Anora
Wanderer
- Registriert
- 22.08.2001
- Beiträge
- 5.500
KINGDOMS
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Der Barbar Sigmar hatte sie zu der Stelle zurückgeführt, an der er – zu der Zeit noch zusammen mit Shadow – an einem Seil die Felswand hinuntergestiegen war, um seinen Gefährten zu Hilfe zu kommen. Über ihnen befand sich nun die Brücke, bei der der Zwerg Taklinn und Marons Knappe Bisu auf sie zu warten versprochen hatten. Noch immer herrschte Schweigen zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern, doch sie hatten schon genug Zeit zusammen verbracht, um sich auch ohne Worte verständigen zu können.
Der freie Ritter Maron war der erste, der sich daran machte, an dem Seil die Steilwand zu erklimmen. Doch schon nach wenigen Metern überlegte er es sich scheinbar anders und lies sich zurück zu Boden gleiten, wo er kurz ein paar leise Worte zu Donnerhufe sprach. Auf seinen anschließenden fragenden Blick nickte Anora ihm nur knapp zu. Sie kannte inzwischen das Geheimnis von Marons ungewöhnlichem Ross und erahnte das Problem, vor dem die beiden nun standen. Auch wenn sie nicht so recht wusste, wie es ihnen gelingen sollte, ohne Hilfe die fast senkrechte, glatte Wand hinaufzuklettern, so vertraute sie doch darauf, dass sie schon einen Weg finden würden. Die beiden hatten ihr schon mehr als einmal ihr Können bewiesen und ihr damit nicht zuletzt auch schon mehrere male das Leben gerettet. Das durfte sie nicht vergessen…
Als Maron und sein Rappe außer Sichtweite waren, bedeutete die Kopfgeldjägerin Halax, am Seil hinaufzusteigen. Dieser aber schüttelte nur entschieden den Kopf, was Anora mit einem gleichgültigen Schulterzucken zur Kenntnis nahm und stattdessen Sigmar anblickte. Er war endlich derjenige, der den Anfang machte.
Nach ihm machte sich die Elfe selbst daran, die Felswand zu erklimmen. Ihre Hände umfassten das Seil mit aller ihr verbliebenen Kraft, denn sie musste daran denken, auf welche Weise sie in die Schlucht hinunter gelangt war und wollte dies auf keinen Fall wiederholen. Abgesehen davon war es schon einige Zeit her, dass sie das letzte Mal geruht hatten, und seit dem war viel geschehen.
Sigmar begrüßte sie mit einem knappen Lächeln an der Oberkante der Schlucht. Er streckte ihr eine Hand entgegen, um ihr auf dem letzten Meter zu helfen, doch der Stolz der Kopfgeldjägerin lies es nicht zu, dass sie die angebotene Hilfe annahm. Falscher Stolz, kam ihr einen Moment lang in die Gedanken, denn sie hatte erst in den letzten Tagen erkennen müssen, dass sie ohne die Gefährten längst gescheitert wäre. Und das wäre das Todesurteil für ihre sich noch immer in den Händen der Ritter befindenden Freunde gewesen. Trotzdem änderte sie nichts an ihrem Verhalten sondern zog sich aus eigener Kraft auf den Rand der Schlucht hinauf. Sigmar schien diese Unhöflichkeit ihm gegenüber nicht aufzufallen – Oder zumindest tat er so. Statt dessen wartete er stumm, bis Anora ihre schmerzenden und staubigen Hände ein wenig an ihrem Umhang abgewischt hatte.
„Hättet Ihr einen Moment lang Zeit?“
Die Kopfgeldjägerin sah verwundert auf, nur um festzustellen, dass Sigmar sich bereits von ihr abgewendet hatte und sich einige Schritte weit von dem Ort, an dem das Seil befestigt war, entfernte, scheinbar völlig darauf vertrauend, dass sie ihm folgen würde. Misstrauisch geworden ging die Elfe ihm zögerlich nach. Als der Barbar schließlich mit seinem Standort zufrieden schien, machte er Halt und drehte sich wieder Anora zu. Er beantwortete ihre Frage, ohne dass sie sie zu stellen gebraucht hätte:
„Ich werde gehen.“
Es dauerte einen Moment lang, bis die Unverständnis aus Anoras Augen verschwunden war. Sie zeigte keine Zeichen von Trauer oder Zorn, nicht einmal Enttäuschung. Alles, was übrig blieb, war ein einfaches „Warum?“.
Sigmar schüttelte nur den Kopf.
„Seit wann interessiert Ihr Euch für so etwas?“
Darauf wusste auch Anora keine Antwort und erst viel später, als Sigmar bereits mit seinem Pferd hinter den Bäumen verschwunden war, fielen ihr jene Worte ein, die ihr in diesem Moment gefehlt hatten. Diese sollten jedoch für immer unausgesprochen bleiben.
Als die Elfe einige Zeit nachdem Sigmar sie stehen gelassen hatte, um sich sein Pferd zu holen und dann ohne Abschied zu gehen, zu den anderen stieß, blieb sie auch bei Bisus Jubelrufen still. Halax und Panda waren inzwischen auf für sie unerklärliche Weise zu ihnen gelangt und auch Maron und Donnerhufe mussten einen Weg gefunden haben, die Trollschlucht zu verlassen, denn auch sie standen um den Karren, dessen Kutscher der Zwerg Taklinn war. Doch wo war er jetzt? Schweigend hörte sie der Erklärung Bisus zu, dass Taklinn plötzlich aufbrechen musste, warum wusste er nicht. Erst als der junge Knappe in seinen Erzählungen und Fragen nach den Geschehnissen in der Schlucht eine kurze Pause machte, um wieder Atem zu schöpfen, vereitelte Anora eine weitere Willkommensrede mit den einfachen Worten:
„Wir sollten aufbrechen!“
Wenig später hatten sie die Trollschlucht hinter sich gelassen. Anora saß hinten auf dem Karren, den nun Bisu lenkte, denn der Körper ihres Reittieres lag zerschunden und gebrochen auf dem Grund der Schlucht und würde vermutlich den übrig gebliebenen Trollen zum Abendessen dienen. Es tat ihr Leid um die treue Palominostute.
Inzwischen war es Nacht geworden, doch noch immer wagte niemand, den Vorschlag zur Rast zu machen. Die Elfe war in eine melancholische Stimmung verfallen und starrte mit leeren Augen immer nur gerade aus. Maron hatte nach Sigmar gefragt, als sie aufgebrochen waren, doch ihr Schweigen war ihm Antwort genug gewesen.
An diesem Tag hatten sie durch großes Glück ihr Leben behalten, doch der Preis, den sie dafür zu zahlen hatten, war groß: Sie hatten drei Gefährten verloren.
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Der freie Ritter Maron war der erste, der sich daran machte, an dem Seil die Steilwand zu erklimmen. Doch schon nach wenigen Metern überlegte er es sich scheinbar anders und lies sich zurück zu Boden gleiten, wo er kurz ein paar leise Worte zu Donnerhufe sprach. Auf seinen anschließenden fragenden Blick nickte Anora ihm nur knapp zu. Sie kannte inzwischen das Geheimnis von Marons ungewöhnlichem Ross und erahnte das Problem, vor dem die beiden nun standen. Auch wenn sie nicht so recht wusste, wie es ihnen gelingen sollte, ohne Hilfe die fast senkrechte, glatte Wand hinaufzuklettern, so vertraute sie doch darauf, dass sie schon einen Weg finden würden. Die beiden hatten ihr schon mehr als einmal ihr Können bewiesen und ihr damit nicht zuletzt auch schon mehrere male das Leben gerettet. Das durfte sie nicht vergessen…
Als Maron und sein Rappe außer Sichtweite waren, bedeutete die Kopfgeldjägerin Halax, am Seil hinaufzusteigen. Dieser aber schüttelte nur entschieden den Kopf, was Anora mit einem gleichgültigen Schulterzucken zur Kenntnis nahm und stattdessen Sigmar anblickte. Er war endlich derjenige, der den Anfang machte.
Nach ihm machte sich die Elfe selbst daran, die Felswand zu erklimmen. Ihre Hände umfassten das Seil mit aller ihr verbliebenen Kraft, denn sie musste daran denken, auf welche Weise sie in die Schlucht hinunter gelangt war und wollte dies auf keinen Fall wiederholen. Abgesehen davon war es schon einige Zeit her, dass sie das letzte Mal geruht hatten, und seit dem war viel geschehen.
Sigmar begrüßte sie mit einem knappen Lächeln an der Oberkante der Schlucht. Er streckte ihr eine Hand entgegen, um ihr auf dem letzten Meter zu helfen, doch der Stolz der Kopfgeldjägerin lies es nicht zu, dass sie die angebotene Hilfe annahm. Falscher Stolz, kam ihr einen Moment lang in die Gedanken, denn sie hatte erst in den letzten Tagen erkennen müssen, dass sie ohne die Gefährten längst gescheitert wäre. Und das wäre das Todesurteil für ihre sich noch immer in den Händen der Ritter befindenden Freunde gewesen. Trotzdem änderte sie nichts an ihrem Verhalten sondern zog sich aus eigener Kraft auf den Rand der Schlucht hinauf. Sigmar schien diese Unhöflichkeit ihm gegenüber nicht aufzufallen – Oder zumindest tat er so. Statt dessen wartete er stumm, bis Anora ihre schmerzenden und staubigen Hände ein wenig an ihrem Umhang abgewischt hatte.
„Hättet Ihr einen Moment lang Zeit?“
Die Kopfgeldjägerin sah verwundert auf, nur um festzustellen, dass Sigmar sich bereits von ihr abgewendet hatte und sich einige Schritte weit von dem Ort, an dem das Seil befestigt war, entfernte, scheinbar völlig darauf vertrauend, dass sie ihm folgen würde. Misstrauisch geworden ging die Elfe ihm zögerlich nach. Als der Barbar schließlich mit seinem Standort zufrieden schien, machte er Halt und drehte sich wieder Anora zu. Er beantwortete ihre Frage, ohne dass sie sie zu stellen gebraucht hätte:
„Ich werde gehen.“
Es dauerte einen Moment lang, bis die Unverständnis aus Anoras Augen verschwunden war. Sie zeigte keine Zeichen von Trauer oder Zorn, nicht einmal Enttäuschung. Alles, was übrig blieb, war ein einfaches „Warum?“.
Sigmar schüttelte nur den Kopf.
„Seit wann interessiert Ihr Euch für so etwas?“
Darauf wusste auch Anora keine Antwort und erst viel später, als Sigmar bereits mit seinem Pferd hinter den Bäumen verschwunden war, fielen ihr jene Worte ein, die ihr in diesem Moment gefehlt hatten. Diese sollten jedoch für immer unausgesprochen bleiben.
Als die Elfe einige Zeit nachdem Sigmar sie stehen gelassen hatte, um sich sein Pferd zu holen und dann ohne Abschied zu gehen, zu den anderen stieß, blieb sie auch bei Bisus Jubelrufen still. Halax und Panda waren inzwischen auf für sie unerklärliche Weise zu ihnen gelangt und auch Maron und Donnerhufe mussten einen Weg gefunden haben, die Trollschlucht zu verlassen, denn auch sie standen um den Karren, dessen Kutscher der Zwerg Taklinn war. Doch wo war er jetzt? Schweigend hörte sie der Erklärung Bisus zu, dass Taklinn plötzlich aufbrechen musste, warum wusste er nicht. Erst als der junge Knappe in seinen Erzählungen und Fragen nach den Geschehnissen in der Schlucht eine kurze Pause machte, um wieder Atem zu schöpfen, vereitelte Anora eine weitere Willkommensrede mit den einfachen Worten:
„Wir sollten aufbrechen!“
Wenig später hatten sie die Trollschlucht hinter sich gelassen. Anora saß hinten auf dem Karren, den nun Bisu lenkte, denn der Körper ihres Reittieres lag zerschunden und gebrochen auf dem Grund der Schlucht und würde vermutlich den übrig gebliebenen Trollen zum Abendessen dienen. Es tat ihr Leid um die treue Palominostute.
Inzwischen war es Nacht geworden, doch noch immer wagte niemand, den Vorschlag zur Rast zu machen. Die Elfe war in eine melancholische Stimmung verfallen und starrte mit leeren Augen immer nur gerade aus. Maron hatte nach Sigmar gefragt, als sie aufgebrochen waren, doch ihr Schweigen war ihm Antwort genug gewesen.
An diesem Tag hatten sie durch großes Glück ihr Leben behalten, doch der Preis, den sie dafür zu zahlen hatten, war groß: Sie hatten drei Gefährten verloren.
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