Politik, 12. Staffel

Ysrthgrathe

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@Ender
Der MP ist wie gesagt der Oberste Dienstherr der Polizei
Das ist doch vielmehr der (jeweilige) Innenminister?

@all
Schon interessant, welchen Äußerungen im amerikanischen Wahlkampf welcher Stellenwert zugeordnet wird...
 

Turjan

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@Y: Bei so etwas wie dem letzten Trump-Filmchen geht es ja immer darum, wer sich angesprochen fuehlt. Um Leute wie uns geht's doch gar nicht. Es geht auch nicht um Leute, die Trump wegen seines Rassismus, Sexismus oder seiner dauernden Luegereien sowieso nicht mochten. Es geht um seine Anhaenger, und hier die christlichen Konservativen, die ihn als Mittel zum Zweck akzeptiert haben. Wenn da einige Leute aus diesem Spektrum in ihrer Pruederie getroffen werden und abspringen, waer's ja nicht das Schlechteste, auch wenn mir persoenlich das als Grund laecherlich erscheint.

Allerdings scheint selbst in diesen Kreisen die Reaktion relativ maessig auszufallen. Bei Rechten ist der richtige Stallgeruch fast immer wichtiger als Details (es sind die Linken, die sich normalerweise wegen Detailfragen zerfleischen). Hoffen wir mal, das es reicht, seiner Popularitaet wenigstens etwas zu schaden.
 

Darghand

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Die Bezeichnung und Position Dienstherr bedeutet nicht, über das hingehaltene Stöckchen einer ohnehin der derzeitigen Oppositionspartei zuzurechnenden und anteilsmäßig kleineren Polizeigewerkschaft zu springen. Das, was die DPolG da veranstaltet, ist nichts als eine Machtprobe; eine Nichtigkeit wird dazu verwendet, dem politischen Gegner - und wer sonst sollte das sein als der Miniprä einer Partei, die nach Jahren der CDU-Alleinherrschaft nun die Regierungsgeschäfte besorgt - allerhand Unterstellungen zu machen, um Applaus von der eigenen Gefolgschaft zu kassieren.

Offensichtlich wolle Ramelow "nicht erkennen, dass es in seiner Regierungsfraktion Abgeordnete gibt, die ein ernsthaftes Problem mit der Arbeit der Polizei haben"

schreibt der Landesvorsitzende der DPolG. Und das geht natürlich überhaupt nicht - die Polizei hat man gut zu finden! Ganz egal, ob es dazu Anlass gibt oder nicht. Wohin das führt, konnte man ja neulich erst nach dem Attentat des verwirrten Axtschwingers begutachten, als sich Renate Künast erdreistete, die Notwendigkeit des Totschießens des Täters öffentlich in Frage zu stellen. Fragen der Angemessenheit entscheidet nämlich die Polizei selbst, und sonst keiner. Höchstens noch der Mob, dem Totschießen zu wenig war und der Künast des Landesverrats verdächtigte.

Besonders toll auch der zweite Vorfall, auf den da verwiesen wird:

Er verwies auf einen Vorfall vor zwei Jahren während des Landtagswahlkampfs in Erfurt. Die Linksjugend hatte dort an einem Wahlkampfstand eine Pappfigur aufgestellt, die einen Polizisten zeigt, der auf einen liegenden Menschen einprügelt - ergänzt um den Schriftzug: "Am 14.09. VS und Polizeigewalt abwählen".

Was soll man jetzt also daraus lernen? Zunächst, dass die thüringische DPolG bereits die bloße Werbung für eine Politik, die weniger Polizeigewalt (und ein Ende des zeitweise von Rechtsradikalen geleiteten VS) in Aussicht stellt, für eine entschuldigenswerte Entgleisung hält - und Polizeigewalt offenbar für einen integralen Bestandteil ihrer Arbeit und ihres Selbstverständnisses. Glückwunsch.
 

Ender

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"Nen Aufsichtsrat Mitglied Postet auf Twitter/Facebooc etc Unsere Arbeiter sind Trottel der Vorsitzender des Aufsichtsrats sagt dazu die Arbeiter sollen sich nicht so aufregen damit war doch ganz was anderes gemeint"
Du kannst Handlungen der Polizei für falsch halten und das auch monieren da spricht nichts dagegen und ist auch richtig so aber so ne wüste Verallgemeinerung als Regierungschef einfach so ins lächerliche zu ziehen als währe es garnichts ja toll.
die Polizei hat man gut zu finden! Ganz egal, ob es dazu Anlass gibt oder nicht. Wohin das führt, konnte man ja neulich erst nach dem Attentat des verwirrten Axtschwingers begutachten, als sich Renate Künast erdreistete, die Notwendigkeit des Totschießens des Täters öffentlich in Frage zu stellen. Fragen der Angemessenheit entscheidet nämlich die Polizei selbst, und sonst keiner. Höchstens noch der Mob, dem Totschießen zu wenig war und der Künast des Landesverrats verdächtigte
Wie währs stell dich vor jemanden der ne Axt rumschwingt und verhandle mit ihm oder versuch ihn gezielt Kampfunfähig zu schiesen jammer aber nicht wenn er dir den Schädel einschlägt.
Und komischerweiße haha sind Polizisten auch Menschen, ja sie sind trainiert aber deswegen noch lang keine Roboter und haben deswegen auch nen Selbsterhaltungstrieb.
 

Lisra

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Gala

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Ich erinnere mich jetzt nicht mehr an Details, aber der Grund für Künasts Kritik war meines Wissens das der "Axtschwinger" in diesem Moment überhaupt niemanden bedrohte, auch keinen Polizisten, und die abgegebenen Schüsse sofort auf Töten ausgerichtet waren.


Das Followup der Polizeigewerkschaft ist eher noch schlimmer:
Der Eindruck, dass Taser ein Folterinstrument sein kann, ist falsch.
Whow. Whow. Whow.

Dann sollen sie Taser doch einfach an sich selbst testen, wenn sie das für eine angenehmes Erlebnis halten. Das tun sie aber wahrscheinlich nur einmal.

Ein Taser kann btw sogar ziemlich leicht tödlich sein. Besonders bei falscher Anwendung (z.B. mehrere Taser gleichzeitig) und Menschen verminderter Konstitution (Kinder, alte Menschen, Menschen mit Herzproblemen). Deshalb bin ich grundsätzlich dafür, das Taser erst eingesetzt werden dürfen, wenn ansonsten tödliche Gewalt notwendig wäre.
 
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Chiburi

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@ Lis

Oh, natürlich habe ich auch deine Meinung angegriffen, wie halt die der anscheinend großen Mehrheit. Aber doch nicht dich als Person. Deshalb fand ich es auch ein bisschen unpassend, dass du mir dann genau das unterstellt hast. Wofür halte ich dich eigentlich? Für einen intelligenten und gebildeten jungen Mann, mit dessen Frisur oder Meinung ich nicht immer übereinstimme, und die ich im Extremfall auch mal lauthals kritisieren kann. Wenn das als Angriff auf dich persönlich angekommen ist, entschuldige bitte.

Warum habe ich dann relativ ausführlich dargelegt, und das war nicht, dass mir "das irgendwie Freude bereitet, wenn sich die Regierenden mal was gefallen lassen müssen". Oder zumindest ist das eine nicht so ganz wohlwollende Zusammenfassung.

Du darfst dich auch gerne als nicht der "fehlenden Weitsicht" beschuldigt betrachten. Mit Perspektive meinte ich die richtigen Größenverhältnisse zwischen Pfeifen und Häuseranzünden zu erkennen, nicht Weitsicht.


@ auch alle anderen

Ähnlich ärgerlich finde ich das Theater, das um Trumps vor 11 Jahren aufgenommene frauenfeindliche Kommentare gemacht wird.
Der Mann hat mehrere Konkurse hinter sich, aus denen er immer noch reicher hervorgegangen ist. Er lügt mit über 50% seiner Aussagen. Er zahlt kaum Steuern, und ist stolz darauf. Er beleidigt in einem fort jede Minderheit, über die er stolpert, und übrigens auch Frauen, die technisch gesehen eigentlich eine Mehrheit sind. Und zwar bewusst und öffentlich und aktuell.

Warum also soll eine so uralte Aufnahme, die sich jetzt zufällig so kurz vor der Wahl "wiedergefunden" hat, plötzlich so eine Bedeutung erhalten. Wenn wir uns postfaktisch aufregen, und postfaktische Wahlentscheidungen treffen, müssen wir uns nicht wundern, wenn wir eine postfaktische Politik bekommen.
 

Gala

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Naja der "Wahlkampf" in der USA findet so oder so zwischen zwei absolut unmöglichen Kandidaten statt. Wer auch immer von den beiden gewinnt - die USA wie der Rest der Welt verliert, so oder so.

Deshalb finde ich auch alle Kabarettsendungen (bis auf die Mitternachtsspitzen, die neutral geblieben sind) derzeit absolut ungenießbar. Die schlagen sich auf die Seite eines Kandidaten, indem sie den anderen kritisieren - vergessen aber zu erwähnen, das der andere Kandidat auch jede Menge Dreck am Stecken hat.

Die Clinton wollte Julian Assange mit Drohnen ermorden lassen und ist eine absolute Kriegstreiberin. Was ist daran akzeptabel ? Man kann vielleicht sagen, das sie relativ zu Trump das kleinere Übel ist. Aber absolut gesehen sollte sie definitiv nicht US Präsident sein.

Besonders abwegig finde ich die Argumentation, das die Clinton ja "kompetent" wäre.

Ja klar, deshalb lieben wir ja zum Beispiel Abraham Lincoln, Mahatma Ghandi, Nelson Mandela oder Martin Luther King: weil sie so toll kompetent waren !

Kein Mensch kann die ganze Kompetenz lernen, die ein Politiker im Prinzip eigentlich haben müßte. Das würde direkt Allwissenheit voraussetzen. Alles, was ein Politiker daher *wirklich* können muß, ist gute Berater haben und auf diese Berater zu hören. Ansonsten noch die Fähigkeit zur Diplomantie und die Fähigkeit, Reden zu halten. Mehr Kompetenz ist erstmal gar nicht gefragt (*).

Zentral entscheidend ist bei einem Politiker vielmehr die Intention eines Menschen. Genau deshalb sind Ghandi etc so beliebt und werden als Vorbild gesehen. Und da finde ich es offensichtlich: beide Kandidaten sind absolut furchtbare Menschen.

(*): Natürlich haben fast alle Politiker auch ihre Steckenpferdchen - Gebiete, auf denen sie schon von sich selbst aus besonders kompetent sind.
 

Gala

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Lisra

Schmusekater
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@Chib
Genügend Leute haben sich dasselbe gefragt und sich beschwert. Is ja keinzweifel daran, dass die Äußerungen ziemlich widerlich sind, aber warum die paar hundert davor nicht reichten... man kann nicht verstehen nach was für einer Logik da operiert wird. Immerhin ist endlich mal was passiert.
 

Gala

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Unser Bundesverfassungsgericht hat sich mal wieder als Papiertiger bewiesen: der vorläufigen Anwendung von CETA (und damit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der de facto VOLLE Anwendung von CETA) wurde zugestimmt.

Wieso ein Gericht sich selbst abschafft, ist mir unerklärlich. Aber hey: unsere Gewerkschaften haben Hartz IV zugestimmt und sich selbst zum Papiertiger und Grüßaugust gemacht.

Die Büger machen sich beständig selbst zum Papiertiger und Grüßaugust, weil sie fortwährend und zuverlässig Parteien wählen, die gar nicht ihre Interessen vertreten. Bloß weil diese Parteien behaupten, christlich, sozial oder grün zu sein. Oder irgendwie keine Ahnung was die AFD eigentlich behaupten sollen. Die stehen doch dafür, das Lampedusa zwar Mord, aber trotzdem voll cool war (ist). Oder nicht mal das, denn die FDP steht ja völlig offen zum totalen Kapitalismus.

Warum also sollte das Bundesverfassungsgericht klüger sein ? Mehr als ein Komentator zu dem Unglück sind sie jetzt auch nicht mehr. Genauso wie z.B. bei der Höhe von Hartz IV. Oder jüngst bei der Erbschaftssteuer.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Wozu brauchen wir nochmal Europa ?

Ach ja, für sowas !
Die Richter erklärten hingegen, es sei nicht nachgewiesen worden, inwiefern durch eine Festlegung einheitlicher Preise eine flächendeckende Verteilung traditioneller Apotheken in Deutschland gefördert würde. Vielmehr könne ein Preiswettbewerb auch Anreize zur Niederlassung in Gegenden bieten, in denen wegen der geringeren Zahl an Apotheken höhere Preise verlangt werden könnten.
Und ganz genau das ist politisch nicht gewollt, das nämlich für Medikamente an verschiedenen Orten unterschiedlich viel kosten.



„Es kann nicht sein, dass ungezügelte Marktkräfte über den Verbraucherschutz im Gesundheitswesen triumphieren“, sagte der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Friedemann Schmidt. „Eine denkbare Lösung wäre ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln in Deutschland.“
Fände ich OK. Ich muß aber schon darauf hinweisen, das hier eine passende, aber eigentlich schwachsinnige Lösung für einen bereits unsinnige Festlegung von Winkeladvokaten gefunden wurde.
 
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Falk

ChickenWizzardwing
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So sehr mich das Urteil als Apotheker ärgert, zum Europabashing taugt das Beispielt nur bedingt. Umstrittende Urteile sind sicherlich kein Alleinstellungsmerkmal des EUGH. Fairerweise muss man außerdem sagen, dass der EUGH bis jetzt eher durch Urteile aufgefallen ist, die die Regulierung des Deutschen Arzneimittelmarktes stützen. Sprich, meistens sind die ausländischen Versandhändler mit ihren Klagen dort abgeblitzt.
 

Chiburi

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hmm...

@ Lis

ich hätte da zwei Theorien.

Entweder, die Vertreter frauenrechtlicher Themen beherrschen die Empörungs-Maschinerie einfach besser als die Vertreter von Minderheitenschutz oder gar von Verteilungsgerechtigkeit. Was ganz gut daran zu erkennen ist, dass man erwägt, einen steuervermeidenden Pleitenprofiteur zum Präsidenten zu machen, während Prof. Hunt wegen eines aus dem Zusammenhang gerissenen, angeblich frauenfeindlichen Zitates seine Stellung und Karriere verloren hat.

Oder aber seine Anhänger sind so naiv, dass sie Staat und Steuern für etwas grundsätzlich böses halten, und den Zusammenhang zwischen Steuern und Straßen, Schulen und Polizei nicht begreifen. Vermutlich eine Mischung aus beidem...


@ Gala

Was genau ist jetzt so schrecklich an der Abschaffung der Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente? Also ausser jetzt für Leute wie den Präsidenten der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände? Dessen 'Begeisterung' kann ich natürlich nachvollziehen.




A propo: Ein Hoch auf die Wallonen

Bleibt zu hoffen, dass das nicht nur Taktik ist, um irgendein Zugeständnis von der EU zu erpressen, sondern echte und zuverlässige Ablehnung.

Interessant finde ich an dieser Stelle, dass Berichte der Tagesschau* zu CETA, TTIP und Co. entweder gar nicht kommentierbar sind, oder die Kommentarfunktion sehr schnell geschlossen wird. An der immer wieder gerne angeführten Verrohung der Umgangsformen und Diskussionskultur kann es eigentlich nicht liegen, das Niveau der entsprechenden Beiträge sind durchweg deutlich höher als z.B. zu Flüchtlings- oder AfD-Themen, die dann aber zuverlässig länger kommentiert werden können. Lässt sich ganz einfach selber nachprüfen, indem man sich die Themen der jeweils vergangenen Tage anschaut. Themen zu Flüchtlingen haben oft über 100 Kommentare, solche zu TTIP/CETA oft nur rund 20. Bei beiden ist nicht die Zahl der geschriebenen Kommentare der limitierende Faktor, sondern Zeit und Fleiß der Redakteure.

Besonders bitter stößt das natürlich auf, wenn mal wieder einer der häufiger werdenden neoliberalen Kommentare unwidersprochen stehenbleiben kann.

Kommentare geben grundsätzlich die Meinung des jeweiligen Autors und nicht die der Redaktion wieder.

Ja, macht ja nix. Steht aber in eurem Medium, und gibt halt auch nicht die Meinung des Großteils der Bevölkerung wieder, sondern nur den von ein paartausend Lobbyisten. Vielleicht habt ihr ja Verständnis dafür, dass wir da zumindest die gröbsten Lügen kommentieren wollen?
Weil.. sonst stehen halt irgendwann die Linken, die Studenten und Bürgerinitiativen und Wirtschaftsprofessoren und Kabarettisten neben den Rechten und skandieren "Lügenpresse"
Und das kann ja nun wirklich niemand wollen.


*: Der Teil mit der Tagesschau regt mich auf, weil wir von den privaten Medien nicht mehr wirklich erwarten, gegen Meinung und Forderungen ihrer (in der Regel superreichen) Besitzer anzuschreiben.
Von den Ö/Re halt schon.. irgendwie
 

Falk

ChickenWizzardwing
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@Chib: Genau, endlich geht es den Apothekern mal an die Pfründe :rolleyes:


Um vielleicht einmal für Aufklärung zu sorgen:
Es geht um die Preisbindung für verschreibungspflichtige(!) Medikamente. Hier gilt die Arzneimittelpreis-Verordnung in Deutschland. Dank dem Urteil jetzt übrigens nur noch für die inländischen Apotheken, die ausländischen Versandapotheken sind ausgenommen. Laut Preisverodnung bekommt der Apotheker immer 3% des Apotheken-Einkaufpreises plus 8,35€ Beratungsleistung + 0,16 € Notdienstfond. Bei gesetzlich Versicherten Patienten gibt es noch einmal einen Abschlag zu Gunsten der gesetzlichen Krankenkasse von 1,77 €. Was dies für unterschiedlich teure Arzneimittel bedeutet, zeigen zwei Rechenbeispiele der GKV.

Nehmen wir einmal das teure Krebsmedikament Glivec (eines der Mittel, über das sich die Krankenkasse so arg beschweren).
10.109 € kostet das Präparat, Hersteller und Pharmagroßhandel bekommen davon 8239€ (81%), der Apotheker 254€ (=2,5%). Gevatter Staat kassiert 19% Mehrwertsteuer. Den Apotheker für die hohen Ausgaben der Krankenkassen verantwortlich zu machen, ist leider stark lächerlich, aber ein typisches Klischee. Jetzt könnte man sagen, 254 € ist ja ganz schon viel, um einmal die Schublade aufzumachen. Der eigentliche Vorgang (Beratung und Abgabe in der Apotheke) wird über die immer gleichen 8,35 - 1,77€ abgedeckt. Die 3% sind hauptsächlich für das unternehmerische Risiko vorgesehen. Wenn der Patient sein Rezept einreicht, bestellt die Apotheke zu eigenen Kosten für 8239€ das Präparat. Das Geld bekommt sie erst, wenn das Rezept über ein Abrechnungszentrum mit der Krankenkasse abgerechnet worden ist (ein bis zweimal im Monat). Somit geht der Unternehmer manchmal für einen halben Monat in Vorleistung. Bei Formfehlern auf den Rezepten verweigern die Kassen die Zahlung in der Regel komplett.
Dafür hält der Apotheker seine Apotheke inkl. akademischen Personal vor. Das Präparat wird sogar noch auf Wunsch bis an die Haustür geliefert (Auto, Benzin und Fahrer wollen auch bezahlt werden). Ein besonderer Hohn ist, dass die Apotheker dafür auch noch eines der effektivsten, aber Patienten-unfreundlichsten Sparmaßnahmen der GKV an der Front durchprügeln müssen: Die Rabattverträge.
Über die Meinung mancher Medien, dieses Urteil lässt die GKV-Beitragssätze sinken, kann ich nur herzhaft lachen.

Das waren die Krankenkassen, jetzt kommen die Patienten: In der Presse steht ja jetzt, dass chronische Patienten entlastet werden. Versandapotheken versprechen mindestens 2 € bis maximal 12€ Bonus auf das Rezept. Nicht jeder hat das Geld locker sitzen, daher möchte ich niemanden verurteilen, der bei einer Versandapotheke bestellt. Viele chronische Patienten sind aber sowieso von der Zuzahlung befreit. D.h. sie verdienen diesen Rabatt dann dazu. Dafür helfen vor Ort-Strukturen gerade chronischen Patienten, da sie mit ihrer Erkrankung sowohl beim Apothekenpersonal wie auch beim behandelnden Arzt um die Ecke bekannt sind. Chroniker benötigen nicht bei jeder Rezepteinreichung eine Beratung, da sie für die chronische Erkrankung immer die gleichen Präparate bekommen. Kommen Medikamente hinzu oder wird dringend ein Präparat benötigt, kann man aber meist schneller helfen, als jede Versandapotheke.

Es ist also eine Diskussion wie bei so vielen anderen Themen auch. Möchte ich es billig billig (Geiz ist halt geil!) oder bin ich bereit, für eine Leistung auch zu bezahlen. Der deutsche Verbraucher möchte sein Fleisch für 2,30€ beim Discounter kaufen, echauffiert sich dafür über jeden Lebensmittelskandal. Man geht in den Fachhandel, lässt sich dort beraten und kauft anschließend im Internet beim billigsten Anbieter, natürlich mit Cash-Back. Nachdem die ärztliche Versorgung auf dem Land bereits gefährdet ist, ist es ja nur konsequent, mit den Apotheken weiterzumachen.

Im Grunde kann es mir selbst fast egal sein, denn ich habe mich schon längst gegen die Arbeit in einer öffentlichen Apotheke entschieden (obwohl es eigentlich ein sehr schöner Beruf ist). Der Großteil der mir bekannten Apotheker macht es genauso. Wir selbst benötigen übrigens keine pharmazeutische Beratung. Die Bereitschaft unter den Pharmazeuten, als Unternehmer in ländlicher Region eine Apotheke zu übernehmen, Steuern zu zahlen und gleichzeitig 10-15 Arbeitsplätze zu schaffen ist so gering wie nie. Wie ein Hausarzt findet ein Apothekeninhaber kurz vor der Rente kaum noch einen Nachfolger. Wenn es das ist, was du als Patient möchtest, bitte sehr!
 

Gala

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Warum muß ich jetzt erklären, warum einheitliche Preise für Medikamente besser sind ? :confused: Das ist eigentlich etwas was mir sofort einleuchtet. Medikamente sind schließlich für kranke Menschen. Was gibt es da noch zu erklären ?!?!?




http://www.nachdenkseiten.de/?p=35526
Der Mythos besagt, dass wir unseren Wiederaufbau Ludwig Erhard verdanken, dem Wirtschaftsminister Adenauers und späteren Bundeskanzler. Doch die Realität ist eine andere. Danach verdanken wir unser Wirtschaftswunder einem ganz anderen Mann: dem Argentinier Jorge Antonio, rechte Hand des damaligen Präsidenten Perón und Wäscher “unseres” Nazigoldes. Unter Erhards Regie und mit ausdrücklicher Erlaubnis der USA wuschen er und Daimler-Benz ab 1949 im großen Stil das Kapital, das die deutsche Industrie während des Zweiten Weltkrieges in der Schweiz versteckt hatte.
Weder noch.

Deutschland hatte den Aufschwung, weil die Deutschen gut ausgebildet waren und Knowhow besaßen.

Das hatte nichts mit Erhard im Speziellen oder dem Ordoliberalismus im Allgemeinen zu tun und auch nichts mit sonstigen Einzeltätern, egal wie mächtig oder einflußreich oder sonstwie wichtig. Diese Faktoren halfen bestenfalls, den Prozess zu beschleunigen, aber waren nicht die Kernursache.

Es gibt durchaus Konstrukte, mit denen man das angebliche "Wirtschaftswunder" hätte verhindern können. Etwa eine Austeritätspolitik, wie wir sie derzeit in Griechenland durchführen.

Aber ohne solche Faktoren sind alle anderen Faktoren nur hilfreiche Katalysatoren, die den Prozess beschleunigen, aber nicht die wirkliche Ursache. Die wirkliche Ursache war: sobald die Deutschen eine Möglichkeit hatten, Gewinne zu erzielen, konnten sie dank ihres Knowhow die Produktivität durch Investitionen erhöhen. Dies lief von selbst, bis die Industrie den maximalen Ausbau erreicht hatte. Seitdem sind nur noch Steigerungen im normalen Rahmen des technologischen Fortschritts möglich.

Drittweltländern etwa fehlt genau diese Ausbildung und das Knowhow. Ebenso die initiale Investitionsfähigkeit, aber die war in Deutschland eigentlich auch gegeben.
 
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Chiburi

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@ Gala

Wenn du dich über etwas aufregst, solltest du schon auch in der Lage sein, zu begründen, warum. Dass es keiner Erklärung bedürfe, weil es dir ja unmittelbar einleuchte, ist schon weng schwach.


@ Falk

ich verstehe es immer noch nicht. Wo genau liegt das Problem? Mit dem gleichen Argument kannst du doch dann für die Preisbindung von Büchern, Socken, Computern und Gummibärchen argumentieren. Immer, wenn man eine Preisbindung abschafft, profitieren vor allem die Kunden. Für die Anbieter, die effizienter arbeiten, ist es eher ein Nullsummenspiel. Mit Preisbindung haben sie höhere Margen, ohne größere Marktanteile.

Natürlich, aus Sicht des klassischen Apothekers sieht die Sache anders aus, für den geht es um seine Gewinne. Aber das Problem haben alle Einzelhändler, die seit weit über 20 Jahren mit dem Versandhandel konkurrieren müssen. Warum jetzt eine bestimmte Berufsgruppe allen anderen vorgezogen und durch Preisbindung geschützt werden muss, offenbart sich mir nicht so richtig.
Insbesondere nicht die Apotheker, denn deren Hauptzielgruppe sind nun mal Rentner, so dass sie noch lange, lange vor einem Wettbewerb mit Internetanbietern geschützt sind. Ganz im Gegensatz zu Schuhverkäufern, die eventuell eher schutzbedürftig sind.

Bleibt der Vorteil einer Vor-Ort-Versorgung. Sollen wir uns die wirklich anschauen? Gut: Ich kenne viele Dörfer, die gar keine Apotheke haben, weil es sich schlicht nicht lohnt. Hier helfen aber weder Preisbindungen, noch höhere "Beratungs"leistungen weiter, es lohnt einfach nicht.

In den Städten oder größeren Dörfern gibt es dann aber gleich mehrere Apotheken, die den Kunden keinerlei vorteile bringen. Weil es sich da lohnt. Eine gute Versorgung könnte man also eher erreichen, indem man die Pfründe so weit drückt, dass in den Städten und Städtchen die Überversorgung auf ein Normalmaß zurückgeht, und damit Ärzte und Apotheken im ländlichen Raum quersubventioniert.

Andererseits, wozu? Die Beratung übernimmt meiner Erfahrung nach ausschließlich der Arzt, ev. in Kombination mit dem Beipackzettel. Das ist ganz natürlich, denn der Arzt hat den Patienten untersucht, der kennt ihn viel besser als ein Apotheker. Und der Beipackzettel enthält eine Fülle von Informationen, die kein Apotheker auch nur annähernd auswendig wissen kann. Klar sagt ein gewissenhafter Apotheker dann nochmal den Einnahmerythmus auf, falls man den zwischen Arztbesuch, Packungsaufdruck und Beipackzettel schon vergessen haben sollte. Aber das brauche ich in etwa so nötig wie das "dieses Hemd steht ihnen aber ganz hervorragend" eines Modeverkäufers.

Lieferungen kommen heutzutage bereits am Folgetag an. Und warum sollen die gängigsten Medikamente nicht auch gleich vom Arzt ausgegeben werden?

Echte Notfälle werden in aller Regel von Krankenhäusern versorgt. Dauermedikamente kann man ein par Tage früher bestellen.

Über den Verdienst schreibe ich jetzt besser nicht zu viel, sonst bin ich nachher wieder schlecht gelaunt. Nur so viel: Den Stundenlohn einer Friseurin für eine Minute Schublade aufmachen ist schon nicht schlecht, zumal das unternehmerische Risiko ja über die Marge abgegolten sein dürfte. Summiert sich halt. Und dann verdienen die Medikamentenverkäufer plätzlich doppelt- oder dreimal so viel wie die, die sie entwickeln.


Puh...

Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich so viel darüber schreibe. Ich mag die Pharmazeuten aus dem Forum, und mir ist sehr wohl bewusst, dass es viele Berufsgruppen gibt die weniger sinnvolle Arbeit für mehr Geld machen. Aber ich habe eine Allergie dagegen, dass die Vertreter eines sehr gut verdienenden Berufsverbandes die "wir gehen alle Pleite", "Patientenwohl!" und "Arbeitsplätze!!" -Karte spielt um ihre Gewinne zu verteidigen.
 

Lisra

Schmusekater
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@Chiburi
Die meisten Ärzte können keinen Überblick behalten über all die Medikamente die ihr Patient nimmt, mangels einer zentralen Kartei. Es ist völlig normal, dass Medikamente verschrieben werden, die sich eigentlich beißen. Wer seine Medikamente immer beim selben Apotheker kauft, bekommt ein extra Paar Augen, um Wechselwirkungen zu sehen, die die meisten ärzte eh nicht auf dem Schirm haben, weil es in der Lächerlichen Flut an Dingen untergeht, die man von einem Hausarzt verlangt.

Sicherlich is meine Erfahrung mit Patienten da nur eine Sammlung an Anekdoten...aber es Bedarf nicht viel Phantasie sich vorzustellen, dass das öfters vorkommt.

"Beratung" kommt häufig von allen Seiten, außer vom Arzt. Aber das ist natürlich ein Symptom von einer ganzen Reihe anderer Probleme, die herzlich wenig mit Preisbindungen zu tun haben.:rolleyes:
 

Matthew McKane

Senior Member
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@ Chiburi: Das Problem in deiner Argumentation ist, dass die Patienten im Gegensatz zu Schuhkaeufern, nicht die zahlenden Kunden sind. Sondern, die Krankenkassen. Der Patient bezahlt nur eine Gebuer. Den echten Preis fuer das Medikament rechnet die Apotheke mit der Kasse ab. Durch diese Konstellation ist bei einer Freigabe der Preise davon auszugehen, dass die Preise erhoeht werden. Es geht ja um verschreibungspflichtige Medikamente. Wenn da jede Apotheke mit der Krankenkasse ihre eigenen Preise abrechnen kann, wird wohl kaum eine Apotheke die Preise deswegen senken. Das erhoeht ja im Gegensatz zu Schuhen nicht die Absatzzahlen. Der Arzt verschreibt dir ja nicht mehr Tabletten, nur weil sie grad zum halben Preis im Angebot sind.

Ohne die Preisbindung wird es bald keine Filialapotheken mehr geben. Denn die Krankenkassen werden dann ihre Patienten verpflichten, ihre Medikamente bei Online Apotheken zu bestellen, die Vertraege mit den Krankenkassen haben.
 
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Gala

Labyrinth-Leichnam
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Ich weiß einfach nicht, was daran zu begründen wäre, das kranke Menschen nicht auch noch ausgenommen werden, und das auch noch basierend darauf, wo sie wohnen ? Ich mein das ist doch völlig gesunder Menschenverstand ? Einen kranken Menschen nutzt man nicht aus, sondern hilft ihm so gut wie möglich ? Was ist da noch groß zu begründen !?!?!?!?!?!?

Das ist doch etwas, das haben schon Steinzeitmenschen im Rahmen ihrer Möglichkeiten gemacht. Davon gehe ich zumindest aus.
 
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