht, das sind des Lesers Wunschvorstellungen.

Und das verrät viel über die Genialität dieser Story. Dass man auf keinen Fall will, dass es schon zu Ende ist. Kravens Wechsel der Erzählperspektive sind wohl dosiert ich weiß als Leser immer, wo ich bin. Seine Rückblenden sind nicht weitschweifig, sondern temporeich. Seine Charaktere alle authentisch. Die Story logisch und trotzdem originell. Die Dialoge herzerfrischend.

Davon will ich noch mehr lesen!
ZORA
 

Mantis

Heilende Hände
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Ich habe für Kraven und Sheera abgestimmt; mit Maus´ Geschichte konnte ich leider nicht so viel anfangen, das liegt aber glaube ich auch an dem Charakter. Ino ist zwar unglaublich effektiv in dem, was er tut, aber - wie auch von den anderen schon erwähnt - man erfährt einfach zu wenig über ihn. Keine erkennbaren Emotionen ausser der Begeisterung über seine Waffe und dem Drang, seinen Beruf zu Ende zu bringen.

Kravens Geschichte fand ich spannender, an Logikfehlern/Ungereimtheiten (wieso auf einmal auch die Verhüllten Magier?) störe ich mich da etwas weniger, weil die Atmosphäre, die er vermittelt, das meiner Ansicht nach wettmacht.
Allerdings fand ich diese Geschichte auch nicht so gut wie anderes, was ich sonst so von Kraven gelesen habe, aber das scheint sich langsam zur Regel in diesem Wettbewerb zu entwickeln :D
Das Ende schafft es tatsächlich, mich meinungstechnisch zu spalten. Einerseits: whoaa, die Dramatik :eek:, und dieses "Neiiiin!"-Gefühl, während Kraven beschreibt wie die zwei Protagonisten in ihren Tod laufen.
Andererseits: der Gedankengang des Orkbarden, dass doch alles gut werden müsste, weil das in den Geschichten ja auch passiert. Gerade er müsste ja über genug Lebenserfahrung verfügen, um zu wissen, dass das im echten Leben nicht so ist ^^
Aber das Andererseits schafft es nicht, mich davon zu überzeugen die Geschichte nicht zu mögen ;)

Bei Sheera war ich auch verwirrt von der Geschichte, macht aber nichts, weil mir Mjinn so sympathisch ist :)
Schade, dass es am Anfang noch nicht für eine ausführlichere Charakterbeschreibung mit Hintergrundgeschichte gereicht hat, sonst hätte ich mich nämlich auch schon früher für diesen Charakter begeistern können ^^
 

Maus

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Ok, ich bin jemand, der die beste Geschichte mit einem Punkt belohnt, auch wenn es die eigene ist.

Hier muss ich allerdings zugeben, dass es die von Kraven ist. Da hat eigentlich alles gepasst. Die Charaktere agieren innerhalb ihrer Fähigkeiten und machen Fehler, sind nicht perfekt. Könnte auch wirklich die beste Geschichte bisher sein (ich bin noch nicht durch).

Bei Sheera passt mir einfach nicht viel zusammen, obwohl die Geschichte an sich ein nettes Überraschungsmoment bietet. Irgendwie passen für mich die Charakter nicht so richtig (Kraven hat z.B. Ino viel besser getroffen, obwohl ich da auch nicht mit allem konform gehe ;) ); schwer das genauer zu beschreiben.

edit:
wenn Ino einen passenderen "Gegner" hat, kann ich vielleicht auch mehr über ihn schreiben; aber das 3er Setting hat diese Lösung geradezu herausgefordert ;)
 

Kraven

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Meine Stimme geht an Sheera. Ob ich die Geschichte hundertprozentig verstanden habe, weiß ich auch nicht, aber ich mag das Charakterspiel, respektive die Twists diesbezüglich. Als ich den Dialog zwischen Mjinn und Tork zum ersten Mal gelesen habe, war ich ziemlich entsetzt und hatte den Verdacht, Tork in der Charbeschreibung nicht gut genug dargestellt zu haben. Ich fand, beide Charaktere wären viel zu überzogen, der ganze Dialog wirkte, als würde hier schlecht geschauspielert.
Und dann kam der erste Twist, und mein Unterkiefer sackte erstmal nach unten. Die beiden haben schlecht geschauspielert. Auch der anfangs in meinen Augen völlig falsch dargestellte Ino konnte sich ja dann später wandeln - als jemand, der sich selbst falsch dargestellt hat. Ich bin begeistert, vor allem weil Sheera im Abschlussdialog zwischen Tork und Mjinn zeigt, dass sie es eben doch kann: Der Dialog klingt auf einmal viel natürlicher und ungekünstelter, einfach, weil hier keiner mehr vor Publikum eine Show abziehen muss.
Darum, weil ich auch jetzt noch davon ziemlich angetan bin, der Punkt.

Maus' Geschichte ist dabei auch sehr gut, aber hier störe ich mich stärker an der Charakterisierung. Weniger von Tork (obwohl ich ihn nicht ganz so ruppig sehe), bei dem Maus sich als einziger, mich eingeschlossen, getraut hat, ihn einfach ohne jede Zensur rumfluchen zu lassen, sondern bei Mjinn. Eine mit Ende zwanzig dann doch schon recht gefestigte Frau, die eins mit sich selbst ist, reagiert wegen ein bisschen lauter Musik derart panisch? Respektive lässt sich, nachdem sie von Kindesbeinen an Kampfkunst gelernt hat, von einem Zeigefinger zu Boden schicken?
Das hat mich nicht wirklich überzeugt, und auch das Ende, dass ich an sich für sehr gelungen halte, weil es den schönsten Twist um das Thema wickelt... Ich komm einfach nicht darüber hinweg. Da hat dieses Mädchen einen Armbrustbolzen im Hals (die dann schon eine ganze Ecke dicker sind als normale Pfeile), und ich sehe sie grade da stehen, röchelnd sich an die Kehle fassend, blutigen Schaum vor dem Mund, das Blut verteilt sich gleichmäßig an den Wänden der Gasse, und Tork kann nur daran denken, was für einen höllischen Eindruck er da wohl grade macht :hae:
Ändert nichts daran, dass die Geschichte gut aufgebaut ist, und der Stil passt wirklich zu Ino wie die Faust auf's Auge. An Sheera kommt es aber meiner Meinung nach nicht ran.

Jetzt zur Fanpost :D ;)
@skull: Vielen Dank für die Kritik. In den meisten Punkten stimme ich mit dir überein, zumal sie beim abgeben auch so ziemlich alles waren, was ich noch von der Geschichte gesehen habe. Ja, da wird wirklich verdammt viel geredet. Nein, Mjinn gewinnt nicht wirklich an Tiefe. Nein, Ino auch nicht wirklich. Der DC bringt Besserung^^
Die Szene mit dem Sekretär war in erster Linie dazu gedacht, um die Verbindung der Verhüllten mit der Diesbesgilde darzustellen, und um Ino zumindest ein bisschen Zeit auf der Bühne geben zu können. Natürlich ist sie ein einzig großes Klischee, aber darum tut es mir nicht leid.
Ich mag diese Klischees.
Ich habe auf die Explosionen und auf die coolen One-Liner verzichtet, man lasse mir wenigstens die Klischees :D
Das Geseiere über die Armbrust... ja. Ich weiß. Ich wollte angeben :shine: Ich hab mehrere Stunden lang über die Bauweise, Schussrate und Einsatzfähigkeit von Armbrüsten recherchiert, um die Szene gut zu schreiben. Nur um dann festzustellen, dass die Szene dieses Wissen eigentlich nicht braucht. Ich hab's dann als inneren Monolog getarnt, damit wenigstens nicht alles umsonst war :rolleyes:
Mit Tork war ich auch nicht wirklich zufrieden in dieser Geschichte. Setting-bedingt. Das ist immer noch Tork, aber es ist Tork in einer Extremsituation. Die ganze Rockstarattitüde lässt sich so halt nicht einfangen, ich hoffe einfach demnächst auf ein Los, bei dem er es ein bisschen ruhiger angehen lassen kann. Vicky, Pelle, Skeira... die Favoriten sind bekannt^^

@Timestop:
Und Tork ist halt einer dieser Anti-Helden die am Ende doch zurückkommen um den Kumpel vor den Tie-Fightern zu retten
:up: :D *nicknick* Grade möchte ich Tork genauso, wie er ist, in ein Star Wars Setting setzen...

@ all jene, die sich wunderten, woher denn plötzlich die Verhüllten Magier kommen: Timestop hat es schon erklärt, aber das Hauptproblem ist einfach, dass Ino kein simpler Auftragskiller ist, sondern ein Auftragskiller, der für die Verhüllten Magier arbeitet. Dementsprechend musste ich die ganze Bedrohung etwas stärker aufblasen, als es nach einer normalen Kneipenschlägerei gerechtfertigt gewesen wäre.

Ansonsten, an alle: ebenfalls danke für die Kritiken, sowohl für den Tadel, der ist wichtig, als auch für das Lob. Kurz vor Abgabe seh ich durch das Überarbeiten eigentlich nur noch die Fehler, es tut gut, wenn einem erklärt wird, dass man dann doch nicht alles falsch gemacht hat.
 

Maus

Senior Member
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kurze Richtigstellung: bei einem zertrümmerten Kehlkopf hat man keinen blutigen Schaum vor dem Mund, das gibts nur bei Lungenverletzungen ;) Und im Gegensatz zu Splatterfilmen blutet das auch nicht stärker als ein Schnitt im Arm ;)
 

skull

Thronfolger
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So, Punkte sind an Kraven und Shee gegangen.

An Kraven, weil eine schöne Frau ja immer noch schön ist, auch wenn sie einem das Herz gebrochen hat...:D
Beste Geschichte der 3 und damit ein verdienter Punkt. Egal wie viel ich rumnölen möchte.:D

Den zweiten Punkt hat Shee bekommen, da mir ihre Geschichte trotz plottechnischer Wirrungen mehr zusagt als Maus' aseptische Killerstory.
Die Handlung inklusive überraschender Wendung hat sich mir bei Shee wie gesagt nicht ganz erschlossen. Maus dagegen geht geradliniger vor und konstruiert einen simplen Plot— der auch nicht überzeugen kann. Je öfter ich mir die Szene in der Taverne ansehe, desto weniger gefällt sie mir. In seinem Setting hätte Maus 10.000 Möglichkeiten gehabt, Tork und Mjinn verzofft vor Inos Flinte landen zu lassen; die Situation, wie sie letztendlich hergeleitet wird, ist enttäuschend.
Insgesamt ist mir Maus Schreibstil auch zu kalt. Das mag zum Inhalt passen, geht bei den schon erwähnten Todeskämpfen dann aber einfach zu weit. Im Endeffekt lässt die Geschichte mich selber kalt.

Um bei den Temperaturanalogien zu bleiben: Shees Charaktere und ihre Geschichte sind wärmer und bereiten mir mehr Spaß beim Lesen.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Mein Punkt ging sofort und eindeutig an Shee. Sie überrascht den Leser mit mindestens zwei kleinen Wendungen, erzählt als Einzige eine echte Geschichte, die nicht nur die drei Protagonisten umfaßt, und ist auch die beste Geschichtenerzählerin, die einen mit realistischen Beschreibungen in ihre Text hineinziehen kann. Damit können die anderen zwei nicht mithalten.

Wieso Kraven für seinen Stil gelobt wird, ist mir unklar. Ich fand ihm am anstrengendsten zu lesen.

Maus war stilistisch schon besser, aber insbesondere das Ende war enttäuschend:
- Vor allem natürlich: man kann seine eigene Kehle nicht ohne Spiegel sehen.
- Wieso um alles in der Welt verwendet eine Mönchin ein vergiftetes Messer ?
- Ich fand es schon bei Kraven unfein, wie die Geschichte endet. Maus hingegen tötet gleich alle beide konkurrierenden Protagonisten, ganz explizit. Ich hoffe ihm fällt das Nächste mal etwas Originelleres ein als diese vorhersehbare Handlung.
- DnD Mönche können eigentlich Geschosse intuitiv abfangen. Ich hatte eigentlich auch von Anfang an fest damit gerechnet, das diese Pointe kommt.
- Außerdem: Wenn einem die Kehle zerfetzt wird, stirbt man nicht daran, das man keine Luft bekommt, sondern das die Pulsadern zum Gehirn unterbrochen werden. Luft bekommt man mit offener Kehle natürlich erst recht gut, das Problem ist da höchstens Blut, das in die Lunge hineinläuft, und das man nicht mehr schreien oder reden kann und es natürlich extrem wehtut.
 
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