Warum eigentlich Brüssel?

Looger

Butterbrot
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Hallöchen :)

Im Rahmen meiner Erdkunde-Facharbeit interessiert mich derzeit brennend die Frage, wieso eigentlich ausgerechnet Brüssel zur quasi-Hauptstadt der EU geworden ist?

Viel zu recherchieren war da nicht, Bücher geben nix her, und Google wird eh nutzlos, solange meine endlose Zeichen- & Operatorenkette das Wort Brüssel enthält :rolleyes:

Ich habe mal spontan drüber nachgedacht, und als einziges Argument fiel mir nicht mehr als die halbwegs zentraleuropäische Lage ein sowie die Tatsache, dass Brüssel ja seit 1958 Sitz der EWG war, was ich wiederrum aber auch nur darauf zurückführen, dass Brüssel zu einem der Startländer gehörte. Aber da könnte man dennoch jede x-beliebige Stadt nehmen...

Vielleicht ist jemand hier etwas fachkundiger als ich und kann mir sagen: Gibt es weitere Gründe für den Standort Brüssel oder spielt da wirklich eine große Portion Willkür eine Rolle?

MfG Looger
 

Turjan

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Nun, die EG ging aus der Montanunion hervor. Diese hatte 6 Mitgliedsstaaten. Da keiner der drei grossen Staaten einem der beiden anderen grossen Staaten die Ehre des Sitzes ueberlassen wollte, kam halt eins der Benelux-Laender zum Zuge.
 

David

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Diese Streiterein sind ja auch der Grund für das ständige Umziehen zwischen Straßburg und Brüssel, die den Steuerzahlen Millionen kosten, und auch dafür, das andere Institutionen wie die EZB auf alle Länder verteilt wurden..
Da ist mehr Politik als Vernunft mit im Spiel.
 

Randolf Grown

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Die EZB war und ist doch in Frankfurt am Main oder habe ich etwas verpasst ?? :rolleyes:
 

Fjaldir

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Ja, die EZB ist in Frankfurt. Aber andere Institutionen liegen in anderen Städten, das meinte David damit. Aus politischen Gründen will jedes Land seinen Teil am EU-Kuchen, sodass überall einzelne Ämter stehen. Ob Lissabon, Dublin oder Frankfurt - die EU ist überall. ;)
 

Caladrion

Nekromant
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Da es sich hier um gefährliches Halbwissen handelt lasse ich mich auch gerne eines besseren belehren: Da Brüssel gegraphisch ziemlich zentral im Europa vor dem Fall des eisernen Vorhangs und der neuen Mitgliedsstaaten lag, wurde es zur Hauptstadt ernannt.

Aber wie gesagt, sicher bin ich mir nicht.

edit: "geologisch"... sicher lieber Caladrion... :D
 
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Fey

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Eine Rolle spielte soweit ich weiß auch, das Belgien sowas wie "neutraler Boden" war. In beiden Kriegen hatte es z.B. keine Partei ergriffen (nicht, dass das gegen deutsche Angriffe geschützt hätte... ._.).
 

Fey

Vetinaris Adeptin
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Oh, auch Berliner, Drulak? :)

Mhm, Lisa, was macht denn Berlin unsympathisch?
 

David

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Gegen Berlin als Stadt ist ja nix zu sagen, aber solche riesigen Protzbauten wie das Kanzleramt wären wirklich nicht nötig gewesen, da war mir das bescheidenere Bonn auch sympathischer.

*für Helgoland als Hauptstadt ist* :D
 

Drulak

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Bonn war nur mehr eine Übergangslösung die sich mit der deutschen Einheit überlebt hatte. Der logische Schritt war die ehemals zweigeteilte Stadt Berlin nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität zur Hauptstadt zu machen. Über die Umsetzung kann man sicher geteilter Meinung sein...

@Fey
Ja, bin auch Berliner.
 

Ciramon

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Da Berlin Hauptstadt dreier totalitärer Regime (inkl. Monarchie) war, hätte man mit einer anderen Wahl Zeichen setzen können. Und der Umzug war reine Geldverbrennung.
 
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Caswallon

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Kaisers Wilhelm mag nicht heutigen verfassungsrechtlichen Ansprüchen genügen ;), aber totalitär war das Kaiserreich sicher nicht.

Das Problem mit Zeichen ist: man kann fast alle Entscheidungen in ein "Zeichen" umdeuten. :D Hier also: Wir setzen die Zeichen, daß wir an Weimar anknüpfen, daß wir die deutsche Geschichte akzeptieren und in eine bessere Richtung weiterführen, daß wir nach dem Kalten Krieg zur "Normalität" zurückfinden, etc. etc. - da lassen sich sicher noch mehr gesetzte Zeichen finden.

Cas
 

Ice

Technomage
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Etwas OT: Ich finde das Wort "Geldverbrennung" als Synonym für "unnötig ausgegebenes Geld" ziemlich BILD-haft.
Erstens, wörtlich genommen wäre es genau umgekehrt, da schenkt man dem Staat Geld, wenn man's als Zigaretten-Anzünder verwendet. ;)
Zweitens, im Ernst, kar, der Umzug kostete Millionen, hat aber auch vielen grossen und kleinen Betrieben bis hin zu Handwerkern und Transport-Unternehmen einiges an Umsatz beschert. Solange das Geld unter die Leute kommt ist IMHO alles ok, allemal besser als irgend auf einem Konto "parkiert" und somit der Wirtschaft entzogen.


Gruss, Ice
 

David

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Es stimmt schon, man hatte im kalten Krieg ständig auf Berlin als Hauptstadt eines vereinigten Deutschlands bestanden, da kann man ja hinterher irgentwie schlecht sagen 'nö, Bonn ist doch schöner'.
Und in Bonn gibts soweit ich weiß ja immer noch mehr Angestellte der Bundesbehörden als in Berlin, insofern haben wir de facto 2 Hauptstädte.
(Bedenkt man noch, daß zB die Wirtschaft eher in Frankfurt als in Bonn oder Berlin daheim ist, haben wir sogar noch eine dritte 'Hauptstadt' im Vergleich zu zentralistischeren Ländern, wo sich alles in einer Stadt konzentriert)

Und davon abgesehen, ohne die Hauptstadtfunktion würde Berlin wahrscheinlich völlig vor die Hunde gehen, wo schon die Wirtschaft wenig Interesse verspürt, ihre Firmensitze dorthin zu verlegen.

Aber wenn ich höre, daß das Bundeskanzleramt zu den größten Regierungssitzen der Welt gehört, dann kommt mir schon das Wörtchen 'Größenwahn' in den Sinn. :rolleyes:
Ich glaub, Schröder hat selber mal gemeint, daß es eine Nummer kleiner wohl auch getan hätte.
Aber Kohl als Auftragsgeber brauchte wohl doch etwas mehr Platz. :fies:
 

Turjan

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Na ja, das Kanzleramt ist ja nur auf Kohls persoenlichen Wunsch so riesig geraten. In den Plaenen hatte es die gleiche Hoehe wie die gegenueberliegenden Gebaeude. So muss man wohl auch Schroeder's Aussage bewerten: als kleinen Hieb auf den Vorgaenger ;).
 

David

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Aber nur allein auf Kohls persönlichen Wunsch hin kann das doch auch nicht geschehen sein?
Ich meine, wir leben ja nicht in einer Monarchie, da muss doch jemand zustimmen, so einen Protzklotz in die Landschaft zu stellen?
Wobei Schröders Idee, seinen Schreibtisch festschrauben zu lassen, auch nicht übel war. :D

Naja, jetzt ist das Ding eben da, muss mans Beste draus machen.

Aber grade in Berlin hab ich schon manchmal den Eindruck, daß die Stadtplaner etwas an der Realität vorbeidenken:
Erst nen großer Hauptbahnhof (der dann aber doch zu klein ist, so das die Leute im Regen stehen, wenn sie ausm ICE steigen :rolleyes: ) mitten im Nirgentwo, dann wird der Palast der Republik abgerissen, um irgentwann wenn mal Geld da ist (lol) das Stadtschloss wiederaufzubauen etc.
Und ein paar Minuten S-Bahn vom Regierungsviertel entfernt, kann man sich nachts nicht auf die Strasse trauen..
 
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Drulak

Böser böser Zauberer
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Also ich trau mich nachts noch auf die Straßen. :D Aber ich muss dir Recht geben, ich kann viele Dinge auch nicht wirklich nachvollziehen.
 

Turjan

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@David: Helmut Kohl hatte schon genug Einfluss um seine Wuensche wahr werden zu lassen. Er wollte ein Stockwerk oben drauf haben, und er bekam ein Stockwerk oben drauf. Sicherlich hat er das nicht allein entschieden. Er hatte aber immer Leute unter sich, die seine Wuensche umsetzten. Der Architekt war nicht gluecklich.

Der Berliner Hauptbahnhof ist auch ein Fall von "ungluecklicher Architekt". Wobei das milde ausgedrueckt ist. Der Architekt war stinkesauer. Die Planung des Hauptbahnhofs sah interessant aus. Der Bahnchef hatte dann - waehrend des Baus - anhand des vorhandenen Budgets gekuerzt - mit zwei sauberen Schnitten an beiden Enden der Halle. Schimpfe also nicht auf die Stadtplaner, wenn Du im Regen stehst, sondern auf Bahnchefs ohne Sinn fuer Architektur und Gelegenheiten.
 
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