Nun ja, was heißt denn da "sauber argumentiert"?
Einige Sachen sind zweifelsfrei überprüfbar, z.B. der von Hans Eichel steuerfrei gestaltete Verkauf von Unternehmensbeteiligungen. So oder ähnlich wurde das zu dieser Zeit vermutlich in nahe zu allen westlichen Ländern (und denen unter IWF-Knute) so betrieben und nannte sich "Liberalisierung der Finanzmärkte".
Einiges andere sind offene Geheimnisse: es ist sonnenklar, dass sich der Staat per Verkauf von Anleihen an Private verschuldet. Das hieß mal Bundeswertpapiere und erfreute sich zu Adenauerzeiten bei Kleinanlegern eben so großer Beliebtheit wie das Sparbuch.
Unfug ist allerdings, dass, wie in populistisch-kurzsichtiger Weise behauptet wird, der kleine Mann und die Steuerzahler müssten bald und womöglich noch für die gesamte Schuldenmenge gerade stehen, denn "das Finanzmanagement ist in der Krise." Das genaue Gegenteil ist der Fall, Staatsanleihen sind angesichts der Krise der sicherste Hafen für das überschüssige Kapital; andere renditeträchtige Anlagemöglichkeiten existieren z.Z. schlichtweg nicht. Allenfalls kann man darauf hoffen, dass Obamas in Aussicht gestellte defizitäre Pushen der "grünen Technologien" kurz- bis mittelfristige Erträge bringt.
Gleichfalls Unsinn ist, dass Deutschland vermittels Schulden den gewissermaßen unter dem Begriff "Mafia" subsumierten Institutionen gehört - eben diverse Banken. Der Autor übersieht, dass auch die Geschäfts- und Investmentbanken keinen Einzelpersonen gehören, sondern gleichfalls börsennotierte Unternehmen sind die darüberhinaus auch noch durch gegenseitige Kredite und Garantien untereinander verflochten sind. Dieser Befürchtung zu grunde liegt die etwas putzige Vorstellung, eines Tages stünde der Gerichtsvollzieher vor der Tür des Finanzministeriums und würde erst das Schienennetz und anschließend die Privateigentümer der doitschen Steuerzahler zwecks Schuldentilgung der BRD einziehen. Erstens würde dadurch eine Finanzierungsquelle austrocknen (s.o.), zweitens gibt es keine Instanz, die so etwas bewirken könnte und drittens wurden in der Geschichte hohe Staatsschulden bislang immer durch eine massive Entwertung der eigenen Währung behoben. Diverse Prognosen sehen genau dieses Szenario für den Dollar voraus, sollten Rezession und Verschuldung weiterhin solche Ausmaße wie im letzten Viertel von 2008 annehmen.
Zu denken geben sollte vor allem, dass der ganze Zirkus, der um den kapitalistischen Verwertungs- und Vermehrungsprozess herumtanzt, nur noch durch mittlerweile drei Jahrzehnte anhaltendes staatliches
deficit spending am Laufen gehalten werden kann bzw. durch die Flucht des Kapitals in den fiktiven Sektor, der gerade zusammenkracht.
Ansonsten kann ich nur noch vermerken, dass ich bei Texten, die das "Wohl des deutschen Volkes" als moralische Kategorie in Stellung bringen, immer latente Übelkeit verspüre.