[Schreibwettbewerb - Runde II] Maus / Gala

Wer hat die bessere Geschichte geschrieben?

  • Maus

    Stimmen: 10 62,5%
  • Gala

    Stimmen: 6 37,5%

  • Umfrageteilnehmer
    16
  • Umfrage geschlossen .

Enigma

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Enigma

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Maus

Es war eines der besseren Gasthäuser der Stadt, obwohl der Name der "Morschen Planke" und ihre Lage im Hafenviertel nicht direkt darauf hinwiesen. Daher verkehrten hier auch meist nur die Personen, die sich in der Stadt auch auskannten, bevorzugt die Größen der Unterwelt und somit meist auch einige Beobachter von Recht und Gesetz. Ino war gerne hier zu Gast und liebte es, die anderen Gäste bei ihren Spielchen zu beobachten. Eigentlich wussten beide Seiten voneinander, zogen es aber vor, ihre jeweiligen Gegenspieler blasiert zu ignorieren und sie dennoch aus den Augenwinkeln zu beobachten. Und heute waren die Tische gut besetzt; es versprach ein interessanter Abend zu werden.

Ino steuerte durch die Rauchschwaden, die in der Luft waberten, auf einen kleinen Tisch in der Ecke zu, an dem bereits ein alter weißhaariger Mann Platz genommen hatte. Er wäre zwar lieber alleine an einem Tisch gesessen, aber ein freier Tisch war nicht mehr vorhanden. Erst als er platz nahm, fiel ihm die ungewöhnliche Färbung der Haut des alten Mannes auf. Für einen Rückzieher war es jetzt zu spät, wollte er nicht unnötige Aufmerksamkeit erregen, daher setzte er sich.

Ino war nicht verwundert, dass der Alte sein Zögern bemerkt hatte. Mit einem leichten ironischen Lächeln auf seinem zerfurchten und vom Leben gezeichneten Gesicht meinte er nur:

"Früher habe ich mein Gesicht unter der Maske eines Aussätzigen verborgen, heute sehen die meisten nur einen alten Mann mit weißem Haar und einer dunkleren Gesichtsfärbung, wie sie in den südlichen Ländern nicht unüblich ist."

Er hatte recht. Denselben Eindruck hatte der Mann zuerst auch auf Ino gemacht. Er fühlte sich leicht unwohl in der Gegenwart des Dunkelelfen. Er hatte einiges von ihnen gehört und es hätte ihn nicht gewundert, einen Vertreter dieser verruchten Rasse als Gast in der Gilde der Magier vorzufinden, aber hier in einem Gasthaus war er wirklich überrascht.
Der alte Mann schien sein Schweigen als Aufforderung zu empfinden, mehr über seine Person preiszugeben:

"Keine Sorge, ich bin keiner meiner verdorbenen Brüder aus dem Unterreich und habe keine schlechten Absichten. Ich reise nur durch die Lande, um meinen Wissensdurst zu stillen."

Durch den Lärm der vielen Gespräche, den Rufen nach mehr Bier und allerlei Anzüglichkeiten gegenüber den hübschen Kellnerinnen war ihre Unterhaltung für andere nicht zu verstehen. Trotzdem war Ino über seine Offenheit verwundert:

"Wenn man Eure wahre Natur hier erkennen würde, würde Euch der Mob trotzdem steinigen, egal wie Eure Absichten auch sein mögen. Ihr lebt wohl gerne auf gefährlichem Fuße."

Die Entgegnung kam in einem etwas herablassendem Ton, der gleichzeitig den Anspruch auf eine gewisse Lebenserfahrung erhob:
"Ach junger Mann, einige hier haben mich bestimmt schon erkannt, so wie Ihr. Sie ziehen es jedoch vor, sich um ihre eigenen Probleme zu kümmern. Und bei Euch ist mein Geheimnis auch gut aufgehoben, nicht wahr?" Mit einer vertraulichen Geste griff er über den Tisch nach Inos Unterarm. Unter der leichten Berührung veränderte sich die Welt. In Inos Gedanken stiegen Bilder eines flammenden Infernos empor, angstvolles Kreischen erfüllte seinen Geist, er konnte verbranntes Fleisch riechen. Dann war alles wieder vorbei und der Dunkelelf nahm seine Hand wieder von Inos Arm. Bevor Ino sich wundern konnte, sprach ihn der alte Mann wieder an:

"Da ich Euer Geheimnis kenne, ist meines bei Euch bestimmt sicher."

Jetzt war Ino überrascht. Woher kannte ihn der Mann? Seine Gedanken überschlugen sich. Auch wenn der alte Mann durchaus über magische Fähigkeiten verfügte, die bei Dunkelelfen ja häufig anzutreffen waren, hätte er ihn schwerlich ausspähen können. Zum Einen schützte ihn das Amulett, das er eben aus diesem Grunde von den Verhüllten bekommen hatte, vor magischen Kräften; zum Anderen hätte eine Anwendung von Magie in der Öffentlichkeit die Verhüllten auf den Plan gerufen, denn eine offizielle Lizenz hatte der Dunkelelf sicherlich nicht vom Magistrat erhalten. Blieben noch zwei Möglichkeiten: der Dunkelelf war ein äußerst mächtiger Magier und die Verhüllten ließen ihn gewähren aus Angst oder aufgrund einer Abmachung, die meist auf Geben und Nehmen basierte, oder er war so vertraut mit den Oberen der Gilde, dass ihm Inos Identität offenbart worden war.
Um sich keine Blöße zu geben, nickte Ino nur.

Mit einem wissenden Lächeln lehnt sich der alte Mann in seinem Stuhl leicht zurück, als eine hübsche blonde Kellnerin an ihren Tisch trat um Inos Bestellung aufzunehmen. Dieser war noch ganz in seinen Überlegungen gefangen und bestellte einfach ein Bier und das Tagesgericht. Das Desinteresse an ihrer aparten Erscheinung war für die Kellnerin sichtlich überraschend, aber auch dies entging Ino.

Wer oder was war sein Gegenüber? Mit Sicherheit ein gefährlicher Mann, auch wenn er sich hinter seinem Alter und seiner Gebrechlichkeit versteckte.

Nachdem die Kellnerin wieder gegangen war, fuhr der Dunkelelf fort:

"Wisst Ihr, als ich noch jung war, also vor ein paar hundert Jahren,..." Ino war die hohe Lebenserwartung dieser Rasse bekannt, aber es war etwas anderes, damit direkt konfrontiert zu werden, als nur davon zu hören. Auf einer rationalen Ebene erkannte Ino, dass der Dunkelelf ihn nur verunsichern oder einschüchtern wollte, aber das half nicht gegen das beklemmende Gefühl, das der Dunkelelf bei ihm verursachte und für das er abwechselnd sich und seinen Gegenüber verfluchte. "...da zog ich noch durch die Lande, um mit guten Taten das Übel, das meine dunklen Vettern hier an der Oberfläche anrichten, wieder gut zu machen. Ich wanderte in Selunes Gunst durch die Welt und in den dunklen Nächten wärmte mich der helle Schein ihres Mondes. Mein Geist war unbeschwert und voller Tatendrang; ich war der Meinung, durch meine Taten würde diese Welt ein besserer Ort werden und ich könnte Selunes Licht zu den Mühseligen und Beladenen bringen.
Aber ich kann Euch sagen, nichts und niemand entkommt seiner Bestimmung; und die Welt ist nicht das, war wir uns wünschen."

Er machte eine Pause in seinem Monolog, als die Kellnerin das Tablett mit Inos Bestellung brachte. Kohlroulade. Na schön, das war die Strafe dafür, anderen Gedanken nachzuhängen und blind das Tagesgericht zu bestellen; Ino war selbst schuld und dass er das wusste, machte die Sache nicht besser. Er hätte wohl besser im Bett bleiben sollen.
Auch wenn er an der Geschichte des alten Mannes nicht wirklich interessiert war, so würde sie bestimmt eine angenehme Unterhaltung beim Essen sein, da irgendetwas Magisches in dessen Worten war, das bei seiner Erzählung Bilder in Inos Bewusstsein erzeugte. Er hatte den alten Mann in einer jüngeren Ausgabe direkt vor seinem Auge, wie er mit dem Schwert in der Hand und der Maske des Aussätzigen vor dem Gesicht durch die Lande zog.
Außerdem schien es ihm geraten, den alten Mann nicht zu verärgern.

Während sich Ino nach einem kräftigen Schluck Bier missmutig seiner Kohlroulade widmete, fuhr der alte Mann fort und beugte sich leicht vor:

"Ich werde Euch ein Beispiel geben, damit Ihr versteht, was ich meine. Als ich noch jung war.. " Ino seufzte innerlich auf, der alte Mann schien diesen Satz zu lieben. "... kam ich eines Tages in ein kleines Dorf. Es herrschte heller Aufruhr. Der Sohn des Adligen, der über das Dorf herrschte, war von einem Besuch des Dorfes nicht zurückgekehrt. Der Vater befürchtete das Schlimmste und drohte mit blutiger Vergeltung. Die Dörfler waren sich keiner Schuld bewusst und hatten Angst. Ein explosives Gemisch. Es konnte jeder Zeit zu Gewaltätigkeiten und Übergriffen kommen. Um die Situation zu entschärfen und Zeit für die Suche nach dem Jungen zu gewinnen, schrieb ich eine Lösegeldforderung und machte mittels meiner Magie einen Dorfbewohner glauben, er wäre im Wald von Banditen angehalten worden, die ihm das Schreiben übergeben hätten mit dem Auftrag, es dem Vater zu überbringen. Langer Rede kurzer Sinn: mittels meiner Magie fand ich den Jungen, der vom Weg abgekommen war und sich in einer Höhle, die er aus Neugier betreten hatte, verlaufen hatte. Eine durchaus wahrscheinlicheres Szenario als das, was sein Vater sich ausgemalt hatte. Ich machte ihn glauben, dass er von Räubern überfallen worden, ihnen aber entkommen war. Der Vater war glücklich und stolz auf seinen Sohn und ich hatte das Dorf gerettet, das ich mit dem erhabenen Gefühl des unerkannten Wohltäters im Verborgenen wieder verließ."

Ein neuer Gast schien den Raum betreten zu haben, denn der Blick des Dunkelelfen wandte sich zur Tür. Ino folgte dem Blick und erkannte Kaleil, einen der Oberen der Verhüllten, der auf sie zukam. Plötzlich hielt Kaleil inne und es schien, als ob er Ino jetzt erst erkannte. Er warf ihm einen Blick zu und verließ dann wieder die "Morsche Planke". Hatte Kaleil etwas von dem Dunkelelfen gewollt, das er nicht in Inos Anwesenheit besprechen wollte? Diese Begegnung warf mehr Fragen auf als sie beantwortete.

Die Wachsamkeit wich aus seinem Gesicht als Kaleil gegangen war und der Dunkelelf wandte sich erneut Ino zu; und dieser seinem Essen.

"Wo war ich? Ach ja. Etliche Jahre später, ich war zwar älter, aber immer noch jung, kam ich auf meinen Reisen wieder in dieselbe Gegend und mir kam in den Sinn, nach meinen Schützlingen von einst zu schauen. Das Dorf existierte nicht mehr. Es war bis auf die Grundmauern niedergebrannt und nur noch Ruinen vorhanden, in denen schon die ersten Pflanzen wieder sprossen. Ich beschloss herauszufinden, welches Unheil meinen Schützlingen widerfahren war. Bei meinen Nachforschungen stellte sich heraus, dass der Junge, den ich damals gerettet hatte, bald darauf seinem Vater, der überraschend verstorben war, als Herrscher nachgefolgt war. Er war wohl von brutaler Art und knechtete seine Untertanen. Wie nicht anders zu erwarten gab es demzufolge den ein oder anderen Unbotmäßigen im Dorf, so dass der Junge, um ein Exempel zu statuieren, es mit Stumpf und Stiel ausrottete und alle Einwohner, die den Flammen entkamen, abschlachten ließ.
Ich hatte also das Dorf nicht gerettet, sondern ihm nur ein paar Jahre verschafft mit meinem Eingreifen. Und das Schicksal, das der Sohn dem Dorf bereitet hat, war wohl schlimmer als das, was der Vater möglicherweise angerichtet hätte."

Die Geschichte schien tatsächlich wahr zu sein, wie Ino an dem Kummer in seinem Blick erkennen konnte. Er blickte Ino nun direkt und unverwandt an:

"Eine schmerzliche Erfahrung, die Vergeblichkeit der eigenen Bemühungen so direkt vorgeführt zu bekommen,junger Freund...

Ich habe auch nach dieser Geschichte weiter am Tage nach dem Willen meiner Göttin für das Gute und Richtige in ihrem hellen Licht gestritten, aber des Nachts in meinen dunklen Träumen quälen mich die Bilder von Unheil und Verderben, die ich möglicherweise durch meine Handlungen ausgelöst habe.
Ich hab die Illusion verloren, durch meine Handlungen die Welt zu verändern, dem Schicksal die Stirn zu bieten. Man muss seine Rolle in dieser Welt, die einem die Götter zugedacht haben, akzeptieren."

Ino war mit der Kohlroulade fertig und durch die lebendige Erzählung war er von ihrem bitteren Geschmack abgelenkt worden. Offensichtlich war die Geschichte zu Ende, denn der alte Mann erhob sich langsam von seinem Platz. Er wirkte erschöpft. Die Last der Jahre, oder besser Jahrhunderte, schien nach dieser Erinnerung schwer auf seinen Schultern zu lasten. Da Ino nicht wusste, ob ein Kommentar oder eine sonstige Erwiderung seinerseits gewünscht war, schwieg er einfach. Der alte Dunkelelf nahm seinen Mantel und machte sich auf zur Tür des Gasthauses. Im Stehen war sein hohes Alter nicht zu übersehen und Ino fragte sich, wie alt ein Dunkelelf wohl sein musste, um wie ein sechzigjähriger Greis auszusehen.

Im Gehen wandte er sich noch kurz zu Ino um:
"Vergesst es nicht, Ihr könnt Eurem Schicksal nicht entkommen, junger Magier."
 

Enigma

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Gala

Dunkle Träume - Helle Tage

Tempel der Tymora, Baldurs Tor

Der Raum war stickig und stank nach Weihrauch. Hinter einem gewaltigen Schreibtisch aus massiver Eiche thronte ein alter Priester, der derartig dick war, das er sogar nur von der Anstrengung des Sitzen und dabei Essens angestrengt keuchte und rot anlief. Aufgestanden war er wegen seines enormen Gewichts schon seit Jahrzehnten nicht mehr, so lange, das er sich kaum noch daran erinnern konnte, wie sich überhaupt anfühlte, zu stehen. Selbst das Fenster, das er im Moment gerne öffnen würde, war deshalb für ihn in unerreichbarer Ferne. Dies hob seine Laune genausowenig wie die Tatsache, das die gewaltige Menge Essen in dem Topf vor ihm mal wieder völlig zerkocht war.

Er hatte sich gerade eine neue Ladung Nudeln auf die Gabel bugsiert, als sich die Tür öffnete. Ein willkommener Zug frischer Luft zog in das mittelgroße Studierzimmer. In dem Türrahmen stand eine verhüllte Gestalt, die sich sogleich verbeugte. Sie trug einen Umhang aus auffällig groben Stoff, aus dem nur zwei dünne Arme und der Griff eines Bastardschwertes herausschaute. Das Gesicht war, auch nachdem die Verbeugung beendet war, im Dunkel der herabgezogenen Kapuze verborgen. In der Linken hielt der Neuankömmling ein Emblem, wie es Kleriker als Zauberfokus benutzen. Es war eines der Mondgöttin Selûne: zwei weibliche Augen umgeben von sieben Sternen, silbern auf blauem Hintergrund. In der anderen Hand wurde eine Waffe gehalten, ein Streitkolben, die traditionelle Waffe der Selûne und ihrer Kleriker. Diese hielt die Gestalt knapp unter dem Kopf statt am Griff - um sie vorzuzeigen, nicht damit anzugreifen. Im Gegensatz zu dem Umhang machte alles andere einen sehr wertigen Eindruck.

Eine wunderschöne, sanfte Stimme, die man nicht sicher einem Mann oder einer Frau zuordnen konnte, erklang: "Guten Tag ! ... und guten Appetit. Soll ich gleich noch einmal vorbeikommen ?".

Da der Priester praktisch die Hälfte seiner Lebenszeit am Essen war, war dies kein guter Vorschlag. Er winkte also mit der freien Hand den Gast herein, während die andere Hand bedächtig die Nudeln in den Teller zurückbalancierte. "Kommt nur herein, wie ist euer Name und was ist euer Begehren ?"

"Mein Name ist Isillilta Sidhmacil, Silberstern der Selûne, wie ihr an Symbol und Waffe erkennen könnt. Erspart mir bitte, mein Gesicht vorzeigen zu müssen - es wäre für euch kein schöner Anblick. Mir ist zu Ohren gekommen, das die Priester der Tymora Hilfe bei einem magischen Experiment benötigen ?"

"Guten Tag, Isilta, ich ..."

"Isillilta !" korrigierte der Verhüllte entschieden, aber nicht unfreundlich.

"Oh ja." Mit Bedauern sah der Sitzende, wie der Eingetretene die Tür hinter sich schloß und damit den Strom frischer Luft abschnitt. "Guten Tag, Isillilta. Mein Name ist Elric - Ein Glücksbringer der Tymora, wie man schon vermuten konnte." Er deutete eine Verbeugung an.

In seinem Kopf sprangen dabei ein ganzer Haufen Fragen herum. Warum trug Isillilta außer einem Streitkolben auch noch ein Bastardschwert ? Und war er ein Mann oder eine Frau ? Elric beschloß, von einer Frau auszugehen, denn die meisten Priester der Selûne sind weiblich. Aber warum kombinierte sie ein Tuch eines Bettlers mit ansonsten hochwertiger Ausrüstung darunter ? Für Armutseide sind Priester der Selûne nicht bekannt, und wer Armut schwört, trägt ja auch nicht unter einem schlechten Tuch gute Kleider. Warum trug sie an der rechten Hand noch einen weiteren Seidenhandschuh über den Lederhandschuh ? Und wie hatte sie von diesem Problem gehört ? Es war ja nicht so, als ob der Tempel damit hausieren gegangen wäre.

Elric lehnte sich nach hinten und beschloss, das er Isillilta genügend vertraute und sowieso nicht viel Schaden entstehen konnte: "Eine Gruppe von Abenteuern haben kürzlich dem Tempel der Tymora aus Dankbarkeit für den Schutz der Göttin einen alten, vermutlich elfischen Text vermacht, auf den sie in einer alten Ruine gestoßen waren. Nun ist der Tempel des Glücks und des Abenteuers nicht gerade eben dafür bekannt, alte elfische Texte zu sammeln. Die Schriftrolle soll also verkauft werden, es ist aber unklar, worum es sich genau handelt und wieviel man von wem dafür verlangen kann. Einfache Erkenntnismagie, über die wir durchaus verfügen, versagt an dem Artefakt völlig. Ein Magier aus der Stadt hat versucht, uns zu helfen, ist aber ebenfalls gescheitert. Wir haben dann überlegt, ob wir den Text nach Kerzenburg schicken sollen. Leider sind die Gelehrten dort aber dafür bekannt, Wissen zu horten und unzugänglich zu machen, und sie zahlen dafür dann sogar auch noch eher schlecht, wenn überhaupt. Es ist deßhalb überlegt worden, vielleicht einen der wirklich mächtigen Magier zu kontaktieren, wie etwa Elminster."

"Das hört sich für die perfekte Aufgabe für mich an.", stellte Isillilta fest: "Die alten Elfenreiche sind seit jeher meine Passion und Hauptinteresse gewesen. Ich würde auch gratis arbeiten, schließlich ist der Tempel der Tymora eine enge Verbündete der Selûne. Ich helfe euch gern."

"Nun ... das klingt hervorragend.", sagte Elric und lächelte: "Es wird aber auch keine Schande sein, falls ihr versagen solltet. Der Text ist nämlich wahrscheinlich tausende, wenn nicht über zehntausend Jahre alt. Soviel zumindest konnte der Magier herausfinden. Wir vermuten einen Magiespruch, von der Art und Weise, wie man sie heute gar nicht mehr aussprechen kann, wegen der Veränderungen der Magie seit dieser Zeit."

"Ich stehe ganz zu euer Verfügung."

"Dann kommt morgen wieder, es wird dann alles vorbereitet sein, das ihr die Schritrolle untersuchen könnt."

"Sehr wohl. Einen schönen Tag euch, Glücksbringer Elric !"

"Einen schönen Tag euch, Silberstern Isilta."

"Isillilta.", korrigierte Isillilta ihn mit leichtem Vorwurf in der Stimme.

"Entschuldigung. Isillilta."

Nachdem der Verhüllte gegangen war, sinnierte Elric noch eine ganze Zeit über diese bemerkenswerte Begegnung nach. Dann bemerkte er, das er vergessen hatte, um die Öffnung des Fensters zu bitten. Und sein Essen war auch kalt geworden.



Eine Taverne, Baldurs Tor

Auch Diebe hatten manchmal Feierabend, auch wenn das Damoklesschwert von Verhaftung, Folter und Gefängnis beständig über ihnen schwebte. Heute abend aber hatte sich eine Gruppe von einem Dutzend Schattendieben in einer der lokalen Tavernen eingefunden. Es waren weit mehr Leute als nur die Schattendiebe anwesend, aber der Wirt war ein Alliierter von ihnen, und ansonsten waren nur Einheimische und Bauern aus der näheren Umgebung präsent. Letztere hatten heute ihre Waren auf dem Markt angeboten und würden morgen wieder heimfahren. Jeden im Raum hatten die Diebe schon hunderte, wenn nicht tausende Male gesehen. Sehr wahrscheinlich war also kein Spion der Flammenden Faust darunter.

In dem großen Schankraum, der fast vollständig besetzt war, ging es laut her. Angesichts der Vielzahl der Gäste hatte der Wirt einen Barden bezahlt, um aufzuspielen, was den Lärmpegel, nicht entgegen der Interessen der Diebe, noch weiter gesteigert hatte. Die Diebe selbst saßen etwas abseits, an einem einsamen Tisch in der Ecke neben der Theke und der Tür zur Küche, wo strategisch angebrachtes wattiertes Tuch an der Wand den Lärm ein wenig dämpfte und verhinderte, das man sie allzu leicht belauschen konnte.

Kurz, die Bedingungen waren ideal, sich zu entspannen und einen über den Durst zu trinken.

Einer der Schattendiebe war eine ausgesprochen schöne Halblingsdame namens Frida Gernegroß, eine Meisterin des Diebesfachs, spezialisiert auf eine flinke Zunge, besaß aber auch ebensolche Finger und Füße, und verstand sich schon aufgrund ihrer Rasse hervorragend auf das sich Verstecken. Sie war einer Derjenigen in der Runde, die keinem alkoholischem Getränk zugesprochen hatten - sie hielt das auch unter diesen Umständen immer noch für unprofessionell. Trotzdem scherzte und lachte sie mit den Anderen, während sie an einem einfachen aber schmackhaften Saft nippte, den sie, in dieser Hinsicht ganz Halbling, mit eigenen Gewürzen noch ziemlich fachmännisch verfeinert hatte.

Es war nur ein Hauch, nur ein Kribbeln, nur das allerleichteste Streicheln - aber Frida drehte sich sofort zur Tür, als diese sich öffnete und einen kurzen leichten Luftzug verursachte. Obwohl sie sich ganz schnell umgedreht hatte, hatte der von einem dunkellila Umhang völlig verhüllte Neuankömmling die Tür schon wieder hinter sich geschlossen und stand jetzt still und ruhig einfach da.

Frida streckte warnend die Hände mit einer bestimmten Geste in die Runde. Mitten im Satz und ohne die Lautstärke und Sprechweise zu ändern wechselte der derzeitige Sprecher das Thema von der besten Art und Weise, Edelleute auszurauben, zu den Handelsbedingungen in Baldurs Tor. Und bis auf Weiteres würde das Gespräch weiter solche harmlosen Bahnen ziehen.

Während sie nicht mal mit einem Viertelohr noch der Konversation folgte, versuchte Frida den Verhüllten einzuschätzen. Seine Aufmachung hätte den Eindruck eines Magiers verursacht, wäre der Stoff nicht ausgesprochen grob und billig. Eine Verkleidung, urteilte Frida, und eine verdammt schlechte obendrein. Stoff dieser Qualität würde Zauber in Wahrheit kaum halten können, meinte sie zu wissen.

Das Gesicht war vollständig unter der tief heruntergezogenen Kapuze verborgen, und selbst der angestrengteste Blick Fridas konnte in dem trügerischen Dämmerlicht der Tavernenbeleuchtung nichts von den Gesichtszügen ausmachen. Der Kopf war aber eher schmal und länglich, wie von einem Elfen, auch wenn die Gestalt doch eher die Größe eines Menschen hatte. Trotz des weiten Umhangs war leicht zu erkennen, das der Träger eher schlank, wenn nicht gar hager war. Dies und auch die Grandezza, mit der die Figur einfach dastand, verstärkte den Eindruck eines Elfen, ja gar eines arroganten Sonnenelfen.

Der Eindruck von Eleganz und Beschwingtheit verstärkte sich noch, als der Eingetretene sich offensichtlich entschieden hatte, wohin er sich wenden wollte - und sich direkt auf sie zubewegte. Das waren die Schritte eines Künstlers, eines Tänzers. Frida vermutete einen Barden: aber warum würde sich ein Barde derart miserabel verkleiden ? Außerdem bemerkte sie nun, das die Person unter dem Umhang eine, nein sogar zwei Waffen unter der Kleidung trug - links wohl ein Schwert, rechts eher eine Art Knüppel.

Bevor sie sich weitere Fragen stellen konnte, war der Fremde auch schon herangetreten und sprach sie direkt an, da sie in seine Richtung sah. Das Thema am Tisch schien sich auf das Wetter geändert zu haben. Kein Wunder eigentlich, denn was wissen einfache Diebe schon von Handelssituationen.

"Guten Tag. Ich benötige eure Dienste.", erklang leise und freundlich im Plauderton eine auffallend magnetische Stimme: "Schlachtdienste. Ich hoffe, es ist ein Schlächter anwesend ? Gerne auch noch ein Gehilfe."

Die Stimme hatte einen enormen Effekt auf Frida. Sie war völlig gebannt und verzaubert von ihrer Schönheit. Das mußte ein wahrer Meisterbarde sein ! Verdattert starrte sie nur noch auf den Fremden, nahm kaum war, was er eigentlich gesagt hatte. Daraufhin wiederholte der Fremde seine Anfrage mit Geduld und ein bisschen Amüsement. Ah, ja, Schlachtarbeiten. Okay, ... kein besonders subtiler Hinweis, worum es ging, und trotzdem unschuldig genug für den Ort. Normalerweise hätte Frida hieran großen Anstoß genommen, denn sie haßte Mord. Unter dem Einfluß der Stimme allerdings war sie gewillt, jede Menge Ausreden zu erfinden, nur um den Fremden nicht für seine Anfrage im schlechten Licht sehen zu müssen. Auch lahme Ausreden würden genügen, sie zu überzeugen.

"Es geht um Großvieh, ich zahle gut, und es ist dringend. Das Vieh scheint an einer Seuche erkrankt zu sein, und die Krankheit sollte sich auf keinen Fall ausbreiten."

Frida nickte. Sie verstand. Es ging um hohe Personen, die Bezahlung würde gut sein, und es handelt sich um eher weniger nette Zeitgenossen. Sie seufzte. Manchmal muß man der Gerechtigkeit wohl eben ein wenig nachhelfen, dachte sie. "Ich kenne einen guten Schlachtmeister.", hörte sie sich sagen: "Er kann morgen ..."

"Entschuldigung, aber es ist wirklich dringend. Geht es nicht schon heute abend ? Der Weg ist weit, wir müssen uns beeilen." unterbrach die Stimme aus dem Dunkel der Kapuze.

"Hmm. Okay. Aber das kostet natürlich extra, denn eigentlich ist ja Feierabend." Nicht wirklich, dachte sie innerlich. Als Dieb hat man wirklich niemals Feierabend. Sie fuhr fort: "Dann geht jetzt vor die Tür, wir kommen gleich nach."

Als der Fremde sich entfernt hatte, blickte Frida in die Runde. "Kennt jemand vielleicht diese Person ?" fragte sie leise. Ein großes Schulterzucken. Nur der andere Halbling in der Runde nickte: "Ja, das ist Isillilta, ein Abenteurer und Magier." Ein MAGIER ? Wieso bewegt er sich denn dann mit solcher Eleganz ? Ich hätte auf jeden Fall auf einen Barden gewettet ! wunderte sich Frida. "Hat die Dienste unser Gilde bisher nie in Anspruch genommen. Ich hab ihn aber einmal zu beklauen versucht. Er hat mich sofort erwischt, mich aber nicht angezeigt, sondern mir stattdessen großzügig etwas Geld zugesteckt, mit der Erklärung, das er den Diamanten, den ich ihm entwenden wollte, noch dringend bräuchte, um damit Leben zu retten."

"Gut." meinte Frida, war aber verwirrt. Ein Magier, der eine enorm sympathische Stimme hat, sich wie ein Tänzer bewegt und anscheinend mit hohen Klerikersprüchen Tote zum Leben erwecken kann. Daraus werde ich jetzt nicht schlau. Das paßt alles hinten und vorne nicht zusammen. "Ino. Das ist ein Auftrag für dich." Sie wandte sich an einen kleineren Menschen, einen farblosen Langweiler, der den ganzen Abend schweigsam geblieben war und an einem Glas Wasser nippte. Er war eigentlich nur als Schutz dabei, nicht weil irgend jemand seine Gesellschaft suchte. "Hol dein Schlachtermesser" - gemeint war seine Armbrust, aber das wollte Frida nicht laut aussprechen - "wir brechen sofort auf, ich komme mit dir, auch wenn ich noch nie Gehilfe für Schlachtarbeiten gemacht habe, aber ich denke, ich schaffe das schon."

Ino nuschelte etwas Unverständliches.

"Was ?" fragte Frida.

"Habs schon dabei, wir können sofort los.", brummte Ino.

"Gut.", stellte Frida wieder fest: "Dann gehts jetzt wirklich sofort los. Auf Wiedersehen, ihr Anderen, und habt Spass." Sie selbst, vermutete sie, würde eher keinen haben.



Mulsantir, Raschemen

Vier Tage später staß Frida abends im kalten Wald. Es war absolut still. Der Himmel war wolkenverhangen, und es war sehr dunkel.

Sie warteten auf Ino, das er von dem Auftrag zurückkehren möge. Der Magier, der sie hier her teleportiert hatte, saß neben ihr. Seinen Namen hatte sie natürlich inzwischen herausgefunden, auch, das er wirklich ein Elf sein mußte. Das hatte er ihr nicht gesagt, aber sie hatte festgestellt, das er meditierte, statt zu schlafen, so, wie es ihres Wissens nur Elfen tun.

In den vergangenen drei Tagen hatten sie die Ortschaft in der Nähe erkundet, wo auch das ausgewählte Opfer wohnte. Es war Mulsantir in Raschemen. Frida war noch nie derart weit entfernt von Baldurs Gate gewesen. Dieses Land hier war ihr völlig fremd. Allerdings wurde auch hier die allgemeine Sprache auch hier gesprochen, so das es keine Verständnisprobleme gab.

Es hatte sich schnell herausgestellt, das ein Halbling hierzulande, zumal ein weiblicher von bemerkenswerter Schönheit, so auffällig war wie ein bunter Hund, egal wie man ihn verkleidete. Es gab ansonsten fast ausschließlich nur Menschen hier. Das hatte Fridas Nützlichkeit deutliche Grenzen gesetzt, denn ein zu auffälliger Dieb ist nun mal ein schlechter Dieb. Er blieb den Leuten im Gedächnis, so das er nicht mal mehr als Ablenkung taugte. Ino schien das aber nur recht zu sein, der arbeitete wohl sowieso am liebsten allein. So hatte Frida sehr viel freie Zeit gehabt, die sie oft damit zubrachte, über Isillilta nachzudenken, aber wirklich schlau war sie aus ihm trotzdem nicht geworden.

Sie glaubte, Isillilta war ein Mann, aber das war vielleicht nur Wunschdenken ihrerseits. Sie liebte diese Stimme abgöttisch, so sehr, das es ihr oft schwerfiel, zu hören, was sie eigentlich sagte, weil sie sich ganz auf den Klang der Stimme und die Schönheit der Wortwahl konzentrierte. Gab es Verbindungen zwischen Elfen und Halblingen ? Sie glaubte nicht.

Sie hatte ein heiliges Symbol bei ihm gesehen, wie es Kleriker benutzen, auch wenn sie die Symbole darauf nicht zuordnen konnte. Gab es vielleicht Kleriker, die wie Magier teleportieren können ? Sie wußte es nicht.

Auch das Gesicht hatte sie immer noch nicht gesehen. Unter der Kapuze trug Isillilta einen schwarzen Maskenhelm. Zum Essen nahm er denn unteren Teil der Gesichtsmaske ab, hielt dann aber den Kopf gesenkt, so das man auch dann nichts vom Gesicht sehen konnte. Das Essen selbst war gut, wie die Halblingdame positiv vermerkte: es war frisch vom lokalen Markt gekauft und Isillilta schien einiges an Kochkünsten zu beherrschen, bei denen ihm Frida gerne noch zur Hand ging.
Ino hatte gute Arbeit geleistet. Nach drei Tagen wußten sie einen geeigneten Ort und eine geeignete Zeit für den Anschlag. Isillilta gab Ino vier magische Tränke und schärfte ihm ein, wie sie zu verwenden seien. Drei sollten in einer bestimmten Reihenfolge vor dem Attentat getrunken werden, der vierte war ein Unsichtbarkeitstrank und sollte nach dem Attentat drankommen. Danach sollte Ino so schnell wie möglich die Stadt verlassen, noch bevor der Mord auffiel und das Stadttor verschlossen würde. Besonders sollte er darauf achten, nichts zu berühren und nicht zu schnell zu laufen, sonst würde die Unsichtbarkeit versagen.

Dann verwandelte Isillitla Ino mittels eines Zaubers optisch in einen Einheimischen. Der Zauber war so stark, das selbst eine Meisterdiebin wie Frida hätte schwören können, wirklich einen Einheimischen vor sich zu haben. Isilillta hatte Ino zum Stadttor begleitet, um kurz vor dem Tor den Zauber noch einmal zu erneuern. Er erklärte, das dieser spezielle Zauber ein recht einfacher war und nur kurze Zeit anhielt. Durch die Verwendung eines solch geringen Zaubers hoffte Isillilta weniger aufzufallen, den hierzulande lebten sehr mächtige Magier. Schon bald nach dem Durchqueren des Tores würde Ino daher wieder zu Ino werden. Zu diesem Zeitpunkt sollte er deßhalb möglichst bereits im ausgewählten Versteck liegen.

Nun war alles getan. Ino hatte die Hauptaufgabe zu erledigen. Für Frida blieb, wie in den vergangenen Tagen des Öfteren, nur das Warten.

Sie warteten lange.

Irgendwann war klar, das etwas schiefgelaufen sein mußte. Trotzdem warteten sie noch etwas länger.

Und noch etwas länger.

Irgendwann schlief Frida ein.

Und irgendwann war es morgen, aber Ino war immer noch nicht zurückgekehrt.

"Berufsrisiko.", murmelte Frida leicht verschlafen, aber traurig. Sie hatte Ino nie leiden können und haßte, was er tat. Aber trotzdem hatte sie sich nicht gewünscht, das ihm etwas Böses zustößt.

Sie gingen.

Sie hatten den Unterstand, in dem sie die vergangenen Tage gelebt hatten, bereits zerstört und wollten gerade endgültig fortgehen, als Ino doch noch auftauchte. Seine Kleidung war voller Blutspritzer. In der einen Hand hielt er seine Armbrust, in der anderen seinen Giftdolch mit blutiger Klinge. Trotzdem schien er gutgelaunt, ja geradezu euphorisch.

"Hallo Leute", brüllte er regelrecht, in absolut fröhlichem Ton: "Auftrag leider nicht ausgeführt, die Zielperson war tot." Er schniefte ein bisschen, als täte ihm das leid, strahlte aber weiter übers ganze Gesicht. "Naja, Bezahlung gibts aber trotzdem, oder ? Was ein herrlicher Tag ! Bezahlt, ohne was dafür tun zu müssen ! Das ist wunderbar !"

Stille.

Dann frage Isillilta verblüfft: "Wie ist das Opfer denn gestorben ?"

"Oh, irgend jemand Anderes hat es erschossen gehabt, als ich ankam. Was für eine schöne Blume !" jauchzte Ino und beugte sich nieder ins Gras.

"Und warum", konnte Frida nicht an sich halten: "Ist euer Dolch blutig und ihr habt einen leeren Köcher für die Bolzen euer Armbrust ?"

"Eine wunderschöne Blume, wirklich !", ignorierte Ino sie anscheinend in aller Unschuld: "Was ein herrlicher Tag ! Ich möchte, das alle Tage nur noch so herrlich sind !"

"Ino", fragte Frida streng: "Habt ihr getrunken ? Seid ihr auf Drogen ? Was ist los ?"

"Oh, etwas trinken könnte ich wirklich, wenn ich darüber nachdenke.", sinnierte Ino, ohne allerdings den Blick von der Blume zu heben: "Oh, ein wunderbarer Tag ist heute. Findet ihr nicht auch ? So schön hell. Das Leben ist wunderbar !"

"Wie habt ihr die Stadt verlassen ?", fragte Isillilta.

"Das war ganz einfach, die Stadtwachen waren tot. Irgendwer hat sie erstochen." lächelte Ino selig.

"Was ist euer Name ?", fragte Isillilta ernst.

"Ino." kam die prompte Antwort.

"Was ist euer Beruf ?", fuhr Isillilta fort.

"Oh, ich bin glaub ich Diplomat oder sowas." sinnierte Ino, mit einem kuriosem Gesichtsausdruck, so als ob er sich nicht wirklich erinnern könnte.

"Wie alt seid ihr ?"

"30, bald 31. Ich bin noch so jung ! Das ganze Leben liegt noch vor mir ! Es ist alles wunderbar !"

"Wo lebt ihr ?"

"In Baldurs Tor, eine schöne Stadt an der Schwertküste, voller Händler und Mitgliedern aller möglichen Rassen, die aus allen Himmelsrichtungen dorthin kommen. Es macht Spaß, dort zu leben ! Immer was los !"

"Wir müssen hier fort", entschied Isillilta, zu Frida gewandt: "was auch immer passiert ist, Ino hat anscheinend eine ganze Reihe Menschen getötet. Wir können jetzt erst einmal keine Magie mehr benutzen, denn dann fallen wir auf. Wahrscheinlich wird bereits intensiv nach Ino und eventuellen Verbündeten gesucht. Wir müssen zu Fuß Abstand gewinnen, bis ich gefahrlos die Magie brechen kann, die auf Ino wirkt."

"Kommt", sagte Isillilta zu Ino und packte ihn am Arm: "Ihr ..."

"NEIN !", sagte Ino plötzlich in aller Entschiedenheit und stach Isillilta mit dem Dolch in den Hals.

Frieda schrie vor Schreck auf, dann hielt sie sich die Hände vor den Mund.

Isillilta fiel zu Boden. Eine Blutlache breitete sich unter ihm aus. Keine große, denn das Herz hatte schon aufgehört zu schlagen.

"Oh, was hast du, Isillilta ?", fragte Ino erstaunt: "Zuviel gegessen, vielleicht ? Würde dir mal guttun ! Ich sollte auch essen ! Vielleicht sollte ich euer Geld an mich nehmen, damit ich auch etwas zu Essen kaufen kann !"

Er beugte sich über Isillilta, um nach Geld zu suchen. Während er das noch tat, verschwand der Leichnam plötzlich.

Jetzt schrie Frieda wirklich.

Das war kein guter Tag. Keiner der folgenden Tage sollte gut sein. Und Frida sollte bald herausfinden, das die Nächte noch schlimmer sind.

"Ein wunderbarer Tag. Ich liebe Sonnenschein.", strahlte Ino: "Wo ist eigentlich Isillilta ? Sollte der nicht hier sein ?"

Frieda lief weg, aber Ino folgte ihr einfach.



Isilliltas Magierturm

Eine Dunkelelfe schön zu nennen, ist eigentlich schon fast so, als ob man einen Schimmel weiß nennt. Dunkelelfen, ob weiblich oder männlich, waren praktisch ausnahmslos von großer Schönheit, noch mehr als andere Elfen. Zu häßliche Dunkelelfen, besonders adelige, waren von Lolth, der bösartigen Dämonengöttin der meisten Dunkelelfen, seit Jahrtausenden brutal aussortiert worden.
Doch Eli war selbst unter Dunkelelfen eine Besonderheit, die hervorstach. Nicht nur durch die absolute Formvollendung ihrer überwältigenden Schönheit, sondern auch durch für Dunkelelfen völlig untypische Sanftheit ihrer fliederfarbenen Augen, und durch die wie Mondlicht leuchtenden Haare.

Ihr einziger Fehler war, das sie nicht wirklich real war. Eli war ein Simulacrum, eine seelenlose Scheinexistenz, eine von einem Magier erschaffene Kopie einer realen Person, unter völliger Kontrolle dieses Meisters. In Elis Falle sogar die Kopie einer Göttin. Und entsprechend mächtig war selbst diese Scheinexistenz auch, mit den voll entwickelten Fähigkeiten eines Meisterbarden ausgerüstet.

Also solcher hatte sie vergeblich versucht, eine Wiederbelebungs-Schriftrolle auf den toten Körper ihres Meisters Isilliltas anzuwenden. Ein mächtiger göttlicher Schutzzauber hatte dessen Leichnam fast unmittelbar nach seinem Tode in den Tempel teleportiert. Es war ein kleiner, in den Magierturm integrierter Tempel eben ebenjener Göttin, von der Eli eine Kopie war. Leider hatte diese Schriftrolle nicht funktioniert. Es war nicht so, als ob Eli nicht die Kompetenz besaß, die Schriftrolle zu benutzen, und es war nicht so, als ob sich die Seele weigerte, in ihren Körper zurückzukehren, oder das sie verhindert war. Es war nur so, als ob die Leiche ihres Meisters kein gültiges Ziel des Zauberspruchs darstellte, was Eli trotz ihrer intimen Kenntnis aller Formen der Magie nicht nachvollziehen konnte. Es schien, als ob die Seele ihres Meisters bereits unmittelbar nach seinem Tod einen neuen Körper gefunden hatte.

Die Indizien für seltsame Vorgänge verstärkten sich, als einige Stunden, nachdem der Leichnam aufgetaucht war, die Mondklinge des Meisters vom Leichnam verschwand. Ein Besitzer einer Mondklinge ist von der Präsenz seiner Waffe abhängig; ohne diese stirbt er nach einer Weile. Deshalb hatte ihr Meister die Klinge mit einem Zauber versehen, mit der er sie immer zu sich rufen konnte. Irgendwo war ihr Meister also wohl immer noch am Leben. Aber warum teleportierte er sich nicht heim ?

Eli machte sich tagelang Sorgen. Isillilta hatte ihr streng verboten, den Magierturm zu verlassen. Erst recht seit dem Verschwinden der Göttin war Eli völlig unersetzlich, und als Simulacrum konnte sie nicht wie andere Lebewesen geheilt oder von den Toten zurückgerufen werden. Eine Verletzung bedeutete, das sie aufwendig repariert werden mußte. Der Tod beendete die Magie, die sie aufrechterhielt, worauf sie unersetzbar verloren wäre.

Endlich erschien Isillilta an seinem Teleportportal. Er war komplett nackt und trug nur die Mondklinge in seinen Händen. Vor allem aber war er - jung. Schelmisch lächelte er Eli an. "Du wirst nicht glauben, was mir passiert ist !"

"Nein, ich glaube wirklich nicht, Meister. Was um alles in der Welt ... ? Wieso seid ihr wieder jung ? Ihr seid 300 Jahre alt !"

"Ich hatte im Unterreich noch ein altes Experiment vergessen, das ich vor Jahrhunderten gemacht habe. Die Herstellung eines Klons ! Es war offensichtlich geglückt, und ich hatten der Klon derart gut geschützt, das er auch nach Jahrhunderten noch lebensfähig war. Und da war ich nun, in dem eigenen alten Laboratorium, völlig nackt und nach meinem Tode erst einmal ohne jede Magie, und außerhalb lauerten hunderte Anhängern Lolths !"

Isillilta lachte.

"Aber ich war frei ! Das erste Mal seit Jahrhunderten frei vom Fluch des dreimal vermadeilen Rings von Lolth und der ewigen Schmerzen, die er mir bereitete ! Und ich war plötzlich wieder jung. Es war wunderbar. Erst dachte ich, ich wäre im Himmel und ein Engel, so beschwerdefrei war mein Körper plötzlich. Und doch ..."

Hier schluckte Isillilta und hielt einen Moment inne.

"... war es auch schrecklich, dort unten zurückzukehren. Es ist gut, das ich Elf bin und nicht träume, sonst hätte ich vielleicht noch heute täglich Alpträume von der Unterwelt."



Tempel der Tymora, Baldurs Tor

"Das ist der vollständige Bericht.", log Isillilta ein wenig, als er Glücksbringer Elric einen Stapel Papier überreichte, in dem absolut nichts über Isilliltas Ausflug in die Unterwelt oder sonstige persönliche Hintergründe stand, die Elric nichts angingen. "Ich habe lange gebraucht, bis ich die beiden Schattendiebe wieder gefunden habe."

Isillilta fuhr fort: "Leider wirkt der Trank, der in der Schriftrolle beschrieben ist, nicht so, wie wir gehofft hatten. Das Opfer bekommt nicht Gewissensbisse für alle seine Untaten, sondern es vergisst einfach völlig, jemals etwas Böses getan zu haben. Es behält auch die Fähigkeit, nach seiner Natur weiter Böses zu tun, ja diese Tendenz verstärkt sich noch weiter, auch wenn es sofort vergisst, was es gerade getan hat.

Der Effekt kehrt sich allerdings um, wenn das Opfer schlafen geht. Ab diesem Zeitpunkt quälen es unsägliche Alpträume. Ist im Wachzustand alles positiv und hell, so wird im Schlaf alles düster. Ist das Leben im Wachzustand eine endlose Glückseligkeit, so wird die Welt im Traum so düster, als wäre niemals etwas Gutes oder Positives passiert. In diesem Zustand beginnt das Subjekt erst recht gefährlich zu werden, den nun greift es alles an, was sich in der Nähe befindet, fest überzeugt, das es nichts Gutes auf der Welt gäbe.

Nur weil der andere Schattendieb wirklich pfiffig ist, konnte sie überhaupt überleben. Sie stieg auf Bäume und band sich dort oben fest. Da der Attentäter schlief, verfiel er gar nicht erst auf die Idee, Bäume zu erklettern, oder sonst eine koordinierte Handlung zu vollziehen. Er hat allerdings vielfach Raubtiere getötet, welche durch seinen Lärm angelockt wurden. Dadurch hatten die beiden allerdings auch immer genug Fleisch zum Essen.

Hinzu kommen verschiedene mächtige Effekte, die das Opfer beschützen. Nur weil ich den anderen Schattendieb fokussiert habe, konnte ich überhaupt den Aufenthaltsort herausfinden.

Insgesamt habe ich ein Dutzend seiner Opfer wieder zum Leben erwecken müssen, plus Kompensation für die Unbill, plus die Verärgerung der Hexen. Ein wirklich bemerkenswerter Berg Kosten. Ich hätte doch eher nach Thay gehen sollen, das wäre zwar noch viel gefährlicher gewesen, aber ..."

"Warum seid ihr überhaupt nach Raschemen gegangen ?", unterbrach Elric.

"Oh, ich hatte sowieso in der Gegend zu tun.", antwortete Isillilta eher ausweichend: "Natürlich habe ich auch die Schattendiebe kompensiert. Die Begleiterin sah so aus, als ob sie mit ihrem Anteil sich lieber einem ehrlichen Leben zuwenden wollte. Sie ist trotz ihrer Fähigkeiten auch schlußendlich zu gutherzig für eine Karriere als Schattendieb."

"Es war also alles ein gewaltiger Mißerfolg.", stellte Elric fest: "Schade. Sehr schade. Ein Trank, der gewissenlosen Menschen ein Gewissen gibt, das wäre eine wirklich wunderbare Erfindung. Wir könnten auf Gefängnisse völlig verzichten. Die Verbrecher würden sich selbst bestrafen und sich zuverlässig bessern."

"Ja." Isillilta schaute auf den wie immer vollen Teller Elrics. Diesesmal hatte er darauf verzichtet, guten Appetit zu wünschen, weil er es inzwischen als Sarkasmus empfand, das zu tun. "Es wäre schön gewesen." Für ein ganzes Volk, dachte er im Stillen. "Allerdings werden viele Verbrechen einfach aus Hunger oder verletztem Gerechtigkeitsgefühl begangen, das sollte man nie vergessen.

"Es wird am Besten sein, wenn ihr die Schriftrolle einem der großen Magier schickt.", fügte Isillilta hinzu: "In der Allgemeinheit kann sie nur Schaden anrichten."

"Ich gebe sie euch.", entschied Elric: "Ihr habt uns geholfen, sie zu entschlüsseln, und dann große Opfer gebracht, um ihren Inhalt probehalber anzuwenden."

"Danke. Vielleicht kann ich irgendwann dieses Rezept verfeinern, das man es für etwas Sinnvolles einsetzen kann."

Nach einiger weiteren Konservation verabschiedete sich Isillilta und ließ Elric mit seinem Essen allein. Er begab sich in die Sonne. Es störte ihn nicht, das diese ihn nun blendete, nachdem der Spinnenring ihn nicht mehr vor dem Licht schützte. Dafür hatte er auch keine ständigen Schmerzen mehr. Wenigstens seine eigenen Tage war dauerhaft heller geworden.

Aber auch seine Nächte dunkler. Denn nur allzu gründlich war er daran erinnert worden, was in der Unterwelt geschah. Für manche Alpträume mußte man nicht träumen.
 
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Gala

Labyrinth-Leichnam
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:confused:

Bei meinem Text fehlen die letzten drei Absätze ???


P.s.: Mir ist eingefallen, das ich ja meinen Postausgang habe, und ja, ich habe definitiv ALLES geschickt, auch die letzten drei Abschnitte.

Bitte um Ergänzung ! Vielen Dank.



P.p.s.: Ah ja, korrigiert. Vielen Dank !
 
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Aurelia

Lichtbringerin*
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Darf ich meinen Punkt trotzdem schon loswerden?

Aaaaaalso....

Maus Geschichte hat mich beim Lesen gefesselt, läßt mich mich aber mit einigen großen Fragezeichen zurück: Welche Motivation hat Isillilta, ihm seine Geschichte zu erzählen? Warum nennt er ihn am Schluss Magier? Und warum - zum Himmel!- ist Kohlroulade nicht lecker?:D
Er hat Isillilta sehr gut umgesetzt und die Hintergrundinfos geschickt mit eingearbeitet. Super fand ich den philosophischen Denkanstoss von der Story in der Story.:up:

Gala's Geschichte war spannender erzählt als die von Maus und hatte auch deutlich mehr Action drin.
Er schafft es auch meisterhaft eine geheimnisvolle Atmosphäre um seinen Char zu weben und ihn bis ins kleinste Detail zu beschreiben, so dass man ihn sich als Leser sehr gut vorstellen kann.:up:
Leider lässt er Ino dabei fast komplett links liegen und man hat das Gefühl, dass Ino nur vorkommt, weil er vorkommen muss. Das ist schade. Ein bißchen weniger von Isillilta und mehr vom Kontrahenten hätten der Geschichte gut getan. (Sogar die Halblingsdame war ja besser ausgearbeitet.:eek:)

Das ist auch der ausschlaggebende Grund, warum mein Punkt an Maus geht, obwohl Gala das Thema letztendlich besser umgesetzt hat.
 

Durin

Schlachtenwüter
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Naja, Ino ist bei Gala nicht besonders gut ausgearbeitet, aber bei Maus bleiben beide Charaktere (bedingt durch die Kürze) eher oberflächlich.

Zu Maus ist wenig zu sagen: Gut geschrieben aber es passiert halt nicht viel, keine Action, keine Entwickelung.

Zu Gala ... Grandezza und unbotmäßig musste ich nachschlagen. :) Ansonsten war die Story in dieser Länge nicht ganz nötig. ... Oder eben doch aber anders. Zwei mal wird Isillilta von verschiedenen Nebencharakteren eingehend beschrieben mit sehr vielen Details, seinen beiden Waffen, seinem groben, billigen Umhang, sogar seiner Art sich zu bewegen, seinem fehlenden Gesicht und seinem unklaren Geschlecht ... Und letztendlich entpuppt sich diese Detailverliebtheit als völlig irrelevant, er zieht nicht einmal seine Waffen (zwecks Demonstration außen vor), die Funktion des Umhangs wird nicht erklärt.
Aber was passiert ist, dass plötzlich als er schon tot ist, ein Klon-Labor eingeführt wird, das ihn wie eine Deus Ex Machina (Ah ne, die "Deus Ex Machina" heißt in diesem Fall ja Eli und ist ja am Ausgang eher unbeteiligt. ;)) rettet und nebenbei von einem Fluch befreit, der auch noch nicht in der Story eingeführt wurde (also vom Hintergrund weiß ich, dass die Hand schlimm aussieht und der Ring verflucht ist, aber wieso sollte es mich kümmern, wenn ich nicht zumindest einmal lese, wie der Elf dadrunter ernsthaft leidet?).

Insgesamt noch unentschlossen.
 

Enigma

Suchender
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:wunder::c::o

Keine Ahnung, wie ich das hingekriegt habe, ohne es zu merken. Habe jetzt die letzten 2% auch noch angehängt oder besser gesagt den Text noch einmal richtig reinkopiert.

 
 

Mantis

Heilende Hände
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So, eine Nacht drüber geschlafen, jetzt kann ich hoffentlich etwas besser formulieren als gestern ^^
Mein Punkt ging an Maus.

Die Geschichte von Maus hat mir sehr gut gefallen. Diese Alltäglichkeit der in der Geschichte beschriebenen Begegnung empfand ich als angenehme Abwechslung gegenüber anderen Beiträgen in denen Ortswechsel und jede Menge Leichen nötig zu sein scheinen um die Geschichte voran zu bringen.
Hier lesen wir einfach nur von Ino, der sich zum Essen in eine Taverne begibt und ungefragt zugetextet wird. Wäre da nicht der Fantasy-Inhalt des Gesprächs (oder eher, des Monologs), könnte die Situation aus dem täglichen (realen) Leben gegriffen sein.
Ich fands sehr unterhaltsam zu lesen, wie Maus Galas übermächtigen Charakter hier nicht als Gegner integriert, sondern einfach mal auf die Schippe nimmt. Eine Interpretation, mit der man in einem solchen Schreibwettbewerb nicht unbedingt rechnen würde... :up:

Anders als Durin hatte ich dieses Mal in Maus´ Geschichte auch das Gefühl, dass mir Ino etwas näher gekommen ist. Mal losgelöst von seinem Beruf, immer noch still-zurückhaltend, aber irgendwie auch ein Stück sympathischer. Warum das so ist, kann ich mir nicht so gut erklären - vielleicht wegen der Abneigung gegen die Kohlroulade :D
Auch schön, dass endlich ein bisschen (klitzekleines bisschen) über seinen Hintergrund gesagt wird; die Feuer-Visionen und die Anrede "Magier" interpretiere ich jetzt einfach mal so ^^ Man kann nur hoffen, dass sich das bei nächster Gelegenheit noch weiter aufklärt...


Zu Gala... mir sind beim Lesen öfters Dinge aufgefallen, an denen ich mich gestört habe: Rechtschreibung, Kommasetzung, mMn lieblose Ortsangaben - gut, ich mit meiner Monstertaverne in der ersten Runde neige offenbar eher zum anderen Extrem der Ortsbeschreibung :D, aber "Eine Taverne, Baldurs Tor" fand ich schlicht... nicht schön.
Dazu kommt dann noch etwas, das ich beim Lesen einfach mal "regelwerknahes Schreiben" getauft habe. Persönlich kann ich mit Angaben wie "hohe klerikale Sprüche" oder "schon aufgrund ihrer Rasse" nicht soo viel anfangen. Auf mich wirkt das wie Einschnitte in einer ansonsten doch recht stimmungsvollen Beschreibung. Schade. :c:
A propos Beschreibung - Durin hats schon erwähnt; die Halblingsdame wird in der Tat ausführlicher beschrieben als Ino, der zudem vom Auftragsmörder der Magiergilde zum Handlanger der Diebesgilde degradiert wurde.
Im krassen Kontrast dazu steht die immer wiederkehrende Beschreibung der/des ach so hinreissenden Isililta, seiner/ihrer Stimme, seiner/ihres Ganges und so weiter.
(Nur am Rande - eine Halblingsdame, die ja von Natur aus auch eher neugierig sind wenn ich mich recht erinnere, hat als Touristin in einem fremden Land nichts interessanteres zu tun als über den/die mysteriöse/n Fremde/n nachzudenken? Halte ich persönlich für unwahrscheinlich...)

Vielleicht hat Galas Charakter bei mir auch einfach nur einen erschwerten Start, ich hab auch hier (ähnlich wie bei Scots Aramand) Schwierigkeiten, Sympathie aufzubringen für eine Figur, die einfach nur super ist. Weil er/sie eben so übermächtig ist, kann man auch nicht wirklich mitfiebern als Isililta dann von Ino abgestochen wird. Das kann es schliesslich noch nicht gewesen sein - und richtig, Deus Ex Machina, unerwartete Rettung, da war ja irgendwo im Unterreich noch ein BackUp.

Oh, und... nicht, dass ich mich da auskennen würde :D aber Schimmel kann durchaus auch in anderen Farben als weiss auftreten ;)
Trotzdem schön, die Worte "Dunkelelf" und "Schimmel" in einem Satz zu sehen ^_^
 

Lisra

Schmusekater
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Dann mach ich jetzt auch Mal, besonnener als beim ersten Versuch.

Punkt für Maus. Von Anfang bis Ende gut unterhalten, das Kneipenszenario wunderbar ausgereizt. Ich konnte es mir wirklich gut vorstellen. Im Gegensatz zum ersten Text, wo sich bei mir beim lesen eigentlich nichts regte, habe ich diesmal mehrmals gelacht und war stehts interessiert. Schöne Steigerung, gute Geschichte. :up:

Zu Gala: Nimm es nicht zu hart, ich kann das nicht anders als so grob formulieren.

Es passiert ziemlich viel und wir bewegen uns durch mehrere Schauplätze. Die sind nicht immer so gut beschrieben wie sie es verdienen würden(wir alle wissen wie wir uns eine Taverne vorzustellen haben, gerade in Baldurs Tor, aber wer war schonmal in Rashemen?), aber sie gibt es. Eine Story muss auch keinen komplexen Plot haben (Maus' ist ja nur "X und Y sitzen in einer Taverne), aber es ist schon Anerkennung wert wenn versucht wird was deutlich komplexeres zu erzählen.

Zwei Dinge stachen aber besonders heraus, nachdem meine Vorscheiber schon Dinge vorweggenommen haben:

Der fette Kleriker ist seit Jahren nicht aufgestanden. Als sprachliches Bild wär das noch in Ordnung gewesen, aber er soll wohl tatsächlich seit Jahren nicht aufgestanden sein.
Bei dem Gedanken was in der Zeit mit seiner Muskulatur geschehen sein muss kommt mir das kalte Grausen. :eek:

"Weibliche Augen". Wenn man nur Augen nimmt, irgendwelche anderen Details, dann ist eine Unterscheidung in männliche und weibliche Augen nicht möglich. Auch nicht über die Wimpernlänge. :hae:

Darüber hinaus gibt es einfach etwas, dass mich an dem Dunkelelfen stört. Es ist nicht so wie bei Aramand, der ganz einfach keine guten Eigenschaften hat, sondern die Art und Weise wie er als so extrem mysteriös und allumfassend präsentiert wird. Die kleine Halblingsfrau ist plötzlich nach Rashemen (!) teleportiert, aber denkt trotzdem lieber über den Elfen nach, als über irgendwas anderes. Das passt vielleicht zum Charakter, tut aber nichts um mich für ihn zu erwärmen.

Bin aber weiter gespannt auf die nächsten Begegnungen.
 

Timestop

Running out of Time
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Jetzt hab ich gehofft, dass mir ein anderer Kritiker auf die Sprünge hilft was Maus Geschichte angeht, aber eigentlich hat Aurelia schon fast alles aufgezeigt. Sogar das mit der Kohlroulade.:D

Irgendwie weiss ich jetzt nicht warum und wieso, wohin führt das Ganze und was will uns der Autor damit sagen? Mir scheint Maus hat den letzten Satz aus Galas Charakterbeschreibung genommen und daraus eine Geschichte gestrickt, aber dann bleibt immer noch ein "Was geht hier eigentlich vor?".

Ich würde allerdings nicht damit übereinstimmen, das er Galas Charakter voll in dessen Sinne eingefangen hat. Er hat da eher eine Eigeninterpretation (männlich, zeigt sein Gesicht, Erzählonkel) gestartet, die allerdings noch gut mit der vorhandenen Charakterbeschreibung vereinbar ist. Vielleicht gehört das auch zu dem Täuschungsmanöver.

Galas Geschichte ist dann..hm.. pompöser und entfaltet sich auch ganz gut. Allerdings schmerzt mich persönlich Galas analytische Vorgehensweise bei der Konstruktion der Geschichte. Schon in der Charakterbeschreibung, hier ist es zwar weniger schlimm, aber ich kann mich an die entmystifizierung indem man Dinge benennt und offenbar Grundregeln aus der Hintergrundgeschichte einer Rollenspielwelt entnimmt (Simulacrum, Wiederbelebungsschriftrolle, Mondklingenteleport) nicht gewöhnen.
Aber vermutlich hab ich auch einfach selbst schon zuviele PC-Rollenspiele gespielt, so dass mir das erst auffällt.

Überhaupt bläht sich der Charakter zu einem mächtigen "Powergamerchar" auf, allerdings schafft es Gala Isillilta immerhin sympathischer und verletztlicher darzustellen als Aramand (sorry dass ich darauf dauernd rumtrample, Scot.:D).


Dann baut er zwar eine schöne Geschichte auf, die zwar etwas abstrus ist und durch die Gegend und Thematik springt, dafür mit 2 netten Charakteren (Ein fetter Priester der nie aufsteht? Ich schaudere.). Das Thema ist halbwegs eingebracht, aber ausgerechnet die gegnerische Figur Ino wirkt dann wie reingequetscht.

Da muss ich nochmal drüber grübeln wer den Punkt bekommt.
 

Armanz

Zeitloser Dichter
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Punkt an Maus, weil Ino eine Kohlroulade bezwungen hat.
Es war zwar keine große Handlung da, was bei mir bisher immer zu Punktverlust geführt hat, aber die Geschichte gefällt mir einfach sehr.
In Galas Geschichte ist Ino völlig überflüssig und die Geschichte ist zu...lang und kompliziert.
 

Durin

Schlachtenwüter
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Ich denke, mein Punkt geht an Gala, ich habe zwar schon gesagt, was mich sehr stört (unwichtiges zu detailliert eingeführt dafür wesentliches überhaupt nicht), aber andererseits hat es auch gute Plotdevices (Der Trank der plötzlich den ersten Absatz mit der Story verbindet und durch den Unsichtbarkeitstrank schon angedroht war und dann im Hinblick auf die "Drow der gegen die Stereotypie seiner Rasse kämpfen will" auch noch persönlichen Hintergrund bekommt (und vermuten lässt, das er schon vorher zumindest eine Ahnung hatte, was er auf der Rolle finden würde).

"Einiges besser - anderes schlechter" den Vorzug zu geben kann ich mit meinem Gewissen vereinbaren und damit habe ich auch eine Stimme dagegengesetzt, dass das von Mantis so beschriebene "regelwerknahes Schreiben" hier irgendwie als was schlechtes verunglimpft wird. ;)
 

Mantis

Heilende Hände
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Durin, nah, nicht als etwas per se Schlechtes - nur als etwas, womit ich *persönlich* nicht wirklich etwas anfangen kann.
Kleiner, bedeutsamer Unterschied ;)
 

Zelon Engelherz

Wachritter des Helm
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Punkt für Maus.

Vergleicht man den vorliegenden Text mit seinem ersten, hat er sich echt noch einmal richtig gesteigert und weiß auf jeden Fall zu begeistern. Galas Char als leicht(oder krass) selbstverliebter Märchenonkel, der angesichts seiner Taten resigniert ist, kommt richtig gut rüber und ab seinen letzten Satz will man unbedingt jetzt wissen, wer Ino "wirklich" ist.

Sehr schön:).

Galas Text konnte ich mir bis auf weiteres nicht gründlich durchlesen. Mit der Zeit habe ich mich einfach gelangweilt und die krassen Ortswechsel, waren mir dann doch zu weit gestreut. Eine Lokalität, eine kurze Szene, hätte auch völlig gereicht(wobei ich ja eigentlich still sein muss, so rasch wie ich bei mir die Zeit verstreichen lasse:rolleyes: ).

So wie es jetzt ist, verliere ich schon nach wenigen Absätzen das Interesse.

Tut mir leid:(.
 

Micha

Kutte
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Hm, das ist schwierig. Ich mag ja kurze Szenarien (Überraschung :D) sehr, allerdings standen bei Maus Geschichte am Ende doch ein paar Fragezeichen. Ino ist also Magier ohne es zu wissen, oder wie?

Bei Gala stört mich das "regelwerknahe Schreiben", was Mantis schon genannt hat, es ist allerdings bei weitem nicht so stark ausgeprägt, wie in der Vorgeschichte. Ino ist tatsächlich nur eine Randfigur, was ich allerdings nicht schlimm finde. Es ist ausdrücklich *jede* Art und Weise erlaubt, den gegnerischen Char einzubauen, deshalb würd ich auch nie Minuspunkte verteilen, wenn dieser eher eine Randnotiz darstellt. :)
Inhatlich aufgestoßen ist mir daneben noch, wie schon erwähnt, dass mit dem Labor, dem Turm und dem Spinnenringfluch Sachen eingeführt worden sind, über die man im Vorfeld nichts erfahren hat - was sehr schade ist.

So... was gibts noch zu sagen? Maus Schreibstil ist gewohnt gut, die Kohlrouladenidee witzig und ja, man erfährt wirklich ein klein wenig mehr über Ino. Das ist schön. :)
Bei Gala andererseits gefallen mir in 90% des Textes sein Stil und sein Ausdruck enorm gut und ich hab mich bei der Geschichte trotz der Länge gut unterhalten gefühlt.

Ich bin unentschlossen...


@Mantis
Persönlich kann ich mit Angaben wie "hohe klerikale Sprüche" oder "schon aufgrund ihrer Rasse" nicht soo viel anfangen.
[...]
Nur am Rande - eine Halblingsdame, die ja von Natur aus auch eher neugierig sind
:D:p:D
 

Mantis

Heilende Hände
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Micha: Ertappt :o:D

Ich könnte jetzt vesuchen, mich rauszureden, à la: wenn alle anderen schon so regelkonform sind, dann müsste das doch jetzt auch so sein...
Oder anmerken, dass es mehr um die Formulierung geht als um den Inhalt. Ist ja doch etwas anderes "von Natur aus" zu schreiben als "aufgrund ihrer Rasse". Jaja, ich weiss, das geht dann schon Richtung Kleinsch.... deshalb: ich glaube, ich lasse das mit dem rausreden einfach ^_^ touché.
 

Enigma

Suchender
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"Es ist ausdrücklich *jede* Art und Weise erlaubt, den gegnerischen Char einzubauen, deshalb würd ich auch nie Minuspunkte verteilen, wenn dieser eher eine Randnotiz darstellt."

:up:

 
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Ich bin zwar aus prinzipiellen Gründen dagegen, mich hier im Thread zu den ganzen Kritiken zu äußern, solange Maus sich nicht auch äußert, aber zu diesem Punkt sollte ich vielleicht doch anmerken:

Es kann jeder subjektiv abstimmen wie er will.
 

Enigma

Suchender
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Falls das auf meinen Kommentar bezogen war:

Ja, ziemlich offensichtlich kann das jeder.

Ausserdem sage ich ja schon seit dem ersten Thread, wie Kraven so schön sinngemäss umformuliert hat: Let the readers decide. ;)

Ich fand's nur positiv, dass Micha erstens daran erinnert, dass es nur sehr geringe Vorgaben zum Einbau der gegnerischen Charaktere gibt, und dass er zweitens so liberal bewertet. :)

 
 

Aurelia

Lichtbringerin*
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"Es ist ausdrücklich *jede* Art und Weise erlaubt, den gegnerischen Char einzubauen, deshalb würd ich auch nie Minuspunkte verteilen, wenn dieser eher eine Randnotiz darstellt."

Ich finde es auch nicht schlimm, wenn ein Char bevorzugt wird. Hast du ja mit deinem Jared in der ersten Story auch gemacht ;) [zweite kenn ich noch nicht...oh ist ja auch noch gar nicht da...]
Mich hat nur dieses extreme Mißverhältnis gestört. Isillilta wird ja mehr als ausführlich beschrieben und das des öfteren, während wir über Ino nur erfahren, dass er ein "kleinerer Mensch und ein farbloser Langweiler" ist.
Außerdem scheint sich in dieser Story alles um Isillilta zu drehen, wie um eine Sonne und er handelt immer richtig ... sorry, aber ich bin eben kein Fan von Übercharakteren :(

Dafür hat mich dieses "regelnahe Schreiben" nun wiederum überhaupt nicht gestört.

@Gala
Find ich gut, dass du das so siehst :)
 
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