Politik, 8. Staffel

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Darghand

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Äh? An welche Notwendigkeit denn bitte? An die der Suppe, damit sie schmackhaft wird? Und wo bitte soll der Sinn sein, den eigenen Reichtum zu vernichten (oder was sonst soll "Anpassung" sein?)? Wenn Salz Tauschmittel ist, heißt das nichts anderes, als dass ich mein Salz gegen ALLE ANDEREN Dinge eintauschen kann - da gibt's keinen Unterschied zum Gold oder dem Geldschein aus Baumwolle.

Und die Notwendigkeit, beliebige Werte unbegrenzt anzuhäufen, besteht eben gerade nicht.

Das tut ja auch niemand. Oder hast du schonmal einen Geldspeicher gesehen? Steigende Goldpreise bedeuten nicht, dass die Leute nun barrenweise Gold im Keller horten. Die steigenden Kurse weisen doch zunächst nur darauf hin, dass mehr Leute Gold kaufen wollen und zugleich davon überzeugt sind, dass sie den Kaufpreis bei einem späteren, zukünftigen Verkauf wiederbekommen (oder sogar mehr). Andernfalls würde sich die Anlage des Geldkapitals in Gold nicht lohnen (Ausnahme: sämtliche anderen Wertanlagen verlieren in Relation zum Goldwert noch mehr an Wert).
Ich nehme an, dass nur ein eher geringer Anteil der Goldkäufer überhaupt physisches Gold besitzt. Es wird eher so sein, dass sie eine Art Schuldverschreibung besitzen - also quasi einen Besitzanspruch auf eine bestimmte Menge Gold und das Versprechen, den Wert dieser Goldmenge zum späteren Kurs ausgezahlt zu bekommen. Mehr nicht. Gold ist eine Anlage unter vielen, sie gilt nur als besonders sicher.

Wer Werte anhäufen will, soll das mit Realwerten tun, nicht mit dem Zahlungsmittel.

Wie schon gesagt: das macht niemand.


Vergessen: die roten Hervorherbungen sind auf dem grauen Hintergrund verdammt schlecht zu lesen. Dann lieber Fettdruck.
 
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Gala

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Äh.

Das wir HEUTE kein Salz mehr als Zahlungsmittel verwenden, hielt ich jetzt für implizit offensichtlich. :D

Wir verwenden aus guten Gründen ja auch kein Gold mehr.

Damals allerdings brauchte jeder Salz, damit man Dinge einsalzen kann.

In der Wüste war der Bedarf an Salz sowieso offensichtlich, weil man dort nicht nur viel trinken, sondern auch viel Salz essen muß (denn man verliert beim Schwitzen ja das ganze Salz wieder).
 

Ysrthgrathe

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@Gala
Gold ist NICHT das älteste Zahlungsmittel. Da gibt es z.B. Beispiele wie Salz, die auch viel praktikabler als Zahlungsmittel sind
Gibts da auch einen Beleg?
Wenn man vom simplen Tauschhandel absieht, bei dem es kein besonders hervorzuhebendes Tauschgut gibt, ist Gold (neben Kupfer) durchaus das älteste nachgewiesene Zahlungsmittel.
Warum Salz so furchtbar praktikabel sein sollte ist mir auch nicht ganz klar.
Da machen Kupferwerkzeuge schon mehr her.
Bei den ältesten Hochkulturen, den Sumerern und Ägyptern, war Gold schon enorm wertvoll und Zahlungsmittel. Salz wurde dagegen zum Einsalzen von Nahrung verwendet und gut war.
 

Olome Keratin

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@Gala: Zu S21, Punkt 1: Dass S21 genehmigt ist und sich, als es darum ging, S21 zu genehmigen, niemand um K21 gekümmert hat (auch nicht die heutigen protestler) ist nunmal Ausgangslage bei der Schlichtung gewesen. Da kann Geissler nichts für.

Punkt 3: Siehe Punkt 1. Hypothetische Überlegungen helfen nicht weiter, wenn die Faktenlage eindeutig ist.

Punkt 4: Welche Risiken?

Punkt 5: Ja und? Der Schlichterspruch ist eben vernünftig und bezieht die Faktenlage mit ein. Das Verfahren ist demokatishc legitimiert und völlig einwandfrei. Die Gegner hätten zum gegebenen Zeitpunkt gehört werden können, wenn sie sich eingebracht hätten.

Punkt 6: Also ist es egal, wenn man sagt: Was an berechtigten Kritikpunkten da ist, wird ausgebessert? Die Kritikpunkte sind also eigentlich nur vorgeschoben und es geht nicht darum, dass sie berücksichtigt werden?

Punkt 7: Das lässt sich erst beurteilen, wenn die Stiftung juristisch steht. Soweit ich das verstanden habe, werden die Gegner daran ja mitbeteiligt.

Punkt 9: Mappus hat ja bereits Initiativen dafür unternommen, solche Schlichtungsverfahren in Zukunft im Baurecht unterzubringen. Das ist jetzt auf die Schnelle nicht möglich. Für die Planung waren btw. die vorgängerregierungen Teufel und Oettinger zuständig.

Punkt 10: Soweit ich weiß, müssten für K21 mehr Bäume gefällt werden als für S21, wenn auch an anderer Stelle. Also was soll das?:rolleyes:

Punkt 11: Jetzt will man für die durchgesetzten Vebresserungen nicht bezahlen? Ja, was wollen die Gegner denn nun? Mehrkosten trägt außerdem erstmal die Bahn, dann der Bund. Über mehrkosten für Stadt und Land wäre auch ein Volksentscheid denkbar.

Punkt 12: Also egal, was am Ende des Ergebnis ist, du gehst eh davon aus, dass es manipuliert wäre?:hae: Da kann man sich von mir aus auch die Gutachtenkosten sparen. :rolleyes:
 

Gala

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@Olome:

Punkt 1) Ist ja auch nicht das Problem, sondern das Problem ist, das Geissler das als Argument verwendet hat.

Punkt 3) Wie 1)

Punkt 4) Natürlich die schon jetzt abzusehende Kostenexplosion von S21.

Punkt 5) Nein, es gab nie einen Volksentschied dazu, ob S21 gemacht werden soll oder nicht. Diese Behauptung "das ist alles demokratisch legitimiert" halte ich für populistisch. Nur weil die Bevölkerung die Regierung gewählt hat, ist sie noch lange nicht mit jeder Entscheidung der Regierung 100% einverstanden. Ich begreife deshalb nicht, was genau da unter "demokratisch legitimiert" zu verstehen ist. Die Wortwahl ist einfach Quatsch. Die Entscheidung war legal, sicher, weil die Regierung das Mandat dafür hat - aber es gab keine separate demokratische Legitimierung dafür.

Punkt 6) Keine Ahnung, was du hier sagen willst. Im Text steht da nur, das der Punkt sowieso selbstverständlich und also redundant und überflüssig ist.

Punkt 7) Dazu habe ich mich mit dem Problem zu wenig beschäftigt, das kann ich nicht beurteilen.

Punkt 9) Das wäre schön. Mal sehen, ob das dann auch passiert. Versprochen hat die CDU leider schon vieles (und schon vieles weit Wichtigeres).

Punkt 10) Wieder keine Ahnung.

Punkt 11) Siehe Punkt 9)

Punkt 12) Ja, der Begriff "Stresstest" erzeugt kein Vertrauen.
 

Danako

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In der Schweiz würde ich mir momentan eine Regierung wünschen, die den sogn. "Volkswillen" öfters übersieht. :D:rolleyes:
 

Gala

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Wegen der Minarette ? Die muß man nur als Aussichtsturm deklarieren, dann kann man sie trotzdem bauen. Davon geht die Welt nicht unter.
 

Olome Keratin

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@Gala: Beantworte mir bitte mal die Frage, warum sich die S21-Gegner erst melden, wenns ans Bauen geht und nicht dann, als es um die Planung des Projektes ging. Wenn ein Projekt 15 (!) Jahre lang geplant wird, kann sich meines Erachtens niemand beschweren, er hätte sich nicht einbringen können.

Zu Demokratie: Das Projekt ging durch alle Parlamente - Stadtrat, Landtag, Bundestag. Übrigens jedes Mal mit Zustimmung der Grünen. Hältst du es für redlich von den Grünen, jetzt ein Projekt undemokratisch zu nennen, dem man vorher in den demokratischen Vertretungen selbst zugestimmt hat?

Zu den Kosten: Die heutigen politischen Hauptgegner haben in der Planung dem Projekt zugestimmt. Wenn sie jetzt steigende Kosten monieren, müssen sie sich vorhalten lassen, bei der Genehmigung nicht genau hingeguckt zu haben. Bzw. es ist eiegntlich immer so, dass öffentliche Bauprojekte immer teurer werden als geplant. Das wissen die Grünen genauso gut wie alle anderen. Aber man kann ja populistisch mal so tun, als wäre das ein furchtbarer Skandal.:rolleyes:
Btw. haben die Gegner die Kosten mit ihren Gutachten, die jetzt vom Land übernommen werden, bereits erneut in die Höhe getrieben. Von Polizeieinsatz etc. etc. mal ganz abgesehen.

Zu 6): Die Projektgegner haben diese kostenintensiven Verbesserungen vorgeschlagen. Wenn diese jetzt umgesetzt werden, ist es aber auch wieder nicht recht. Hab ich das richtig verstanden?

Zu 12): War auch ein Vorschlag der S21-Gegner. Wenn dem jetzt von vorneherein nicht vertraut wird, was soll das Ganze dann überhaupt?
 

David

Moderner Nomade
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In der Schweiz gabs am WE nen Volksentscheid, wonach Ausländer bei Straftaten ohne Einzelfallprüfung abgeschoben werden sollen, ich schätze mal das meinte Danako ?
( http://www.abendblatt.de/politik/ar...treiten-ueber-Folgen-des-Volksentscheids.html )

In den Nachrichten haben sie nen Extrembeispiel gebracht, wo nen über 20jähriger, der in der Schweiz geboren wurde, jetzt angeblich damit rechnen muss, nach Chile abgeschoben zu werden, weil er nen paar 100 Euro neben der Sozialhilfe verdient hat und das nicht dem Amt gemeldet hat.. :rolleyes:

Wenn das mit dieser Härte wirklich stimmen sollte, habens die Schweizer echt mal wieder geschafft nen gutes Beispiel dafür hinzulegen, warum direkte Demokratie nicht immer zu besseren Ergebnissen führen muss. :down:

*Volksentscheid vorbereitet: In Zukunft werden auch Schweizer oder Deutsche bei Straftaten verbannt*
 

Darghand

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@ Gala

Wohl eher wegen der per Volksentscheid durchgebrachten Gesetzesinitiative, Ausländer bei Straffälligkeit (bei einem erheblich ausgeweiteten Katalog von Straftatbeständen) sofort abzuschieben.

@ Danako

Ich würd dir ja politisches Asyl anbieten, aber soviel besser ist die Lage hierzulande nu auch nicht. ;)

@ S21

Es geht nur um einen banalen Bahnhof. Überhaupt nichts Wichtiges. Ich freu mich ja, dass auch das Ländle mal seine Hausaufgaben in Sachen Protestkultur und Widerstand gegen Obrigkeit und Kapital macht, aber trotzdem - sämtliche Zumutungen der letzten Jahren wurden brav ertragen, und nun wird wegen einem Bahnhof demonstriert. Das entzieht sich irgendwo meinem Verständnis, aber was soll's...
 

Ribalt

Ork-Metzler
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Die Ausschaffung ohne Einzelprüfung wird hoffentlich durch die eigentlichge Gesetzgebung dazu (das gerangel fängt jetzt erst an) eh soweit verwässert, dass es am schluss aufs selbe raus kommt wie die bisherige Praxis (gemessen an den "strengeren" Kantonen).

Finds sch*****, dass es angenommen wurde, aber realistisch betrachtet dürfte sich so gut wie nichts ändern.

Das Zeichen was man damit den "ausländischen" Einwohnern gegeben hat dürfte der wahre Schaden sein und ich finds peinlich...


Lustigerweise hat die Landbevölkerung, welche mal so ca. gar keine probleme mit Ausländern hat, die Initiative durch gebracht, die meisten Städte waren dagegen...
 
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Gala

Labyrinth-Leichnam
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@Olome: Äh. Meinst du das jetzt wirklich ERNST ? Ich hätte dich für besser informiert gehalten.

Die S21-Gegner protestieren, seitdem es S21 gibt. Sie werden nur durchgängig ignoriert.

Der einzige Grund, warum sie JETZT gehört wurden, war de facto die Tatsache, das Mappus ein Wahlkampfthema gesucht und es in S21 gefunden hat. Laut den Informationen, die die Stuttgarter Zeitung herausgegeben hat, war der 30. Sep langfristig geplant und vorbereitet.

Stuttgarter Zeitung: CDU will Wahlkampf mit S21 machen

Ohne diese Aktion wäre S21 weiter so verlaufen wie bisher: ab und zu eine Demo dagegen, ansonsten kräht kein Hahn danach.

Was genau ist dein Punkt 6 ?

Schon möglich, das die Gegner den Stresstest vorgeschlagen haben. Nach dem, was ich aus den Nachdenkseiten erfahren habe, hat S21 jedenfalls noch eine kräftige Budgeterhöhung vor sich, bevor es (a) benutzbar ist (ohne den Kauf exotischer neue Züge) und (b) die Leistungsfähigkeit des alten Bahnhofs erreicht (geschweige denn übersteigt).

Wie gesagt, ein "Stresstest" ist ein Modewort, dem ich nicht viel Vertrauen gegenüberbringe.
 
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Olome Keratin

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@Gala: Belege für den ständigen Protest bitte? Vergiss bitte nicht, ich wohne in Baden-Württemberg und meine Schwester arbeitet seit Jahren im Stuttgarter Bahnhof. Ich hätte es sicher mitbekommen, wenn es vor Sommer 2010 irgendwelche Proteste gegeben hätte. Bei der Landtagswahl 2006 hat das Thema auch nicht die geringste Rolle gespielt - da wäre der richtige Zeitpunkt gewesen, es für eine Landtagswahl aufzugreifen.

Zu 6: Dein Link beschwert sich darüber, dass die von den Gegnern durchgesetzten Verbesserungen jetzt zusätzlich kosten. Findest du das redlich?

Und das, was die Stuttgarter Zeitung schreibt, ist wilde Spekulation unterfüttert mit unbelegten angeblichen Interna.
 

Lisra

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Man könnte stattdessen gegen das Berliner Stadtschloss demonstrieren. Ein Bahnhof hat immerhin einen Sinn und sieht nicht nur nett aus. Ist alles ein bisschen seltsam.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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@Olome: Das mag sein, trotzdem ist es Tatsache, das es zu dem Projekt:

a) nie eine ernsthafte öffentliche Diskussion gegeben hat
b) nie eine Volksbefragung gegeben hat
c) nie eine Wahl gab, die die Entscheidung realistischerweise hätte beeinflussen können
d) mit dem Projekt eine gewaltige Menge Geld ausgegeben wird
e) die Planung im derzeitigen Zustand völlig unzumutbar ist, d.h. die Kostenexplosion ist schon vorhersehbar, da der neue Bahnhof weniger leistet als der alte und für die derzeit üblichen Züge gar nicht verwendbar ist - entweder müssen die Tunnel noch erweitert werden (womöglich kostenintensiv nachträglich) oder es müssen völlig andere Züge angeschafft werden (was anderswo Folgekosten nach sich trägt).

Siehe z.B. diesen interessanten Artikel hierzu
3. Wann also konnten die Bürger frühestens mitreden? Nachdem interne Planspiele diverser Ingenieurbüros vorausgegangen waren, erblickte Stuttgart 21 am 18. April 1994 das politische Tageslicht. An diesem Tag gaben der Bahnchef, der Oberbürgermeister, der Ministerpräsident, der Bundes- und der Landesverkehrsminister eine "kurzfristig anberaumte Pressekonferenz" in Stuttgart.

Wie es ein Reporter damals beschrieb, war den Herrschaften "eine diebische Freude über ihren geglückten Überraschungscoup anzumerken". Denn "unbemerkt von der Öffentlichkeit hatten sie ihre konzertierte Aktion seit längerem vorbereitet". Nun aber lüfteten sie den Vorhang und gaben ihren Plan bekannt, "Stuttgart für Fernzüge zu untertunneln und einen achtgleisigen unterirdischen Durchgangsbahnhof zu errichten".

Damit war die "packende Idee" wie aus dem Zauberhut auf dem Tisch. Dass dies selbst nach damaligen Maßstäben euphorisch-vorschnell geschah, zeigt ein Vergleich: Die beiden Parallelprojekte, "München 21" und "Frankfurt 21", wurden erst zwei Jahre später, im Juni 1996, der Öffentlichkeit vorgestellt. Dort trafen sie in den beiden Kommunen auf einen völlig anderen politischen Beratungskontext - und wurden beide später verworfen. Allein dieser Vergleich wäre eine historische Vertiefung wert.

4. Die erste und, wie sich nachher herausstellte, einzige Gelegenheit für die Bürger Stuttgarts, wenn schon nicht durch direkte Beteiligung, dann wenigstens in einer Kommunalwahl auf das Projekt Einfluss zu nehmen, bevor der Hammer ein für allemal gefallen ist, bot die Wahl des Gemeinderats am 12. Juni 1994. Das war freilich nur acht Wochen nach der Pressekonferenz.

Nach allen damaligen Medienberichten spielte der "große Wurf Stuttgart 21" (Erwin Teufel) noch keinerlei auffällige Rolle im Wahlkampf. Offensichtlich erschien er als kühne, aber unausgegorene Zukunftsvision noch viel zu weit entfernt zu sein von den konkreten politischen Sorgen, die die Wähler im Sommer 1994 drückten. Wahlbeeinflussende Kontroversen löste sie noch nicht aus, planerische Alternativen zirkulierten nicht. Die Idee war bei den Bürgern politisch noch nicht als entscheidungsrelevanter Ernstfall angekommen.

[...]

5. Von Anfang an, also seit dem 18.April 1994, weigerte sich die Bahn mit hartnäckiger Konsequenz, alternative Pläne für die Einbindung Stuttgarts in eine schnelle Fernverkehrsmagistrale Paris - Budapest oder eben nur für die Modernisierung des Stuttgarter Knotenpunkts zu entwickeln. Die absolutistische Ja/Nein-Logik, die heute den Konflikt so unlösbar erscheinen lässt, war dem Projekt vom ersten Tag an aufgebürdet. Entweder wir untertunneln die Stadt und beseitigen den Kopfbahnhof, oder alles bleibt beim Alten. So rigoros, anders gesagt, so erpresserisch setzte die Bahn die Gemeinde unter Druck.

Und diese ließ sich bereitwillig darauf ein: eine im Vergleich zu Frankfurt und München unerhört schwache Vorstellung einer kommunalen Körperschaft. Als ob Stuttgart als Zentrum des potentesten Wirtschaftsraums in Deutschland nicht damals schon eine überragende Verhandlungsmacht gehabt hätte! Doch weit gefehlt. Die Stadt unterschrieb im November 1995 den Rahmenvertrag, ohne je auch nur, was doch in ihrem ureigensten Interesse gelegen hätte, selbst daran zu gehen, konzeptionelle Alternativen zu entwickeln, zu prüfen, durchzuspielen und durchzurechnen.

[...] Ohnehin aber musste jedem, der sich informierte, klar sein, dass sich seit dem Rahmenvertrag alle Überlegungen über das "Ob" des Projekts ebenso wie über Alternativen erübrigten. Wenn das Bild hier erlaubt ist, der Zug war 1995 abgefahren. Die Volksvertreter hatten abgesegnet, was sie selbst nie gegen Alternativen abgewogen und was sie dem von ihnen vertretenen Volk nie zur Prüfung vorgelegt hatten. Das war vor 15 Jahren.
 

Olome Keratin

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@Gala: a) Stimmt nicht, es gab 15 Jahre lang Planungen, das Thema gab es bei mehreren Wahlen, bspw. Kommunalwahlen Stuttgart. Und jeder Gegner hätte sich in dieser Zeit einbringen können.

b) Gut, stimmt. Aber wer soll darüber abstimmen? Nur die Stuttgarter? Oder auch die Ulmer? Oder die Münchener? Oder gleich alle EU-Bürger, da diese an den Kosten mitbeteiligt sind, jedoch auch die Nachteile zu tragen hätten, würde nicht gebaut.

c) Das liegt bloß daran, dass bis vor kurzem noch alle parlamentarisch vertretenenen Parteien - auch die Grünen - dafür waren.

d) Ja und? Ist eine Investition, die sich rechnen wird. Dafür Geld auszugeben, ist ok. Siehs doch einfach als Konjunkturprogramm nach Keynes. Und hey, es ist allemal sinnvoller, als Geld in Flaschen zu packen, zu verbuddeln und ausgraben zu lassen.

e) Ist linkes Geschwätz. Aber wenn mehr Gled ausgegeben wird, wird auch die Konjunktur stärker angekurbelt. So what?;)
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Auch Ökonomie kann manchmal lustig sein: Also, OK, das ist ein typischer merkbefreiter neoliberaler Ökonom. Aber der Grad der Weltfremdheit nimmt hier jetzt schon wirklich belustigende Züge an:
Richtig retten ist schwer?

Auf jeden Fall! Ich glaube nicht, dass die ersten beiden Rettungsaktionen, Griechenland und Irland, vernünftig gemacht wurden. In Spanien müsste es besser gemacht werden, sonst klappt es nicht.

Was war falsch?

Das Prinzip der Rettungsaktionen ist bislang: Man packt auf die alten Schulden einfach neue Schulden drauf. So kann das nicht funktionieren. Teil jeder Rettungsaktion muss eine Restrukturierung der Schulden sein, eine Umschuldung.

Was heißt das?

Auch die Gläubiger, die Besitzer der Anleihen von Banken und Staaten, müssen auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Bislang verlangen die Politiker in Deutschland und in den anderen Geberländern immer, dass die Krisenstaaten ihre Löhne, Gehälter und Pensionen senken. Das ist so etwas wie eine "reale Abwertung". Wirklich abwerten können die Krisenländer ihre Währung ja nicht, weil sie zum Euro gehören. Diese reale Abwertung löst die Probleme der Krisenländer nicht, wenn nicht auch die Schulden abgewertet werden.
Wenn Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen gegenüber einem Staat verzichten, nennt sich das eigentlich Staatsbankrott. Und das gilt eigentlich als das ultimative Disaster.

Hier wird es gleich als Serienvorschlag unterbreitet.

Staatsbankrott also als Normalzustand ?

Hinzu kommt noch, das der Ökonom in diesem Artikel die Problematik des Euro in maximaler Art und Weise leugnet. Und zwar nicht, indem er die Realität betrachtet, sondern ausschließlich, indem er die Wichtigkeit des Euro betrachtet.

Sein Vorschlag läuft also darauf hinaus, den Kopf in den Sand zu stecken und den Staatsbankrott als Normalzustand zu betrachten ...


(Von etwas davor)
Ein Krisenland an der Peripherie Europas müsste verrückt sein, aus dem Euro auszutreten. Es würde in seinen Grenzen den größten Banken-Sturm aller Zeiten auslösen. Die Menschen würden - nicht ganz zu Unrecht - befürchten, dass ihr Geld mit der neuen Währung drastisch an Wert verlieren könnte. Und für die Schulden des Landes würde es nichts bringen: Die wären ja weiter in Euro notiert.
Mit fortgeschrittenen Problemen wird es bald auf die Formel hinauslaufen: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.


@Olome: Von der Konjunktur her hast du völlig recht - wenn es sich um Mehrausgaben handelt. Es steht aber zu befürchten, das die Baukosten früher oder später als Ausrede herhalten müssen, um Sozialkürzungen zu begründen.
 

Darghand

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Wenn Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen gegenüber einem Staat verzichten, nennt sich das eigentlich Staatsbankrott. Und das gilt eigentlich als das ultimative Disaster.

Das stimmt doch gar nicht. Bei einem Staatsbankrott müssen die Gläubiger auf alle ihre Forderungen verzichten, da sich der betroffene Staat einfach gar nicht mehr um seine Verpflichtungen kümmert und anschließend crasht. Nicht umsonst gibt es im Privatrecht den Straftatbestand der Insolvenzverschleppung, denn bei finanzieller Schieflage gibt es eine Pflicht, sich einem Insolvenzverfahren zu unterwerfen. Bei jedem geregelten Insolvenzverfahren läuft es so, dass sich Gläubiger und Schuldner zusammensetzen und gemeinsam überlegt wird, auf welche Forderungen die Gläubiger verzichten, damit der Schuldner zumindest die verbliebenen Schulden irgendwann zurückzahlen kann.

Von daher ist der Vorschlag eine wesentliche Verbesserung zur bisherigen Praxis, die den Schuldenstand stets unangetastet ließ und den Schuldenabbau einzig dem verschuldeten Staat überließ.
Man darf nicht vergessen, dass zu einem Kreditgeschäft zwei Parteien gehören. In diesem Fall zum einen ein Staat, zum anderen diverse Banken, die wider jegliche Vernunft Kredite in derart absurden Höhen vergeben haben.
 

Gala

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@Darghand: Bei einem Staatsbankrott kann ganz genauso auf einen Teil der Schulden verzichtet werden, solange man den Rest noch bedienen kann.

So oder so habe ich Zweifel, ob die Banken sich das überhaupt erlauben können, derart große Schuldenstände einfach zu erlassen.
 

Darghand

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Ja, die müssen schon gezwungen werden. Wird ja auch Zeit - sämtliche Rettungsschirme hatten nur den Zweck, das fiktive Blasenkapital in den Bankbilanzen zu stützen. Wie lange soll das denn noch so weitergehen? Da hilft nur radikale Kapitalentwertung. Entweder macht man das jetzt in einem relativ geregelten und damit sicheren Verfahren, oder die ganze Chose von 2007ff wiederholt sich in ein paar Jahren, dann bloß in größerem Umfang.

Es hat schon pathologische Züge zu glauben, diesmal würde sich das aufgetürmte fiktive Kapital schon irgendwie realisieren lassen. Das ist Quatsch, die Kreditmenge weltweit ist dermaßen überspannt, dass es nur schiefgehen kann.
 
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