Politik, 6. Staffel

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Ribalt

Ork-Metzler
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Diese Aussagen Ackermanns könnt man auch lesen und komplett andere Schlüsse ziehen. Wenn Banken produkte anbieten die Sie selber nicht verstehen ist der Fehler wohl defintiv erstmal bei der Bank und nicht beim System.
Du kannst auch nicht, zumindest nicht gut, LKW fahren nur weil du weisst wie das mit nem PKW geht.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Man kann, aber dann unterstellt man implizit, das Ackermann ein Idiot ist. Wer jetzt noch diese völlig überflüssigen superkomplizierten Wertpapiere verteidigt, hat entweder nicht begriffen, was das ist (Warren Buffet bezeichnete sie ja als "Massenvernichtungswaffen"), oder er hat eine Agenda damit.
 

Ribalt

Ork-Metzler
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Mein Punkt war eigentlich nur folgender:

Sofern man weiss, wie diese "Überkomplizierten Wertpapiere" funktionieren spricht nichts dagegen Sie auch zu benutzen. Das ist iirc auch Ackermanns Aussage in dem Artikel? (oder ich hab Gründlich vorbeigelesen).
Die im Artikel auch angesprochene Landesbank hat offenbar aber Papiere angeboten die Sie selber weder versteht noch berechnen kann. Sowas kann nur schiefgehn...

Solange ein Anbieter selber nachvollziehen kann wie sein Produkt funktioniert (egal ob Wertschriftenanlage, Auto, Fahrrad, Spaceshuttle oder Computerprogramm), was die DB ja laut Artikel tut, spricht nichts dagegen dieses auch anzubieten. Probleme gibt es wenn Leute mit zuwenig know how einfach etwas 1 zu 1 nachbauen aber gar nicht in der Lage sind zu verstehen warum und wie genau ein derartiges Produkt eigentlich funktioniert.

Ich will das ganze Aktienpapiergeschäft gar nicht verteidigen, mir ist schon der *simple* Aktienhandeln eher suspekt... sowie ein grosser Teil der modernen Buchhaltungsregeln/praktiken und das obwohl ich in einer Buchhaltung arbeite.


Höchstwarscheinlich kann die DB/Deutschland glücklich sein Ackermann zu haben... Wie es bis jetzt ausschaut kam die DB ja beinahe schadlos durch die Krise - Was sicher auch mit Ackermann zu tun hatte. Ob man seine Agenda (die er sicher hat) und Ansichten jetzt Teilt oder nicht spielt erstmal keine Rolle. Wär er nicht da gewesen häts mit sicherheit irgend ein anderer *Markthöriger* an die Spitze der DB geschafft und seinen Job vermutlich eher schlechter gemacht als Ackermann (wenns der DB wirklich so gut geht wies derzeit aussieht)?
 

David

Moderner Nomade
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Zumal der dieses Jahr mit gut ner Millionen richtig billig ist. :D

Was die Banken unter sich machen ist mir eigentlich egal, nur die Privatkunden müssen besser geschützt werden. Bei jedem Finanzprodukt müsste es nen verbindliches Formular "Ich kann Geld verlieren: ja/nein" geben, dann gäbs hinterher nicht solche Probleme mit angeblich/wahrscheinlich falscher Beratung wie jetzt bei den Lehmann-Zertifikaten.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Wenn ich Warren Buffets Kommentar richtig verstehe, bezog es sich darauf, das es der Sinn und Zweck dieser Papiere ist, das Banken Risiken verstecken können und ihre Kapitalisierungsquote damit beliebig senken können. Was umgekehrt dann eben zu Renditen von 25% und mehr führen kann.

Und Ackermann scheint nur deßhalb so gut dazustehen, weil er die Politik beraten konnte. Es wird ja z.B. gemutmaßt, das Ackermann die HRE nur deßhalb so sehr unterstützt hat, weil die Deutsche Bank dort stark involviert ist. Genau wissen tut das freilich niemand, denn alle solche Dinge werden ja geheimgehalten. Lieber redet man unverbindlich über Transparenz, anstatt die Verhältnisse einer Bank offenzulegen, der wir über 100 Milliarden Euro an Sicherheiten in den Rachen geworfen haben...

Und das "gut Dastehen" der Deutschen Bank beruht ja auch wieder ausschließlich auf Spekulationsgewinne, nicht auf das klassischem Bankgeschäft. Wie real sind diese Gewinne ? Das kann auch niemand sagen. Es hätte ja schon gereicht, das die alten Bilanzierungsregeln nicht geändert worden wären, schon sähen die Bilanzen viel schlechter aus.

Ackermann propagiert also im Kern, auf Kosten der Allgemeinheit (die ja dann immer wieder "systemrelevante" Banken wie die HRE stützen muß) Casino spielen zu können. Und das Problem an der Sache ist eben, das die Allgemeinheit immer wieder dann zur Kasse gebeten wird, wenn wieder eine "systemrelevante" Bank zusammenbricht. Genau deßhalb ist das System Deutsche Bank kein Erfolg, sondern in meinen Augen nichts als ein geschickt eingefädeltes Verbrechen, das dringend verboten gehört.

Genau wie viele anderen Tricks, Geld zu machen, in der Vergangenheit verboten wurden.
 

Ribalt

Ork-Metzler
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Wie gesagt, mir passen die Casiongeschäfte auch nicht. Die Frage ist aber, was definierst du als Casinogeschäft?

Selbst die ganz normale Tätigkeit von Banken (das verleihen von Krediten) basiert auf Spekulation. Egal wie genau eine Bank prüft an wen und für was Sie da einen Kredit gibt, eine Erfolgsgarantie für den Kreditnehmer gibt es schlicht nicht.

Jetzt versuch da mal ein Gesetz o.ä. zu erfinden, dass hier Besserung schafft ohne gängige und gute Praktiken ebenfalls zu beschneiden/unmöglich zu machen.

Das gesamte Geschäft einer Bank basiert auf Spekulation. Das Problem entstand aber schlussendlich, weil viele Banken schlicht aufhörten darüber nachzudenken was genau Sie da eigentlich machen.
 

Micha

Kutte
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"Gut dastehen" tun die Banken, da sie in ihren Bilanzen ihre Schrottpapiere nicht mehr zum Jetztpreis (=nix) bilanzieren müssen, sondern sich Fantasie-Preise ausdenken können (USA) bzw. den Anschaffungspreis angeben können (müsste der momentane Stand in Europa sein). Klingt seltsam? Ist aber so. Auf dem Papier verdienen die alle wieder Milliarden, mehr wert sind sie trotzdem nicht. Einfach ne Decke über die Löcher geworfen, und gut ist.*

Und ein anderer Grund: die Banken reichen das Geld nicht an die Firmen weiter. Warum auch? Sie haben zig Milliarden durch die Europäische Zentralbank langfristig (Laufzeiten >1Jahr, sehr unüblich für Geldtender normalerweise) verliehen bekommen (zB. 442 Mrd. vor ein paar Monaten) zu einem Zinssatz von 1%. Dafür vergeben sie keine risikoreichen Kredite, sondern kaufen Staatsanleihen mit garantierten Zinssätzen von 5% und mehr. Das kann man denen auch nicht groß verdenken, es ist eine sehr logische Strategie, die garantiert Geld in die Kassen spült. Die Banken stoßen sich an der Krise gesund, so oder so. Pleite gehen können sie nicht, da sie "systemisch" sind - und hier wird ihnen garantiert Geld hinterhergeworfen - eigentlich sogar mehr als das, da die Banken mit dem Geld der Zentralbank Staatsanleihen kaufen. Das ist - mit der Zwischenschicht privater Banken - genau das gleiche Modell, mit dem schon die Weltwirtschaftskrise ausgelöst wurde und was von den USA ohne diese Zwischenschicht gefahren wird (dort kauft die Zentralbank direkt die Anleihen der Regierung auf). Das ist einfach nur Gelddruckerei im gigantischen Maßstab, nur dass dazu heute niemand mehr die reale Notenpresse anwerfen muss. Die Antwort auf solche Geldpolitik war zumindest bisher immer eine Mega-Inflation.**

* Quelle zB. http://boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_319584
Ist schon vom letzten Jahr, dieses Jahr hat sich auf dem Gebiet noch einiges getan, hab aber jetzt keine Quellen auf die Schnelle gefunden.

** Quelle zB. http://boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_359528
Auch dazu gibts einige andere Artikel bei einschlägigen Seiten...

Edit zu den Bilanzierungsregeln:

http://www.bundesfinanzministerium....olitik/123__PM__Finanzmaerkte.html?__nnn=true

Ist auch noch vom letzten Jahr, zeigt aber sehr schön verpackt, was der Standpunkt der Politik zum Bilanzthema ist. Einige Ausschnitte:

Finanzinstrumente im Handelsbestand werden grundsätzlich zum Marktwert bilanziert. Dies gilt nicht, wenn – wie in der aktuellen Finanzmarktsituation – ein objektiver Marktwert nicht mehr festgestellt werden kann. [...] In solchen Fällen sehen die Bilanzierungsstandards IFRS und US-GAAP vor, dass für die Bilanzierung statt dem Marktwert Bewertungsmodelle zugrunde gelegt werden können, mit denen die vorübergehenden Verzerrungen des Marktwertes ausgeglichen werden können.

Das heißt für mich: das Zeug ist momentan nix wert, unverkäuflich und würde der Bank nix bringen, wenn sie es momentan zu Geld machen müsste, um Gläubiger zu bedienen. Da dies die Eigenkapitalquote einer Bank "verzerrt", darf kreativ gegengesteuert werden.

International wird eine weitere Möglichkeit diskutiert, um verzerrte Bilanzierungen von Finanzinstrumenten zu vermeiden. In Rede steht die Umklassifizierung von Finanzinstrumenten in andere Anlageklassen (aus dem Handelsbestand in den Anlagebestand), die vor allem auf die Anschaffungskosten und die Halteabsicht des Bilanzierenden abstellen.

Dieser Part ist soweit ich informiert bin Anfang diesen Jahres auch umgesetzt worden. Das bedeutet: je nach Tageslaune dürfen Wertpapiere in den Bilanzen hin- und hergeschoben werden, wie es gerade besser passt. "Anlagebestand" heißt meiner Infomration übrigens, dass man sie durchaus nicht zum Jetzt-Preis einstellen muss, sondern auch gerne mal den angepeilten Verkaufspreis irgendwann in ferner Zukunft in die Bilanz stellen kann...

Ganz ernsthaft: jedes normale Unternehmen, was auf solcher Basis bilanzieren und arbeiten würde, wäre nach kürzester Zeit pleite oder hätte Besuch vom Finanzministerium. Diese Maßnahmen sind einfach nur geballte Ohnmacht (Dummheit?) und die Hoffnung "so schlimm wirds schon nicht werden"... man kann natürlich auch sagen: raffiniertes Abzocken selbst kurz vorm Zusammenbruch. Die Regierung hat den Banken schon immer gerne Geld in den Rachen geworfen... ***

*** Ich beziehe mich dabei gerade auf die Übernahme des DDR-Staatsvermögens durch die Treuhand und wie den Banken dort zig Milliarden vom Staat in den Hals geworfen worden sind. Nachzulesen hier (Artikel von 2005):

http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/art141,1883768
 
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David

Moderner Nomade
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Das mit den Krediten ist doch aber eh ein wenig schizophren: Einerseits sind alle sauer auf die Banken, daß sie mit voreilig vergebenen Krediten den ganzen Schlamassel ins Rollen gebracht haben, aber jetzt, wo genauer hingeschaut wird, ob jemand kreditwürdig ist, ists auch wieder nicht recht. :rolleyes:

Ich würd im Moment auch kein Geld an einen Automobilzulieferer etc. verleihen, egal wie gut der vor der Krise dagestanden hat, da gibts einfach völlig unabsehbare Risiken.

Und wenn man in einer Situation, wo kaum jemand in die Realwirtschaft investieren will, Geld fast umsonst auf den Markt wirft darf man sich halt auch nicht wundern, wenn das dann dankend angenommen und in irgendwelche Wertpapiere gesteckt wird. Das mag vielleicht nicht sonderlich moralisch von den Banken sein, aber wer von denen moralisches Verhalten erwartet, dem ist eh nicht mehr zu helfen. :D
Der Fehler liegt einfach darin zu glauben, man könnte die Krise mit billigem Geld überwinden.
 
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Ribalt

Ork-Metzler
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Das heißt für mich: das Zeug ist momentan nix wert, unverkäuflich und würde der Bank nix bringen, wenn sie es momentan zu Geld machen müsste, um Gläubiger zu bedienen. Da dies die Eigenkapitalquote einer Bank "verzerrt", darf kreativ gegengesteuert werden.

Ja, momentan. Das ist es ja. Wenn eine Bank noch genug Liquide mittel hat um diese Verluste nicht direkt realisieren zu müssen, spricht nichts dagegen Sie einfach noch zu behalten und später zu verkaufen.

Ansonsten stimm ich dir zu, die ganzen Bilanzierungsregeln/Tricksereien sind ein Witz, aber obiges geht im Prinzip in Ordnung da die Papiere ja noch *da* sind bzw. ein Wert dahinter steht (der momentan nur sehr gering ist).
 

Erinye

Giftmischerin
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[Myn]Wenn es den Banken hilft, die Bilanzen zu schönigen, weil dann die Bevölkerung mehr Vertrauen hat, dann ist das durchaus ein sinnvolles Vorgehen. Stellt euch doch einfach mal vor, die Bilanzen wären in den letzten Quartalen nochmal so dramatisch eingebrochen. Das hätte dem Markt den Rest gegeben :D.[/Myn]
 
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Toran

Schattenritter
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@Gala
Interessante These, dass die Banken nach den alten Bilanzierungsgestzen schlechter da stehen würden.

Die Banken A, B, C und D haben jeweils ein Grundstück an der Schlossallee.
Wert jeweils 200 Millionen.

Bank A geht pleite und muss das Grundstück für 20 Millionen verscherbeln.

Nach dem alten Bankgesetz wären die Grundstücke der Banken B,C und D jetzt immer noch 200 Millionen wert nach der neuen nur noch 20 Millionen.

Wenn es den Banken B,C und D gut geht werden sie ihre Grundstücke garantiert nicht unter Wert verkaufen sondern warten bis ein Interessent eine vernünftige Summe zahlt.

Welcher Vollidiot hat durchgesetzt, dass diese Grundstücke nur mit einem Bruchteil ihres realen Wertes bilanziert werden?

Die lieben Amis, deren Bilanzierung sich die Europäer angpasst haben, auch was die vierteljährliche statt jährliche Bilanzierung betrifft.

Wenn ein Manager 4 mal im Jahr super dastehen muss statt nur einmal, werden selbstverständlich alle Tricks angewandt um kurzfristig zu glänzen.
Langfristige Planungen sind da nicht mehr gefragt.

Wohin dieser Schwachsinn geführt hat haben wir schon gesehen, wohin er uns noch führen wird?
 

Micha

Kutte
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@Ribalt
Das ändert trotzdem nichts daran, dass diese Wertpapiere zur Eigenkapitalquote in den Bilanzen gerechnet werden, also zu dem Kernkapital, was eine Bank an sofort verfügbarem Kapital besitzt (bzw. sogar besitzen *muss*)

In diesem Fall macht es absolut keinen Sinn, irgendeinen Fantasiewert in die Bilanz zu schreiben, denn es geht ganz konkret um die Summe an Geld, die eine Bank quasi sofort zur Verfügung hat bzw. sofort flüssig machen kann, um Gläubiger zu bedienen und den normalen (Bar-)Geldumlauf erhalten zu können. Dort *muss* der jetzige, verfügbare Wert in der Bilanz stehen, denn es geht darum, welche Werte die Bank *jetzt* flüssig machen kann. Werden die Papiere später wieder etwas wert (was bei den Schrottpapieren fraglich ist), kann man sie ja immernoch wieder höher einpreisen.

Fakt ist, dass die Banken jahrelang extrem hohe Renditen erzielt haben. Falsch, sie haben sie nicht erzielt, diese Renditen standen in den Büchern, waren also (fast) reine Buchgewinne. Mit diesen Renditen sind real Dividenden, Boni etc. gezahlt worden - ohne die Gewinne tatsächlich zu realisieren. Jetzt sind die dafür zugrundeliegenden Papiere nichts mehr Wert, der Buchwert ist im Keller - und die Dividenden der Vergangenheit sind von der Kernkapitalquote gezahlt worden. Es ist also real Geld abgeflossen, was auf imaginäre (nie realisierte) Gewinne ausgeschüttet wurde. Diese Mittel fehlen in der Eigenkapitalbilanz. Jetzt die Schrottpapiere zu besseren Preisen einzustellen, heißt nur, dass man über die vorhandene Finanzierungslücke ein Tuch drüberhängt und mehr nicht, an der Situation der Unterfinanzierung ändert sich rein garnichts.

@Toran
Wie ich oben schon ausgeführt habe: wenn die Grundstücke deiner Banken B, C und D auf dem momentanen (!) Markt nichts wert sind und diese bei diesen Banken zur Eigenkapitalquote zählen, müssen sie auch zum Jetztpreis eignestellt werden. Denn wenn Bank B, C oder D *jetzt* in Zahlungsschwierigkeiten gerät, wird sie für ihr Grundstück ebenfalls nur diese 20 Millionen erzielen - eine Bilanzsumme von 200 Millionen ist für den zu diesem Zeitpunkt gültigen Wert völlig fernab jeder Realität.

Dieser "Schwachsinn" hat die jetzige Krise nicht verhindert, das ist richtig. Die jetzt vorherrschenden Bilanzierungsregeln zusammen mit dem ganzen anderen (Drecks)paketen an "Hilfsmitteln zur Bankenrettung" werden das aber ebenfalls nicht tun, sondern im Gegenteil die Krise noch mehr anheizen - wenn nicht sofort, dann in drei, vier, fünf Jahren, wenn dieses Lügengebälk dann wieder am Zusammenbrechen ist und noch mehr Schwungmasse angereichert hat (da noch viel mehr imaginäres Geld zur Stabilisierung in den Kreislauf eingeflossen ist).
 

Slartibartfaß

Nörgelnder Gnom
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@Toran:
Wenn ein Manager 4 mal im Jahr super dastehen muss statt nur einmal, werden selbstverständlich alle Tricks angewandt um kurzfristig zu glänzen.
Langfristige Planungen sind da nicht mehr gefragt.

Die Erklärung, wieso ein Bankmanager/Unternehmensberater/whoever plötzlich *noch* krimineller wird als er eh schon ist, wenn er viermal so häufig kontrolliert wird, würde ich gern mal hören.
Und langfristige Strategien sind doch sowieso schon lange out. Damit lockt man keinen Wirtschaftshundt :D mehr hinter dem Ofen vor. Was zählt, ist kurzfristige Rendite.
Ich "freu" mich jetzt schon drauf, daß auch die nächste Riesenblase durch keine realen Werte gedeckter "Gewinne" und "Wachstumsraten" (die Kreditkartenblase) platzt.
Genaugenommen wird es höchste zeit, daß der ganze Imaginärgeldwahnsinn platzt und den Bach runtergeht. Das heißt zwar leider, daß wir mit baden gehen, da der gesamte westliche Wohlstand letztlich auf der Realwertvernichtung und Imaginärgelderöhung der Börse/Banken fußt, aber je länger das geht, desto heftiger wird der Knall.

Und schon sind wir wieder bei einem Grundübel des Kapitalismus: bedingungslose Wachstumsgläubigkeit. :down:

@Micha:

Sehr schön erklärt. :up:
 

Erian

Anla'Shok
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Kurzer Einwurf zur Bilanzierung: Natürlich sollte dort ein möglichst genauer Wert stehen. Aber wie bewerte ich denn ein Gut? Sicher nicht indem ich schaue "was würde es mir an Geld bringen, wenn ich es jetzt kurzfristig zwangsversteigern oder sonstwie liquidieren müsste". ;)

Kurzer Einwurf @ Slarti:
Na dann bin ich mal wieder froh, dass wir glücklicherweise keinen Kapitalismus haben. :D
 

Rudy

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@Erian:

Nach den deutschen Bilanzierungsregeln wird ein Wirtschaftsgut höchstens zu Anschaffungskosten/Herstellungskosten bilanziert (§ 253 HGB).

Bei Wirtschaftsgütern, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, werden die Anschaffungs-/Herstellungskosten über die Nutzungsdauer aufwandswirksam verteilt (Abschreibung).

Darüber hinaus können auch Abschreibungen vorgenommen werden, wenn eine außerordentliche Wertminderung vorliegt.

Nach den Internationalen Bilanzierungsregeln (IFRS/US-GAAP) gilt das Anschaffungskosten-/Herstellungskostenprinzip grundsätzlich auch. Ausnahmen gibt es im Wesentichen bei der Bilanzierung von Wertpapieren. Diese können in drei unterschiedliche Bestände eingeteilt werden; ein Wechsel zwischen diesesn Beständen ist im Übrigen grundsätzlich nicht möglich.
At cost: Zu Anschaffungskosten (s. o.)
Available for sale: Zu Marktpreisen, Veränderungen werden direkt gegen das Eigenkapital gebucht
Held for Trading: Zu Marktpreise, Veränderungen werden in der GEwinn- und Verlustrechnung ausgewiesen


@Micha:

Du wirfst da leider einige Dinge durcheinander.

Wertpapiere, die selber gehalten werden, werden nicht zu Eigenkapitalquote gerechnet. Es gibt das mehrere Kennzahlen, die die Banken monatlich an die Bankenaufsicht melden müssen:

Liquidität:
Im Wesentlichen wird dadurch angezeigt, inwieweit kurzfristige Verbindlichkeiten durch kurzfristie liquide Mittel gedeckt sind. Verlagerte die Bank Wertpapiere in das Anlagevermögen, sind diese nicht mehr liquide und können damit auch nicht mehr zur Deckung kurzfristiger Verbindlichkeiten herangezogen werden -> schlechtere Kennzahl

Solvabilität:
Ist ein Indikator, inwieweit Risiken durch das aufsichtsrechtliche Eigenkapital der Bank gedeckt sind. Dazu sind Risiken zu identifizieren und quantifizieren. Je höher das Eigenkapital, desto besser die Kennzahl. Das Eigenkapital ändert sich im Wesentlichen durch anfallende Gewinn/Verlust sowie durch Einlagen und Ausschüttungen. Zum haftenden Eigenkapital zählen im Wesentlichen das Stammkapital, die Rücklagen, Gewinn-/Verlustvorträge, sowie gewisse ausgegebene Wertpapiere (z. B. Genussrechte).
 

Ribalt

Ork-Metzler
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@Micha
Warum sollte Eigenkapital schnell realisierbar sein? Woher hast du das?
Es ist ein paar Jahre her, dass ich in der Schule war aber sowas hätte ich jetzt noch nie gehört (ansonsten wär es ja sinnlos die verschiedenen liquiditätsgrade zu berechnen da man eh alles *schnell* verflüssigen können sollte?).


Ich seh grad.. Rudy hat alles erklärt/beantwortet was ich hier noch geschrieben hät :p. Bloss hat ers wohl wesentlich besser gemacht als ichs gekonnt hät ^^.
 
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David

Moderner Nomade
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Man könnte dem ja schon viel von seinem Schrecken nehmen, wenn der Staat Pleite-Banken pleite gehen lassen würde, und höchstens deren systemrelevante Funktionen auf die Bundesbank überträgt (und dafür die restlichen Werte einkassiert), anstatt den ganzen Laden mit Steuergeld zu sanieren und sogar die alten Arbeitsverträge weiterzubezahlen.. :rolleyes:

Wenn dann jemand meint Casino spielen zu müssen, kann er das gerne machen (das ist eh zu kompliziert als daß der Staat es verbieten könnte ohne gleichzeitig der Realwirtschaft zu schaden), aber er muss eben auch damit rechnen, daß es wie im Casino endet.

Außerdem hab ich manchmal das Gefühl, daß man zwar die Banken für den aktuellen Verlust an Wohlstand verantwortlich macht, dabei aber gerne mal übersieht, daß wir den (vermeindlichen) Wohlstand vorher zum Teil auch nur wegen solcher Luftblasen hatten. Ohne die Immobilien- und Kreditkartenblasen hätte es das Wirtschaftswachstum, daß jetzt in sich zusammenfällt, eben nie gegeben.
Unterm Strich wäre das natürlich besser gewesen, dann hätten wir einen relativ stetigen, aber langsamen Abstieg gehabt, an den man sich besser hätte anpassen können als an so einen Crash, aber wirklich akzeptieren will das halt auch niemand. Deshalb will man ja jetzt zB über möglichst leichtfertige Kreditvergabe und billiges Geld lieber die nächste Blase aufmachen, anstatt sich zu überlegen, wie man mit dauerhaft schwindendem Wohlstand leben kann.
 

Micha

Kutte
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@Rudy
Danke für die ausführliche Darlegung! :)

Ich sehe nur momentan nicht, wo das meine Argumentation ad absurdum führt? Sprechen wir also von zwei Kennzahlen.

Liquidität: Wenn ich aus Banksicht Werte willkürlich zwischen "Liquiditätsvermögen" und Anlagevermögen hin- und herschieben kann, sagt diese Kennzahl garnix mehr aus. Gehts einem Papier "gut", wird es zur Liquiditätsberechnung herangezogen, gehts ihm dagegen "schlecht", wird es ins Anlagevermögen geschoben, und dort kann man ja dann den Wert bilanzieren, den man zu erzielen wünscht, falls man es zu Geld machen sollte.* Damit kann man sich die Unterscheidung zwischen Anlagevermögen und "Liquiditätsvermögen" auch gleich schenken...

Solvabilität: Indem ich Papiere in das Anlagevermögen verschiebe und die unter * verwendeten "alternativen Berechnungsmodelle" zu deren Wertermittlung benutzt, generiere ich einen imaginären Gewinn, der wiederrum dem Eigenkapital zugeschlagen wird. Dieser Gewinn ist aber durch nichts gedeckt (und muss soweit ich weiß ja auch nichtmal wirklich realisiert werden, oder?)! Das ganze System kracht doch in dem Moment zusammen, wo ich tatsächlich als Bank Verbindlichkeiten zu bedienen habe. Dazu wird das Eigenkapital genommen, dort stehen aber zB. diese Imaginär-Werte aus dem Anlagevermögen drin. Versuche ich diese zu Geld zu machen, krieg ich aber nix dafür, ich hab kein Geld (hatte ich ja eigentlich nie), kann die Verbindlichkeiten nicht bezahlen, gehe also insolvent.

Falls jetzt dort ein "Kuhhandel" einsetzt und ich die Verbindlichkeiten mit dem Geld bezahle, was ich imaginär aus meinen Fantasie-Gewinnen in der Bilanz stehen habe, bzw. vielleicht direkt durch die Überschreibung dieser Anlagewerte an einen eventuellen Gläubiger, hat der dann das Problem und sitzt auf der Bombe. Fakt ist und bleibt: das Geld war nie da, steht aber als Gewinn in den Büchern. Oder verstehe ich an der Stelle etwas falsch?

*siehe http://www.bundesfinanzministerium....olitik/123__PM__Finanzmaerkte.html?__nnn=true

Zitat:
Finanzinstrumente im Handelsbestand werden grundsätzlich zum Marktwert bilanziert. Dies gilt nicht, wenn – wie in der aktuellen Finanzmarktsituation – ein objektiver Marktwert nicht mehr festgestellt werden kann.

Die Finanzmarktkrise hat zu einem gestörten Markt geführt, der es bei einigen Finanzinstrumenten faktisch unmöglich macht, einen objektiven Marktwert zu ermitteln.

In solchen Fällen sehen die Bilanzierungsstandards IFRS und US-GAAP vor, dass für die Bilanzierung statt dem Marktwert Bewertungsmodelle zugrunde gelegt werden können, mit denen die vorübergehenden Verzerrungen des Marktwertes ausgeglichen werden können.

Alternativ zum Marktwert herangezogen werden können insbesondere Barwertmodelle (sog. „discounted cash flows“). Dabei wird die ökonomische Werthaltigkeit der Finanzinstrumente durch eine stärkere Gewichtung der stattfindenden und erwarteten Zahlungsströme unter Berücksichtigung von Erkenntnissen über Ausfallrisiken bemessen.

Die Umschichtung von Finanzinstrumenten in andere Anlageklassen wird in dem Papier des Finanzministeriums nur angedacht, ist aber meines Wissens nach dieses Frühjahr umgesetzt worden. Finde grad auf die Schnelle keine Quelle, muss auch los..
 

Rudy

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Ah, jetzt verstehe ich, was Du meinst :)


Zur Liquidität:
Die Umschichtung vom Handelsbuch ins Anlagebuch (sprich: von kurzfristiger Verkaufsabsicht zur Halteabsicht) ist nicht ohne Weiteres möglich (vgl. § 1a KWG ), insofern ist die Liquiditätskennziffer schon aussagekräftig.

Zur Solvabilität:
Den fiktiven Gewinn hast Du nur dann, falls
  1. das alternative Bewertungsmodell das Wertpapier über den Anschaffungskosten bewertet (was ich für sehr unwahrscheinlich halte),
  2. die Bank nach IFRS/US-GAAP bilanziert (im HGB darf man nicht über den Anschaffungskosten bilanzieren) und
  3. die Papiere dem "availabe for sale" oder dem "held for trading" Bestand zugeordnet sind

Und ehrlich gesagt bin ich auch etwas überfragt, ob diese fiktiven Gewinn, falls sie anfallen, überhaupt dem aufsichtsrechtlichen Eigenkapital (ungleich handelsrechtliches Eigenkapital) zugeschlagen werden können.

Aber grundsätzlich hast Du Recht, das sind tatsächlich Luftgewinne.
Darum bin ich auch ein Fan des guten alten HGBs ;)
 
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