Wurde schon viel gesagt, trotzdem noch mal meine eigene Begründung.
Zuerstmal: Wow. Ich weiß, eine Kritik sollte ein bisschen eloquenter sein, aber im Großen und Ganzen - wow. Fantastische Geschichten von beiden Seiten, und jeweils aus ganz eigenen Gründen.
Micha hat eine Stilsicherheit, die in dieser Form meiner Meinung nach ihresgleichen sucht. Da passt jedes Wort, es wird alles plastisch beschrieben, die Verwirrung des erwachenden Paladins genau wie hysterisch dahinrasende Wahrnehmung das Narren.
Und sobald Jared anhebt zu Sprechen, steigert sich das alles noch einmal. Micha haut einem stellenweise die Jamben dergestalt um die Ohren, dass es eine wahre Freude ist. Hier fühlte ich mich wirklich an Mephisto erinnert, der die niedersten Taten auf der höchsten sprachlichen Ebene beschreibt. Mehr davon!
Und die Figur des Jared ist so, wie sie von Micha dargestellt wird, plastisch, dreidimensional, weit mehr als einfach nur ein stereotyper Killerclown. Dieser Charakter hat echte Tiefe, nur eben auf eine massiv gestörte Art, die es so interessant macht, über ihn zu lesen - und die ihn zu einem Alptraum macht für jeden Gegner, der über ihn schreiben muss. Insofern verstehe ich auch, dass Zora Jared mehr als Nietsche Wannabe denn als Pennywize interpretiert hat: diese Form von Wahnsinn darzustellen, ohne dass die eigene Figur komplett untergeht, ist einfach verdammt schwer.
Nach dieser Lobhudelei wartet man ja richtig auf das aber, und... naja.
Aber, Zoras Beitrag.
Stilistisch kommt sie nicht mit, das vielzitierte straight to the top ist das eine, aber auch, wenn der rechtschaffene Paladin auf einmal kurz davor ist, auf den Tisch zu kotzen... what the...
Zora schafft aber etwas anderes, was Micha so nicht hinkriegt. Emotionen. Trotz aller stilistischen Perfektion ist zum Beispiel Michas Kampfszene überraschend blutleer, während Zoras Geschichte, obwohl der Kampf nur auf geistiger Ebene stattfindet, regelrecht die Fetzen fliegen. Da haben wir in der linken Ecke den rechtschaffenden Paladin, mit der Nennung das Wahren, Schönen, Guten bereits automatisch gekoppelt an die kant'sche Moral des Bildungsbürgertums. Und in der rechten Ecke Jared, der sich Nietzsches "Was kümmert mich eure Moral!" einen Tick zu sehr zu Herzen genommen hat. Und dann prallen diese Weltbilder aufeinander, da wird geschimpft, gelacht, gehöhnt, da schaukeln sich die Emotionen hoch. Auch bedingt durch das Layout wirkt das alles sehr dicht gepackt und hat zumindest für mich gerade dadurch eine sehr fesselnde Wirkung.
Ein weiterer Punkt, den Zora besser hinbekommen hat, ist die Charakterintegration. Natürlich ist ihr Jared grundverschieden von dem Michas, aber herrje. Interpretation ist was tolles.
Vor allem aber interagieren diese beiden Charaktere miteinander, die Geschichte ist um sie beide gestrickt, würde ohne sie nicht funktionieren. Während Michas Geschichte ohne Pelle höchstens um ein paar Zeilen kürzer geworden wäre, aber trotzdem noch in ihren Grundzügen die gleiche wäre. Jared wandert in den Knast, bringt drei Wachen um und geht wieder. Pelle ist an dieser Stelle reiner Zuschauer, ist halt einfach da. Kann man so machen, natürlich. Das eng verwebte Mit- und Gegeneinander, das Zora sich zu schreiben bemüht hat, spricht mich aber mehr an.
Und darum, knapper Punkt an Zora. Michas Geschichte hat mich in ihren Bann gezogen, hat einen fantastischen Char und einen Schreibstil, dass man darnieder sinken möchte.
Zora aber schreibt eine intelligente, emotionale Geschichte mit einem sehr interessant interpretierten Gegner, eine entfesselte Diskussion zwischen kalter Logik und im Geiste verwurzelter Moral, und letzten Endes eine schöne Alternative zu den physischen Artbattles, in denen unbedingt irgendwo Blut fließen muss. Ein einziger Raum, ein einziges Gespräch, sehr schön in Szene gesetzt.
Sehr sehr gut, das.